Selbst jetzt, wo er der Vormundschaft ent­wachsen, den selbständigen Herzogstitcl führte und silber unterschrieb und siegelte, wußten die ehemaligen Regenten das H-ft in der Hand zu behalten und das Staatsruder so zu lenken, wie es ihnen behagte denn sie haßten ihn den sanften, schlanken, schwarzlockigen Jüngling, aus dessen dunklen Augen das südliche Blut der Mutter leuchtete. Er aber ließ sie gewähren ohne Einspruch gegen ihr eigenmächtig Auftreten, denn er war es gewöhnt von je. sich ihrem Machlspruch zu fügen; daß er auch selbstständig Händeln könne, nach eigenem Ermessen daran hatte er wohl noch nicht gedacht; denn wenn er dran gedacht hätte, würde er sich so kampflos nicht gebeugt haben.

Düster nur, wie ein Druck lag 'es über ihm; dumpf, wie beengende Luft Er hatte als Knabe nicht lachen können, wie die andern Kinder, er konnte sich jetzt seines frischen Lebens nicht freuen, wie die andern Junker, die rundum auf ihren Gütern saßen.

Nur wenn er auf seinem Roß saß und allein in die Landschaft Hinausritt, da kam es wie Trotz über ihn, da stürmte er wild dahin, daß die Landstraße dröhnte und die Funken unterm Roßhuf stoben; dann überkam ihn ein wohlig Gefühl der Kraft und des Mutes; und wenn er draußen im Wald sein schweißtriefend Tier zügelte und Umschau hielt unter den hoch, ragenden Stämmen der moosbewachsenen Buchen, dann wars ein stolzes Gefühl, das seine Brust schwellte: das alles war sein Land, seine ange- stammte Heimatherde und er war der Fürst da» von, der Eigner, der Herr.

Die herzoglichen Räte wie die ehemaligen Regenten, an ihrer Spitze der Hofmarschall von Zanow, sich nannten, thaten solcher Liebhaberei des jungen Herzogs keinen Einhalt; sie sahen darin eine willkommene Ablenkung von ernsteren Gedanken und den wohlthuenden Ausbruch all zu strotzender Jugendkraft Und so geschah es, daß Herzog Bogislav immer öfter und öfter und ö>ter Hinausritt und die Heimkehr immer länger und länger verschob. Zumeist führte ihn der Weg ans Meer. Dann warf er seinem Zelter die Zügel über den Hals und sich selber daneben ins hohe Dünengras und sah hinaus auf die blauschwarze See, wie sich ihre schaum- gekrönten Wogen hoben und senkten, wie atem­holende Menschenbrust, und wie sie herausgriff, mit feuchtem Arm lockend, winkend, wie ein ver- führisch Weib. So lag er stunden- und stundenlang, die Möven flogen über ihn hin und die Bienen umsummten ihn er achtete es nicht und nicht selten geschah cs, daß erst das aufgesteckte Licht des unfernen Leuchtlurmcs ihm die widerwärtige Erinnerung brachte.

So lag er wieder eines Nachmittags draußen auf der Düne wo sich heute die Badeanstalt des Seebades Mölle erhebt. Lange sah er in die endlose Wasserweite, wie wiegende und biegende Nixenleiber wollten die Wellen ihm erscheinen, rhm war, als höre er ihr Rufen, aber dann plötzlich rauschte es seltsam aus der Tiefe empor, wie eine häßliche Hand, die nach ihm griff, ihn in den schaurigen Schlund hinunter zu ziehen.

Da fuhr er empor, warf sich auf sein Roß und sprengte landeinwärts, was das Tier laufen konnte, fort nur fort aus der unheim­lichen Nähe des Meeres er wußte nicht, warum.

Eine Stunde mochte er so dahingestoben sein, da kam er vor dem Beginn des Buchwaldes an das Gehöft des Freibauern Ditlmar. Dort war's still wie immer, nur die letzten Bienen summten um das ausgeblichene Haidekraut.

Aber vor ihm, dicht neben dem Weg, hob sich plötzlich eine Gestalt erschreckt vom Boden empor; ein noch kaum erwachsenes Mägdlein, hoch aufgeschossen, aber noch kaum entwickelt die Formen. Dennoch lag über ihrem schmalen Gesichtlein ein so unsäglicher Liebreiz, wie auf halb erschloßener Erdbeerblüte, und wie die kleinen Farren, die sie zum Kranz geschlungen sich auf's Haar gedrückt hatte, leise nickten, er- schien sie dem Herzog im pfeilschnellen Vorüber- sprengen, wie eine Märchengestalt, so daß er

die Zügel anhielt und das Pferd zurückwandte, das süße Bild noch einmal zu schauen

Sie stand noch auf derselben Stelle, die Hände über der Brust gefaltet.

