soweit bisher feslstehi, den Kaiser-Manövern bei Danzig gewidmet werden dürften.
Berlin, 6. Sem. Eine große Action hat die polnische Polizei gegen die Anarchisten Deutschlands unternommen. Der Leitung des Berliner Anarchistenblattes wird aus verschiedenen Städten Deutschlands (Dortmund, Gelsenkirchen, Kiel, Lübeck u. s. w.) von Haussuchungen berichtet, die auf Veranlassung der Berliner politischen Polizei dort vorgenommen wurden. Es handelt sich bei diesen Haussuchungen darum, Beweise für eine Verbindung der Anarchistcn-Gruppen Deutschlands in die Hände zu bekommen. Die von dem Anar- chisten-Blatt wöchentlich unter Chiffre gegebenen Abrechnungen über an das Blatt gesandte Abonnementsgelder, Unterstützungen w. werden von der Berliner politischen Polizei genau kontroliert. Die betreffenden Anarchisten werden nun von der Redaktion ersucht, alle Correspondenzen sofort zu vernichten, oder wenn sie unentbehrlich sind, etwaige Namen daraus zu entfernen, um der Polizei keinerlei Handhabe zu geben, gegen die verschiedenen Verbindungen einzuschreiten.
Berlin, 6. Sept. Einer Lebensgefahr ist der König von Dänemark mit genauer Not entgangen. Nach einer Depesche des Berliner Tageblattes aus Kopenhagen wurde das Pferd des Königs bei einem Spazierritt in der Nähe von FredenSborg scheu uud war nahe daran durchzugehen. Aber trotz seiner 83 Jahre gelang es dem König, das Thier zu bändigen.
Berlin, 6. Sept. Nach einem Telegramm aus London meldet Lord Kitchener: Oberst Scobell fing Lotters gesamtes Kommando. Todt blieben 10 Mann. 103 Mann, darunter LotterS und Reedt, die Feld-Cornete Krüger und W. Krüger wurden gefangen. Zwei notorische Rebellen namens Vasters sind unter den Tobten. Die englischen Verluste betragen 10 Tobte und 8 Verwundete. — Ferner berichtet Lord Kitchener, daß es einem Buren-Commando von 300 Mann gelungen ist, den Oranjefluß nach Süden zu überschreiten.
Kiel, 7. Sept. Der König von England verließ auf der „Osborne", welche die Königsstandarte im Großtop führte, kurz nach 10 Uhr den Hafen. Die Besatzungen der im Hasen liegenden Kriegsschiffe „Olga", „Mars", „Blücher" und „Friedrich Karl" nahmen Paradeaufstellung und brachten ein dreifaches Hurrah aus. Darauf feuerten die Schiffe Salut, den die Begleitschiffe der „Osborne", die Kreuzer „Australia" und „Severn" erwiderten.
Paris, 6. Sept. Wie die Blätter melden, wird Präsident Loubet an den Zaren während dessen Anwesenheit in Frankreich drei Ansprachen halten und der Zar ebensoviel beantworten. Präsident Loubet wird den Wortlaut dieser Ansprachen im Verein mit Delcassö und Waldeck-Rousseau feststellen und diesen dann dem Zaren telegraphisch unterbreiten.
London, 6. Sept. Aus Amsterdam wird dem Daily Mail gemeldet: Das Befinden Krügers verursacht große Besorgnis. Die Aerzte raten ihm, nach der Mittelmeerküste zu gehen. Präsident Krüger sträubt sich jedoch energisch dagegen.
Attentat aus Mac Kinley.
Buffalo, 6. Sept. Auf Mac Kinley ist nachmittags 2mal von einem Fremden geschossen worden. Sein Zustand ist ernst. Der Thäter heißt Friedrich Niemann, er wohnt in Detroit und hält sich hier seit einigen Wochen auf. Er bekennt sich als Anarchist und ist polnischer Abkunft. Nach dem Attentat versuchte die Menge, den Thäter zu lynchen. Der Polizei gelang es, ihn aus der Ausstellung zu schaffen und ins Gefängnis zu bringen. Als den Präsidenten die Kugeln trafen, fiel er dem hiesigen Polizeibeamten Geory in die Arme, welchen er kaltblütig fragte: Hat man auf mich geschossen, Geory? Letzterer knöpfte die Weite Mac Kinleys auf und antwortete als er Blut sah: Ich befürchte, Herr Präsident, daß dies der Fall ist. Ein anderer Polizeibeamter, der nicht weit von dem Präsidenten stand, sprang auf Niemann zu und warf ihn zu Boden. 20 andere Personen stürzten sich aus den Mörder. Als er mit aller Mühe befreit war, war sein Gesicht aufgerissen und mit Blut bedeckt.
