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wird. Ein solches Jubiläum hatte bisher nur Kaiser Wilhelm I. feiern können.
Berlin, 21. Jan. Die Nordd. A. Z. w-'ist darauf hin. daß die Seeschiffe aus Indien und Persien in den deutschen Seehäfen gesundheitspolizeilich sorgfältig unter sucht werden, daß ferner eine Konferenz im Reichsgesundhcitsamte etwaige weitere Maßregeln gegen die Pesteinschleppung beraten wird. und daß aus den statlgehabtcn internationalen Ge- suudheitskonferenzen auf ein einmütiges Bor- gehen der europ Staate» auch gegenüber der Pestgefahr zu schließen sei. Die Nordd. A. Z schließt: Es liege zur Zeit kein Grund zur Beunruhigung vor.
Cronbcrg i. T., 20 Der Großherz o g v o n B a d e n hat mit der Zustimmung des Kaisers das Protektorat über das hier zu errichtende Kaiser Friedrich-Denkmal übernommen.
Karlsruhe. 20. Januar. Wie in Württemberg haben auch in Boden die Besitzer 4prozentiger Staatsschuldverschreibungen, die die Umwandlung in 3'/,prozentige annchmen. keine Erklärung abzugeben; sie erklären ihre Zu stimmnng dadurch, daß sie in der zu bestimmenden, Frist von 3 Wochen keine gegenteilige Erklär ung abgeben. Dieser jetzt gesetzlich geebnete Weg ist für den Staat wie für die Gläubiger der einfachste und sicherste. — Das Verlangen unserer Eisenbahnreformer richtet sich vorläufig auf die 3 Punkte: l) Einführung 3. Klasse- Wagen in sämtliche Schnellzüge, wie dies in Württemberg schon besteht; 2) Beseitigung des Schnellzugszuschlags und zwar nicht allein für die Inhaber von Kilometerheften (diese Beseitigung besteht thatsächlich schon auf der Strecke Basel-Konstanz); 3. Herabsetzung des Preises für die Kilometerhefte 3. Klasse von 25 auf 20 v-6 und Ausgabe solcher Hefte schon für 500, nicht wie jetzt für 1000 Lm. Für diese Forderungen wird jetzt eine Reihe von Versammlungen veranstaltet.
Lahr, 29 Jan. Heute Nacht II Uhr 6 Minuten wurde hier ein kurzer, heftiger Erdstoß verspürt.
Königsbach, 20. Jan. Bei der gestern hier stattgehabten Treibjagd wurden 428 Hasen zur Strecke gebracht, ein Beweis, daß der nasse Sommer 1896 denselben bei uns nicht so sehr geschadet. Allerdings war auch eine stattliche Anzahl von Jägern an der Jagd beteiligt. Die nötigen Treiber waren diesesmal mit Rückkörben versehen, um das erlegte Wild sofort in den- selben weiter zu expedieren. — Einem längst hier gefühlten Bedürfnis wird dadurch entsprochen, daß Herr Fr. Weller aus Bietigheim z. Zt eine Ö lmühle hier einrichtet mit den neuesten Maschinen. Dieselbe befindet sich m den Räum- lichkctten des Herrn Adolf Wentz neben dessen Kundenmühle. In der früheren oberen Mühle des Herrn Wentz wird z. Zt. eine Schleifmühle durch Herrn Fr. Vollmer aus Untermberg betrieben, welche sich eines regen Besuches erfreut.
In der Nacht zum Montag wurde versucht, bei Neustadt im Schwarzwald das große Dampsiägewerk auf Hölzedruck in Brand zu stecken. Der Plan des Brandstfters war jedenfalls, das Werk an allen Ecken anzuzünven, denn es sollen dieselben sämtlich mit Erdöl be strichen gewesen sein. Zum Glück bemerkte man die ersten Flammen schon und konnte so die Brolstelle vieler Arbeiter retten. Als der Brandstiftung dringend verdächtig wurde der aus dem Werk beschäftigt g<w jene unverheiratete Engel, bert Himmel von Neuweier (Amt Bühl) ver Haftel. Schon vor 14 Tagen war rm Innern des Werkes zur Nachtzeit ein Brand entstanden, der gleichfalls in seinem Anfang bewältigt werden konnte. Es liege die Vermutung nahe, daß hier wie dort dieselbe ruchlose Hand im Spiel war.
