514

zu befolgenden Ratschläge besonders zur Verhütung und gegen Weiterverbreitung verdienen allseitige Beachtung und Berücksichtigung. Die zahlreiche Zuhörerschaft zeugt davon, welch großes Interesse auch die Landbevölkerung der Homöopathie entgegen­bringt. Die streng sachlichen Ausführungen des Hrn. vr. Hähl ließen auch durchweg erkennen, daß die Homöopathie keine Heilmethode sei, die mit allen alten Heilsystemen völlig brechen wolle, sondern die das bisherige Gute völlig zu würdigen weiß.

Vom Heuberg, 18. Sept.Tie Gefahr trägt der Käufer." Einen hübschen Beitrag zur Bekräftigung dieses Satzes finden wir in einer Mit­teilung, die dem Heuberger Boten aus einem Schwarzwjilddorfe zuging. In der Schule daselbst wurde ein Knabe im Rechenunterricht gefragt, wie viel feine Mutter verliere, wenn sie mit 60 Eiern auf den Markt nach R. gehe, das Ei zu 5 A ver­kaufen könnte, aber 10 Eier faul sind. Der Knabe gab zur Antwort: Nichts verliert sie, denn sie verkauft die faulen auch.

Vom Allgäu, 19. Sept. In Wieder­hofen bei Missen aßen zwei Knaben Tollkirschen. Der eine ist bereits gestorben; der andere schwebt in Lebensgefahr.

Mainz, 18. Sept. Bei einem hier woh­nenden höheren Beamten wurde heute Nacht ein verwegener Einbruch-Dieb st ahl ausgeführt und an Wertpapieren und barem Gelbe nahe an 100 000 gestohlen. Unter den gestohlenen Wert­sachen befanden sich u. A. sämtliche Ordens-Teko- rarionen des Betreffenden. Von dem Diebe fehlt jede Spur.

Colmar, 17. Sept. In der Stadt wie in einigen benachbarten Ortschaften ist die Wein­lese in vollem Gang, da die Trauben stark zu faulen ansingen. Der Ausfall des Herbstes, der noch vor wenig Wochen zu schönen Hoffnungen be­rechtigte, ist bedeutend verschlechtert worden. Die Oehmdernte ist vielfach vernichtet und die Kartoffel­ernte in großer Gefahr.

Solingen. Barfuß und im Zylinder über die Straße zu gehen ist grober Unfugs So entschied in 3. Instanz die Solinger Straf­kammer. In einem Kreise von Anhängern der naturgemäßen Lebens- und Heilweise in Solingen sprach man eines Abends auch über die Nützlichkeit des Barfußgehens. Dabei kam zwischen dem Kauf­mann Rudolf Beck und Anderen eine Wette zu Stande, wonach Beck eines Vormittags barfuß und den Kopf mit einem Zylinderhut bedeckt durch mehrere Straßen wandern wollte. Beck that dies eines Tages, hatte aber schon nach wenigen Augen­blicken eine Schar Kinder hinter sich, die ihn johlend und schreiend bis ans Ziel der Wanderung, eine Wiese, verfolgte. Aber auch die Polizei erschien, erblickte in dem Aufzug eine Verübung groben Un­fuges und schickte Beck einen Strafbefehl über 30 Beck bezahlte nicht, trug vielmehr auf rich­terliche Entscheidung an und wurde vom Solinger

Schöffengericht auch freigesprochen. Gegen dieses Urteil legte nun wieder die Staatsanwaltschaft Be­rufung ein, so daß diese Angelegenheit in der Straf­kammer gelehrte Richter beschäftigte. Die Straf­kammer kam zu der Auffassung, daß Beck die Ruhe auf öffentlichen Wegen gestört, Aufsehen erregt und das Pubikumbelästig!" habe, und erkannte auf 10 -^7. Geldstrafe und die Kosten gegen ihn. Beck steht auf dem Standpunkt, daß er dasPublikum", in diesem Fall die Kinder, die ihm nachgelaufen waren, höchstensbelustigt" habe.

Berlin, 18. Sept. Wie der Lokal-An­zeiger Mitteilen kann, ist dem Commandanten der Iltis, Kapitän La ns, der bei der Kaiser-Begeg­nung vor Danzig dem Zaren vorgestellt wurde, eine sehr hohe Auszeichnung zu Teil geworden. Kaiser Nikolaus hat ihm den Wladimir- Orden 1. Klaffe verliehen.