Berlin, 7. Sept. Aus Buffalo wird gemeldet: Der wirkliche Name des Attentäters ist Leon Czolgosz', er ist polnischer Abkunft. Czol- gosz rühmt sich seiner That und sagt, durch Lesen anarchistischer Schriften sei er zu der Ueberzeugung gekommen, die Regierung der Union sei durch und durch schlecht und der beste Weg zu einer Aenderung sei, den Präsidenten zu töten. Bisher hat die Polizei sein Vorleben nicht festgestellt. Die Anarchisten in Patterson kennen ihn nicht. Die Nachricht hat zwar große Sensation im Lande erregt, aber es herrscht keine große Aufregung, da man allgemein hofft, daß der Präsident am Leben erhalten bleiben werde. Czolgosz leugnet, irgend welche Mitschuldige zu haben. Der Hausarzt der Familie Mac Kinley hat der Gemahlin des Präsidenten in schonender Weise von dem Attentat Mitteilung gemacht. Dieselbe nahm die Nachricht mit bewundernswerter Festigkeit auf. Das höchste Strafmaß für einen Mordanschlag beträgt 10 Jahre Gefängnis. Diese Strafe ist auch dann nicht höher, wenn das Opfer das Oberhaupt des Staates ist.
Buffalo, 7. Sept. 8 Uhr abends. Die behandelnden Aerzte gaben folgenden Bericht aus: Es war um 4 Uhr, als auf den Präsidenten geschossen wurde. Ein Geschoß drang in den oberen Teil des Brustbeins, prallte jedoch ab. Das zweite Geschoß drang in den Unterleib, 5 Zoll unterhalb der linken Brustwarze, 1'/- Zoll links von der
Mittellinie. Der Unterleib wurde durch das Geschoß durchbohrt. Der Wundkanal wurde gefunden. Das Geschoß drang in den Magen, ihn vorne durchschlagend. Tie Magenwände wurden sorgsam mit Seide zusammengenäht, sodann die Hintere Magenwand untersucht und auf dieselbe Weise geschlossen. Ter weitere Lauf des Geschosses konnte trotz sorgsamer Untersuchung nicht gefunden werden. Die Wunde im Unterleib wurde ohne Schaden geschlossen. Eine Verletzung der Eingeweide und anderer Organe des Unterleibs wurde nicht festgestellt. Der Patient hat die Operation gut überstanden, lieber das Resultat derselben kann noch nichts Bestimmtes gesagt werden. Der augenblickliche Zustand berechtigt zu der Hoffnung, daß der Präsident wieder genese. — Ein abends 10 Uhr 40 Min. ausgegebenes Bulletin besagt: Der Patient erholt sich in befriedigender Weise.
London, 8. Sept. Die in der letzten Nacht aus New-Aork eingelaufenen Telegramme über das Befinden Mac Kinleys lassen eine Verschlimmerung des Zustandes durch allgemeine Entzündung der Bauchhöhle befürchten. Die Kräfte nehmen ab, die Temperatur zu, sodaß von einer Entfernung der Kugel aus dem Rücken Abstand genommen werden mußte. Dagegen haben die Aerzte sestgestellt, daß weder die Nieren noch die Eingeweide verletzt sind. Das Nachts ausgegebene Bulletin besagt, daß bisher keine Anzeichen von Blutvergiftung sich zeigen, sodaß die Aussichten auf Wiedcrgenesung nicht gänzlich ausgeschlossen scheinen.
New - Iork, 8. Sept. In Chicago, Patterson und Cleveland wurden 24 Anarchisten verhaftet. Aus den Aussagen einiger von ihnen schließt die Behörde mit Bestimmtheit auf eine wohl überlegte Vorbereitung des Attentats.
ÜezirksMereiverem Ealw.
Es wird hiemit bekannt gegeben, daß vom 27.—30. September d. I., in Cannstatt auf dem Volksfestplatz eine Fischerei-Ausstellung und am Samstag, 28. Sept., nachm 3 Uhr, die Hauptversammlung des Württ. Landesfischerei-Vereins in der Stadtgarienwirtschast in Stuttgart stattfindet.
Diejenigen Vereinsmitglieder, welche Festabzeichen und Progamme zu beziehen wünschen, wollen sich an den Vereinssekretär, Herrn Stadtschultheiß Mäulen in Liebenzell, wenden.
Bemerkt wird, daß die Festabzeichen die nämlichen sind, wie diejenigen für den landw. Bezirksverein und daß sie nur zum Eintritt in das Innere deS FestplatzeS, nicht aber zugleich in die Fischereiausstellung berechtigen.
