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rufen, nämlich am vorigen Freitag an der New- Aorker Börse eine derartige Panik, daß die amerik. Kapitalisten an jenem einzigen Tag 1 Milliarde Dollars gleich 4000 Millionen Mark verloren haben. Wenn nun diese Summe vielleicht auch übertrieben sein mag, so hat doch der Präsident der New Jorker Börse erklärt, daß die amerik. Bürger mindestens 10 Jahre brauchen würden, um die Verluste dieses einzigen Tages wieder hereinzubringen Von allen Seiten regnet es nun Proteste amerik. Bürger Vereine, Städte u. s. w. gegen das Säbelgerassel Clevelands und dazu kommt, daß die Goldnot der Ver.-Staaten, die nun einmal mit Silber ihre auswärtigen Verpflichtungen nicht bezahlen können, wieder so groh geworden ist, daß laut einer zweiten Botschaft des Präsidenten Cleveland die sofortige Aufnahme einer größeren in Gold zahlbaren Anleihe notwendig geworden ist. Die Engländer haben freilich in Europa nicht viel Freunde, aber die Amerikaner werden trotzdem in Europa sehr schwache Neigung zur Uebernahme einer großen Anleihe finden und in den Ver.-Staaten selbst kann eine Goldanleihe auf dem Zwangs- weg schon aus dem Grunde nicht untergebracht werden, als die Privaten in Nordamerika noch weniger Gold haben als der Staatsschatz, von dem erwähnten schwarzen Freitag ganz abgesehen. Es glaubt deswegen weder in Europa noch in Amerika kein vernünftiger Mensch an die Möglichkeit eines Krieges zwischen den Ver.-Staaten und England.
London, 24. Dez. Telegramme aus den Vereinigten Staaten berichten von zunehmender Beruhigung der öffentlichen Meinung. Die Republikaner beabsichtigen, eine Tariferhöhungsvorlage einzubringen. Die New Jorker Börse erholte sich gestern teils auf Londoner Preise, teils auf den Beschluß der Banken, wo nötig Clearinghouse-Certifikate auszugeben. Der Zins satz, der zeitweilig 75—80 Prozent gestanden hat, ist auf 10 Prozent herabgegangen. Die New Uorker „World- erfährt über Cayenne und Jamaica, der venezuelische General Cabral habe das streitige Gebiet besetzt, die Häfen befestigt und Carsevenne in Besitz genommen, wo fremde Goldgräber mißhandelt und manche getötet worden seien.
London. 26. Dez. Die russische Regierung hat hier vertraulich ungefragt, ob England es gern sehen werde, wenn Rußland, dessen Beziehungen zu Washington andauernd vortreffliche seien, zur Herstellung des Einvernehmens seine Dienste anbiete. England soll erwidert haben, es hege die Zuversicht, eine direkte Verständigung mit Venezuela zu erzielen. Käme dies indeß nicht zu Stande, dann möge Rußland in Washington Vorstellungen machen.
Dublin. 24. Dez. Ein Rettungsboot, welches ausgelaufen war, um die in bedrängter Lage befindliche Bemannung eines Schiffes in der Bucht von Queenstown zu retten, schlug um. 16 Personen ertranken. — Auf der Höhe von Dungarvan strandete gestern das Schiff „Moresby-. Bon der Bemannung ertranken 17 Mann.
Die türk. Truppen haben nunmehr das von den Armeniern unter Verübung schwerer Greuel eingenommene Zeitun auch angegriffen und den neuesten Berichten zufolge, tobt in und um Zeitun seit mehreren Tagen ein wilder Kampf. Die Botschafter der fremden Großmächte sollen eben infolge der von den Armeniern selbst verübten entsetzlichen Greuel ausdrücklich die Genehmigung gegeben haben, daß die türk. Truppen Zeitun angreifen und zerstören dürfen. Die Dinge im Orient entwickeln sich also wieder in sehr bedenklicher Weise und schaffen so noch trübere Aussichten für das herrannahende neue Jahr als der englisch-amerikanische Konflikt.
In Stambul sind in der Nacht zum letzten Freitag an Privatquartieren und an armenischen Kirchen Plakate angeheftet des Inhalts: Wer Mohamed liebt, tödte die Armenier! Die Pforte hat den Botschaftern die Vermutung ausgesprochen, daß dies ein Werk des armenischen Komitees sei, dazu bestimmt. Beunruhigung hervorzurufen.