Berlin, 19. Sept. Ter en g lis ch e D o p - pel schrauben - Torpedobootzerstörer Co br a" ist infolge Brechens eines Tampfrohres in der Nordsee unter gegangen. Von der etwa 60 Mann starken Besatzung sind 48 ertrunken. Dem Lokal-Anzeiger wird hierüber aus London telegraphiert: Offiziell wird der Admiralität gemeldet, daß die Cobra auf einen Felsen aufgelaufen war. Ter Peninsular und Oriental-Passagier-Dampfer Norlingtou hat 12 Mann von der Besatzung, dar­unter denOber-Jngenieur in Middlesbrough gelandet. Sie erklären, daß der Rest der Besatzung unter­gegangen sei. In GrimSby wurden sechs Leichen geländet. Gestern früh erblickte die Besatzung des Leuchtschiffes auf der Dowsing-Sandbahn die Cobra in etwa drei Seemeilen Entfernung, in Dampf ge­hüllt. Später war das Schiff verschwunden. Man nahm keine Notiz davon, bis Nachmittags vier Mann von der Besatzung und zwei Eivilisten als Leichen angeschwemmt wurden. Die Cobra befand sich auf dem Wege von der Werft in New-Castle nach Ports­mouth unter Leitung einer Navigations-Abteilung. Tie Cobra trug sechs Geschütze. Der gerettete Ober- Ingenieur Percy telegraphierte, die Cobra stieß in der Mitte des Schiffes auf einen Felsen, brach ent­zwei und sank sofort. Sie ist ein totales Wrack.

Berlin, 19. Sept. Ueber die Landung des Zaren Paares wird dem Lokal-Anzeiger aus Dünkirchen gemeldet: Ter hohe Seegang be­reitete den russischen Schiffen auf der Rhede grö­ßere Schwierigkeiten, als man voni Lande aus an­nehmen konnte. Tie Geduld des Publikums wurde durch die verschiedenen Evolutionen der Schiffe und Boote auf eine harte Probe gestellt. Stunde auf Stunde verrann. Als sich der Cassini endlich von den andern Schiffen trennte und auf den Hafen zusuhr, wußte das Publikum nicht, ob der Zar auf dem Dampfer war. Schwacher Jubel begrüßte das einlaufende Fahrzeug. Thatsächlich kehrte denn auch Loubet und seine Minister ohne den Zaren zurück. Wieder begann eine Zeit des Wartens. Aber indessen stieg die Flut höher und höher und end­lich gestattete der Wasserstand der Kaiser-Jacht die

Einfahrt. Langsam setzte sich der schwarze Ko­loß in Bewegung. Hoch oben auf dem Verdeck, haushoch über den Zuschauermassen stand der Zar, in der Hand einen photographischen Apparat, eifrig die. begeisterten Massen photographierend. Die Kaiserin blieb unsichtbar. Aus Compisgne wird demselben Blatte telegraphiert: Das Zaren­paar traf hier in Begleitung Loubets zur festge­setzten Stunde auf dem Bahnhofe ein und wurde von einer zahllosen Menge enthusiastisch empfangen. Das Zarenpaar wurde durch den Maire Chauvet, welche der Zarin ein Bouquet überreichte, begrüßt. Dem Wunsche Telcasss's zufolge enthielt sich Chau­vet in seiner Ansprache an daS Zarenpaar jeder Anspielung auf das Haager Schiedsgericht. Chauvet, ein großer Freund der Burensache, wollte ursprüng­lich dem Zaren von dem Schicksal der Buren-Re- publiken sprechen. Der Zar dankte für die Blumen­spende und fuhr hierauf mit Loubet zum Schloß. Die Kaiserin schloß sich in Begleitung von drei Ehrendamen an. In zwei andern Wagen folgten Waldeck-Rousseau neben Lambsdorff und DelcassS mit Urüsow. Durch öffentlichen Anschlag erfuhr man, daß die Ankunft des Zarenpaares erst um 8 Uhr, anstatt um 6 Uhr erfolgen werde. Schon Mittags war die schmale Oise-Brücke für jeden Verkehr gesperrt. Das Publikum mußte sich durch Motorboote übersetzen lassen. Um 3 Uhr begann bereits die Absperrung der Straßen, um 6 Uhr mußte überhaupt jeder Verkehr aufhörcn. Die Muuicipalität und die Maires des Oise-Departe- ments mußten sich vor 7 Uhr auf dem Bahnhofe einfinden.

Reims, 19. Sept. Ter Sonderzug mit dem Zarenpaar traf kurz vor 10 Uhr hier ein. Dem Zaren wurde seitens des Präsidenten Loubet der Präfekt des Departements und die Gemeinderats- Mitglieder vorgestcllt. Nach kurzem Aufenthalt fuhr der Präsident mit feinen hohen Gästen in Galawagen nach dem Fort Vitry les Reims, wo über die aus den Manövern zurückkehrenden Truppen eine Truppenschau abgehalten wurde. Sodann wurde im Fort das Frühstück eingenommen. Wäh­rend desselben brachte Präsident Loubet einen Trink­spruch auf den Zaren aus, worin er seinen Tank für das große Interesse des Zaren für die fran­zösische Armee betonte. Nach der Absingung der russischen Nationalhymne antwortete der Zar, in­dem er seiner Befriedigung über die Haltung der von ihm in Augenschein genommenen Truppen Ausdruck gab. Er trank auf das Wohl der fran­zösischen Armee und schloß mit dem Wunsche, daß dieselbe als eine kräftige Stütze der Prinzipien der Gleichheit betrachtet werden könne, auf welchen die allgemeine Ordnung und der Friede der Nationen sich stützt. Hierauf wurde die russische National­hymne gesungen. Nach dem Frühstück kehrte der Präsident mit seinen Gästen nach Reims zurück.

