114.
AMLs- und AuzeigeölaLt für den Bezirk Kalw.
76. Jahrgang.
Erscheint Dienstags, Donnerstags und SamStagS. Di« TinrückungSgeSLHr beträgt inr Bezirk und in nächster Nurgebung S Dfg. die Zeile, weiter entfernt 12 Pfg.
Dienstag, den 24. September 1901.
Vierteljährlicher Abonnementöpreis in der Stadt Mk. 1.10 ins Hans gebracht, Mt. 1. 15 durch di« Post bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1! 35.
KurMche Bekanntmachunge«.
Die Ortsbehörden
werden angewiesen, sich mit den Bestimmungen der Min.-Verf. vom 1. Sept. d. I. betr. den Ge- schäfsbetrieb der Rechtsagenten (Reg.-Bl. S. 268) bekannt zu machen, die in ihren Gemeinden ansässigen Rechtsagenten von dieser Vorschrift in Kenntnis zu setzen und in Gemäßheit des 8 6 dieser Verfügung bis 1. Oktober d. I. hieher die Namen und Geschäftslokale der Rechtsagenten anzuzeigen. Calw, den 20. Sept. 1901.
K. Oberamt.
Vo elter.
Die Ortsbehörden
werden hiemit auf die am 1. Oktober d. I. in Kraft tretende Minist.-Verf. betr. den Geschäftsbetrieb der Trödler und Kleinhändler mit Garnabfälle« oder Dränmen von Lewe, Wolle, Baumwolle oder Leinen vom 24. Juni d. I. (Reg.-Bl. S. 160) noch besonders hingewiesen. Calw, den.21. Sept. 1901.
* K. Oberamt.
H ' Voelter.
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Die Ortsbehörden
werden hiemit auf die am 1. Oktober ds. Js. in Kraft tretende Minist.-Verf. betr. den Geschäftsbetrieb der Gesindevermieter und Stellen- Vermittler vom 24. Juni ds. Js. (Reg.-Bl. S. 157) noch besonders aufmerksam gemacht.
Calw, den 21. Sept. 1901.
K. Oberamt. Voelter.
Tagesneuigkeiten.
* Calw, 23. Sept. Eine überaus stattliche Zahl von Mitgliedern der katholischen und ev. Gemeinde von hier wie auch von der Umgebung hatte sich auf Einladung von Hrn. Stadtsch. Haffner und Verwaltungsaktuar Staudenmeyer in den Räumen der Bierbrauerei Dreiß eingefunden, um mit dem nach 14jähriger Thätigkeit von hier scheidenden und nun auf die Pfarrei Nordstetten beförderten Herrn Stadtpfarrer Schwaier noch einige gemütliche Abschiedsstunden zu verbringen. Nach einem prächtigen Chor des Cäcilienvereins ergriff Hr. Verwaltungsaktuar Staudenmeyer das Wort, um in fein angelegter und glänzender Rede im Namen des kathol. Kirchengemeinderats nicht nur die kathol. Gemeindemitglieder und die Amtsgenossen des Scheidenden sondern auch die ev. Mitbürger aus vollem Herzen freundlichst zu begrüßen. Das.-ahlreiche Erscheinen der Einwohnerschaft beweise, welch allseitiger Beliebtheit der hochwürdige Hr. Stadtpfarrer sich erfreut habe. Durch feine Menschenfreundlichkeit, durch seine Beredtsam- keit in der Kirche und am Grabe, durch, seine Thätigkeit in der Schule und am Krankenbett, durch feine Mildthätigkeit und seinen wahrhaft edlen Charakter habe der Scheidende die Liebe seiner Psarr- kinder in reichstem Maße verdient und aufrichtigste, herzlichste Glück- und Segenswünsche seien es deshalb, die den Seelenhirten an feinen neuen Wirkungsort begleiten. Als äußeres sichtbares Zeichen der Liebe übergab die Pfarrgemeinde ihrem Hirten eine Uhr mit dem Wunsche, daß dieselbe dem Scheidenden nur glückliche Stunden anzeigen möge. Die Gefühle des Dankes und aller Wünsche faßte der Redner zum Schluß in einem Hoch auf den
Scheidenden zusammen, das bei der ganzen Versammlung stürmischen Widerhall fand. Der nächste Redner, Hr. Stadtschultheiß Haffner, betonte ebenfalls, daß der Scheidende sich die Liebe und Achtung aller hiesigen Einwohner erworben habe; durch seine Geistesbildung und offenen Charakter habe der Herr Stadtpfarrer es verstanden alles das durchzuführen, was für seine Gemeinde heilsam gewesen sei, in freundlicher Kollegialität habe er in der Ortsarmenbehörde mitgewirkt, auch seine Familienglieder haben viel Gutes gewirkt und die Stadt Calw werde daher die Familie Schwaier allezeit in gutem und dankbarem Andenken bewahren. Hr. Dekan Roos hob in längerer Ansprache hervor, daß der Scheidende im Zusammenwirken in der Ortsarmenbehörde den Geist des Friedens und des aufrichtigen Wohlwollens habe walten lassen. Die gegenwärtige Zeit sei ja eine Zeit der Gegensätze nicht nur in sozialer Hinsicht sondern auch in konfessioneller Beziehung. Das sei nun einmal so und er habe es deshalb doppelt und dreifach geschätzt, daß der Scheidende in einem Sinn und Geiste, in aufrichtiger Menschen- und Christenliebe, in Friedfertigkeit und Leutseligkeit mit der evang. Konfession gewirkt habe. Im Geiste wahrer Christenliebe können allen Konfessionen gut miteinander auskommen und die echte Duldsamkeit bestehe darin, daß jeder seiner Sache gewiß sei; er hoffe herzlich, daß der Geist der Duldsamkeit auch ferner auf beiden Seiten vorhanden sein möge. Es sei gewiß, daß der Scheidende in solchem Geist unter Gottes Segen feine Wirksamkeit in der neuen Gemeinde führen möge; im Geiste gegenseitiger Wertschätzung und gegenseitigen Verständnisses werden die Konfessionen stets friedlich miteinander gehen können; er wünsche zum Schluß dem hochverehrten Scheidenden einen glücklichenLebensweg.