Afrikanische Blätter warnen vor der Auswanderung nach Südafrika. Die Zahl der Einwanderer, welche jede Woche ankommt, ist so groß, daß in einigen Monaten die Arbeitslosigkeit furchtbar werden wird und die Löhne stark fallen müssen. Schon jetzt gehen die Löhne herab.
Aus der Schweiz, 26. Dez. Wir lesen in der „Neueu Zürcher Zeitung-: „Am 24. abends zwischen 8 und 9 Uhr fand in Genf ein prachtvolles Gewitter statt, das wie im Hochsommer von heftigen Donnerschlägen und Blitzen begleitet war -
Anterhattender Heit. Weihnachten noe Maris.
Nach der Schlacht von Villiers war auch vor Paris zunächst Ruhe eingetreten. Der Winter bedeckte die Erde mit dichter Schneedecke; nicht einmal bei den Vorposten fielen Schüsse; die französischen Vorposten schienen recht guter Dinge zu sein, sie schossen nach Krähen und be- warfen sich mit Schneebällen. Aber diese fast gemütliche Ruhe und Stille sollte bald wieder jäh unterbrochen werden. Es brodelte und kochte wieder in den Köpfen der französischen Macht- Haber, und am 21. Dezember brach der Sturm eines Ausfalles von neuem über Le Bourget los. Doch die preußische Garde war auf ihrer Hut. Der Angriff wurde siegreich abgewiesen; cs war ein neuer Ehrentag besonders für das Regiment Elisabeth und die Gardeschützen, welche Truppen den ersten Stoß auszuhalten hatten. An anderer Stelle waren auch die Sachsen am Kampfe beteiligt. Der Feind mochte wohl nur eine Demonstration zur Beruhigung des aufgeregten Volkswillens beabsichtigt haben; aber das hieß doch mit dem Blute der französischen Sol- baten ein frevelhaftes Spiel treiben. Auch den Deutschen, namentlich dem Regiment Elisabeth, hatte der Tag nicht unbeträchtliche Verluste gekostet.
Wieder hatte sich feierliche Stille auf der weiten, öden, schneebedeckten Gegend gelagert. Weihnachten war herangekommen, das so viel deutsche Männer und Jünglinge, den greisen Feldherrn nicht ausgeschlossen, nicht wie sonst feierten: im trauten Familienkreise friedevoll, sondern umgürtet mit dem Schwert in — Feindesland! Aber senkt sich deshalb Trauer auf die Herzen? O nein! O seht nur, wie die deutschen Soldaten sich anschicken, Weihnachten zu feiern. Bei den Vorposten wird es plötzlich lebendig, Unter fröhlichem Jauchzen ziehen die deutschen Männer mit ihren grünen Tannen dahin, und mit Jubel werden sie empfangen, hier auf der Feldwache, dort im Quartier.
Auch König Wilhelm und sein Sohn hatten einen Weihnachtsbaum, und zwar eine deutsche Tanne, die ihnen die Liebe gesandt hatte. Ueber- all, in des Königs Wohnung wie in den Soldatenquartieren und auch auf der Feldwache kam der Weihnachtsabend zu seinem Rechte. Und die brave Feldpost hatte dafür gesorgt, daß die Liebesgaben aus der Heimat nicht fehlten. Abends aber, als der Mond herniederblickte und sein mildes Licht auf die Gegend warf, da kämpfte cs mit dem Hellen Kerzenglanz, der aus den Fenstern strahlte, der von den Lichtlein kam, die an den Bäumen prangten. Ueberall wurde der heilige Abend nach alter, guter deutscher Sitte gefeiert, dort in herrlichen Villen bei gutem Wein und gutem Mahl, hier in Erd- senkungen bei einfacherer Kost, überall in ver- schiedener Weise, aber in einem waren wohl alle Feiernden gleich, in dem Gedanken der in der Heimat um den Weihnachtstisch versammelten Lieben, in den stillen Grüßen und Gebeten, welche aus vielen Herzen nach dem Vaterlande eilten, gen Himmel stiegen.
