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Neckarbischoffsheim, 16. Aug. In Untergimpern, wo die Steinhauerei durch einige größere Werkstätten mit zusammen 100 Ar­beitern betrieben wird, hat man seit einigen Tagen eine Lohnbewegung. Verkürzte Arbeitszeit 8 Stunden und erhöhter Lohn sind die durch Agitatoren hervorgerufenen Forderungen. Die Leute verdienen durchschnittlich täglich über 4 bei zehn­stündiger Arbeitszeit. Gestern nacht wurde die Gendarmerie wegen tumultuarischer Scenen, deren Ende man nicht voraussah, telephonisch nach Unter­gimpern gerufen, jedoch war bei Ankunft derselben schon Beruhigung eingetreten. Die Meister haben, wie dieHeidelb. Ztg." hört, einer Anzahl Leute gekündigt und sich bei einer Konventionalstrafe ver­pflichtet, dieselben bis aus weiteres nicht mehr zu beschäftigen.

Koblenz, 17. Aug. Gestern brach im Dachstuhl des Regierungsgebäudes auf bis jetzt unausgeklärie Weise Feuer aus. Der Brand ver­breitete sich mit großer Schnelligkeit über den ganzen Dachstuhl. Mit Hilfe einer Abteilung Pioniere gelang es, dem weiteren Umsichgreifen des Feuers Einhalt zu thuu, doch wurden durch die Wassermassen in den oberen Stockwerken große Be­schädigungen angerichtet. Der größte Teil der wichtigsten Akten ist gerettet. Das Feuer war früh 3 Uhr gelöscht.

Berlin, 17. August. Der chinesische Prinz Tschun, welcher demnächst im Aufträge des Kaisers von China hier zur Sühne des Mordes des deutschen Gesandten von Ketteler eimreffen wird, wird in Potsdam im Mittelbau des neuen Orangerie-Gebäudes im Parke von Sansouci Woh­nung nehmen. Wegen der Hoftrauer finden größere Festlichkeiten nicht statt, doch wird der Prinz ver­schiedenen militärischen Vorstellungen beiwohnen.

Berlin, 17. August. Aus Zittau in Sachsen wird gemeldet: Tie große Fabrik Mecha­nische Weberei Kreibisch in Warns­dorf ist gestern infolge Blitzschlages durch ein verheerendes Großfeuer eingeäschert worden. Viele Arbeiter sind brotlos. Der Schaden ist enorm und wird auf viele hunderttausend Mark geschätzt.

Berlin, 17. Aug. Aus Wien wird tele­graphiert: Der ehemalige galizische Schullehrer und bekannte Erfinder Szczepanik hat einen kugelfesten Panzer erfunden. Er führte denselben gestern einer Gesellschaft von geladenen Gästen vor. Sein Panzer ist nur 2 ÜK schwer und besteht anscheinend aus einem Seidengewebe. Eine aus 5 Schritt Entfernung auf den Panzer abgefeuerte Kugel erzeugte nur einen etwa 3 wm starken Eindruck in dem Gewebe. Szczepanik hat dem Kaiser Wilhelm einen solchen Panzer übersandt.

Berlin, 18. August. Dem Lokal-Anzeiger wird aus Danzig telegraphiert: Die hiesige Crimi- nal-Polizei verhaftete einen Arbeiter, der für einen

internationalen Anarchisten gehalten wird. Der Verhaftete leistete den Beamten heftigen Wider­stand und gab sich für einen Kellner Alexander Megret aus dem Departement Meuße in Frankreich aus. Man fand bei ihm gefälschte Pässe auf ver­schiedene Namen sowie zahlreiche anarchistische und sozialistische Flugblätter und Schriften. Er gab an, auf der Suche nach Arbeit über London, Rotterdam, Hannover, Berlin nach Danzig gekommen zu sein, mit der Absicht, weiter nach Petersburg zu wandern.

Aus der Schweiz, 16. August. In Zürich wurde, dem Bund zufolge, gestern ein Hotelier verhaftet, der beschuldigt ist, für 30 000 Franken falsche Wechsel ausgestellt zu haben. Bei Basel wurden während der Nacht vom 14./15. ds. und im Laufe des 15. aus dem Rheine drei Leichen gelündet: eine Frau, eine 14jährige Tochrer und ein 16jähriger Jüngling. Die beiden lezteren sind wahrscheinlich beim Baden erkrunken.

