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Nagold, 19. Nov. Gestern wurde hier Oberamtspfleger Maulbetsch, der nach kurzer Krankheit infolge eines Nierenleidens gestorben ist. zu Grabe getragen. Der Verstorbene bekleidete sein Amt seit 1859 und war ein ebenso tüchtiger Beamter, als beliebter Gesellschafter.
Unterhaltender Heil.
Heiderose.
Kriminal-Novelle von Pie.ter Vryburg.
(Fortsetzung.)
Der Goldgräber hatte gleich daran gedacht, den verschmitzt aussehenden Burschen heimlich zu befragen. Wie freute er sich nun, hier noch eine Gelegenheit dazu gefunden zu haben. Er leitete das Gespräch mit der Bemerkung ein, daß Williams wütend sei und nach ihm suche.
„Das kann er!" lachte Jim frech. „Wir leben in einem freien Lande, wo der Arbeiter so viel gilt wie der Herr und in der jetzigen Zeit wohl noch etwas mehr. Wenn er mich wegjagt, findet er keinen zweiten Gehilfen. Kann seine Tochter gleich vierzehn Tage lang wegbleiben. dann werde ich mir wohl auch ein paar freie Stunden verschaffen können."
„Was Ihr sagt! So lange ist Heiderose schon weg?" fragte Tom. „Und bloß auf der Jagd?"
Jim kniff das rechte Auge zu.
„Diesmal zu zweien," sagte er.
Tom stutzte.
„Wohl kaum mit einer Genossin", meinte er vorsichtig, „denn es giebt keine zweite solche Amazone im Umkreise der Goldstadt."
Jim wandte das Gesicht ab. Es zuckte so etwas, wie ein wilder ingrimmiger Schmerz über dasselbe hin.
„Nein, es giebt keine zweite Heiderose mehr," erwiderte er. „Sie war einzig in ihrer Art." Seine Stimme klang eigentümlich verschleiert.
„Sie war es?" lachte Tom. „Ihr sprecht von ihr ja wie von einer Toten! Meint Ihr denn. Jim." fügte er in vertraulichem Tone hinzu, „daß Heiderose von diesem Jagen zu zweien nicht mehr heimkehren wird?"
Der andere zuckte die Achseln.
„Was geht's mich an," fragte er schroff.
Er machte Miene weiter zu gehen.
„Aber mich interessiert es", sprach nun Tom dringend.
„Euch?" fragte der andere mit frechem Blick.
„Ihr werdet doch dem vornehmen Herrn Friedrich nicht Konkurrenz machen wollen? Gebt den Gedanken auf! Diese feinen Jungens haben überall das Vorrecht, selbst im australischen Busch und bei solchen Mädchen wie Heiderose." — Ein Gedanke durchblitzte Tom. Sollte es Eifersucht sein, was Jim die Zunge so spitz machte?
„So seid Ihr der Meinung," fragte er, „daß sie mit dem Friedrich auf und davon gegangen?"
Jim nickte Bestätigung.
„Das heißt, Ihr vermutet es?" forschte Tom weiter.
„Wenn ich sie doch selbst zusammen habe fliehen sehen!" rief Jim mit häßlichem Lächeln.
„Wann?" fragte Tom gespannt.
„In einer Nacht vor 14 Tagen etwa."
„Wo hinaus?"
„Ja, das möchtet Ihr wohl gern wissen." höhnte Jim. „Sie haben mich aber gut dafür bezahlt, es nicht zu sagen." Er lachte leise.
Tom war von diesen unerwarteten Mitteilungen auf's höchste überrascht.
Hienach waren beide Gesuchten noch in Australien und in seinem Bereich.
„Ich zahle Euch mehr, Jim", sagte er lockend, wenn Ihr mir sagt, wohin sie gegangen, und ich verrate Euch nicht.
Er hatte, um nicht das Gold in dem un- sichern Schutz seiner Hütte zurücklassen zu müssen, seinen Goldgurt und seine Taschen mit den Nuggets voll gefüllt.
„Diese Hand voll ist Euer", sagte er, „wenn Ihr mir den Aufenthalt der beiden verratet. Ich schicke Euch das Mädchen wieder zu. Nur
um den Friedrich ist mir zu thun, und dessen Rückkehr werdet Ihr wohl kaum erwünschen."
