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größeren Verschleiß zu heben. Die Lehr- und Musterwerkstätte dient zur Ausbildung für Meister, Gehilfen und Lehrlinge und zwar nicht nur für Münsingen allein, sondern für ganz Württemberg. Die Ausbildung in der Lehr- und Musterwerkstätte ist unentgeltlich.
T Pforzheim. (Selbstmord). Vergangene Woche ist der Schuhmachermeister W. Kälber von Eutingen hiesigen Bezirks nach Frankfurt a. Main verreist. Heute ist nun Nachricht eingetroffen, daß er sich im Palmengarten in Frankfurt a. M. erschossen hat. Vor seiner Abreise hat er seine sämtlichen schriftlichen Sachen, auch die Aufzeichnungen seine Ausstände, im Ofen verbrannt. Seine Gläubiger werden zum größten Teil so das Nachsehen haben.
Saarbrücken, 2t. Sept. Von Villa Hügel kommend wird Prinz Tschun heute Abend 10'/, Uhr hier in Saarbrücken eintreffen und mit Gefolge im Rheinischen Hof absteigen. Morgen Vormittag wird der Prinz unter Führung des Präsidenten des Saarbrücker Bergwerks Direktor Geheimrat Hilger die Grube Gerhardt bei Louisenthal und wahrscheinlich auch das in der Nähe liegende Burbacher Eisenwerk besichtigen. Morgen Nachmittag 5 Uhr fährt der Prinz wieder von hier ab, wie es heißt, nach Paris.
Berlin, 23. Sept. Prinz Tschun gedenkt noch in dieser Woche Deutschland zu verlassen.
Berlin, 23. Sept. Graf Wälder see mußte, wie der Lokal-Anzeiger aus Stuttgart meldet wegen seines noch nicht völlig behobenen Fußleidens in letzter Zeit mehrere Stunden täglich im Bett verbringen. Nach ärztlichem Ausspruch ist jedoch baldige Heilung zu erwarten, worauf der Feldmarschall nach Hannover abreisen wird.
Berlin, 23. Sept. Wie dem Berliner Tageblatt aus Kiel gemeldet wird, ist das Zarenpaar mit seinen Töchtern, begleitet vom Herzog und der Herzogin von Oldenburg und dem Prinzen Nikolaus von Griechenland, nach dreistündigem Aufenthalt beim Prinzen und der Prinzessin Heinrich mittelst des russischen Hofznges abgereist. ^
Berlin, 23. Sept. Nachdem die letzte Nummer des Anarchisten-Blattes „Neues Leben", in welcher das Attentat aus Mac Kinley besprochen wurde, beschlagnahmt worden ist, ist der Redakteur des genannten Blattes, Polier Panzer, in seiner Wohnung verhaftet worden.
Berlin, 23. Sept. Der Polizeipräsident macht bekannt, dE"Ne' Nr. 34 des in Paris erscheinenden Witzblattes: Le Journal pour Tons, auf Antrag des Staatsanwalts I durch Beschluß des königlichen ^beschlagnahmt worden
ist, weil die Abbildung in Verbindung
mit dem darunte^l»dhMden Text Beleidigungen des deutschen Kaisers enthalten. Aus dem gleichen
Anlaß wurde die Nr. 244 der Wiener Arbeiter- Zeitung beschlagnahmt. Bei dieser sind die Beleidigungen in einem satyrischen Artikel aus dem Tagebuche des Prinzen Tschun enthalten.
Berlin, 24. Sept. Die englische Blättermeldung über eine Reise des Kaisers nach England im November ist bereits dementiert worden. Nunmehr bezeichnet die Post auch die Mitteilung, daß der Kaiser durch König Eduard eingeladen worden sei, als auf Erfindung beruhend.
Berlin, 24. Sept. Wie aus Lübeck gemeldet wird, entstand gestern nachmittag auf dem sozialdemokratischen Kongreß plötzlich eine große, durch Bebel hervorgerufene Bernstein- Debatte. Bebel griff den Vorwärts an, daß er gegen Bernsteins im sozial-wissenschaftlichen Stu- denten-Verein zu Berlin gehaltenen Vortrag nicht energisch Stellung genommen habe und wandte sich dann unter starkem Beifall gegen Bernsteins Thä- tigkeit im Allgemeinen. Bernstein verteidigte sich in längerer Rede und vertrat die Freiheit der Wissenschaft und Kritik innerhalb der Partei. Er schloß mit einem Apell an die Parteigenossen, nicht gegen ihn vorzugehen. Ein Vorgehen der Partei gegen ihn wäre als schwächlich zu charakterisieren. Es würde aus die Tauer mehr der Partei schaden als seiner Person. Der Schluß der Rede machte starken Eindruck. Heine und l)r. Gradnauer traten für Bernstein ein. Heute früh fand eine geschlossene Sitzung statt, nachmittags die Fortsetzung der Berii- stein-Tebatte mit unbeschränkter Redezeit.