Neusatz, 17. August. Ein einem Guts­besitzer gehöriges mit Weizen beladenes Schlepp­schiff wurde in der letzten Nacht in Franzenbad, nachdem die Schiffsmannschaft wehrlos gemacht war, von unbekannten Thätern vollständig ausge­plündert.

Haag, 17. August. Präsident Krüger stützt seinen Protest gegen die Proklamation Kit- cheners auf den Artikel 20 der Haager Friedens- Protokolle und fordert ein gemeinsames Einschreitender Großmächte zur Wah­rung des Völkerrechts.

Paris, 18. August. Graf Waldersee er­klärte einem Redakteur des Echo de Paris, er sei überzeugt, daß die militärische Aktion in China ihre Früchte tragen werde. China sei gezwungen seinen ganzen europäischen Handel zu öffnen. Tie Boxerbewegung werde gänz­lich verschwinden. Während seines Aufenthaltes in China sei er über die Haltung der französischen Truppen sehr befriedigt gewesen. Vollständige Ein­tracht habe zwischen den französischen und deutschen Soldaten in China geherrscht. Der Kaiser, der ihn über 7 Punkte befragt habe, habe sich äußerst be­friedigt gezeigt.

London, 15. Aug. Aus Kapstadt wird depeschiert: Die Buren haben Streifzüge in die Distrikte von Jansenvile und Taings unter­nommen. Sie griffen die befestigten Werke von Lordessiding an, wurden aber zurückgeschlagen. Tie Buren plündern augenblicklich die Farmen bei Vryburg.

London, 17. August. Ter deutsche Kronprinz wird heute nach dem Norden von Schottland abreisen.

vermischtes.

Aus dem Flachgau wird derSalzb. Chr." geschrieben: Unlängst sollte in dem Gasthause eines

Dorfes im Flachgau Kinderimpfung vorgenommen werden, zu welchem Behufe der Arzt des Nachbar­dorfes gerufen wurde. Dieser erschien und alles konnte seinen Gang gehen. Durch Zufall kam in dieses Gasthaus zur selben Zeit ein 27jühriger Bauernbursche, der im Scherz sagte, er sei noch nicht geimpft.Dann werden wir dich heute impfen," lachte der Gemeindevorsteher, fing den Burschen ein und hielt ihn fest, freilich nicht im mindesten ahnend, daß der Arzt den Scherz zum Ernste machte. Der Arzt impfte ihn an beiden Schläfen. Nun kann ja zugegeben werden, daß der Geimpfte sich infolge des noch weit zurückzulegenden Weges erhitzt und sich hernach rasch abgekühlt hat; kurz, sein Kopf schwoll an, es zeigten sich Rotlaufanzeichen und tags darauf war sein Geilt nmnachtet, er war ein - - Narr. Rasch wurde er nun mit den Sterbe­sakramenten versehen, denn man befürchtete nicht mit Unrecht das Allerschlimmste. Ter nun gerufene Arzt hat zwar Hoffnung, des Unglücklichen Leben zu erhalten, sein Geist aber, sagt er, werde nie mehr ins normale Geleise gebracht werden können.

landMtlchM. EorrlitWerem Calw

e. G. m. u. H.

Am Samstag, -cn 24. Ang., nach­mittags 3 Uhr, findet in der Bierbrauerei Dreiß die ordentliche

Generalversammlung

statt, wozu die verehrlichen Mitglieder eingeladen werden.

Tagesordnung:

1) Rechenschaftsbericht.

2) Beschlußfassung über das Geschäftsergebnis.

3) Neuwahlen des Aufsichtsrats und des Aus­

schusses.

4) Sonstiges.

Calw, den 18. August 1901.

Der Morfland.

Uekk-rueLeik.

Von clsv bis

1 <2 in Dorf und Stadt, überall findet i o.ro.o>-,E sie; unaufhaltsam, unermüd­lich schreitet sie fort, und in Folge ihrer Milde, Zartheit und hygienischen Wirkung wird die Pat. Myrrholin-Seife als beste und einzig in ihrer Art existierende Toilette-GesundheitSseife die ganze Welt erobern. Wer sie einmal angewandt und ihre Eigen­schaften zur rationellen Haut- und Schönheitspflege schätzen gelernt, wird niemals mit dem Gebrauch aussetzen. Die Pat. Myrrholin-Seife, welche nur aus den allerfeinsten Rohmaterialien hergestellt wird, ist durch den Zusatz desMyrrholins" und dessen hervorragende antiseptische, conservierende, neubil­dende und heilende Eigenschaften die ärztlich bevor- zugle hygienische Toiletteseife, wie es keine bessere bei Hautstörungen, wie Röte, Ausschlag, Pusteln, Mitesser, Sommersprossen u. s. w. gibt. Für die zarteste Haut der Kinder nehme man keine andere Seife. Ueberall, auch in den Apotheken, erhältlich.

