als 100 000 Mann und 300 Geschützen zum Angriff vor. Derselbe richtete sich zunächst hauptsächlich gegen Champigny und Le Plant, von wo die dort stehenden Vorposten rasch auf die Hauptstellungen bei Villiers und Coeully zurückgedrängt wurden. Gegen letzteren Ork erfolgte der Angriff noch nicht, wohl aber in desto heftigerer Weise gegen Villiers. Oberst v. Berger erhielt den Befehl zur Verstärkung dieses Ortes zwei Kompagnien hinüberzusenden. Hiezu wurde die 7. und die 8. Kompagnie be­stimmt. Elftere ging gegen die von den Fran­zosen besetzten Steinbrüche südlich von Villiers vor, warf den Feind mit Unterstützung von zwei Zügen Sachsen hinaus und behauptete sich hier gegen alle mit großer Uebermacht unter- nommenen Angriffe des Feindes. Die 8. Kom- pagnie empfieng unterwegs heftiges Granatseuer und nahm am Bahnhofe von Villiers zunächst eine Reservestellung ein. aus welcher sie später nach Coeully zurückberufen wurde.

Letztgenannten Ort zu nehmen, war die Division Faron beauftragt, sie verschob jedoch das Vorgehen, weil ihre Artillerie nicht rasch genug zur Stelle kommen konnte. Als nun gegen Mittag General v. Reitzenstein aus ver­schiedenen Zeichen darauf schloß, daß ein allge­meiner Angriff des Feindes bevorstehe, ordnete er, um demselben die Spitze abzubrechen, einen Vorstoß der unter seinem Befehl kämpfenden Deutschen auf der ganzen Linie an. Der schwierigste Teil desselben fiel dem Regiment Königin Olga zu, dessen 2. Bataillon inzwischen ebenfalls im Park von Coeully cingetroffen war. Oberst v. Berger ließ die 1., die 2 , die

3. und die 5. Kompagnie vorrücken. Die zweite Kompagnie ging bis dicht an die feindlichen Batterien heran und zwang dieselben zum Ab­fahren. Auf der Höhe angekommen, wurden jedoch die vordringenden Württemberger von einem so fürchterlichen Geschoßhagel begrüßt, daß eine Fortsetzung des Angriffs unmöglich erschien. Oberst v. Berger wurde von 3 Kugeln durchbohrt, Major Schäffer schwer verwundet und eine große Anzahl anderer Offiziere und Mannschaften deckten ebenfalls tot oder schwer verwundet den Erdboden. Da nun der Feind hinter seinen Schützenschwärmen noch starke Kolonnen zeigte, welche noch fortwährend Ver­stärkungen erhielten, sah sich Major Haldenwang, der nach der Verwundung des Obersten von Berger das Kommando des Regiments über­nommen hatte, mit schwerem Herzen genötigt, den Rückzug anzuordnen. Die Franzosen folgten unter stetigem Feuer den weichenden Würtlem- bergern auf dem Fuße, und diese hatten kaum die Parkmauern wieder besetzt, als auch schon der Feind vor derselben erschien. Das Schnellfeuer, welches sofort gegen ihn eröffnet wurde, brachte jedoch seinen Angriff zum Stehen.

Inzwischen war auf dem linken Flügel Oberstlieutenant Knörzer mit der 3. und der

4. Kompagnie seiner Jäger und der 6. Kom­pagnie des Regiments Königin Olga auf Befehl des Generals v. Reitzenstein ebenfalls vorge­gangen. Die 6. Kompagnie hatte eine feindliche Batterie zum Rückzug gezwungen, die Jäger hatten die ihnen entgegentretende zahlreiche In­fanterie zurückgeworsen, wobei Oberstlieutenant Knörzer so schwer verwundet wurde, daß an seiner Stelle Hauptmann Schickhardt das Kom­mando des Bataillons übernehmen mußte. Als nun die Verteidiger des Parks von Coeully den auf ihre Front erfolgenden Angriff durch Schnell­feuer abzuweisen suchten, eröffnten die Jäger und die 6. Kompagnie auf die vorgedrungenen Franzosen ein lebhaftes Flankenfeuer und gingen alsdann mitMarsch, marsch. Hurrah" gegen dieselben vor. Der Feind hielt diesen Angriff nicht aus, sondern stürzte in wilder Flucht nach Champigny zurück. Er wagte auch im weiteren Verlaufe des Gefechtes keinen Angriff auf diese Stellung mehr. Die Verluste des Regiments Königin Olga waren sehr schwere gewesen. 14 Offiziere und 362 Mann waren tot oder verwundet, vom Jägerbataillon 6 Offiziere und 84 Mann. Letzteres kam noch einmal in das Gefecht, als nachmittags gegen 3 Uhr ver- schiedene französische Bataillone die Höhe bei

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dem Jägerhäuschen wieder zu nehmen suchten. Die 2. Kompagnie der Jäger warf sie nach Champigny zurück und brachte ihnen schwere Verluste bei. Sie selbst verlor 36 Mann.

