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Die Reichstags Kommission für das neue Handelsgesetzbuch hat die Abschnitte „Kaufleute und Handelsgesetzbuch" unverändert angenommen, insbesondere auch die Bestimmung, wonach der Betrieb der Land« und Forstwirtschaft dem Handelsrecht nicht unterliegt und der Inhaber eines Nebcngewerbes der Land- und Forstwirtschaft nur berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen
Die Voruntersuchung gegen den Kriminal- kommissar v. Tausch und den Journalisten v. Lützow ist geschlossen worden. Die In- haflienen wurden mit dem Bemerken davon in Kenntnis gesetzt, daß das Fortdauern der Unter suchungshafl gegen sie beschlossen sei. Die Aktenstücke sind zur Erhebung der Anklage wegen Meineids, schwerer Urkundenfälschung und Betrugs an die Staatsanwaltschaft abgcsandt. Es wird angenommen, daß die Havptverhandlung gegen die Angeklagten während der im Mai d. I. tagenden Schwurgerichtssitzungs-Periode anbe« räumt werden wird.
Eine neue große Kriegsschiffwerft beabsichtigt die Essener Firma Friedrich Krupp in Kiel zu errichten Krupp will die Werft in erster Linie zu einer Kriegsschiffswerft ausge- stalten, die mit den englischen erfolgreich in den Wettbewerb zu treten vermag. Insbesondere erstrebt Krupp neben dem Bau von deutschen Kriegsschiffen die Zuweisung von Bauaufträgen fremder Marinen, die .ihre Bestellungen bisher zum größten Teil nach England gehen ließen. Die Werst soll in ihrer neuen Gestalt bereits im Sommer 1898 im vollen Umfange betriebsfähig sein.
Berlin, 19. Febr. Für Zuschauerplätze zur Enthüllungsskier des Kaiser Wilhelm-Denk mals werden heute schob Preise gezahlt, wie man sie in Berlin bisher noch nicht kannte. Ein Unternehmer zahlt, wie der „Conf." mitteilt, für eine halbe Etage im Roten Schloß, die er für einen Tag, den 22. März, gemietet hat, 8000 für die Hoffte der dritten Etage sind 3500 -UlL bewilligt worden. Einzelne Fenster im Roten Schloß sind für 800 vkL bereits vermietet worden. Für einzelne Plätze an den F'nstern werden 100 geboten, jedoch 200 ver langt Es sind namentlich Auswärtige, die diese Plätze begehren und die hohen Preise zahlen
München, 18. Febr. Wie sich die Verehrer St. Salvators wohl noch erinnern werden, schwebt zwischen der Zacherlbrauerei und anderen Brauereien schon seit längerer Zeit ein Rechtsstreit über die von jener Brauerei auf Grund einer seit Alters gewissermaßen als Spezialität betriebenen Fabrikation in Anspruch genommene Alleinberechngung zum Gebrauche der Bezeichnung „Salvator" für die unter diesem Namen alljährlich zu einer bestimmten Zeit in den Handel kommenden besonderen Bier- jorte. Die hiesige Hackerbrauerei sieht sich deshalb. wie man in hiesigen Blättern liest, veranlaßt, Heuer ihren „Salvator" unter dem Namen „Namenlos" zu verschänken. Die Fürther Brauerei Eoora und M-cher kündigt aus dem gleichen Anlaß ihr sonst als „Salvator" bezeichnetes Getränk als „Doppel Märzen Bock" an. Sache der Biertrinker, dieser wichtigen Gesellschaftsklasse der modernen Menschheit, wird es sein, in dieser schwierigen Sache ihre „konsumtive" Entscheidung zu treffen.
Württemberg.