8°«NlI1k1vN» Nachdruck verbaten.
Dem Leben zurückgegeben.
Roman von B. Ernst.
(Fortsetzung.)
„Wer wäre unersetzlich in der Welt," sagte Andy. „Und dann — ich weiß nicht warum, aber ich habe mir immer gewünscht, früh zu sterben. Der Tod in jungen Jahren hat einen eigenen Reiz. Es liegt entschieden Poesie darin, im Andenken seiner Mitmenschen jung und heiter und unberührt durch die Prüfungen des Lebens sich fortzuerhalten. „Sie freilich," setzte sie lächelnd hinzu, „dürfen noch nicht dahin gehen. Sie muffen erst noch das Glück kennen lernen."
„Ich erkenne es jetzt," gab er zur Antwort.
Sie errötete. Ob er an Fräulein von Greiflingen dachte?
Da Andy nichts erwiderte, fuhr er fort: „Obgleich mein Glück nur die Dauer eines Momentes hatte, so weiß ich doch nun, wie einem Glücklichen zu Mute ist. Sie werden mich auslachen, wenn Sie erfahren, wann dieser Moment war."
„Gewiß nicht," versicherte sie.
„Ihr Herz klopfte. Eine Minute des Schweigens verging. Dann sagte er:
„Als Doktor Brandt mir mitteilte, daß Sie noch frei, noch nicht ans Kloster gebunden seien, da erfaßte mich ein so thörichtes Glücksbewußtsein, daß mir fast schwindelte."
Andy sah ihn fassungslos, betroffen an, in ihrer Ueberraschung stammelte sie:
„Ich glaubte, der Moment Ihres Glückes sei der gewesen, als Fräulein von Greiflingen Ihnen ihr Jawort gab?"
Sie verstand den Blick nicht, mit dem er sie nachdenklich, als wollte er ihr Innerstes ergründen, anschaute. Langsam, jedes Wort abwägend, sagte er:
„Sie hat mir weder ihr Jawort gegeben, noch habe ich es verlangt. Aber wie steht es mit Ihnen, bleibt e» beim Kloster?"
„Ja," antwortete sie fortblickend.
„Denken Sie an den bösen Vers:
WaS Hilst es, schön Donka, unsterblich zu sein,
Und in Ewigkeit leben allein, allein!"
Andy konnte nichts erwidern, denn die Fischerfrau, die — trotz der warmen Hülle — fror, wollte ins Haus zurück. Der Graf trug sie hinein und legte sie auf ihr Bett.
„Nun dürfen Sie nicht länger hier bleiben," sagte Andy. „Sie haben genug gethan, und ich bin Ihnen sehr dankbar."
Zitternd griff er nach seinem Hute und reichte der armen Frau die Hand. Sie hielt sie fest und dankte ihm für seine Güte. „Wie heißen Sie?" fragte sie ihn.
Er nannte seinen Namen und fragte, aus welchem Grund sie ihn zu wissen verlange.
„Ich will wissen, wie man mein liebes Fräulein später anreden wird. Denn Sie sind doch ihr Liebster oder Sie möchten es gern sein, das habe ich gleich erkannt."
Verlegen, errötend bat Andy sie, sich ruhig zu verhalten. Aber die Frau fuhr fort:
„Ich meine, mit solchen Augen, wie Sie das Fräulein angucken, sieht man nur einen an, dem man so recht von Herzen gut ist."
Zu Andys Erleichterung verabschiedete er sich rasch. Das junge Mädchen begleitete ihn hinaus, aber sie vermied es, ihn anzusehen. Sie konnte der armen Frau weder erklären, wie unzart sie sich benommen harte, noch konnte sie ihr