London, 18. Sept. Aus Johannesburg wird gemeldet: Lord Kitchener wird nunmehr seine Proklamation verwirklichen und strenge Maßnahmen gegen die Buren treffen. In einer Dynamit-

zu können meinte. Voller Ungeduld sah sie dem Kommen des Vaters entgegen, welches dem Aufenthalte in Grünau ein Ende machen würde.Andy," sagte Frau Märker oft mit ernstem Gesicht,du weißt, daß wir dich in deiner Menschen­liebe gern gewähren lasten; aber jetzt treibst du cs zu weit, und ich muß es sehr tadeln, daß du mitten in einer kleinen heiteren Gesellschaft dich beständig absonderst und Anlaß zum Gerede ziehst."

Sei nicht böse, liebe Mutter," erwiderte sie dann.Ich kann es doch die armen Leute nicht entgelten lasten, wenn andere mich nicht verstehen. In kurzem werde ich so wie so nicht mehr im stände sein, etwas für sie zu thun."

Eines Tages hörte Andy, welche wieder in der Fischerhütte weilte, einen ihrer kleinen Schützlinge, welcher draußen spielte, plötzlich aufschreien. Sie eilte hinaus. Der dreijährige Knabe lag an der Erde und schien sich tüchtig gestoßen zu haben. Sie beugte sich zu ihm hinab und suchte ihn zu beruhigen. In diesem Augenblick ging Nordau vorüber. Er grüßte, blieb stehen und sagte:Sie dürfen den großen Jungen nicht tragen. Erlauben Sie, daß ich es thue."

Damit nahm er den Schreihals von der Erde auf, schritt mit ihm ins Haus und legte ihn auf eine Bank.

Wo thut'S weh, Jörge?" fragte Andy freundlich.

Der Junge zeigte schluchzend auf ein Bein. Sie streifte die Höschen in die Höhe, und eine blutige Stelle wurde sichtbar, welche Andy wusch.Sitze recht still, liebes Kind," sagte sie,dann ist's bald wieder gut."

Der Graf war noch nicht fortgegangen. Er stand neben Andy und sah ihr zu. Dann ließ er seine Blicke in der rauchigen Küche umherschweifen, deren schlechte Luft ihm fast den Atem nahm.

Hier also," sagte er, indem er Andy mit dem Ausdruck der Bewunderung anschaute,hier verbringen Sie die schönen Sommerlage. Ja, Sie sind die wahre barmherzige Schwester, und man muß Sie verehren."

Es ist so wenig, was ich thue," erwiderte Andy,aber es geschieht gern. Wollen Sie nun," setzte sie ablenkcnd hinzu,auch die kranke Frau sehen? Sie ist sehr verständig, bei weitem nicht so roh wie die meisten anderen Leute hier, und man kann sich mit ihr unterhalten."

Er war gern dazu bereit. Andy führte ihn in die Stube. Auf den ersten Blick wurde es ihm klar, daß hier die Hand der Pflegerin Ordnung geschaffen hatte, denn der große Raum machte bis auf die stickige Luft einen nicht unbehaglichen Eindruck, und auch das Bett sah sauber aus. Die Fischerfrau er­zählte von Andys Güte und behauptete, das Fräulein sei ein leibhaftiger Engel. Als Andy sie mit den Worten unterbrach:Sie wissen, ich habe es nicht gern, daß sie so sprechen," sagte sie:Ach, wenn ich in der Nacht so wach liege und keinen Schlaf finde, da bete ich immer für das gute Fräulein." Die Thränen liefen über ihre abgezehrten Wangen.Was singe ich an, wenn sie nicht zu mir käme und für mich und die Kinder und den Mann sorgte! Den Doktor bezahlt sie und die Apotheke, und alle Tage bringt sie uns dies und jenes mit. Wenn ich tot bin, dann werde ich dem lieben Gott sagen, was sie für mich gethan hat, und er wird es ihr lohnen."

Andy fühlte den warmen Blick des Grafen. Sie wollte das Gespräch auf etwas anderes lenken und begann von der Krankheit der Frau zu erzählen, die anfangs nur in starkem Husten bestand, sich aber jetzt in Fieber und Schwäche verwandelt hatte. Er hörte ernst und roller Teilnahme zu.