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Kriegschronik 1870/71.
3V. November 187V.
Schlacht bei Villiers.
Heute bedeutender Ausfall nach Osten gegen Württembergs und Sachsen bei Bonneuil sur Marne, Champigny und Villiers, die genommen und bis zur Dunkelheit mit Hilfe unserer 1. Brigade wieder genommen wurden. Gleichzeitig nach Nordost bei St. Denis gegen Garde und 4. Korps nur leichte Ausfälle. Ich konnte Versailles nicht verlassen, um im Centrum zu bleiben. Es scheint der Feind auf einen Sieg bei Orleans gerechnet zn haben, um dem Sieger entgeaenzuqehen, was mißglückte. Wilhelm.
1. Dezember 187V.
ChLteau-PiPle. General Obernitz telegraphiert dem König von Württemberg unterm 30. November: Die 1., 2. und 3. Brigade, unterstützt durch die 7. preuß. Brigade, haben heute in fünfstündigem siegreichen Gefecht einen gegen Mesly, Coeully und Villiers gerichteten Ausfall zurückgeschlagen und 300 Geiangene gemacht. Diesseitiger Verlust 40 Offiziere und 700 Mann.
Billeueuve le Roi. Telegramm des kommandierenden Generals des VI. Armeekorps v. Tümpling an das Generalkommando in Breslau : 1. Dezember. Gestern um 2 Uhr nachts, unter heftigem Feuer sämtlicher Forts und Kanonenboote beginnend, fand ein erneuerter großer Ausfall gegen die diesseitige und württembergische Front, angeblich unter Ducrot und Trochu, mit 120 000 Mann statt. Derselbe wurde vom VI. Korps bis 11 Uhr siegreich zurückgewiesen und es konnten dem stark angegriffenen linken württembergischen Flügel dann 6 Bataillone, 2'/, Eskadrons und 2 reitende Batterien zur Unterstützung über Billeneuve St. Georges (an der Seine, oberhalb Choisy) noch zugeführt werden. Nachmittags 3 Uhr wurde die diesseitige Stellung von neuem heftig angegriffen; nach 6 Uhr war der Franzosenüberfall zurückgeworfen. Dank unfern Berschanzungen ist der Verlust verhältnismäßig gering; die standhafte Ausdauer der Truppen ist nicht genug anzuerkennen.
Versailles. Der Verlust der Franzosen bei dem gestrigen mißglückten Ausfall auf der Südostfront von
Paris an Toten, Verwundeten und Gefangenen ist sehr bedeutend. Heute wurde von ihnen zur Beerdigung ihrer Gefallenen ein mehrstündiger Waffenstillstand erbeten. Auf unserer Seite beträgt der Verlust bei der Württemberg. Division etwa 40 Offiziere und 800 Mann bei der Brigade Du Troffel des 2. Armeekorps 2 Offiziere und etwa 70 Mann. Sächsischer Verlust noch nicht konstatiert. Heute verhielt sich der Feind vollständig ruhig. von Podbielski.
Versailles. „Pr. Staats-Anz.": Da die Ueber- führung der Franzosen bis zur festgesetzten Stunde nicht beendet werden konnte, überließ der Feind einen Teil seiner Blessierten ihrem Schicksal. Einige wurden von den Württembergern, die hier wieder einen ehrenvollen Beweis der deutschen Humanität lieferten, noch in den Abendstunden des 1. Dezembers aufgelesen, andre mußten, da das feindliche Bombardement die Fortsetzung des Liebesdienstes unmöglich machte, zurückgelassen werden. Sie dürften einem gewissen Tode in der eisig kalten Nacht kaum entgangen sein.
Aus Stadt. Bezirk und Umgebung.
Neu en b ürg. 29. Nov. Zwei Ehrentage der württemb. Truppen kehren zum 25. Mal wieder, die Schlachtage von Villiers und Champigny. Am 30. November 1870 halten die Franzosen in Paris mit einer ungeheuren Uebermacht einen Ausfall gegen die deutschen Belagerer gerade nach den Punkten unternommen, wo die, in einem riesigen Kreis die französische Hauptstadt umfassende Kelle am schwächsten war, ^ nämtich gerade an jenen Punkten des Marneusers, den unsere württemb. Division unmittelbar neben einer sächsischen Division besetzt hielt. Das von unseren Landsleuten besetzte Champigny mußte ausgegeben werden; dagegen wurde das weiter rückwärts gelegene Villiers in einem mörderischen Kampfe bis zu ziemlich später Abendstunde, wo die Württemberger Verstärkungen erhielten, gegen die mehr als zehnfach stärkeren Franzosen vollständig behauptet und so der geplante französische Durchbruch verhindert. Wäre
letzteres gelungen, so hätte die Belagerung von Paris wahrscheinlich auf mehrere Wochen aufgehoben werden müssen. Paris selbst hätte sich neuerdings für lange Zeit verproviantieren können und der Krieg mit seinen schweren Opfern hätte sich vielleicht noch lange hinziehen können. — Am 2. Dezember 1870 aber eroberten unsere schwäbischen Helden in einem äußerst erbitterten Straßenkampf das Dorf Champigny wieder und warfen die weit stärkeren Franzosen über die Marne zurück in das eigentliche Weichbild von Paris hinein. — In der Schlacht von Villiers und Champigny konnten unsere Truppen zeigen, und noch dem Zeugnis des nachmaligen ersten deutschen Kaisers und des Grafen v. Molkte haben sie es auch glänzend gezeigt, daß sie sich ebenbürtig neben die glänzendsten Leistungen anderer deutschen Truppen stellen durften. Groß zwar waren die Verluste, aber herrlich der Erfolg der Schlachten von Villiers und Champigny. Wie bereits angedcutet, wäre ein geglückter Durchbruch der belagerten Franzosen iür die deutsche Armee ziemlich verhängnisvoll geworden, während dessen Zurückweisung die Belagerten so entmutigte, daß sie von da an keine größeren Ausfälle mehr zu machen wagten und nachdem nun auch noch die Hoffnung eines Entsatzes von außen her geschwunden war, und in Paris die Hungersnot sich einstellte, endlich kapitulierten. Unsere württemb. Truppen haben also ganz wesentlich mit dazu beigetragen, daß der schwere Krieg keine größere Verlängerung mehr erfuhr, sondern durch die Kapitulation von Paris auch der Friedensschluß deutscherseits erzwungen werden konnte. — Wenn deshalb in diesen Tagen die Teilnehmer jenes großen Krieges sich festlich versammeln, um die 25jährige Wiederkehr der heiß errungenen Siege zu feiern, um sich in einzelne Episoden jener grimmig kalten und doch so heißen Wintertage zurückzuversetzen, so geziemt es sich auch für das ganze württembergische Volk, nicht nur den noch