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zum ersten Mal Granaten auf die Feldwachen des I. Bataillons aus einer bei Nogent stehen- den Feldbatterie und auch Jnfanterieabteilungen feuerten auf diese Feldwachen. Von jetzt an kam dies fast täglich vor, und der Patrouillendienst wurde daher ein ziemlich gefährlicher, ebenso derjenige auf Vorposten. Häufige Alarmierungen trugen auch nicht dazu bei, das Leben hier zu einem sehr angenehmen zu gestalten.
Eine späte Aufklärung über die Schlacht bei Champiqny. In dem Buche des Oberstlieutenants a. D. v. Schmid über die Schlachten bei Villiers wird der Angriff auf Champigny am 2. Dezember 1870 getadelt und u. a. angegeben, daß alle höheren Kommandeure, namentlich aber der Prinz Georg von Sachsen, sich gegen den Angriff ausgesprochen hätten. Alle Einwendungen aber wurden von General von Fransecky damit abgewiesen, daß er vom großen Hauptquartier den bestimmten Befehl zum Angriff habe. Einem soeben erschienenen, von General v. Verdy du Vernois verfaßten Buche: Im großen Hauptquartier 1870/71 entnehmen wir nun eine hierauf bezügliche, un- gemein wichtige Notiz, nach welcher die volle Verantwortung für diesen Angriff dem General v. Verdy zufällt. Der General war damals Oberstlieutenaut und Abteilungschef beim großen Generalstab. Als das zweite pommersche Armeekorps nach dem glücklichen Gefechte auf dem Berge Mesly abends wieder in seine Aufstellung bei Longjumeau zurückgeganqen war, hatte General Fransecky Befehl erhalten, sofort wieder auf das linke Ufer der Seine zurückzukehren, wo er im Schlosse Le Piple, dem Hauptquartier des Generals v. Obernitz, weitere durch Oberstlieutenant v. Verdy zu überbringende Befehle erhalten werde. Am 1. Dezember abends war Oberstlieutenant v. Verdy in dem Schlosse ein» getroffen, um über die dortige Lage an Moltke zu berichten. Er hatte, wie er in seinem Buche ausdrücklich hervorhebt, an niemanden einen Befehl zu überbringen; allein, mit der Auffassung der Lage im großen Hauptquartier bekannt, erwiderte er dem General v. Fransecky auf dessen Frage nach Befehlen: „Der Feind befindet sich noch auf dem rechten Seine- und linken Marneufer außerhalb seiner Werke; den Intentionen der obersten Heeresleitung entspricht es, daß Eure Exccllenz, sobald das zweite Corps zusammen ist, zum Angriff Vorgehen und den Feind wieder hinter seine Frontlinie zurückwerfen." Nun gab General v. Fransecky seine Befehle zum Angriff für den 2. Dezember. Der Gedanke zu diesem Angriff wäre demnach im Kopfe des feurigen Generalstabsoffiziers entstanden. Der Angriff ist wohl gelungen, allein viel Blut wäre uns erspart geblieben, wenn wir ruhig das Bor- oder vielmehr Zurückgehen der Franzosen abgewartet hätten.
