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Aus den Alpen, 7. Jan. DerFrüh- ling naht — wenigstens auf dem Südhange der Alpen. So schreibt man der »Neuen Fr. Presse" aus Arco: Die ersten Frühlingsboten, Schneeglöckchen und Primeln, sind nun nicht bloß im Thale der Larca, Isondcrn auch schon aus den Höhen, im alpinen Ledrothale auf einer Höhe von fast 500 Meiern erschienen. Schnee» rosen oder Nießwurz fand ich sogar auf 700 Meter Meereshöhe. Das ist ein erfreuliches Zeichen und wird dahin gedeutet, daß der Frühling an diesem Jahre auch in den nördlicheren Gegenden zeitlich einziehen wird. Auch das Ledrothal ist bis Pieve, fast 700 Meter, vollkommen schneefrei.
London, 12. Jan. Gestern Abend brach auf dem in Purfleet an der Th mse gelegenen Grundstück der russischen Oelgeiellschaft F e u e r aus, das rasch um sich griff und die ganze Umgegend erleuchtete. Das brennende Oel floß in Strömen in die Themie. Der sofort aufge- botenen Feuerwehrmanr.schaft gelang es ein anstoßendes großes Pulvermagazin und das 100 000 Grllonen enthaltende Lager der amerikanischen Oelgesellschaft zu retten. Während die Mannschaft beschäftigt war, den Brand von den Oelbehältern fernzuhalten, ergriffen die Flammen die Füll- und Böttcherschuppen, in denen das Feuer furchtbar wütete. Die Lage wurde noch durch die Explosion der Petroleum fässer erschwert. Das Umschlagen des Windes nach Westen trug hauptsächlich dazu bei, die drohende Gefahr von dem Pulvermagazin ab- zuwenden.
Unterhaltender Heil.
Wanda.
Von Albert Lindner.
In meiner Oberlehrer-Aera traf sich's ein« mal. daß ich kurz vor Beginn der großen Sommerserien eine Summe von über hundert Thalern besaß. Ich vermaß mich zu dem Gedanken einer Reise, was meine Kollegen erstaun' lich fanden. Aber weil das Ereignis des Geld- desitzes ein so außergewöhnliches war, so war es schließlich auch das Reiseziel. Zu Hause saß ich halbe Stunden lang über dem Schulatlas von Sydow, um irgend euren Ort ausfindig zu machen, der noch nicht Mode war, eine Weltgegend, die vom Strome der Touristen ganz abseits lag. Ich wollte etwas erfahren und erleben, was nicht jeder erfahren und erlebt halte, selbst wenn er als ein Rothschild von hundert Thalern auf Reise ginge. Von vornherein stand fest, daß ich das Meer besuchen wollte. Ich habe näm» lrch immer „das Meer sehr lieb gehabt, wir waren einander gut"; vielleicht kam diese Vorliebe daher, weil ich als Sohn des Gebirges vom Gebirge nicht mehr stark interessiert werden konnte. So viel jagte ich mir nun freilich sofort. daß ich mit hundert Thalern und vier Wochen Ferien weder den Hekla noch Sizilien oder Egypten besuchen könne. Aber die Nordsee hat mir's angethan — es mochten Schilderungen oder überhaupt Lektüre schuld sein, weshalb meine Sympathien für das deutsche Meer seit Jahren so stark waren. Auch war die Ent- fernung von meiner Heimat meinen Mitteln entsprechend. Norderney, Wangeroog, Helgoland schloß ich von vornherein aus, weil ihre Namen als Seebäder schon viel zu bekannt klangen. Aber Borkum, das klang so barbarisch, so nach Jndianergeheul. Mein Entschluß war schnell gefaßt, ich reiste nach Borkum.
Kaum hatte ich den festen Boden betreten, als mich Jemand beim Namen rief. Ein Herr, der auf mich zutrat, bot mir den Willkommgruß auf der Insel — ich erkannte einen Universiläts freund in ihm, der sich mir als dortiger Badearzt vorstellte. Auf die Frage, ob ich bereits Logis vorausbestellt hätte, was ich verneinte, ließ er den Vorschlag folgen, ein kleines Stübchen beim Bademeister zu mieten, das eben frei geworden und die Aussicht auf die See hätte. Er selbst winkle einen Fischer herbei, übergab ihm samt den nötigen Anweisungen mein weniges Handgepäck und begleitete mich ins Dorf. Das Erste, was mir daselbst auffiel, war eine ganz
sonderbare Art von Einzäunung der Gärten und Dorfwege. Statt der Staketen überall schwarze, verwitterte Holzschaalen — so schien es, bis ich herantretend entdeckte, daß diese 3—4 Fuß hohen und Fuß breiten Schalen animalisches Gebein waren, aus dem die Zeit das Mark und die weicheren Teile herausgewittert und die messerscharfen Kanten der härteren Teile übrig gelassen hatte.