Lächelnd erfüllte sie seinen Wunsch. Als der Lampenschein voll auf ihre lieblichen, blaffen Züge fiel, fragte der Graf besorgt:Fühlen Sie sich ganz wohl?"

Gewiß. Machen Sie sich keine unnötigen Sorgen um mich."

Herbert bat Andrea, sich zu ihm zu setzen.Ich habe mich sehr nach Ihnen gesehnt," sagte er,noch nie so sehr wie heute. Denken Sie, in der Nacht träumte ich, Sie seien von mir gegangen auf Nimmerwiederkehr. Das war ein unbeschreiblicher Schmerz. Als Sie nun immer und immer nicht kamen, ver­mochte ich den bösen Traum nicht von der Wahrheit zu unterscheiden und bildete mir ein, Sie hätten mich wirklich verlassen. Gottlob, daß Sie wieder da sind! Nicht wahr, Sie bleiben bei mir? Sie gehen nicht fort?"

Sprechen Sie nicht so viel," bat sie ihn.Sie sollen sich nicht ermuntern, sondern schlafen."

Versprechen Sie mir erst, daß Sie mich nicht verlassen werden," sagte er, sie bittend ansehend.

Einmal werden wir doch wohl scheiden müssen," antwortete sie sanft. Auf Erden ist alles vergänglich."

Wie soll ich aber lernen, wieder ohne Sie zu leben?"

Einen Moment blickte sie ihn bewegt an. Tann sagte sie mit einem An­fluge ihrer früheren Heiterkeit:Einstweilen sind wir ja noch beieinander. Denken wir nicht ans Scheiden. Versuchen Sie zu schlafen."

Er schlief unruhig, und jedesmal, wenn er aus dem Schlafe auffuhr, blickte er angstvoll zu Andrea hin, als fürchtete er, sie könnte unterdessen fortgegangen sein. Sie arbeitete ohne Unterbrechung fleißig an einer Decke, die sie für eine Kapelle bestimmt hatte und die jahrelangen Fleiß in Anspruch nehmen mußte. Einmal hörte sie, wie der Graf, erwachend und wieder einschlummernd, halb im Schlafe flüsterte:Schwester, ich bin Ihnen sehr gut!"

Sie schaute auf und nickte ihm zu.Das freut mich," sagte sie.

Sie sind mein guter Engel und morgen sage ich Ihnen noch viel mehr."

Sie glaubte, er spräche im Schlafe, und gab keine Antwort. Aber am nächsten Tage entging es ihr nicht, daß er anders war als bisher. Seine Blicke hingen beständig an ihr und mit einem Ausdruck, den sie noch nie darin wahr- genommcn hatte. Er schien ihr etwas sagen zu wollen und sich doch zu scheuen, es auszusprechen. Plötzlich bat er sie, für ihn an seinen Onkel zu schreiben. Sie war dazu bereit.Was soll ich schreiben?" fragte sie.

Ich werde diktieren," sagte er.

Er schilderte dem Onkel die Besserung seines Befindens. Zwar könne das Knie noch immer nicht gebraucht werden, denn der Bruch habe an einer schlimmen Stelle stattgefunden,aber," diktierte er,ich fühle mich trotz der langen Haft glücklich und zufrieden. Schwester Andrea, meine Pflegerin ist mein Trost, und in ihrer Gesellschaft ertrage ich die Folgen des Unfalles, der mich betroffen hat, leicht und gern. Du hast Andrea selber kennen gelernt, jedoch nur flüchtig."

Sie hielt mit dem Schreiben inne, aber er that, als merke er es nicht.

Mir aber," diktierte er weiter,der ich von Tag zu Tag einen besseren Einblick in ihren Charakter erhalte, erscheint sie wie ein Engel, und ich bedaure es tief, daß ich sie so spät kennen gelernt habe, daß ich nicht ihren Weg kreuzen konnte, als sie noch frei war, als die Liebe, die mein Herz für sie hegt, noch hätte erwidert werden dürfen."

Andrea legte die Feder fort.Das schreibe ich nicht," sagte sie erregt. Er bemerkte, daß ihre Hände zitterten und daß sie sehr blaß geworden war.

(Fortsetzung folgt.)