wird. 3. Ankauf der Ettlinger Stadtbahn und unentgeltliche Abgabe an die Gesellschaft. Diese Punkte seien seitens der Großh. Regierung zugestanden worden. Für den Kaufpreis der Etl- linger Stadtbahn, der 112 340 ^ betrage, haben aber die Interessenten aufzukommen. Der Stadtrat Karlsruhe habe daher vorbehaltlich der Zustimmung des Bürgerausschusses beschlossen, diese Summe auf die Stadt Karlsruhe zu übernehmen. Außer diesen Bedingungen verlange aber die Unternehmerfirma Lenz u. Cie. auch die unentgeltliche Stellung des zum Bahnbau erforderlichen Geländes. Die zu 400000 Mk berechneten Kosten desselben seien durch Beiträge der Gemeinden auszubringen. Von einigen Gemeinden, die an dem Zustandekommen der fraglichen Bahn sehr interessiert seien, sei die Leistung eines Beitrags bis jetzt teils abgelehnt, teils in gemindertem Betrag bewilligt worden. Er hoffe, daß diese Gemeinden noch zur Einsicht kommen und die geforderten Beiträge bewilligen werden. Würden die Beiträge von den Gemeinden aufgebracht, dann sei die Bahn gesichert, andernfalls sei sie auf absehbare Zeit als gescheitert zu betrachten. — Oberbürgermeister Habermehl- Pforzheim sagte, es seien Fortschritte für das Zustandekommen der Bahn zu verzeichnen, wenn schon auch hier 2 Gemeinden sich lässig gezeigt hätten. Auf Pforzheim entfalle ein Beitrag von 55 000 Mk. Der Bürgerausschuß habe zwar noch nicht zugestimmt, doch sei, nachdem der Stadlrat und die Finanzkommission die Bewilligung des Beitrags gutgeheißen, zu erwarten, daß jener damit einverstanden sei. Die großh. Regierung habe ein großes Entgegenkommen beiden Bahnprojeklen gezeigt und es sei zu hoffen, daß auch die Landtagsadgcordeten dafür eintreten.
— Bürgermeister Haas-Ettlingen vertrat die Ansicht, daß die Stadt Ettlingen, welche einen Beitrag von 629000aufbringen solle, durch Abtretung der Stadtbahn schon ein Opfer bringe, er glaube, daß wenn die Verbindungen mit der Residenz besser würden und ein Anschluß an die Kurszüge der Staatsbahn erhalten bliebe, die Gemeinde auch noch zu einer Bettragsleistung bereit sein werde. So wie er jetzt die Stimmung kenne, werde aber ein Beitrag in der verlangten Höhe nicht erreichbar sein. Die Endstationen hätten eben doch die Hauptvorteile von der Bahn, Ettlingen sei mehr als Durchgangsstation zu betrachten. — Stadtschultheiß Beutter-Herrenalb konstatierte das große Interesse, das Herrenalb a« dem Zustandekommen der Bahn habe, er glaube, daß der angesonnene Beitrag von 28 800 ^ glatt bewilligt werde.
— Oberbürgermeister Schnetzler fand die Mitteilung des Bürgermeisters Haas-Etilingen nicht ermutigend. Er glaube nicht, daß der Karlsruher Bürgcrausschuß für weitere Opfer, als bereits in Aussicht gestellt, zu haben sei. — Landtagsabgeordneter Wacker, Vertreter des Bezirks Ettlingen, erklärte, eine zurückhaltende Stellung als parlamentarischer Vertreter ein- nehmen zu sollen, bekannte sich übrigens für seine Person als ausgesprochener Freund der Bahn. Die Unternehmerfirma Lenz und Cie. würde ihr Offert zurückziehen, wenn nicht im gegenwärtigen Landtag die Bahn beschlossen würde. Es würde aber kaum gelingen, dann wieder einen Unternehmer für die Bahn zu finden. Die Herren Landtagsabg. Frank-Buckenberg, Vertreter des Landbezirks Pforzheim, und Wittum.Pforzheim sprachen gleichfalls für das Zustandekommen der Bahn. — Landtagsabg. Wacker sagte, die Interessenten müßten sich eben verständigen, damit die Bahn zustande komme. Als Unbeteiligter jagte er, der Eine Wird mit sich markten lassen müssen, wie der Andere, doch sei anzunehmen, daß die Vorteile mehr auf Seiten der Residenz und Pforzheims seien, als auf Seiten von Ettlingen. — Nachdem Oberbürgermeister Schnetzler und Oberbürgermeister Habermehl-Pforzheim nochmals an die Versammlung appelliert, mit aller Krait darnach zu streben, daß die Bahn verwirklicht werde, brachte elfterer der Versammlung folgende Resolution in Vorschlag: „Die Versammlung spricht gegenüber den bei dem Bau der Albthalbahn und der Bahn nach Pforzheim beteiligten Gemeinden den Wunsch und
die Erwartung aus, daß sie in thunlichster Bälde die für das Zustandekommen der Bahn erforderlichen, ihrem Interesse an derselben entsprechenden Beiträge zur Verfügung stellen." Diese Resolution wurde mit allen gegen 3 Stimmen angenommen.