Zum Submissionswesen. Das Ministerium des Innern hat durch einen Erlaß vom 29. Januar dieses Jahres, welcher übrigens in wesentlichen Stücken auf eine frühere Verfügung vom Jahr 1888 zurückgreift, den württ. Handwerkern offenbar eine große Freude gemacht. Der neue Erlaß schärft den Behörden des Departements ein: Von der bestehenden Ermächtigung, Gegenstände, deren überschlägiger Wert einen bestimmten Mmimalbetrag, zurzeit 1000 M., nicht übersteigt, ohne Ausschreibung zu vergeben, ist stets dann Gebrauch zu machen, wenn nach den vorliegenden thatsächlichen Verhältnissen auch bei freihändiger Vergebung die Erlangung einer guten rechtzeitigen und preiswürdigen Lieferung oder Leistung erwartet werden kann. Dabei
wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß. soweit es sich um Bauarbeiten handelt, die freihändige Vergebung gestattet ist, falls der bestimmte Ueberschlagsbetrag für die einzelnen Arten von Bauarbeiten nicht überschritten wird. Die Arbeiten, welche freihändig vergeben werden, sind da, wo eine Mehrheit tüchtiger und erfahrungsgemäß zu angemessenen Preisen arbeitender Meister zur Verfügung steht, nicht stets denselben Meistern zuzuteilen, vielmehr ist unter jener Mehrheit in geeigneter Weise abzuwechseln Dies gilt in gleicher Weise für die Vergebung von Lieferungen Bei größeren Hochbauten sind nicht alle Arbeiten gleichzeitig zu vergeben; die erst im späteren Verlauf des Bauwesens auszuführenden Arbeiten, insbesondere Schreiner-. Glaser, Schlosser- und Flaschnerarbeiten, sind vielmehr erst, wenn sie genau beschrieben und zeichnerisch behandelt sind, auszuschreiben. Bei Submissionen ist das Bieten nach Prozenten der Ueberschlagspreiie nicht ausschließlich anzu wenden. Die Behörden können vielmehr auch je nach ihrem von den Umständen des Einzel- mlles geleiteten Ermessen entweder ohne Be- kanntgebung der Ueberschlagspreise Offerten in selbständigen Preisen entgegennehmen oder unter Bekanntgebung der Ueberschlagspreise Offerten nach Prozenten oder in selbständigen Preisen nach Wahl der Submittenten gestatten. Die Behörden werden ausdrücklich auf die bestehende Bestimmung hingewisen, nach welcher die niedersten Angebote nicht aus- schließlich zu berücksichtigen sind, Angebote, welche zu geringe, in offenbarem Verhältnis zu der Leistung stehende Preisforderungen enthalten, außer Betracht gelassen werden sollen und der Zuschlag demjenigen Bewerber zu erteilen ist, dessen Angebot in Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände als das annehmbarste erscheint. Während der Bauausführung sind die Unternehmer durch Abschlagszahlungen möglichst zu unterstützen. Nach der Vollendung der Arbeiten und Uebernahme derselben sind die Restguthaben sofort auszu- bezahlen. — Eine Versammlung der Ortsgruppe Reutlingen des württ. Handwerkeclandes- verbanüs hat sich denn auch sehr befriedigt über den Erlaß ausgesprochen.
Ausland.
DiekretischeFrage. Dem von Deutsch land ausgegangenen Vorschläge, griechische Häsen zu blockieren, um der griechischen Invasion auf Kreta wirksam zu begegnen, hatten die meisten Mächte zugestimmt. Das englische Kabinet wünscht jedoch, wahrscheinlich im Hinblick auf die philhcllenische Stimmung im englischen Parlament, vorher Sicherheit über die zukünftige staatsrechtliche Stellung der Insel Kreta zu erhalten. Die deutsche Regierung ist zu Beratungen über die Herstellung geordneter Zustände auf Kreta grundsätzlich bereit, jedoch muß sie in Konsequenz ihrer bisherigen Haltung die Annahme des englischen Vorschlages davon abhängig machen, daß vor dem Eintritt in die Verhandlungen über die Zukunft Kretas der von Griechenland begangene Rechtsspruch aus der Welt geschafft wird. Und ebenso müßte es von vornherein ausgeschlossen sein, daß die Einverleibung der Insel in Griechenland von jenen Beratungen ausgeschlossen bliebe. Denn ist es schon fraglich, ob die Annexion wirklich dazu führen könnte, geordnete Zustände auf Kreta herzustellen, so kann erst recht kein Zweifel darüber bestehen, daß neue schwere Gefährdungen des Friedens durch die Eifersucht anderer Staaten, wie Bulgarien und Serbien und durch die Erregung des muhamedanijchen Elements auf der Balkanhalbinsel und in Kleinasten ent» stehen würden.
K o n st a n t i n o p e l, 19. Febr. Die
ins Werk gesetzten Vorbereitungen für die Indienststellung der Schiffe hat den üblen Zustand der vernachlässigten Flotte aufgedeckt, was in militärischen und bürgerlichen Kreisen liefe Erregung hervocgerufen hat. Es werden große Kosten und viele Wochen nötig sein, um die am besten erhaltenen vier Schiffe bereit zu stellen.
