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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

X Calmbach, 21. Dez. Bei der heutigen Geme^nderatswahl haben von 331 Wahl berechtigten 254 abgestimmt und wurden W. Prvß, Gemeindepfleger mit 24l, Ferd. Bott, Maurermeister mit 168 Stimmen je auf 6 Jahre und Kaufmann Decker mit 168 Summen auf 2 Jahre gewählt.

Dobel. 21. Dez. (Gemeinderatswahl.) Bei der gestrigen Gemeinderatswahl, welche heute hier staktfand, haben von 159 Wahlbe­rechtigten 111 (70o/o) abgestimmt. Die ans tretenden Mitglieder wurden wiedergcwähli Gemeinderat Wacker, Holzhauer, erhielt 80. Gemeindepfleger G. König 76 Summen. Weitere Stimmen erhielten Holzhauer-Obmann Wilh. Schaidle (29) und Friedrich König, Fuhrmann (26), die übrigen Stimmen sind zer­splittert.

Deutsches Reich.

Die mancherlei Gerüchte über die Unter­redung, welche der Kaiser mit dem Fürsten Bismarck gehabt hat, werden jetzt von der Nordd. Allg. Ztg." als auf freier Erfindung beruhend bezeichnet. Das halbamtliche Blatt be­tont hierbei, man solle hinter den einfachsten und unverfänglichsten Tagesereignissen nicht immer gleich schwerwiegende Ereignisse wittern. Diese Auslassung des Berliner Regierungsblattes bestätigt, daß diejenigen im Rechte waren, welche dem kürzlichen überraschenden Besuche des Kaisers beim Fürsten Bismarck eine besondere politische Bedeutung gleich von vornherein abgesprvchen haben.

Berlin, 20. Dezbr. Unter dem Ehren­vorsitze des Fürsten Hohenlohe trat gestern im Reichskanzlerpalais eine zahlreiche Gesellschaft von Herren und Damen zusammen, die einen Verein zur Begründung von Bolksheilstätten gründete. DieFürstinwurdealsEhrenvorsitzende, der Fürst v. Fürstenberg als Ehrenvorsitzender und Kammerherr v Knesebeck zum Vorsitzenden gewählt. Der Verein will das innige Zusammen­wirken mit anderen Vereinen für Volksheilstälten pflegen.

Der SchnelldampferSpree" desNordd. Lloyd" ist auch auf der Heimreise von Ncwyork nach Bremen bei der Insel Wight auf Grund geraten. Da der Dampfer nicht sofort wieder flotkgemacht werden konnte, so wurden die Passagiere, die Post und das Bargeld von zwei englischen Dampfern an Bord genommen.

Achern, 20. Dez. In der Nacht vom 17. auf 18. Dezember ist bei dem hiesigen Uhrmacher Vetter ein großer Einbruch verübt worden. Zahlreiche Uhren und sonstige Goldgegenstände wurden gestohlen.

Württemberg.

Stuttgart, 21. Dez. Infolge einer Gasausströmung ist gestern Nacht Rechtsanwalt Leopold Bacher auf traurige Weise ums Leben gekommen. Vermutlich infolge einer Vergeßlich- lichkeit strömte das Gas, wie man hört, von einem Nebenzimmer in das Schlafzimmer des schon ziemlich bejahrten Herrn ein und bewirkte rasch eine so intensive Gasvergiftung, daß der Genannte morgens tot im Bette gefunden wurde. Bacher war Junggeselle und befand sich in so günstigen Vermögensverhältnissen, daß jeder Ge­danke an einen freiwillig auf diese Art gesuchten Tod ausgeschlossen erscheint.

Ludwigsburg, 21. Dezbr. Gestern wurde auf Markung Aldingen OA. Ludwigsburg ein Treibjagen abgehalten, wobei ein Herr der Jagdgesellschaft aus Stuttgart das Unglück hatte, einen Bürger aus Aldingen der dem Treibjagen außerhalb dem Orte zusah. in das Bein zu schießen. Der Schütze hat einem Hasen, welcher durch die Schützenlinie durchbrach, nachgeschossen, statt diefen aber jenen Zuschauer getroffen. Der Schütze hatte bei diesem schuß nicht blos Pech, sondern auch Glück, denn der eingeschossene Zu schauer hat schon früher sein Bein verloren, das durch ein hölzernes ersetzt werden mußte, in welches der glückliche Schütze die ganze Schrot­ladung geschossen hat.