Pforzheim. Der Monatsvieh markt am Mittwoch war mit 70 Ochsen, 200 Kühen, 40 Kalbinnen. 84 Stück Jung- u. Schmalvieh und 25 Kälbern befahren. Als verkauft sind notiert: 16 Ochsen, 38 Kühe, 12 Kalbinnen, 24 Stück Jungvieh und 18 Kälber. Die Verkaufspreise hielten sich auf gleicher Höhe wie beim Novembermarkt. Auf dem Pferdemarkt waren 135 Stück Pferde zum Verkauf aufgestellt und es wurden 36 Stück und zwar einige zum Schlachten für 75—115-^6. für Zugpferde wurden 240, 300, 350 und 420 per Stück bezahlt. Für einige bessere 700 bis 950
Deutsches Weich.
Berlin, 4. Dez. Die wirtschaftliche Ver- einigung des Reichstags nahm den modifizierten Antrag Kanitz an, der sofort im Reichstage eingebracht werden wird. Der Antrag verlangt nunmehr einen Gesetzentwurf, wonach für die Dauer der bestehenden Handelsverträge zum Zweck der Befestigung der Getrndepreise auf die mittlere Höhe der Einkauf und Verkauf des Getreides einschließlich der Mühlenfabrikate in einer den 1891 —1894 abgeschlossenen Handelsverträgen nicht widersprechenden oder mit den Ver- lragsstaaten näher zu vereinbarenden Weise ausschließlich für Rechnung des Reichs erfolgt. Getreideverkaufspreise sollen nach dem inländischen Durchschnittspreise der Periode 1850/v0. die Verkaufspreise für die Mühlenfabrikate nach dem wirklichen Ausbeutungsverhältnis den Getreidepreisen entsprechend bemessen werden. Die Ueberschüsse aus dem Verkauf sollen derart verwendet werden, daß alljährlich eine den durchschnittlichen Getreidezoll-Einnahmen seit April 1892 gleichkommende Summe an die Reichskasse abgeführt und ein Reservefonds gebildet werde, um bei hohen Inlands- und Auslandspreisen die Zahlung der erstgenannten Summe und den Verkauf von ausländischem Getreide zu den oben angegebenen Preisen auch bei höheren Einkaufspreisen zu ermöglichen. Bei der Erschöpfung des Reservefonds sollen die Verkaufspreise des Reiches um so viel erhöht werden, daß sie der Reichskasse einen Ueberschuß in der Höhe der durchschnittlichen Getreidezoüeinnahmen seit April 1892 gewähren. Dem Antrag stimmten sämtliche Mitglieder der Vereinigung einschließlich der Nationalliberalen zu.
Die Kommission für das bür gerliche Gesetzbuch tritt am künftigen Sonnabend in die zweite Beratung des Ausführungsgesetzes ein und hofft ihre Arbeit so rasch zu fördern, daß auch dieses Gesetz noch vor dem Weihnachtsfeste an den Bund es rat gelangen kann, der sich gleichfalls die EAcdigung in kürzerer Frist angelegen sein lassen wird. Bel diesem Stunde der Dinge erscheint cs nicht ausgeschlossen, daß die kaiserliche Ermächtigung zur Eindringung des bürgerlichen Gesetzbuches im Reichstage am 18. Januar 1896, dem Gedenktage der Kaiser- Proklamation. vollzogen wird.
Aus Baden, 6. Dez. Die Rüdtianer haben nunmehr „vielseitigem Verlangen entsprechend", auf Sonntag den 15. Dezbr. eine Konferenz nach Karlsruhe zur Bildung einer „freien sozialistischen Vereinigung" ausgeschrieben, zu welcher alle diejenigen Sozialdemokraten ein- geladen sind, welche von der „offiziellen Sozialdemokratie" nichts mehr wissen wollen. Wenn die beabsichtigte Gründung gelingt, woran übrigens nicht zu zweifeln ist, so werden wir künftighin in Baden zwei sozialistische Parteien haben. Man darf jetzt schon gespannt darauf sein, wie diese sich bei den Wahlen verhalten werden. — Gar böses Blut erregt bei den Radfahrern unseres Landes die ministerielle Verordnung, laut welcher in Zukunft die Besitzer eines Fahrrades eine Taxe von 5 entrichten sollen. Die Radler haben sich in einer Kollektiv-Eingabe an das Ministerium mit dem Ersuchen gewendet, die betreffende Verfügung zurückzunehmen. Geschieht dies nicht bis zu 15. Dez., so wollen sie beim Landtag vorstellig werden. — Ob's hifl.