„Das sind Wallfischrippen", erklärte mir der Arzt.
„Wie kommen die hierher?"
„Sie stammen aus dem 12. und 14 Jahrhundert, aus den Zeiten, da die Friesen auf diesen Inseln noch souveräne Seekönige waren und ihre Raubausflüge bis in die Nordpolbreiten ausdehntcn."
Weiterhin in der Gaffe des Dorfes lehnte an diesen Wallfischrippen eine auffällige Mannes- g-stalt. Der linke Arm war in seiner ganzen Länge über die Sp'tzen der Rippen hingelegt, während die rechte Hand unter der Schifferjacke sich auf der Brust barg. Hellblondes, fast rötliches Haar fiel in Strähnen zu beiden Seiten des Kopies aus die Schultern. Ein Bein lehnte nachlässig über dem anderen. Der Kopf mit der hohen und sehr edel gebildeten Stirn war nach vorn geneigt, die hellblauen Augen starrten wie tot vor sich hin in den Sand
„Schiller!" rief ich leise und überrascht. Der Arzt blieb stehen, betrachtete die Figur und nickte.
Man hatte in der Thal ganz den Eindruck von jenem Kopfe unseres großen Dichters, der, die Hand in der Blusenfalte, den Kopf sanft nach vorn neigt und vor sich hin zu sinnen scheint, eine Auffassung des Dichterkopfes, die dem Leser wohl bekannt sein wird. Aber sowie der Mann bei unserem Nahen den Kopf hob und dem Arzte stumpf und stier zulächelte, war j der Schillereindruck verschwunden, nur das auf- fallend ähnliche Profil des Dichters blieb.
„Guten Morgen, Lars Jensrn!" rief ihm der Arzt freundlich lächelnd zu „Wie geht es, Lars, thut Euch der Sonnenschein gut?"
„Die Lachse und die Hechte Wissens, war die gelächelte Antwort. „Sie haben gesehen, wie sie mich küßte im Sonnenschein, vor allen Klippen und Riffen draußen. Sie hat sich freilich nicht geschämt, aber ich. O so sehr!"
Der junge Mann ließ den linken Arm von der Einzäunung fallen und stand wie ein gescholtener Schulbube.
„Er ist irrsinnig. Kommen Sie!" sagte der Arzt leise im Weiterschreiten.
„Aber doch ungefährlich, da er sich so ohne Aufsicht bewegt?" frag ich.
„Vollständig, aber dies auch erst seit er die Heilanstalt verlassen hat. Vor fünf Jahren erlebte er ein seltsames Begegnis mit einer bömi- schen Baronin, die unser Bad besuchte. Nach ihrer Abreise verfiel er in Tobsucht, die in der Anstalt einem stillen Vorsichhinschwärmen, einem lyrischen Schwelgen in den Erinnerungen an jene Dame wich. Seitdem entließ man ihn und gab ihn der wohlhabendsten unserer Fischerfamilien in Pflege. Eltern hat er nicht mehr, aber ein kleines Erbe von etwa 3000 Mark im Wert. Davon wird er erhalten. Sie haben ihn vorhin mit der Gestalt Schillers verglichen, aber ich kann Ihnen sagen, daß man ihn vor fünf Jahren einen Apollo hätte nennen können. Sein Ende wird sein, daß er sich wegzehrt wie ein Schneehäufchen in der Märzensonne. Die Erinnerungen, die in ihm glühen, gleichen einem rötlichen Feuer, das langsam aber sicher sein Mark aufzehrt."
Hier schwieg der Arzt. Nach einigen Minuten trug ich meiner Neugierde um diesen Menschen noch einmal Rechnung und frug:
„Wer war jene bömische Gräfin?"