Ter Eintritt in die Ausstellung kostet am 27. und 28. Sept. 50 A am 29. Sept. 30 -A am 30. Sept. 20 A
Das Programm findet sich im landw. Wochenblatt Nr. 36 S. 579.
Calw, 7. Sept. 1901.
Der Vereinsvorstand:
Voelter, Reg.-Rat.
mit der er Andrea behandelte, ließ ihr keinen Zweifel, daß er nicht an die Vergangenheit erinnert werden wollte. Sie kränkte sich darüber, denn es war ihr nicht gleichgültig, daß er schlecht von ihr dachte. Sie hatte seinen Charakter kennen und schätzen, seine Geduld bewundern gelernt. Er war ein guter Mensch in des Wortes voller Bedeutung, und sie konnte es nicht leicht nehmen, daß er sich so vollständig von ihr abgewendet hatte. In N . . . n, wo sie immer allein mit ihm gewesen war, hatte seine Gegenwart sie nie erregt; hier aber, umgeben von vielen Menschen, war es um ihre Unbefangenheit geschehen, sobald er erschien. Keiner bemerkte, wie sie zusammenfuhr, wenn sie seinen Schritt hörte, wie sie errötete, wenn er gleichgültig das Wort an sie richtete, was bei dem häufigen Zusammensein nicht selten geschah, wie ein Schatten über ihr Gesicht flog, wenn sie ihn beständig an der Seite der Hofdame erblickte, wie sie kurz atmete, wenn er sich zu der kleinen Susi herab beugte, mit ihr scherzte und für die danebenstehende Tante keinen freundlichen Blick hatte.
Zuweilen boten sich Anknüpfungspunkte für gemeinsame Erinnerungen, doch nie benutzte er dieselben, um ein Wort des Einverständnisses mit ihr auszutauschen. Einmal war eine gemeinsame Bootfahrt unternommen worden, und sie hatten sich in demselben Boote gegenübergesessen. Beide unterhielten sich mit ihren Nachbarn, ohne nach einander hinzuschauen. Im Laufe der Fahrt fiel es einem ein, Andy zum Singen aufzufordern und nachdem der Gedanke einmal angeregt war, ließ man nicht mehr mit Bitten nach. Man hatte um das Lied „In der Winternacht" gebeten, welches sie dem Grafen oft hatte in R . . . n Vorsingen müssen. Widerstrebend und errötend entschloß sie sich, nachzugeben. Er sah sie nicht an. Es gab einen Vers in diesem Liede, den er besonders gern gehört und ihr oft nachgesummt hatte:
Doppelt das Leid der Sehnsucht erwacht Einsam in stiller Winternacht.
Unwillkürlich blickte Andy auf und nach ihm hin, da wandte er den Kopf
zur Seite, wie um ihr zu zeigen, daß er nicht an ehemals erinnert werden wollte.
Andy nahm sich vor, dem, der sie mit vollständiger Nichtbeachtung strafte,
aus dem Wege zu gehen; aber ihre Mutter sah es nicht gern, daß sie sich an
schönen Sommertagen beständig in den dunstigen Hütten der Armut aufhielt, und da sie keinen anderen Grund, sich zu entfernen, hatte, so war sie gezwungen dem Grafen nach wie vor mehrmals am Tage zu begegnen und sich mit ihm zu unterhalten. Wie sehnte sie sich nach dem Klosterleben, in dem sie vor Aufregungen dieser Art geschützt und gefeit war! Und doch hatte sie zuweilen ein Gefühl, als würde sie selbst hinter Klostermauern nicht die Kränkung verwinden können, die der Graf ihr durch sein vollständiges Uebersehen ihrer Person zufügte. Vollständig unverständlich war der Baronin das ablehnende Verhalten des Neffen. Sie brachte oft das Gespräch auf Andy und hob ihre guten Eigenschaften hervor; aber außer der Aufmerksamkeit, die die Höflichkeit verlangte, schenkte er ihren Mitteilungen kein Interesse. „Laß ihn in Ruhe," sagte ihr Mann zuweilen lächelnd. „Zur Liebe kann man keinen zwingen."
„Das ist wohl wahr. Abstich ärgere mich über seine Blindheit an diesem Mädchen, das für ihn wie geschaffen fft, vorüberzugehen und dem unliebenswürdigen, eingebildeten Fräulein von Greiflingen den Vorzug zu geben. Selbst den Schwestern Andys tritt er näher, nur si^ selbst übt keine Anziehung auf ihn aus. Ich bin zum erstenmal in meinem Leben ärgerlich auf Herbert, und wenn er sich gar mit der anderen verloben sollte, so kündige ich ihm ernstlich die Freundschaft."
(Fortsetzung folgt.)