Idyllisches aus Kamerun. Folgende hübsche Episode erzählt eine Missionsschwester von Kamerun in Kreuz und Schwert (Münster): „Für 10 Uhr waren wir zu einer Singprobe in der Regierungsschule eingeladen. Der freundliche Lehrer, Herr Christ aller, bewillkommte seine weißen und schwarzen Gäste aufs liebens- würdigste. Die Stunde Halle schon begonnen, die dritte Klasse war versammelt, also Schüler des dritten Schuljahres; die konnten freilich unsern ungeschulten und unmusikalischen Bakokos etwas zeigen und ihnen imponieren. Sie sangen auch wirklich ganz vortrefflich, und unsere Buben vergaßen über dem ungewohnten Ohrenschmaus alle sonstigen Genüsse. Als zuguterletzt „Morgen marschieren wir" angestimmt wurde, da marschierten und schrieen sie begeistert mit. denn das kannten sie auch. Nach der Singprobe führte uns Lehrer Christaller hinauf in seine Wohnung. Da gab cs für unsere Jungens verschiedene Kuriositäten zu sehen: zuerst ein allerliebstes kleines Christallerchen, ein einjähriges weißes Knäblein. Unsere schwarzen Wollköpfe wußten nicht genug Worte zu finden, um ihrer Ber- und Bewunderung Ausdruck zu verleihen über die schneeweiße Haut, die runden Aermchen, das goldige Haar, die himmelblauen Augen und
das reizende Näschen. Dieses Näschen bildete aber auch schon, seit es zum erstenmal in die Welt hereinguckt, das Staunen aller Schwarzen in Kamerun. Sie waren nämlich der unumstößlichen Meinung, Hdie Weisen seien nicht von Mutter Natur mit einer so schönen, langen, hervorragenden Nase begabt worden, sondern die Mütter und Ammen zögen so lange an der Plattnase, bis sie gewünschte Länge und Größe angenommen habe. Der kleine Ehristaller kam aber zu ihrem grenzenlosen Erstaunen mit einer fertig ausgebildeten europäischen Nase zur Welt. Nun glaubten sie's. Die schneeige Haut war auch ein Gegenstand der Bewunderung; zwar kommen die Negerlein auch weiß zur Welt, aber neben einem weißen Kindchen würden sie doch recht braun und sonnverbrannt aussehen, und nach wenigen Tagen haben sie schon die Farbe ihres Naturkleidchens gewechselt, aus den weißen Engelchen sind schwarze Teufelchen geworden, und nur die Innenfläche der Hände und Füße giebt bis in ihr spätestes Alter Zeugnis, daß auch sie einst „hellere Tage" erlebt. Das Ehristallerchen wandelte von Arm zu Arm und bevorzugte entschieden seine schwarzen Landsleute, während wir durch ein imponierendes Zeterge- schrei in respektvoller Entfernung gehalten wurden. Herr Christaller hatte aber noch andere Wunderdinge im Vorrat, die endlich dem weißen Prinzen und seiner Mama Ruhe schafften: er hat in seinem Hause einen elektrischen Telegraphen eingerichtet, besitzt'auch eine Elektrisiermaschine und macht sich nun daran, den Kindern diese Zauberdinge zu erklären. Da horchten nicht nur die Ohren, sondern auch Mund und Augen mit weitgcöffneten Thoren."
Berlin, 22. Nov. Der Dien st mann auf dem Dreirad wird die neueste Erscheinung im Berliner Straßenleben sein. Der Polizeipräsident hat das Statut für das „Berliner Fahrraddienstmannsinstitut" genehmigt. Der Tarif lehnt sich an den Wegcmesser der Droschken an. Für je zehn Farbenabschnitte zu 160 m sind 30 L zu zahlen, für Nachtfahrten erfolgt ein Zuschlag von 50 Pf. Für Paketbeförderung und das Ueberbringen von Antworten sind besondere Bestimmungen getroffen. Ueber den Tag, an welchem das neue Institut ins Leben treten wird, ist noch nichts gemeldet.
Am 2. Juni wettete ein Wiener Schlächtermeister mit einem Weinwirt 500 Mk., daß er ein Jahr hindurch täglich eine Taube zu verzehren imstande sei. Die Wette wurde angenommen und dem Schlächtermeister freigestcllt. die Taube zu beliebiger Tageszeit, aber aus einmal zu verzehren; auch dte Art der Zubereitung blieb ihm überlassen. Bolle 166 Tage aß der Meister seine Taube. Dann aber mußte er sich als besiegt erklären; denn er war nicht mehr imstande, auch nur das kleinste Stück einer Taube zu essen, da ihn ein unbezwinglicher Widerwillen gegen das Gericht erfaßt hatte. Der Weinwirt hätte im Falle des VerlierenS der Wette auch die verspeisten Tauben bezahlen müssen. Der Metzger- meister schwor, in seinem Leben keine so einfältige Wette mehr einzugehen.