Der Arzt wies mit seinem Stocke nach einem Gebäude, das stattlicher als die umliegenden Fischerwohnungen gebaut war und sich offenbar als den ersten Gasthof dieses Seebades präsentierte. „Heut Abend nach 9 Uhr, alter Freund, sitze ich im Schenkzimmer dort und trinke meine Flasche eingeschmuggelten Bordeaux. Jetzt ist keine Zeit zum Erzählen mehr. Da drüben wohnt der Bademeister Evcrs." — i
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbür
Der Arzt wandte sich zu dem Fischer, der uns mit meinem Gepäck gefolgt war.
„Sagen Sie nur dem Alten, der fremde Herr da wolle das Mansardstübchen mieten. Adieu und auf Wiedersehen heute Abend. Dann will ich Ihnen die Geschichte einer modernen Eirce erzählen."
Die Bremer, die mir am Abend im Gasthause der Arzt anbot, und der Bordeaux, den wir schlürften, war wohl das Beste, was die ganze Insel Borkum für die Zange eines Junggesellen aufzuweisen hatte. Der Wein war, wie das oft geschieht, direkt von der Garonne durch einen deutschen Kapitän eingeschmuggelt worden, und das geschah weniger um des kleinen Profits willen, als aus Gefälligkeit für den Gastwirt, der sein Schwager war. Was mir der Arzt nun von Lars und der Gräfin erzähle, will ich hier in meiner eigenen Weise wiedergeben, um dialogische und berichtende Stellen nicht unnötig durch Einführung eines besonderen Erzählers zu komplizieren. (Fortsetzung folgt.)
Folgende hübsche Nachricht geht durch die Zeitungen: In Miltenberg (am Main) lebte ein wohlhabender evangelischer Fabrikbesitzer in kinderloser Ehe. Wenn ihm Gott ein Kind be- scheere, so ließ er sich vernehmen, wolle er seinen Glaubensgenossen in der Stadt zur besseren Gestaltung ihres Kirchenwescns mit 10000 behilflich sein. Gottes Güte schenkte ihm Zwillinge. Und er, ein Mann von Wort, spendete zur Erbauung einer evang. Kirche 20000 -/L
Falsche Kalender tauchen wieder auf. Ein eigenartiger Schwindel wird vorwiegend mit billigen Kalendern von gewissenlosen Händlern ausgcsührt. Kalender, die in den Vorjahren keinen Absatz fanden, werden mit einem neuen passenden Umschlag versehen und als echte „97ec" verkauft.
In Spat ding (in Lmcolnshire) verließ vor fünfzig Jahren ein Mann Frau und Kind und gmg nach Amerika. Da letztere ganz mittellos waren, kamen sie ins Armenhaus. Die Frau heiratete jedoch bald wieder, und nachdem ihr zweiter Mann gestorben war, ckäm' sie abermals ins Armenhaus. Ihr erster Gatte aber heiratete und begrub nach einander in Amerika drei Frauen und als er endlich im höchsten Lebensalter nach England zurückgekehrt war, war er immer noch heiratslustig und wollte eine fünfte Eye schließen. Jedoch die Braut kam dahinter, daß die allererste Gattin des Bräutigams noch am Leben fei, und verließ ihn. Darauf reiste dieser nach Spaltung, wo er seine erste Liebe im Armenhause fand; er nahm sie zu sich, und jetzt leben sie wieder zusammen. Er hat das achtzigste Lebensjahr erreicht und sie das fünfundsiebzigste. (Alte Liebe rostet nicht.)
(Bestätigung.) „ . . Nein, Arthur," rief die junge Frau mit blitzenden Augen, „das Recht, das du beanspruchst, gilt auch für mich. Der Kampf ist begonnen, und, sei gewiß, ich werde ihn bis ans Ende fortjetzen!" (Fortsetzung folgt.)
(Ehrlich.) . „Wer hat dir bei dem
Aufsatz geholfen, Hans?" — Hans: „Niemand!"
— . „sei ehrlich, Hans, hat dir nicht
dein älterer Bruder geholfen?" — Hans: „Nein!"
— .: „Dann hast du also den ganzen
Aufsatz allein gemacht?" — Hans: „Nein, er hat ihn allein gemacht!"
Aufgabe.
Eine Anzahl Hafen und Rehe wurden zusammen für 88 Mk. verkauft. Jeder Hase wurde 2 Mk. 50 Pf., jedes Reh 21 Mk. gerechnet. Wieviel Hasen und wieviel Rehe wurden verkauft.
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Quadrat-Rätsel.
1) Lschmuckgegenstand,
2) Sonderbares Tier,
3) Fluß in Rußland,
4) Eine bekannte Erfindung der
Phönizier. 8. k'.
i. .
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