In den Augen des Burschen blitzte es auf.
„Gebt!" sagte er nach kurzem Besinnen.
Tom gab das Gold zögernd hin.
„Und wo sind sie?" fragte er.
«Wenn Ihr eine Tagereise weit von hier geradeaus nach Osten wandert," sagte Jim, „so kommt Ihr nach einem Orte Warronga. Dort halten sie sich verborgen. Ich erlauschte ein Gespräch der beiden, wonach Friedrich einem Landsmann drüben in der Goldstadt seine wertvollen Dokumente geraubt —"
„Und den er ermordet hat," fiel Tom erregt ein.
Jim stellte sich erstaunt, obwohl er das ganze Gespräch, soweit es in der Hütte geführt worden, erlauscht hatte.
„Davon sagte er nichts", erwiderte er, „nur daß sie mit diesen Papieren später einen großen Schwindel ins Werk setzen wollten, wenn die Geschichte hier in Vergessenheit gekommen."
„Was sagte er noch?" drängte Tom.
„Das war alles, was ich hörte", versicherte Jim. „Dann sah er mich und brach das Gespräch ab."
Tom fand alles glaubhaft, da er nicht ahnte, daß der Bursche seine Unterredung mit Williams belauscht hatte.
„Bewahre dies als Geheimnis," sagte er. „Es soll Dein Schaden nicht sein. — Einstweilen!"
Er reichte ihm noch ein wertvolles Nugget.
„Danke!" sagte Jim. „Ihr seid ein Gentleman im Buschland.
„So werdet Ihr mich erfinden", entgegnete Tom, „wenn Ihr die Wahrheit gesprochen. Wenn Ihr mich belogen, wird mein Revolver Euch Antwort geben."
„Von dem Gebrauch zu machen, werdet Ihr keine Gelegenheit haben," lachte Jim.
„Immer geradeaus nach Osten!" rief er noch dem sich Entfernenden nach.
Wenn Tom den Gesichtsausdruck des Burschen in diesem Augenblick hätte sehen können, würde er sich wohlbedacht haben, den ihm empfohlenen Weg einzuschlagen.
Habgier und alle bösen Leidenschaften zuckten wie Wetterleuchten über dasselbe hin, während im Grunde kalte Grausamkeit die noch jugendlichen Züge entstellte. Natürlich war alles, was er ihm von der Flucht der beiden berichtet hatte, verlogen. Mit einem boshaften Lachen wandte Jim sich hinweg. —
* *
Eine fast taghelle Mondnacht, wie sie dem australischen Klima eigen, umzog das im Wald gebettete Lager der Bunya mit geheimnisvollen Lichtfäden.
In den aus Erde und Buschwerk hergestellten Mei-Meis herrschte ein frohes Leben und Treiben.
Es galt das große Nachlfest der Wilden zu feiern, das „Korroborrie."
Ursprünglich religiösen Zwecken dienend, eine Art Gottesdienst, war es zu einem bloßen Freudenfeste herabgesunken, in welchem Tanz und Musik vorherrschten.
Man kannte die Götter nicht mehr, denen diese Opferung galt. Jedenfalls waren es unseren nordischen Gottheiten ähnelnde Wesen gewesen, denn auf einer nahen, mondhellen Waldfreiheit brannten im offenen Halbkreis eine Anzahl kleiner Feuer, welche bei der herrschenden Hitze nur den Zweck haben konnten, die Nacht noch mehr zu erhellen.
Hinter dichtem Buschwerk verborgen, bereiteten sich die Bunya-Männer für die eigentümliche Feier vor, wobei sie sich des verschiedenfarbigen Thones und Lehmes als Schminke bedienten.
Um die Feuer, jedoch nur an der Außenseite derselben, sammelten sich die alten Weiber.
Die Greise, jungen Mädchen und Jünglinge, soweit sie noch nicht zu „jungen Männern" geweiht worden, sowie die Kinder bildeten seit- wärts von dem Feuerkreise malerische Gruppen.
(Fortsetzung folgt.)