Petersburg, 20. Febr. Die „Nowoje Wremja" betont, daß Rußland und Frankreich in der kretischen Frage, was die Integrität der Türkei betreffe, derselben Ansicht seien wie Deutsch, land. Daraufhin müsse Griechenland sein Ein- greifen in die orientalische Frage unterlassen. Ls dürfe keine Hoffnung auf die verwandtschaftlichen Beziehungen seines Herrscherhauses setzen, nachdem Kaiser Wilhelm Europa so energisch gezeigt habe, wie er sich zu der ganzen Frage stelle.
Lyon, 20 F br. Fünfhundert Studenten veranstalteten eine Kundgebung zu Gunsten Griechenlands.
Unterhaltender Teil.
Um ein Augenpaar.
Historische Erzählung von Victor Strahl.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Peter Schwarber als regierender Stettmeister übernahm den Vorsitz der Versammlung. Ja ergreifenden, gewaltigen, zu Herzen dringenden Worten schilderte er das Unglück des genialen Künstlers, der durch seine Thal so viel zum Ruhme Straßburgs beigelragen habe.
„Die Uhr blieb stehen", rief er mit Donnerstimme, „die Hand Gottes griff selbst «n das Rädergetriebe und hieß es still zu verharren. Daran erkennet den Zorn des Himmels über die Missethat, die an meinem Eidam begangen wurde! Diese Missethat blieb bisher ohne Sühne, man hat die Verbrecher nicht bestrafen wollen, sie gar in Schutz genommen. Ich weiß, daß Einige von Euch die Schuldigen verborgen halten, um sie vor der Wut des empörten Volkes zu schützen. J.tzt in dieser ernsten Stunde fordere ich Euch aus: übergebt die Verbrecher meinem Rächerarme, wenn Ihr nicht wollt, daß sich der Zorn des Himmels schwer über Eure Häupter entladen soll."
So tief Peter Schwarber anfänglich in seiner Rede die Gemüter erschütterte, so lief verletzte er Biele durch ihren Schluß.
Diejenigen, die Zibenius und seine Genossen verborgen hielten, waren nicht gewillt, dies zu bekennen, noch weniger sie auszuliesern. Genug, der Rat erklärte einmütig, daß man die Verbrecher nicht kenne, nicht wisse, wo sie zu suchen seien und sie deshalb auch nicht bestrafen könne.
Jehan Boernave hatte mit fieberhafter Spannung den verschiedenen Reden gelauscht.
Als er den Beschluß des Rates vernahm, daß die Verbrecher straffrei ausgehen sollten» erfüllte unsägliche Bitterkeit sein Herz, jede Ge- nugthuung wurde ihm auf schmachvolle Weise versagt.
Da faßte er den Entschluß sich zu rächen für den Undank, der ihm zu Teil geworden war. „Ich will meinen Ruhm opfern, den ich mir durch jenes Wunderwerk erkaufte und mit dem Verlust meiner Augen bezahlte," sagte er zu sich. „Nur Rache! Rache!"
Er erhob sich von seinem Sitze und schwankenden Schrittes, von Anna geleitet, trat er vor die Schranken des Rates.
Seine Stimme zitterte, als er zu reden begann, wurde nach und nach immer fester, bis sie endlich volltönend durch den weiten Saal schallte.
„Ihr gestrengen Meister und Räte der freien Reichsstadt und Republik Straßburg, vernehmt, was ich Euch zu offenbaren habe und wenn in Euren Herzen die Scham noch nicht erstorben ist, so errötet!" hob er an. Ihr verweigert mir jede Genugthuung für die schwarze Thal, die an mir begangen wurde, mein Leben für immer in tiefe Nacht hüllte! Ich wäre der Unglücklichste aller unglücklichen Menschen, wenn die Liebe meines teuren Weibes diese trostlose Nacht nicht mit süßem Lichte erhellte! Ihr nehmt die Ver- brecher in Schutz, — Gott möge sie strafen! — Ihr solltet es an seiner Statt lhun, doch Ihr wollt es nicht! Ich verzeihe es Euch, Gott verzeihe auch meinen Feinden, die mir die Sterne meiner Augen auslöschten! — Feurige Kohlen will ich auf Eure Häupter sammeln! Geleitet mich zu dem Werke, das ich geschaffen habe, zu der astronomischen Uhr! Bin ich auch blind, vermag ich doch durch das feine Gefühl meiner Finger die Störung in dem Rädergetriebe zu