Eßlingen, 17> Dez. Im Gewe ebe­

nere in hielt Dc. Adä jun. gestern abend einen Vortrag über die Beleuchtung. Der Trauben­saal war mit Zuhörern voll besetzt. Der Redner gab einleitend eine Erklärung von Licht und Wärme sowie über die Grundstoffe: Sauer-, Wasser- und Kohlenstoff, und verbreitete sich dann über die Entwicklung des Beleuchtungs­wesens. Die Gegenwart bedient sich zur Be­leuchtung der Stearinkerze, des Gases, des Petroleums und der Elektrizität. Bei der Ver­teuerung des Petroleums durch denRing" rühmt der Redner zwei wichtige Erfindungen der Gegenwart, die der Glühlichtlampcn und die Verwendung des Acetylens; er kann die Spiritus glühlichtlampe empfehlen nicht nur wegen ihres ichöncn und billigen Lichts, das sie verbreitet, sondern auch aus Wirtschaft!. Gründen. Eine derartige Lampe, die vorgezeigt wurde, gab ein schönes weißes Licht von hoher Jntensivität. Die Verwertung des Acetylens (Spiritusglüh- lichts) käme wesentlich auch der Hausindustrie zu gute, da dasselbe zum Motorcndetrieb ver­wendet werden kann, ohne größere Anlagen. Der klare Bortrag, der durch eine Reihe von Experimenten und Zeichnungen unterstützt wurde, fand reichen Beifall; der Vorstand des Gewerbe­vereins, Werkmeister Alb. Brintzinger, sprach dem Redner für seine sachgemäßen Ausführungen noch besonderen Dank aus, dem die Teilnehmer durch Erheben von den Sitzen beistimmten.

Ausland.

Wien, 21. Dez. Der Pilsener Gemeinde­rat faßte auf den Antrag des czechijchen Bürger­meisters Petak einstimmig den von einer rühmens­werten Gesinnung zeugenden Beschluß, behufs Anbahnung nationaler Versöhnung das deutsche Theater mit 50 000, den deutschen Turnverein mit 10 000 Gulden zu unterstützen.

L o n d o n , 19. Dez. Lord Salisbury beabsichtigt, wie bestimmt verlautet, die Botschaft Clevelands, wenn auch in höflicher Weise, so doch in präzise gefaßtem und scharfem Protest zu beantworten. Die Monroe-Doktrin soll Ser Gegenstand eines Jdeen-Austausches aller kontinentalen Großmächte werden.

London, 21. Dez. Nach Berichten der Daily News" aus New Jork schätzt man die durch die Panik verursachten Verluste auf rund 1000 Millionen Dollars. Eine große Vermehr­ung der Goldausfuhr steht zu erwarten. Mehrere Londoner Blätter verzeichnen ein Ge­rücht, das gestern nachmittag an der hiesigen Börse verbreitet war, wonach die Firma Roth­schild entschlossen hätte, fünf Millionen Pfund Sterling von den Vereinigten Staaten zurück­zuziehen.

London, 20. Dez. Der Schatzsekretär HicksBeach sprach gestern auf einem Bankett in Bristol und sagte, die Lage bezüglich der Venezuela-Frage sei ernst. Es sei aber verfehlt, den Ernst der Lage zu übertreiben. Es könne nicht versichert werden, daß die Bande der Slammesgenossenschaft zwischen England und Nordamerika einen Krieg unmöglich mache; er glaube aber nicht, daß die Nation jenseits des Atlantischen Ozeans den Krieg wünsche. Htcks Beach schloß damit, er sehe voraus, daß das schließliche Ergebnis friedlich und ehrenvoll für beide Teile sein werde.

New-Iork, 20. Dezbr. Der heutige Herald sagt, die fieberhafte Aufregung des Augenblickes habe sich bereits gelegt; alle be­sonnenen Elemente der Bevölkerung betrachten das Vorgehen Clevelands als ein zu hastiges. Die Auslegung der Monroe Doctrm sei auj den Venezuella-Fall angewendet ohne Präcedenz. Uebrigens lasse der Vorschlag des Washingtoner KabinetS. den Zwist zweier Nationen durch den Bericht einer Kommission, die aus Bürgern des eigenen Landes besteht, zu schlichten, der Diplo­matie Zeit genug übrig, um Auswege zur Ver­meidung des Krieges vorzujchlagen.

Brüssel, 21. Dez. Eine Massenvergift- ung wird vomBerliner Tageblatt" gemeldet: Nach einem Todenmahle sind 17 Leute erkrankt, von denen zwei bereits gestorben sind. Acht Leute liegen hoffnungslos, sieben schwer krank darnieder.

