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Bäckereien noch in vorgerückten Vormittagsstunden an Sonn- und Festtagen ihren Bedarf an Fleisch, Brot rc. deckt. Auch hier dürfte sich diese Mah­nung im Interesse der Metzger- und Bäckermeister empfehlen, da sie des öfteren wegen zu spät ein­kaufender Kundschaft um ihren Kirchgang kommen.

Calw. (Egsdt.) Eine praktische und zeit­gemäße Neuerung im Bäckergewerbe hat nun auch hier Anwendung gefunden. Die Firma Vig­na l s, Stuttgart, hat hier bei Bäckermeister Mörsch einen Backofen mit indirekter Heizung eingerichtet. Bei diesem Ofen dringt in den Backraum weder Feuer noch Rauch, was einen unschätzbaren Vorteil in Bezug auf Reinlichkeit und Hygiene bedeutet. Dies leuchtet auch dem Laien ein, wenn er die diesem Ofen, dessen Besichtigung gerne gestattet wird, entstammenden Brote und Brötchen sieht, denen keine appetitverderbende Aeußerlichkeit anhaftet.

A l th e n g st e t t. (Egsdt.) Heute fand unter dem Vorsitz des Herren Schultheißen Flik eine sehr stark besuchte Versammlung der hie­sigen Landwirte statt. Bei derselben hielt der Vertreter derWilhelms" in Magdeburg einen gediegenen Vortrag über Haftpflicht der Landwirte. Nachdem derselbe der Versammlung mitteilte, in welche Haftpflichtfälle der Landwirt seit Einführung des neuen bürgerlichen Gesetzbuches geraten kann, erklärten sich viele der Anwesenden bereit, sich so­fort versichern zu lassen. Ta ohnedies der land­wirtschaftliche Verein Calw einen Vertrag mit dieser Versicherungsgesellschaft zu niederem Prämiensatz abgeschlossen hat, wünscht der Einsender dieses, daß dem gegenwärtig den Bezirk bereisenden Vertreter der Gesellschaft viele Anträge im Interesse unserer Landwirte gemacht werden.

Berlin, 20. Sept. Aus New-Aork wird gemeldet: Ter ermordete Präsident der vereinigten Staaten wurde feierlichst in Canton beigesetzt, nach einem Trauergottes­dienst im Hause. Die Beteiligung war eine un­geheure. Canton war überfüllt. Die Besucher mußten größtenteils auf den Straßen campieren. Die schwer leidende Witwe war abwesend. Präsi­dent Roosevelt verließ Canton heute 9 Uhr.

Berlin, 20. Sept. Der Lokal-Anzeige» meldet zum Zarenbesuch aus Reims: Die die Stadt besetzende Infanterie, Gendarmerie und Kavallerie sahen aus, als ob sie aus einer ver­lorenen Schlacht kämen. Tie Truppen waren seit Mittwoch unterwegs und während des stun­denlangen Wartens fast ohne jede Nahrung. Vor der Mairie wurde ein halbes Tausend Leute in die Ambulanzen geführt. Uebrigens hatte man das Publikum mit der Durchführung einer un­barmherzigen Absperrung so lange drangsaliert, daß man trotz der Anwesenheit von Hunderttausenden auf den Straßen fast nur Militär sah. Im Rat­

hause bildeten die Pompiers Spalier. Nur die Stadtverordneten und Senatoren von Reims wohn­ten dem Empfange des Zarenpaares bei. Die große Verspätung bei der Ankunft der hohen Gäste bewirkte, daß der ganze Besuch im Rathause nur 10 Minuten dauerte. Der Bürgermeister wies in seiner Ansprache nicht nur auf den Verbündeten Frankreichs, sondern auf den Begründer der F-rie- dens-Conferenz hin. Als die Wagen mit dem Zarenpaar, dem Präsidenten und den Ministern vor der Kathedrale erschienen, wurden sie von dem Kardinal-Erzbischof empfangen, der in seiner An­sprache betonte, daß er dem Zarenpaar die Kirche nicht in erster Linie nur als Gotteshaus, sondern als ein hehres Wunder religiöser Kunst zeigen wolle. Auf diese feine Wendung hin folgten alle Minister dem Rundgange durch die Kirche, während der in seiner Mehrheit sozialistische Stadtrat vor­der Thür blieb. Ter Besuch der Kathedrale dauerte dreiviertel Stunden. Der Abend brach an, als das Zarenpaar mit dem Präsidenten Loubet zum Bahnhofe fuhr, um sich nach Compwgne zurückzu­begeben.