Da sprang er von seinem Tier und trat zu ihr.Wie heißt Du?"

Sie sah unerschrocken zu ihm auf. wie wohl sie ihn als den Herzog erkannt hatte:Hertha!"

Er griff unwillkürlich nach ihrer Hand. Wer ist Dein Vater?"

Der Freibauer Dittmar!"

Herzog Bogislav sah in die Bodensenkung vor ihm, die Sonne lag so warm und lockend über dem kleinen Thälchen, und ihm ward so wunderbar wohl, wie noch nie. als habe er jetzt erst eine Heimat gefunden.Die Bienenstände sind Euer?" frug er, um nur etwas zu sagen, und wie sie bejahte, bat er sanft:Willst Du mich dort hinunterführen? Mich dünkt, ich hätte noch kein lieblicher Plätzlein gesehen."

Hertha lächelte:Kommet nur Herr, wenn's Euch gefällt bei Bauern, ist's eine Ehre für den Eigner."

Unten wies sie ihm einen moosüberwachsenen Stein:Wenn's Euch nicht zu gering ist, und Ihr wollet Euch nicderlassen Herr, so will ich Euch Milch und Honig holen."

Bogislav aber hielt sie zurück:Der Klang Deiner Rede ist süßer als Tannensaft "

Sie schüttelte ernsthaft den Kopf:Ihr müsset mir nicht schmeicheln, Herr! Es schickt sich nicht für einen Herzog!"

Da mußte Bogislav lachen.Und warum nicht?"

Weil ein Herzog besseres zu thun hat, als mit dummen Bauerndirnen zu reden."

So; und was meinst Du denn, daß ein Herzog zu thun habe?"

Das Land zu regieren!"

Ein müder Zug gieng um des Herzogs Lippen:Das thun die herzoglichen Räte für mich."

Hertha senkte das Haupt:Leider!"

Befremdet horchte Bogislav aus sie:Was meinst Du damit?"

Da strich sie sich das Haar zurück und sah mit einem kühnen Blick zu ihm auf. Ein großer Entschluß lag auf ihrem geraden Gesicht.Daß es besser wäre, wenn Ihr die Zügel selber in die Hand nähmt!"

Bogislav stand überrascht:Ich bin noch ;ung; die alten Herren verstehen klüger für das Wohl des Landes zu sorgen, als meine uner­fahrenen zwanzig Jahre."

Aber Hertha widersprach ganz entschieden: Nein, nein, Herr. Ihr irret Ihr selber wisset Alles zehnmal besser zu machen, als die Herren, die sich nicht kümmern um den gemeinen Mann. Und selbst dann, wenn Ihr irren solltet, wär's immer noch besser für uns, als wenn sie klug regieren, denn Ihr seid der angestammte Herr und Habel ein Herz auch für die Landschaft sie aber denken nur daran, ihren Säckel zu füllen; das andere ist ihnen gleichgiltig!"

(Fortsetzung folgt.)

Sandweier, 26. Jan. Eine heitere Gesellschaft von etwa einem Dutzend Herren aus der nahen Bäderstadt und aus Sandweier fanden sich gestern Abend im Gasthaus zur Sonne" zusammen, um den Preis einer vor etlichen Monaten zum Austrag gekommenen Wette den Weg der Vergänglichkeit betreten zu lassen. Dieser Preis bestand in einer Riesen-Bratwurst, die, von dem Spender auf das Doppelte verlängert, die ansehnliche Länge von 10.8 Meter erreichte Einer tropischen Riesenschlange gleich lag sie da und verriet durch ihren lieblichen Duft, daß sie einer hervor­ragenden Wurstlerei Badens entstammte. Doch ihre Herrlichkeit dauerte nicht lange; unter manch' launiger Tischrede, heiteren Liedern und komischen Jntermezzo's trat sie den Weg der Vergänglichkeit an und lange noch wird man sich wenn auch nichts aus Furcht so doch zum Vergnügen an dieses Riefenungeheuer erinnern.