London, 20. Dezbr. Eine furchtbare

Selbstmordtragödie hat sich in vergangener Nacht ereignet. Ein gestern getrautes junges Paar hat sich in einer Droschke auf der Fahrt vou dem Bahnhöfe der Euston Station mittels Durchschneidens der Halsadern ums Leben ge­bracht. Die ganze Affaire ist von tiefem Ge­heimnis umgeben.

Buenos Ayres,20. Dez. Hier wurde infolge einer Explosion eine Kaserne in die Luft gesprengt. 12 Soldaten wurden dabei getötet, 50 schwer verwundet.

Weihnachten.

Kein anderes Fest ist so tief eingedrungen in das deutsche Familienleben und so innig mit ihm verwachsen als wie das Weihnachisfcst. In dem Christkindlein, das in der Krippe liegt, wird uns das göttliche Geheimnis der Erlösung in so holdseliger und kindlicher Gestalt offenbart, daß es unsern Kleinen faßlich, lieb und vertraut ist, ohne doch für uns Große von seiner wunder­baren Erhabenheit zu verlieren. Welchen Reich, rum von biblischen Gestalten führt unS die Weihnachtsgeschichte vor! Joseph und Maria mit dem Kinde, die Hilten mit den Engel- scharen, Simeon und Hanna, die Weisen aus dem Morgenland mit ihrem Stern! Welche Fülle von Liedern und lieblichen Melo­diken klingt und tönt durch die deutsche Weih­nachtsfeier! Ihrer holdseligen Macht können sich selbst die Unkirchlichen und Ungläubigen kaum entziehen. Oder können sie sich ein Weih- nachrsfest denken, mit ihrer Familie, mit ihren Kinder gefeiert, ohne die Bilder und Geschichten vom Christkind und von den Hirten, ohne die Lieder von derstillen, heiligen Nacht" oder von demRöslein", dasentsprungen aus einer Wurzel zart"? Und über den fröhlichen Kreis von Groß und Klein, von Freund und Nachbar verbreitet der schimmernde W eih n ach tsbaum seinen festlichen Glanz als ein schönes, irdisches Abbild jenes himmlischen Lichtes, wovon Luther singt:

Das ew'ge Licht geht da herein

Gibt der Welt einen neuen Schein;

Es leucht' wohl mitten in der Nacht,

Und uns zu Lichtes Kinder macht."

In der Sitte, zu Weihnachten die Kinder und die Anverwandten mit Geschenken zu erfreuen, will sich die Freude an der großen Weihnachts- gäbe ausdrücken, die Gott der Herr den Menschen allen in seinem lieben Sohne gegeben hat. Aber weit über den engen Kreis der Familie hat das Fest auf die ganze Bolkssitte eingewirkl. Es wird hoffentlich nicht viel Familien geben, die nicht daran dächten, in diesen Tagen auch Armen, Kranken, Verlassenen eine Weih- nachtsfreude zu machen. Es soll, soweit eS die christliche Liebe vermag, kein Haus so arm, kein Herz so einsam und verlassen sein, daß eS nicht auch von einem Strahl des Weihnachts- glanzcs erhellt würde.

Die deutsche, christliche Weihnachtsfeier hat in der ganzen Welt nicht ihresgleichen mit ihrer wundervollen Vereinigung innigen Familien» gcfühls und hoher christlicher Gedanken, über welcher eine eigentümliche Poesie ruht wie ein zarter Duft. Hur tritt uns einmal an einem Slück deutscher Volkssitte sichtbar entgegen, daß der deutsche Volksgeist sein Höchstes und Bestes nur in der Verbindung und Erfüllung des deutschen Gemütes mit christlichem Geiste erreichen wird. Ein Kirchenvater hat einst das tiefsinnige Wort gesagt, daß jede Menjchenseele von Natur eine Christin sei, von Natur für das Christentum bestimmt. Wie freudig möchte man das von der Marienseele des deutschen Volkes sagen, daß sie von Natur eine Christin ist. Seit 1000 Jahren steht sie unter der segensreichen Macht des christlichen Evangeliums und verdankt ihr das Beste, was sie in ihrer Entwickelung ge­wonnen har. Unsere größten Zeiten waren Loch die, wo christlicher Glaube feine gesegnete Macht im Volke bewährt har, so m der Zeit der Re­formation wie in so manchen schweren Kriegs- zeitcn bis zum Kriege von 1870/71. Unsere besten Männer meistens zeigen an sich diese Bereinigung deutscher Art nm christlicher Gottes­furcht von Luther dis za Kaiser Wilhelm I. und Fürst Bismarck. Darum, wer es gut und treu