Berlin, 21. Sept. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Paris: Die wesentlichste Stelle des heutigen Zarentoastes lautet:Die beiden von friedlichen Absichten beseelten Mächte werden ihr gutes Recht zu be­haupten, die Rechte der Andern aber stets zu beachten wissen." Wie bestimmt verlautet, hüt der Zar dem Präsidenten Loubet gestern Abend die Versicherung gegeben, daß er von nun an alle zwei Jahre Frankreich einen Besuch abstatten werde.

Berlin, 21. Sept. Dem Lokal-Anzeiger wird aus Paris telegraphiert: Längere Zeit wid­mete der Zar der Unterredung mit dem ehemaligen französischen Delegierten bei der Haager Kon­ferenz L(on Bourgeois. Dieser konferierte hierauf mit Delcasse, dessen Unterredung mit Lambs­dorff durch den Besuch Bourgeois unterbrochen wurde. In des Zaren Umgebung weiß man, daß die Haager Institution keineswegs seinem Ideale entspricht. Man versichert aber, daß der Zar in letzter Zeit in mehreren Aussprüchen mit nicht-russi­schen Staatsmännern die Vorteile erwogen, welche im Interesse des Rechts und der Billigkeit selbst aus dieser mangelhaften Institution gegenwärtig zu -ziehen seien. Der Zar schien nach der Unterredung . mit Bourgeois merklich besser aufgelegt, als am Vormittage.

Berlin, 21. Sept. Das Berliner Tageblatt meldetaus New-Aork: Präsident Roosevelt wird trotz seines entschiedenen Protestes ständig aufs sorgfältigste überwacht. Emma Goldmann und Ge­nossen werden der Teilnahme an der Mordver­schwörung gegen Mac Kinley angeklagt. Czolgosz wird am Montag allein prozessiert.

Mit tiefbewegter Stimme erwiderte Hr. Stadtpfarrer Schwaier auf die Ausführungen des Vorredners. Es sei ihm in den letzten Tagen so recht zum Be­wußtsein gekommen, daß der Abschied eine schwere Stunde sei, viel Liebe sei ihm erwiesen worden und er möchte deshalb dem Gefühle des Dankes Aus­druck geben vor allem der kath. Gemeinde, von der er jetzt scheiden solle, der ganzen zahlreichen heutigen Versammlung, dem Kirchenpfleger Staudenmeyer, dem kath. Kirchengemeinderat, dem Hrn. Stadt­schultheiß Haffner für die lieben Worte, die er ihm gewidmet habe und für das freundliche Ent­gegenkommen, das ihm sein Wirken so leicht ge­stalte! habe. Es sei ihm aber auch eine hohe Pflicht, dem Hrn. Dekan Roos für die schönen Worte zu danken; es sei ihm von Seiten der ev. Geistlichkeit nur friedliches Entgegenkommen gezeigt worden; schon Hr. Prälat v. Braun habe ihm herzliches Wohlwollen bewiesen. Das Gebiet der Charitas sei ja so groß, daß beide Konfessionen hier in friedlichem Geiste viel Gutes miteinander leisten können. Es seien nur freudige Gefühle, die er in seinen neuen Wirkungskreis mitnehme, er werde stets mit Liebe unserer Stadt gedenken, lasse alle Bitterkeit zurück, bringe allen nochmals herzlichen Tank und schließe mit den schönen Dichterworten: Wenn Menschen auseinandergehn, so sagen sie auf Wiedersehn! Im Namen der katholischen Schule feierte Hr. Lehrer Weckemann den Scheidenden als innigen Kinderfreund, als großen Freund der Schule und als äußerst humanen und liebens­würdigen Vorgesetzten. Ein Amtsgenosse von Weil- derstadt schilderte mit trefflichem, köstlichem Witz den Scheidenden in seiner beruflichen und außer­beruflichen Thätigkeit und schloß mit den besten Wünschen für dessen Zukunft. Hr. Rack ge­dachte zum Schluß in längerer, von Humor ge­würzter Rede der Mutter und Schwester des scheiden­den Herrn. Die Zwischenpausen wurden durch vor­züglich wiedergegebene Lieder des Cäcilienvereins und durch Vorträge der Stadtmusik ausgefüllt. Tie Abschiedsfeier gestaltete sich somit zu einer glänzenden Huldigung für den scheidenden Herrn Sradlpfarer und es mag ihm die zahlreiche Ver­sammlung als Beweis gegolten haben, daß seine 14jährige Wirksamkeit in allen Kreisen der Stadt nicht nur bei seiner Gemeinde sondern auch bei den ev. Bewohnern gebührend anerkannt und ge­würdigt worden ist.