Auch die 7. Kompagnie des Regiments Königin Olga ging aus den von ihr heldenmütig behaupteten Steinbrüchen bei Villiers, als da­selbst ein sächsisches Bataillon eintraf, mit dem­selben noch einmal gegen die Franzosen vor, welche hinter den Eisenbahndamm zurückgeworfen wurden. Am 1. Dezember blieb alles ruhig; am 2. unternahm die 7 und 8. Kompagnie des Regiments Königin Olga unter Führung des Frhrn. v. Lützow einen Angriff auf das von den Franzosen besetzte Gehölz Le Plant. Dieser Angriff wurde jedoch, nachdem zuerst die Ueber- raschung der Franzosen geglückt war. durch weit überlegene Streilkräfte zurückgewiesen, wobei Hauptmann o. Lützow fiel. Der Rest des Re­giments hielt den Park v. Villiers besetzt und wies aus demselben alle Angriffe der Franzosen zurück, bis die Pommern zu Hilfe kamen und auch deutsche Artillerie mit bedeutender Stärke eintraf. Das Jägerbotaillon halte mit zwei Bataillonen des 7. württembergischen Regiments in äußerst schwerem Kampf um Champigny ge­standen und bei demselben nicht weniger als II Offiziere und 133 Mann von den 14 Offi­zieren und 680 Mann, mit welchen es in den Kampf gerückt war, verloren.

Zu größeren Kämpfen kamen nun die Württemberger nicht mehr. Am 29. Juni 1871 rückten sie in Stuttgart ein und wurden überall mit den Ehren empfangen, welche sie durch ihre tapfere Haltung während des Feldzugs im reichen Maße verdient hatten.

DerStraßb. Post" entnehmen wir zum Ehren­tage vom 30. November vonEinem, der die Württemberger liebt":

Dem 8. königl. württemb. Infanterie-Regiment Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden.

Ms das letzte Roß verzehrt war,

Und die Ratte schon begehrt war,

Sprach Herr Dncrot: Zeit ist's nun!

Laßt uns einen Ausfall thun

Ostwärts auf die Schwaben!

Schlagen ließ er schnell acht Brücken,

Daß man könnt Hinüberrücken Auf der Marne linken Strand;

Und man nimmt Gewehr zur Hand An die Hunderttausend.

Nebliger Novembermorgen Hielt das schlaue Werk verborgen,

Feinde dort! und Feinde hie!

Hallt's in Champigny und Brie,

Und die Salven krachen.

Fremd auf dem Terrain, von Osten,

Zogen Sachsen just auf Posten.

Eh' das Erdreich sie beschaut,

Hat es mancher schon gekaut

Als sein letztes Frühstück.

Ein Konzert gibt's von Gewittern,

Erd' und Luft gerät in's Zittern,

Bon Fort Rosny und Nogent Kommt der Donner dumpfer Klang,

Heult der Eisenhagel.

Gleich als ob die Holl' regierte,

Schickt der vormals nicht armierte,

Heute munt're Mont Avron Drauf und drein sein Knallbonbon:

Lauter Zuckerhüte!

Fein und schlau war's ausgeklügelt,

Doch die Jacke hat gebügelt Unserem Franzen, wie noch je,

Aus dem Plan von Villiers Württembergisch Eisen.

Dann als niedersank die Sonnen,

War das Fädlein ausgesponnen;

Faßte manchen, der's verließ,

Heiße Sehnsucht nach Paris

Hoch ihr Württemberger!

Laut aus Villiers' Ehrenplane Habt gedeutet ihr der Fahne,

Düst'res Schwarz und Purpurrot!

Heldenblut und Heldentod Künden eure Leichen.