(Ein weiblich-akademisches Heiratsgesuch. Man schreibt aus Zürich: Im hiesigen Tagblatt stand dieser Tage folgendes Heiratszesuch zu lesen: „Eine junge, hübsche, akademisch gebildete Dame, welche im Stande ist, einen Mann zu ernähren, wünscht mit einem Manne, nicht unter 20 Jahren, (Abstinent) in Verbindung zu treten behufs späterer Verehelichung. Er muß in allen Zweigen des Hauswesens bewandert sein. Liebe zu Kindern und ein bescheidenes, sanftes Wesen haben. Etwas Vermögen erwünscht. Nur ernstgemeinte Offerten unter Chiffre LI. 8. 2931 mir Photographie und Sittenzeugnissen xosto restante Hotlingen." Das Inserat hat mächtig eingeschlagen, wiewohl es Ungläubige genug giebt, die es nicht für ernst gemeint halten. Das Postrestante-Fach ist täglich überfüllt. Der akademische Senat der Hochschule beschäftigt sich bereits, wie man vernimmt, eingehend mit dem Plane der Nichtzulassung
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männlicher Studierender zu den Vorlesungen, um der chronischen Arbeitslosigkeit der Letzteren so das weite Feld einer neuen Thätigkeit zu eröffnen, welche in dem Inserate so liebens- würdig angedeutet wird.
(Feucht.) Auf dieser Bude würde ich nicht wohnen. Da tröpfelt ja ordentlich das Wasser durch die Decke herunter. — Ach. das giebt sich. Das kommt nur von den Thränengüssen einer übermirwohncnden unglücklich verliebten Näherin!
(Nie verlegen.) Stammgast (nach Erzählung einer unglaublichen Geschichte: „Aber Herr Förster, 's vorige Mal erzählten Sie 's ganz anders!" Förster: „Ist mir halt zweimal passiert!"
(Druckfehler.) Der junge Baron entledigte sich mit der größten Gewandtheit der ihm anvertrauten Million. — Der erste Anblick seiner Frau bestätigte es ihm: sie war noch die nämliche, sie, die ihn so unbeschreiblich gern haute.
Auflösung der fünsstlbigeu Charade in Nr. 184.
Lokomotive.
Richtig gelöst von Friedrich Holzer in Rothenbach.
Telegramme.
Berlin, 28. Nov. Wie die Abendblätter melden, unterhielt sich der Kaiser gestern nach dem Diner noch mit den anwesenden Vertretern des Handwerks ausführlich über die Organisation des Handwerks. — Die seit längerer ZeitimFinanzministerium gebrauchten Spirituslamp en erregten die besondere Aufmerksamkeit des Kaisers. Der Kaiser sprach die Hoffnung aus, daß diese sich bewähren und immer weitere Verbreitung finden möchten, damit daraus dem deutschen Spiritus eine neue Absatzqaelle erwachse.
Berlin, 28. Nov. Die „Post" meldet: Gutem Vernehmen nach sprach sich der Kaiser auf dem gestrigen Essen beim Finanzminister Dr. Miquel in bestimmtester Weise über vie Notwendigkeit des Zustandekommen des Zuckersteuergesetzes aus.
München, 28. Nov. Der Abgeordnete v. Bollmar, der gestern zum erstenmale wieder in der Abgeordnetenkammer erschienen war, wird, der „Franks. Ztg." zufolge, morgen wieder in die Heilanstalt nach Göppingen zurückkehren, um dort die völlige Heilung seines Leidens ab- warten.
Paris, 28. Nov. Die „France" meldet in einer Sonderausgabe die Beschlagnahme der Stammzettel vom Checkbuch Souligoux. Angeblich soll diese Maßregel zur Verhaftung mehrerer Parlamentarier führen, Männer, über denen bisher kein Verdacht schwebte. Es sollen im ganzen 20 Verhaftungen vorgekommen sein.
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