Calw. (Egsdt.) Freunde kirchlicher Musik sind zu der am Mittwoch, den 25. Sept., in der Stadtkirche stattfindenden musikalischen Auf­führung freundlichst eingeladen und sei auf das Programm im Annoncenteil hingewiesen.

88 Calw. (Sonntagsruhe.) An die Einwohnerschaft Stuttgarts wurde amtlicherleits eine Mahnung gerichtet um dem Mißstande abzu- helsen, daß die Kundschaft der Metzgereien und

Vorwürfe machen, aber sie deutete ihr an, daß sie entschlossen sei, nie zu heiraten, j und daß derartige Anspielungen sie daher nicht angenehm berühren.

Was Andy mit dieser Mitteilung bezweckte, ging über das Verständnis der Fischersfrau, welche ihr zuzureden begann, den schönen Herren doch nicht zu betrüben, sondern ihn zum Manne zu nehmen.

Zum Abendessen erschien der Graf nicht im Speisesaal. Er überbrachte wie Onkel Franz berichtete den Abend bei der Familie Greiflingen. Die alte Ercellenz hatte eine Magenverstimmung und blieb deshalb in ihren Zimmern, und Sohn und Tochter wollten die Mutter nicht allein lasten.

Andy hatte sich ein wenig vor dem Wiedersehen gefürchtet; nun aber war sie doch enttäuscht, daß es nicht stattfand. Als sie später wieder in ihrem Stübchen weilte, überkam sie ein Gefühl der Sehnsucht, der Wehmut, grundloser Traurigkeit, wie sie es nie gekannt hatte. Sie blickte lange zum sternhellen Himmel auf. In ihren Ohren tönten die Worte der armen Frau nach:Jemand, dem man so recht von Herzen guj ist!"

Mit solchen Blicken hatte er aber auch Frau von Els in R . .. n angeschaut, sah er Marga von Greiflingen täglich an. Diese Sprache war nicht untrüglich. Aber dann fiel ihr seine Mitteilung ein über den einzigen glücklichen Moment seines Lebens. Seine Lippen waren nicht fähig, eine Lüge zu sagen Andy wußte es und diese Aeußerung ließ darauf schließen, daß er sie damals wirklich geliebt hatte. Wenn er eS jetzt nicht mehr that, wenn er für die Liebe, die sie ihm verweigert, Ersatz gesucht und gefunden hatte, so war sie doch sicher, seine Teilnahme noch immer zu besitzen, und dies mußte ihr genügen. Sie bemühte sich, ihre Gedanken dem Kloster zuzuwenden und dem Berufe, den sie so gern ausübte, der ihr schon so manche Freude eingetragen hatte. Seltsam auch diese Betrachtung gab ihr ihre Ruhe nicht wieder. Wie lautete doch der Vers, von dem er gesprochen hatte:

Was hilft cs, schön Donka, unsterblich zu sein,

Und in Ewigkeit leben allein, allein!"

Das Bild dieser Ewigkeit lag plötzlich wie eine trostlose Einöde vor ihr- Allein, allein! Er würde es nicht bleiben; ihm bot sich zu jeder Zeit eine tröstende, beglückende Verbindung er war schön, vornehm, liebenswürdig sein Glück konnte, auch ohne sie, überall blühen. Sie faltete die Hände und betete für ihn

X.

Am andern Morgen traf Herr Märker in Grünau ein und brachte eine freudige Aufregung in seine Familie, die er durch sein Kommen überraschte. Er wollte noch eine Woche mit den Seinigen da bleiben und sie dann mit sich nehmen.

Beim Frühstück sprach jeder ihm sein Entzücken über den Ort aus. Gegend und Menschen hatten das Ihrige gethan, den Aufenthalt angenehm zu machen und die bevorstehende Trennung zu erschweren. Man erzählte von den schönen Spaziergängen und Bootfahrten, die man unternommen hatte, und von der freund­lichen Art des Zusammenlebens mit den andern Badegästen.

Hat sich denn Andy auch an allem beteiligt?" fragte der Vater plötzlich. Ich finde, sie sieht blaß aus."

Das ist kein Wunder," bemerkte die Mutter.Sie hält auch hier an ihrer Gewohnheit fest und sucht Arme und Kranke auf."

Riechst du ihren Verkehr nicht an ihren Kleidern?" sagte Thea lachend. Zuweilen bringt sie uns das unverfälschte Parfüm, das ihre Bekannten aus­strömen, mit, und wir sind kaum im stände, es wieder zu vertreiben."

Herr Märker machte ein ernstes Gesicht.Noch immer dieser unwider­stehliche Hang, dich für andere zu opfern. Du wirst damit deine Gesundheit untergraben."

(Fortsetzung folgt.)