Aus Baden, 21. Nov. In O. bei Vil- lingen wurde dieser Tage ein interessanter Handel abgeschlossen. Daselbst verkaufle ein Bürger sein in der Nähe des Dorfes gelegenes Gütchen auf folgende Weise: Für eine Thür des Hauses 2 ^

und für jede weitere Thür das doppelte. Das Wohnhaus hatte 13 Thüren und so ergab sich die Summe von 8192 ^ Dem etwas un­wissenden Käufer schien diese Summe zu hoch und man einigte sich auf 8000 mit der Be. dingung, daß der Käufer gleich in dem Hause übernachten dürfe. Weil aber für den Gast kein Bett zur Verfügung stand, so mußte er sich mit der Ofenbank begnüge«. Da die Hausfrau des andern Tages backen wollte, hatte sie die Back­mulde mit Mehl auf die andere Seile des Ofens gestellt, der Gast, der den Kauf des Hauses et­was stark gefeiert hatte, wurde nachts aber un­ruhig und sah die Backmulde für ein Ungeheuer an. gab ihr einen kräftigen Ruck, so daß sie mit Inhalt auf den Boden flog und schlief dann weiter. Als am andern Morgen die Hausfrau in die Stube trat und die Bescheerung sah, da spuckte es so gewaltig, daß es der Gast für ge­raten fand, schleunigst zur Thür hinaus zu eilen. In der frischen Lust besann er sich auch über seinen Handel; er mußte eingestehen, daß er einen dummen Streich gemacht habe und ver­langte vom Verkäufer, daß dieser von dem Ver- kauf absehe. In Anbetracht, daß beide beim Verkaufsabschlusse des Guten zu viel thaten, willigte dieser ein, legte jedoch dem Verkäufer die Verpflichtung auf, den bezüglich der Back­mulde entstandenen Schaden und den Weinkauf zu zahlen. Beide sollen sich vorgenommen haben, in Zukunft nur Geschäfte abzuschließen, so lange sie noch hell im Kopfe sind. Wenn sie's nur auch halten.

(Aus der guten alten Zeit.) Polizist: Wo haben Sie Ihre Papiere? Bummler: Pa­piere Hab' ich nicht. Polizist: Da danken Sie Gott, sonst hätten Sie sie unbedingt vor­zeigen müssen.

sUnverfroren.j Kaufmann (nach der Uhr sehend, zu einem zudringlichen Hausierer):Jetzt gebe ich Ihnen noch zwei Minuten; wenn Sie dann nicht heraus sind ..."Was darf ich Ihnen in den zwei Minuten noch vorlegen?"

Telegramme.

Berlin, 29. Nov. Das Polizeipräsidium beschloß die Schließung von 11 sozial­demokratischen Vereinen und zwar von 6 Reichstags-Wahlvereinen, ferner der Preß- Kommission, des Vereins der öffentlichen Ver­trauensmänner und des Parteivorstandes der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Die Schließung erfolgte auf Grund des ß 8 der Ver­ordnung über die Verhütung des Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Ver- sammlungs- und Vereinsrechtes vom 11. März 1850.

Wien. 29. Nav. Graf Ta affe ist heute vormittag 1(N/i Uhr in Ellischau gestorben. Der österreichische Staatsmann, welcher lange mit des Kaisers Vertrauen gegen die deutschen Elemente der alten deutschen Ostmark gekämpft hat, ist nur bis in sein 63. Lebensjahr gelangt.

Wi e n, 29. Novbr. Die Antisemiten hielten gestern in sämtlichen 19 Stadtbezirken stark besuchte Versammlungen ab, die gleich­lautende Beschlüsse zugunsten des ausgelösten Gemeinderals gegen die Regierung und die jüdische Presse faßten. Dr. Lueger sprach in drei Bezirken, Prinz Lichtenstein und Prälat Schleicher in zwei; außerdem die Hetzkapläne Latschka und Dittrich, sowie Dechant Wiesinger, der mit Schönerer gehende Chefredakteur Wolf und andere. Die Versammlung in Favoriten sang unter Hochrufen auf Lueger dieWacht am Rhein". Für den zweiten Bezirk war Eben­hoch, der zweite Obmann der neuen katholischen Volkspartei, als Redner angemeldet; er ließ je­doch gänzlich absagen.

Peking. 29. Nov. Infolge der deutschen Forderung sind die beiden Rädelsführer der Schar, welche Mitte Dezember die deutsche Missionsstation Moilim unweit Swatan überfiel und plünderte, verhaftet worden. Für den an- gerichteten Schaden leistet die chinesische Regier­ung vollen Ersatz.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.