Aus der R h e i n p f a l z, 18. Jan. Im Verkaufe älterer und neuerer Weine war es in der letzten Zeit an der Haardt sehr belebt, weshalb man auch auf flotten Verlauf der bevorstehenden Frühjahrs-Weinversteigerungen rechnet. Die Preise haben vielfach angezogen. An der Oberhaardt kosten je 1000 Liter 1896er 200
bis 250, 1894er 330—380 und 1895er 450 bis 520 Mk; für Unterhaardtgewächse wurden angelegt 350—410 für 1896er, 370—500 für 1894er und 700—1200 Mk. für 1895er. Nebenplätze erzielten 210—240. 350—390 und 600—650 Mk. Portugikßecrotwein kostete 150—300 Mk für 1896er. Ungstein, Dürkheim, Wochenheim, Deidesheim und Forst verkauften 1896er zu 340—540 Mk. und 1895er zu 750—1700 Mk,; 1893er 1800—3500 und höher in Deidesheim und Forst.
Württemberg.
Reutlingen. 20. Jan. Ein schweres Unglück, das sich gelegentlich des vorletzten Lanüesschießens vor nun über 5 Jahren hier ereignete, macht, wie sdie Schwarzw. Kceiszkg schreibt, zur Zeit noch einmal viel von sich reden. Damals war der auf einer Wiese hinter dem Schlltzenfestplutz mit Heuaufladen beschäftigte Färber Wcckler von einer über den Kugelfang hlnausgegangenen Kugel, die ihm durch den Körper drang, schwer verletzt worden. Der jetzt 65jährige Mann hat an den Folgen immer noch zu leiden Bon wem die Kugel abgeschossen war, wurde damals nicht festgestelll. Der Unglücksfall wurde auf mangelhafte Schutz. Vorrichtungen zurückg führt und der Beschädigte strengte eine Entschädigungsklage gegen die mit den Festoorbereuungen betraute hiesige Schützengilde an. Der Prozeß ging dis zum Over- landesgerichl. Der Ausschuß der Schützengilde teilte nun in den letzten Tagen nach dem „Schwab. Merkur" den sämtlichen damaligen Mitgliedern durch Rundschreiben mit, daß die Prozeßsache vorläufig erledigt sei. An Gesamtkosten für Entschädigung an Weckler (mit 3550 »-6) und Prozcßkosten sind 4842,19 ^ entstanden. Davon hat die Kasse der Gilde 935,15 übernommen und der württemb. Landesschütz noercin einen Beitrag von 500 »16 bewilligt. Der verbleibende Rest von 3407,04 wäre somit noch durch die Mitglieder der Gilde zu decken, denen in den letzten Tagen eine Zahlungsaufforderung über je 40 zuge- gangen ist Ein großer Teil dieser Mitglieder weigert sich aber, den Betrag zu zahlen; es fand eine stark besuchte Versammlung statt, in der es zu lebhaften Erörterungen gegen den dermaligen Ausschuß kam und in der eine Protesterklärung gegen diese Forderung einstimmig angenommen wurde. So ist also durch diesen Vergleich mit dem Beschädigten die Er- lediguag des bedauerlichen Falls vorläufig immer noch nicht herbetgefuhrl.
Ulm, 21. Jan. Der frühere Besitzer des Hotels „Baumstark" Herr Heinrich Hauser hat neuerdings das Hotel „St. Petersburg" um die Summe von 440000 -^6 gekauft und wird dasselbe am 1. April d. I. übernehmen.
Rottweil, 21. Jan. Noch nie wird ein Prozeß größere Aufmerksamkeit und Teil nähme erregt haben, wie der des Fchrn. v. Münch in Hohenmühringen, welcher wegen seiner Entmündigung durch das Amtsgericht Horb vom 24. Januar 1896, eine Anfechtungsklage beim hiesigen Landgericht bezw. Staats anwaltschast anhängig gemacht hatte. Nach 3lägiger Verhandlung vor der hiesigen Zivil kammer war das vorläufige Gutachten des Professors Mendel aus Berlin, welcher der Sitzung anwoynte, maßgebend, insofern derselbe den Frhn. v. Münch für geisteskrank erklärte. Den Vorsitz führte Landgerichlspräsident Dr. v. Lang und als wettere Richter waren die Landgerichtsräte Oechsler und Dr. Schanz, letzterer als Referent, anwesend, ebenso als Ecfatzrichter Landrichter Rau. Frhr. v. Münch wird, nachdem der Beweisbeschluß ergangen, ohne Zweifel das Gutachten von Psychiatern und anderen in dieser Branche Sachverständigen in Anspruch nehmen.