Berlin, 24. Sept. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Budapest: Aus Belgrad w^rd entgegen allen bisherigen amtlichen Versicherungen dem Bu- dapester Blatte Magyar Orezag telegraphiert: In Belgrad werde heute am Geburtstage der Königin Draga der jüngere Bruder der Königin zum Thronfolger Serbiens proklamiert werden. In der Bevölkerung wächst die Niedergeschlagenheit. Besonders das Offiziers-Corps sei .gegen die Proklamierung. Zwei Obersten hätten sich öffentlich gegen diesen Entschluß des Königs ausgelehnt. Eine Krisis sei zu befürchten.
Berlin, 24. Sept. Nach einer in London eingetroffenen Shanghaier Meldung wird der chinesische Hof von Singanfu nach Kaifengfu gehen und dort zwei Jahre verbleiben.
Rorschach, 22. Sept. Gestern unternahmen 5 Mann von dev Segelklub Lindau eine Fahrt aus dem Bodsnsee. EsAhob sich bald ein rasender Föhn. Tie Insassen-ZK Bootes ertranken. Von dem Boot und der.Mannschaft 'fehlt bis heute Mittag jede Apur. Ein österreichischer Dampfer suchte vergeblich Hilfe zu bringen.
Brüssel, 24. Sept. Tie Gesandtschaft der südafrikanischen Republik veröffentlicht folgende Mit
teilung : Dr. Lehds hat vor einigen Tagen bei der österreichischen Regierung Widerspruch erhoben gegen die Lieferung von Sätteln an die Ieomanry. Diese Lieferungen fanden statt grade in dem Augenblick,, als die Militär-Behörde ihrer dringend bedurfte und bildet, wie offiziell in dem englischen Blaubuch C. D. aus Seite 803 ausdrücklich anerkannt wird, eine Begünstigung von Seiten OesterMch-Ungarns. Vor dem Jahre 1900 legte Dr. Leyds Protest ein gegen die Lieferung von Pferden und-Kanonen durch die österreichische Regierung an England. Aber ungeachtet der wiederholten Proteste, auf welche Tr. Leyds niemals eine Antwort erhielt, fuhr Oesterreich-Ungarn fort, die Neutralität in dieser Weise zu brechen. ,,
London, 24. Sept. Taily-News berichtet: Botha mit seinen ganzen Truppen befindet sich augenblicklich am Blood -River. Die englischen Truppen in Natal, welche bisher in der Reserve umhätig verharrten, sind gestern nach der Front dirigiert worden.
London, 24. Sept. AuS Shanghai wird gemeldet: Aeußerst schlimme Nachrichten über die Not der Bewohner des Jangtsethales sind hier ein- getroffen. Es herrscht dort seit mehreren Wochen allgemeine Ueberschwemmung. An 10 Millionen Menschen sind obdachlos. Die chinesischen Behörden haben einen Unterstützungsdienst organisiert und bereits bedeutende Summen gesammelt. Man befürchtet, daß die Not unter der Bevölkerung kommenden Winter schwere Unruhen Hervorrufen werde.
Buffalo, 24. Sept. Gestern begann der Prozeß gegen den Mörder des Präsidenten Mac Kinley, Czolgosz. Das Gerichtsgebäude war scharf bewacht. Nur Inhaber von Einlaßkarten wurden zugelassen. Czolgosz wurde vom Gefängnis durch einen unterirdischen Tunnel in das Gerichtsgebäude gebracht. In der Verhandlung erklärte Tr. Gaylard, die Verwundung Mac Kinleys habe nicht notwendigerweise zum Tode führen müssen. Die eigentliche Ursache des Todes liege in den Erscheinungen, die im Hinteren Teile des Magens aufgetreten Wien. Die unmittelbare Veranlassung war die Einsaugung septischer Flüssigkeiten durch die Bauchspeicheldrüse. — Wie verlautet, werden sich chie Verteidiger darauf beschränken, die That Czolgosz' auf Irrsinn zurückzuführen.