Württemberg.
Stuttgurt, 5. Dez. In der Kammer des Abgeordnetenhauses stand heute auf der Tagesordnung eine Petition dahingehend: je einen Homöopathen und Naturheil» kundigen in das Medizinalkollegium aufzunehmen; eine Kontroll-Kommission für Irren- Anstalten zu ernennen; einen Lehrstuhl für Homöopathie und Naturheilkunde in Tübingen zu errichten. Berichterstatter ist der Adg. Schick (Zentr.). Die Kommission befürwortet die Berufung eines homöopathischen Arztes in das Medizinalkollegium und will die Bitte um Errichtung eines Lehrstuhles für Homöopathie und Naturheilkunde der Regierung zur Kenntnisnahme empfohlen wissen. Das Ersuchen in Betreff der Kontrolle der Irrenanstalten anlangend, wird lUbergang zur Tagesordnung beantragt. In der Debatte spricht Gröber (Zentr.) für Kontrollkommissionen, durch welche die Verantwortung der Irrenärzte erleichtert werde. Er kommt dann auf die bekannten Vorträge des aus der Irrenanstalt entwichenen Julius Pfeiffer zu sprechen und stellte eine Interpellation in Aussicht, ob der Regierung das Treiben Pfeiffers bekannt fei und ob sie entweder die von Pf. beschuldigten Beamten zur Verantwortung ziehen oder Pf. das Handwerk legen werde. Henning (V. P.) tritt warm dafür ein, den Wunsch nach einem homöopalischen Lehrstuhl zur Berücksichtig, ung zu empfehlen Rembold (Zentr) bekämpft die Homöopathie; was ein homöopatischer Arzt sei, fei öffentlich rechtlich gar nicht festzustellen, Nachdem noch eine Reihe Redner teils für, teils gegen die Wünsche der Homöopathen gesprochen, speicht sich Minister Pischek im Sinne der Kommission aus. Bezüglich Pfeiffers sei cs ichwierig, dessen Zurechnungschhigkeit festzu- stellen, auch stecke in seinen Angaben ein berechtigter Kern. Die Untersuchung würde mehr Staub aufwirdeln als Pfeiffers Uebertreibungen. Ein Verbot seiner Vorträge sei unzulässig, doch werde Pfeiffer, falls er fortfahle, die Behörden zu beleidigen, verfolgt werden. Minister Sarwey spricht gegen den homöopathischen Lehrstuhl. Haußmann-Balingen gegen die von Gröber vorgeichlagene Verfolgung Pfeiffers. Die Kom- missionSanträge werden angenommen.
Ausland.
Keywest, 5. Dez. Die mit dem Dampfer „Olivette" soeben hier eingctcoffenen Passagiere berichten, daß der Jnsurgentenführer Gomez die Spanier unter Suarcz Valdez zwischen Cama- guey und LaSvillas angegriffen und trotz der starken Uebermacht der letzteren in einem heftigen Kampfe völlig geschlagen habe. Die Spanier lösten sich in wilder Flucht auf uud ließen hundertfünfzig Tote auf dem Schlachtfelde.
(Entschuldigungszettels Ich bitte Sie, zu entschuldigen, daß die Anna die Weltgeschichte nicht machen konnte, aber sie hatte zu große Zahnschmerzen.
Telegramme.
Berlin, 7 Dez. Um Mitternacht zog über Berlin ein heftiges Gewitter weg. Neben den grellsten Blitzen und Donnerschlägen fand gleichzeitig starker Schneefall statt.
Hambprg, 6. Dez. Seit gestern herrscht ein wütender Sturm, welcher das Wasser in die niedriger gelegenen Stadtteile treibt. Der Schaden ist sehr bedeutend. Auch in Harburg, Cuxhaven, Lübeck und Kiel haben der Sturm und d3s Hochwasser Schaden angerichtet.
Paris, 7. Dezbr. Die Kammer beriet das Justizbudget. Nach dem Schluß der Sitzung gab ein Individuum von der öffentlichen Gallerte 2 Revolverschüsse in den fast leeren Saal ab. Niemand ist verletzt, das Individuum verhaftet. Dasselbe beantwortet keine Frage. Der Revolver enthielt noch 4 Kugeln.
Paris, 7. Dez. Der Kammerattentäter ist der 23jährige Handelscommis Lenoir. Er steht der Politik fern und wurde derselbe als geisteskrank in die Krankenabteilung gebracht.
Mit einer Beilage
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.