Müllheim, 26. Januar. Eine heitere Geschichte kam in einer Gemeinde des Mark-

gräflerlandcS vor. Der dortige Lcscverein spielt Theater, Zettel wurden gedruckt, drei Stücke sollten gespielt werden, nachher sollte ein kurzes Abend« ssen sein, dann Tanzunterhaltung. V«er Mann von der Freiburger Militärkapelle wurden bestellt, aber diese verlangten 60 oiL für den Abend. Das war den Herren zu viel, sie schrieben nach Mülhausen, dort that man es um 50 also um 10 ^ billiger. Der Abend kam. und die Mülhausener Geiger auch, aber o Schlacken, auch die Freiburger, da man ver« gessen hatte, ihnen abzuschreiben; so wurde ein Doppelquartctt gestrichen für 110 der Profit soll nicht mehr übertrieben groß gewesen sein.

Vom Hohenlohtfche n, 3l. Jan.Mein Ideal, Frau oder Hund" hat lautFränk. Grenzbote" dieser Tage ein nicht unvermögticher Bauernsohn cntjchieden. Als ihm ein Heirats­vermittler eine ländliche Schöne mit Geld mehr­mals angetragcn und schlußtich auf den Ent­schluß drängte, soll derselbe wörtlich zur An wort erhalten haben: Sie soll cwe noch a Jäyrle warten, Heuer muß i mir an Hund käse!"

(Schwere Referenzen.) Reisender (zum neugebackenen Spezereihänater:Und wie viel darf ich Ihnen von Rosinen senden?" Händler:Na, senden Sie mir fünf Zentner!" Reifender:Und von Mus?"Händler: Na, auch fünf Zentner!" Reisender:Wie stehl's denn mir Referenzen?" Händler: Na, da können Sie auch zwei bis drei Zentner Mltjchicken!"

(Ein Vorschlag.) Vater der Braut:Es thut mir leid, nach den Erkundigungen, die ich über Sie eingezogen habe, kann ich Ihnen meine Tochter nicht zur Frau geben!" -- Bewerber (kleinlaut):Wollen Sie's nicht wenigstens 'mal mit mir versuchen?"

(Vom Exerzierplatz.) Sergeant:Ein­jähriger. trotzdem ich stillgestanden kommandiert, s sehe ich noch eine Fliege auf Ihrer Nase herum-

! spazieren.müssen Sie denn immer

'was Apartes haben?"

Auflösung der Rechenaufgabe in Nr. 16.

1

g,Lj4

2

1 . 1.3

4

2.3,1

3

1,1,2

Richtig gelöst von Alb. Malmsheimer, C. Mahler, Carl Wacker, Eugen Finkbeiner und Hermine Raußer in Neuenbürg; Maria Toussaint in Wildbad; K. Groß­mann in Höfen; Jakob Schund, Hermann Großmann und Ernst Blaich in Feldrennach; Lydia Bürkle in Conweiler; Johann Pfeiffer in Dennach; Christian Maulbetsch in Dobel; Marie Gräßle in Herrenalb; Adolf Rau in Sprollenhaus; Hermann Pfeiffer Friederike Weidner und Karl Pfeiffer in Rothensolj; Emilie Bürkle in Frauenalb.

Telegramme.

Berlin, 31. Jan. Im Reichstagsgebäude konstituierte sich heule die Vereinigung zur Ein­richtung deutscher Nationalfestspiele. Das erste soll 1900 stattfinden. Von Schcnkendorff wurde erster. Dr. F. A. Schmidt zweiter Vorsitzender.

Berlin, 31. Jan. Dem Vernehmen nach hatte der rusflfche Minister des Auswärtigen, Graf Murawiew, heute nachmittag Gespräche mit dem Reichskanzler und dem Staatssekretär Frhr. v. Marfchall.

Kiel, 31. Jan. Bei dem gestrigen Tauf­festmahl toastete der Kaiser auf den Täufling, Prinzen Sigismund. Heute vormittag besuchten der Kaiser und Prinz Heinrich den Gottesdienst in der Garnisonskirche.

Berlin, 31. Jan. DieVossische Ztg." meldet aus Petersburg: In dem Waisenasyl zu Saransk brach infolge Nachlässigkeit des Auf- sichtspersonalS Feuer aus. Acht Kinder im Alter von 912 Jahren kämmen in den Flammen um.

Briefkasten. L. «., Siesels!,. Der Einfachheit und Billigkeit halber wollen Sieden Enzthäler" zunächst für die 2 Monate Februar u. März und alsdann '/«jährlich durch den dortigen Landpostboten bei dem Postamt Liebenzell bestellen, wie dies die anderen Abonennten unsr. Bl. dort seit Jahren auch thun.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.