Baden-Baden, 16. Nov. Eine Er- findung, welche geeignet sein dürfte, eine große Umwälzung auf dem Gebiete des Beleuchtungswesens hervorzubringen, wurde laut „Bd. Tagbl." von dem Sohne unseres Mitbürgers, Herrn Hofbüchsenmachers Nagel Herrn August Nagel. Mitglied der dänischen Gasglühlicht-Komp, in Kopenhagen gemacht Das Prinzip dieser Erfindung beruht auf der Zuführung von komprimierter Luft in die unter einem Strumpfe brennende Gas. flamme, wodurch dieselbe bei verminderte« Gasverbrauche die zehnfache Lichtstärke des Auer-Lichtes erzielt; die Hauptvorteile sind kurz die Folgenden: Wunderbar schönes Licht und dabei billiger wie alle bis jetzt bestehenden Beleuchtungssysteme. Die Erfindung ist in den in Betracht kommenden Kulturstaaten patentiert und man ist allgemein der Ansicht, daß dieselbe als eine der bedeutendsten, welche bisher auf dem Gebiete des Beleuchtungswesens gemacht wurden, zu bezeichnen sein dürste.
Man schreibt aus München: Kaiserin Elisabeth von Oesterreich eine Tochter des Herzogs Max von Bayern, liebt es bekanntlich, zuweilen unbemerkt in bürgerlichen Gastlvkalen sich umzu sehen. Bei ihrem letzten Hiersein in voriger Woche hat die Kaiserin einmal einen Spanferkel speisen wollen, in welcher Speise das Restaurant Platzl einen Ruf hat. Gewöhnlich kommt der Spanferkelbraten erst abends auf den Tisch. Um ungestört zu sein, bestellte sich die Kaiserin — unerkannt — am Freitag Abend in Begleitung einer Hofdame für Sams- tag Mittag ein gebratenes Spanferkel. Samstag Mittag erschien die Bestellerin auch pünktlich zu dem Schmaus und verblieb mit ihrer Hofdame zwei Stunden im Restaurant.
Eine Regierung gegen das Damenfahren. Aus Argentinien meldet man, daß die Regierung ein Gesetz erlassen habe, welches den Frauen das Radfahren verbietet. Die Ursache hierzu soll nicht, wie man vielleicht glauben könnte, übertriebenes Schamgefühl, sondern die wohllöbliche Absicht sein, den Vorteil der in ihrem Dasein, bedrohten Wagenverleiher zu wahren.
fDurch die Blume.) Professor: „Herr Wirt, in diesem Bett schlafe ich nie wieder!"
— Wirt: „Warum denn nicht, Herr Professor?'
— Professor: „Ja wissen Sie, ich bin Botaniker, aber kein Zoologe."
sBor Gericht.) Richter: „Wie alt sind Sie?" — Peter: „Am letzten Vrehmarkt wurde ich dreiundzwanzig."
Auflösung des Arithmogryphs in Nr. 181. Jammer, Esra, Raum, Ulme, Saul, Amsel, Lamm. Eule, Meer, — Jerusalem.
Richtig gelöst von Friedrich Wäger, Wilhelm Schüßler, Säger, Schwann; I. F Hermann Jauch, Höfen; Adolf Trinkner, Friedrich Klaiber in Nonnennnß.
Neuenbürg;
Calmbaq;
Rothenbach;
Logogryph.
Mit f kanns holden Segen bringen, Mit s kann's wütend dich verschlingen.^
Telegramme.
Berlin, 19. Nov. Der „PosL' zufolge, heute die vom Reichskanzler rn ferner Rede letzten Dienstag erwähnte Kommission Offizieren zur Begutachtung
»Entwurfes zu V o r s ch rrf t en ube ehrengerichtliche Beha n d l u ng zwischen Offizieren vorfallenden Stremg- n und Beleidigungen zusammen Recklinghausen (Westphalen), 10 . Nov. der Keche General Blumenthal hat sich e früh ein Grn be n unglü ck ereigne - 1 Uhr mittags sind 25 Lerchen.herauf^ it worden 40 bis 50 Arbeiter smd noch -schlossen. Die Gesamtzahl der Berm-M igt jedenfalls nicht über 30. ^
nißten haben sich eingefunden. Dw Ursach ^ Unglücks find noch nicht ermittelt. ^
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.