Mergentheim, 21. Jan. Die Postmeister Walther'sche Scheuer im Johanniterhof ging ge stern an ein Konsortium hiesiger Schreiner und an den Vorstand des Gewerbevereins, Stadtrat Schott, über um den Preis von 4000 «-L In derselben werden Holzbereitungs-Maschinen mit Motorenbetrieb und eine Gewerbehalle einge
richtet. Der Zweck dieses lobenswerten Unternehmens ist um der immer mehr von außen her zunehmenden Konkurrenz erfolgreich entgcgen- zutreten.
Mergentheim, 21. Januar. DaS Freiherr!, v. Palm'sche 620 Morgen umfassende Gat in M-ßbach ist samt totem und lebendem Inventar durch Vermittlung des Herrn Hugo Sänger in Dörzdach auf die Dauer von 12 Jahren zum Preise von 120 000 an zwei Herren aus Crailsheim und Niederstetten verpachtet worden. Die Pachlübernahme findet am 2. Februar d. I. statt.
Ausland.
Wien, 20. Jan. Die Beteiligung aller Mächte an der von Oesterreich gegen das Nahen der Pest vorgeschlagenen internationalen Gesuadskonferenz ist schon gesichert.
Wien, 21. Jan. Das N. Wiener Tagbl. meldet aus KoltbuS: Infolge falicher Welchen» stellung stieß unweit der Station Klingmühle ein Personenzug auf einen Güterzug. M hrere Waggons wurden gänzlich zertrümmert, 2 Personen wurden getötet, 8 weitere mehr oder weniger schwer verletzt.
Paris, 20. Januar. In der Armee- kommisston der Kammer erörterte der Kriegs» mtyrster das Projekt, betreffend die stufenweise Errichtung der vierten Bataillone für die Infanterie-Regimenter. Die Kommission zeigte sich dem Projekt geneigt.
Die französischen Blätter freuen sich gewaltig über die Ernennung des Grafen Murawiew zum rusf. Minister des Aeußern, aber bis jetzt haben sie über die angebliche Deutichfemdltchkeit des Genannten keinen Beweis zu erbringen vermocht, sondern nur ihrer berühmten Fantasie wieder einmal die Zügel schießen lassen. — An den französischen Kriegsschiffen entdeckt man immer wieder bedenkliche Fehler und wie es scheint, sind dieselben auch absichtlich ungenügend gemacht worben um dre Staatskasse zu betrügen, wenigstens wurden erst neuerdingS drer französische Schiffsbäuingeneure Knall und Fall ihres Amtes enthoben.
Rom, 20. Jan. Die Agenzia Stefani meldet: Die österreichische Regierung, die die Initiative Italiens günstig aufnahm, beantragte hier eine internationale Konferenz in Venedig, um Schutzmaßregrln gegen eine Einschleppung der Pest zu treffen.
Das italienische Ministerium Rudiui beabsichtigt die Kammer aufzulösen und auch noch eme andere Wahloronung einzuführeu, wonach den gebildeten und den besitzenden Wählern Garantteen gegen ihre Majorisierung durch dir ungebildete und besitzlose Masse gegeben würden. Die Mitglieder des Ministeriums Rudini sollen aber unter sich selbst über beide Fragen nicht einig sein. Es könnte also sehr leicht zu einer Mtnisterkrisis kommen und was vollends bei einer Auflistung der Kammer herauskommen soll, läßt sich gar nicht schätzen.
London, 20. Jan. Der Vertreter deS „Standard" in Konstantinopel bestätigt, daß die als streng bewahrtes Geheimnis behandelten Beratungen der Botschafter thatsächlich auf eme europäische Konferenz hinauslaufen. Der Sultan solle fabelhafte Summen als Belohnung für eine zuverlässige Auskunft darüber geboten haben. DaS Ergebnis der Beratung werde .in vierzehn Tagen erwartet. Die Ablehnung der Vorschläge seitens des Sultans gelte als sicher. Die.Mächte würden dann eine Einigung über Zwangsmaßregeln anstreben. Dabei sei eine gefährliche Wendung zu fürchten, nämlich daß Rußland alsdann erkläre, nachdem seine ursprüng. lichen Vorschläge keine Zustimmung gefunden hätten, sei es nunmehr mit oder ohne Auftrag entschlossen, einem Zustand ein Ende zu machen, den alle Großmächte als unmöglich bezeichnet«!.
Honfleur, 21. Jan. Der große Dampfer „Oriflamme" mit einer Ladung Petroleum an Bord ist oberhalb Honflenr auf der Seine wrack geworden. Die Ladung steht in Flammen.