Am 27. Dezember morgens begannen die deutschen Belagerungs Batterien zunächst gegen den Mont Avron zu donnern. Das war Moltkes nachträgliches Weihnachtsgeschenk an die deutsche Einschließungs-Armee, nein, nicht nur an sie. an das ganze deutsche Heer, an das deutsche Volk: „Das Bombardement von Paris hatte begonnen!-
Auch der Reichskanzler Graf Bismarck hatte im Kreise seines Stabes Weihnachten gefeiert, mit gar befriedigtem Gefühl. «LVar ihm doch ein großes Werk gelungen. In aller Stille hatte er dort in seinem Landhaus in Versailles an der deutschen Kaiserkrone geschmiedet, die sich auf des greisen Königs Wilhelm edles Haupt senken sollte. Am 18 Dezember halte eine Deputation des norddeutschen Reichstags vereint mit den Fürsten Deutschlands König Wilhelm die Bitte überbringen können, „daß es Seiner Majestät gefallen möge, durch Annahme der Kaiserkrone das Einigungswerk zu weihen.- Das war das herrliche Weihnachtsgeschenk, das die deutschen Fürsten und das deutsche Volk dem Könige darbrachlcn. Geibel aber sang, zur Germania gewendet:
Durch Orgelton und Schall der Glocken Vernimmst du deines Volks Frohlocken?
Den Heilrus deiner Fürstenschar?
Sie bringen dir der Eintracht Zeichen,
Die heilige Krone sondergleichen,
Der Herrschaft güldnen Apfel dar!
(Ein historischer Baum.) Der Sturmwind letzter Tage hat in S tra ßb u rg einen mächtigen Baum umgerissen, an dem sich für die Stadt eine geschichtliche Erinnerung knüpft; er war nämlich zur Erinnerung an den Tag gepflanzt worden, da Straßburg einstens den Deutschen durch die Franzosen entrissen wurde.
Bekanntlich besieht in manchen Kreisen des Publikums die Unsitte, zum Jahreswechsel seinem Nächsten Neujahrskarten mit mehr oder weniger beleidigendem Inhalt durch die Post zu senden. Um solche Leute vor unnützen Kosten zu bewahren, möchten wir darauf aufmerksam machen, daß die Postverwaltung derartige Karten, wenn der beleidigende Inhalt bemerkt wird, überhaupt nicht bestellen, sondern den Absendern zurückgeben oder vernichten läßt.
Mannheim. Neckerei mit einem Hunde mußte der in der Neckarvorstadl wohnende Zimmermeister Kohl schwer büßen. Er blies einer Dogge den Rauch einer Zigarre gegen die Schnauze, das Tier sprang empor und biß dem Manne die Nase und einen Teil der Wange glatt weg.
Auflösung des Versteck-Rätsels in Nr 102. Wildermut, Einsiedelei, Ungehorsam, Vergöttlichung. Menschlichkeit. Finsternis, Tourist, dasselbe, Unvernunft, Angebinde, Lirbenburg. Der Siege göttlichster ist das Vergeben.
Magisches Kreuz.
aae Werden die Buchstaben richtig e ee geordnet, so nennen die senkrechten i i i i i o o und wagrechlen Reihen gleich,
d d g g m m n lautend drei Wörter, die in
nnnns s s anderer Reihenfolge bezeichnen: s l t den Namen eines Tages, eine
t t t Stadt in Pommern und eine
verbrecherische Handlung.
Telegramme.
Berlin, 27 Dez. Der „Reichsanzeigerschreibt: Nach allerhöchster Bestimmung findet am 18. Januar zur Erinnerung an die vor 25 Jahren erfolgte Begründung des Deutschen Reichs eine Feierlichkeit im Königl. Schlosse statt, zu welcher u. A. auch die damaligen Reichstagsmitglieder geladen werden. — Der „Nordd. Allg. Ztg.« zufolge begab sich der Reichskanzler Fürst Hohenlohe von Schloß Podibrad nach Wien, um seinen Bruder, den Oberhofmeister des Kaisers Franz Joseph zu besuchen und gleichzeitig dem Minister des Auswärtigen, Grafen Goluchowski einen Gegenbesuch abzustatten.
Das nächste Blatt, Nro- 1 für 1. Januar 1896. erscheint am Dienstag srüh. Anzeigen hierher werden bis spätestens Montag Abend 6 Uhr erbeten.
Redaktion, Druck und Verlag von E. Meeh in Neuenbürg.