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ersten Tage der Anwesenheit des Vaters hatte sie sich, wie sonst, früher als die andern vom Tische erheben und zu der Kranken gehen wollen, aber der väterliche Befehl hatte sie zum Bleiben gezwungen. Sie sagte traurig: „Papa, du bist selber schuld, wenn ich dir ungehorsam werde." Als sie endlich gegen Abend die Erlaubnis erhielt, die arme Frau aufzusuchen, erzählte diese ihr, „der Herr Graf von gestern sei auch h:ute dagewesen und habe gesagt, das gute Fräulein werde heute vielleicht nicht kommen können, denn der Papa sei da und lasse sie nicht fort. Andy hatte keine Gelegenheit, Herbert für seine Freundlichkeit zu danken, denn sie sah ihn nicht allein, und bei den kurzen Besuchen in der Fischerhütte, die ihr ab und zu gestattet wurden, traf sie ihn nie. Sie hätte gewünscht, ihm zu begegnen, denn es war ihr, als liege es ihr ob, die Unfreundlichkeit ihres Vaters gut zu machen.
Herbert litt mehr darunter, als sie ahnte. Durch Andys sich immer gleichbleibende Sanftmut und Güte war er endlich zur E nsicht gelangt, daß sein Groll gar nicht existiere, sondern nur künstlich von ihm genährt worden war, daß er — bei der geringsten Aufmunterung — bereit gewesen wäre, Andy wieder anzubeten wie ehemals. Er war kein Neuling, und es entging ihm nicht, daß sie — vielleicht ohne ihr Wissen — ihm gegenüber nicht mehr dieselbe war wie früher. Diese Veränderung deutete er nicht zu seinen Ungunsten. Zahllose Male legte er sich die Frage vor, wenn er jetzt einen ernstlichen Ansturm auf ihr Herz versuchte, ob sie thn wieder zurückweisen würde? Den Kampf mit dem Vater fürchtete er nur so lange, als er ihrer Gegenliebe nicht sicher war; mit dieser Gewißheit aber hätte er sie einer Welt abzuringen versucht. Wie teuer sie seinem Herzen war, das war ihm erst bei jenem Zusammensein in der Fischerhütte klar geworden; nur mit Rührung konnte er sich daran erinnern, wie er Andy einer armen kranken Frau die niedersten Dienste leisten sah — freundlich, ohne Ueberwindung. Die Sehnsucht, dies edle Wesen sein eigen zu nennen, demL.ben zurückzu gewinnen.
packte ihn mit derselben Macht wie ehemals. Da plötzlich erschien der Vater, und sein Verhalten ertötete mit einem Schlage jede Hoffnung des jungen Mannes. Wenn der Kommerzienrat auch zu formgewandt war, um sich eine Taktlosigkeit zu Schulden kommen zu lassen, so fühlte Herbert doch selbst aus den wenigen höflichen Worten, die jener ab und zu an ihn richtete, das berechtigte Zürnen und den unversöhnlichen Groll des schwerbeleidigten Mannes heraus. Er hätte sein Unrecht gut machen und Herrn Märker seine Reue aussprechen mögen; aber Onkel Franz riet ihm davon ab. „Du ziehst dir nur Demütigungen zu," sagte er. „Der Mann wird dir nie verzeihen, daß du ihn seiner Schwäche wegen verspottet hast. Ein anderes wäre es, wenn du um seine Tochter freien wolltest und wenn Fräulein Andy dich liebte — wovon leider nicht die Rede ist — dann würde ich alle Hebel in Bewegung setzen und euch zu versöhnen suchen. So aber, da du dich in den nächsten Tagen von ihnen allen trennst, hat deine Abbitte keinen Sinn."
Fräulein von Greiflingen war die heimlich Verlobte eines Grafen Nordau, eines Vetters von Herbert, und darauf begründete sich der vertrauliche Verkehr der beiden, der der ganzen Gesellschaft längst aufgefallen war. Familienrücksichten waren die Ursache, daß diese Verlobung einstweilen geheim bleiben sollte. Die junge Dame bemerkte eine Verstimmung an Herbert und fragte ihn teilnehmend nach dem Grunde derselben. Er suchte mit einem Scherze davon zu kommen, aber es gelang ihm nicht. Der Gedanke an die nahe Trennung von Andy, an die düster vor ihm liegende Zukunft hing wie eine schwere Wolke über ihm, die sich nicht mehr vertreiben ließ. Herbert wußte aus Erfahrung, daß man jeden Verlust mit der Zeit überwindet; aber er kannte auch die Kämpfe des Menschenherzens, die einem solchen Verschmerzen vorangehen, und ihm bangte davor, das Leid des verflossenen Winters in verschärfter Weise noch einmal durchzumachen.
(Fortsetzung folgt.)