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ehren. Darum war es gewiß nicht unangebracht, wenn wir unserem deutschen Heros zu den vielen Denkmälern, die ihm bereits gewidmet sind, auch in den Annalen deutschen Weinbaues ein Andenken stifteten, indem wir den heurigen Jahrgang auf den Namen „Bismarck" tauften. Hoffentlich wird es der Eiserne Kanzler nachträglich genehmigen, daß wir ihn diesmal zum Gevatter auserkoren und ihn neben seinen berühmten 46er Kollegen stellten. Möge sein Patenkind mit den Jahren ebenso viel Feuer und Geist entwickeln, wie der Pate.
Berlin. II. Novbr. Wunderliche Heiratsgesuche finden sich zuweilen in den Vegetarierblättern. Ein „zielbewußter, kräftiger Handwerker" sucht in der „Veget. Rundschau" eine freie Vegetarierin, „die zur Fruchtdiät und Auswanderung neigt". „Mäßigkeit im Essen und Trinken nebst natürlichem Hochsinn" ver- langt ein Anderer von seiner Zukünftigen; ein Dritter sehnt sich nach einer Gesinnungsgenossin „mit kindischem Wesen und ansehnlichem Grundbesitz". Noch praktischer ist ein „anspruchsloser" Verehrer der Pflanzenkost, der jede Dame heiratet, die ihm „Gelegenheit zu dauerndem Verdienst" bietet. Auch ein vegetarisch Mägdelein, „das leben möcht nicht so ganz allein", findet sich ein auf dem Heiratsmarkte; sie bietet „ein treues Herz, das nach Pflanzenkost verlangt."
Eine Schreibmaschine für 25 Mark — das ist der neueste amerikanische Humbug, der diesmal von Frankfurt a. M. aus verzapft wird. Ein Herr Siegfried Ebertsheim, General- Vertreter für Europa", bietet die Schreibmaschine „Simplex" in Inseraten an und verspricht allen Denen, welche nicht abgeneigt sind, den Weitervertrieb derselben zu übernehmen, 30°/o. Die neue, billige Schreibmaschine soll — laut Anpreisung — die deutlichste Schrift schreiben, sehr rasch arbeiten, in wenigen Minuten erlernbar sein und die „höchste Vervielfältigung" von Schriftstücken ermöglichen. Ein Leser unseres Blattes ließ sich ein Exemplar dieser „epochemachenden Erfindung" kommen. Natürlich mußte er zuvor die 25 Mk. einsenden, denn Probe- Maschinen kann Herr Ebertsheim, wie er sagt, wegen der „starken Nachfrage" nicht abgeben. Umgehend traf ein Paket ein etwa halb so groß, wie eine der gewöhnlichen Schreibmaschinen, und darinnen lag, wohl verwahrt in einem Haufen Holzwolle, wieder ein Paketchcn, und zwar von der Größe eines Zigarren-Kistchens zu 50 Stück. Dies barg das Wunderding für 25 Mk., ein Kinderspielzeug, mit dem sich ein Erwachsener länger nur dann beschäftigen kann, wenn er selbst an „Simplizität" leidet. Unser Gewährsmann hat Herrn Ebertsheim ersucht, das aus Holz, Blech, Draht und Gummi bestehende Spielzeug gegen Rückgabe von 20 Mk. zurückzunehmen. Dabei hat er freilich auch deutlicheAnspielungen auf die Betrugs-Paragraphen des Strafgesetzbuchs gemacht. Anderen Schreibmaschinen-Be- dürftigen mag dieser Fall zur Warnung dienen.
Hierzu erfahren wir noch, daß Herr Siegfried Ebertshein in Frankfurt am Main, am Sonnabend vom „General-Vertreter für Europa" eine Postkarte erhalten hat, laut welcher dieser die Rücknahme der 25 Mark-Maschine für 20 Mark aus „prinzipiellen Gründen" ablehnt. „Die Simplex", so fügt Herr Ebertsheim hinzu, „schreibt eine klare und deutliche Schrift und weiß ich daher nicht, inwiefern solche Ihren Erwartungen nicht entsprechen soll." Das klingt zwar weit bescheidener, als die früher erwähnten Anpreisungen dieser „epochemachenden Erfindung", ist aber auch unzutreffend. Da der Käufer sich mit Recht für übervorteilt hält, so wird das winzige Wunderding, dessen Wert sachverständige auf etwa 5 Mk. schätzen, demnächst die Gerichte beschäftigen.
(Fünfundzwanzig Schuß in 20 Sekunden) kann die von Theodor Bergmann, dem Inhaber der bekannten Firma „Bergmann's Industrie- Werke in Gaggenau", erfundene Selbstladepistole abgeben. Diese Bergmann-Pistole ist durch die vielen In- und Auslandspatente bereits hin
reichend bekannt, jedoch zeichnet sich namentlich die neueste Konstruktion, Modell 1895, durch große Einfachheit und hohe Leistungsfähigkeit aus. Die Ladeweise geschieht, wie uns das Patent- und technische Bureau von Richard Lüders in Görlitz mitteilt, m Palleten, wodurch man in den Stand gesetzt ist. 25 Schuß in nur 20 Sekunden abzufeuern. Die Handhabung und Zerlegung der Pistole ist die denkbar einfachste, das Laden und Auswerfen erfolgt automatisch durch den Rückstoß, so daß dem Schützen nur das Abdrücken bezw. das Einlegen neuer Pa- troncn-Packete bleibt. — Daß durch diese Eigenschaft die Bergmann-Pistole sehr rasch den teureren Revolver verdrängen und sich allgemein einführen wird, ist wohl mit ziemlicher Sicherheit vorauszusagen. und sind auch schon mehrere Staaten in ernste Prüfung dieses Selbstladers behufs Einführung in die Armee eingetreten.
(Die Küsse vor den Gerichtshöfen.) Vor englischen Tribunalen besonders ist das Vergnügen, eine Frau wider ihren Willen zu umarmen und zu küssen, schon oft als ein bedenk- liches Vergnügen mit empfindlichen Strafen geahndet worden. In den Niederlanden — sollte man es glauben — zeigen sich die Behörden gegen diese Sorte von Vergehen sehr gefällig. Ein junger Mann hatte in einem Dorfe bei Utrecht eine Frau angetroffen, die ihm in dem Grade gefiel, daß er sie umarmte. Wegen dieser That vor den Bürgermeister geladen , verurteilte ihn dieser zu einem Gulden oder im Falle des Unvermögens zu einem Tage Haft. Aber der Gerichtshof von Amsterdam berichtigte dieses Urteil und erklärte, daß ein Kuß nicht als Beleidigung, sondern vielmehr als Zeichen lebhafter Zuneigung gelten müsse. Gewiß ein liebenswürdiger Zustand niederländischen Rechts.
(Schön ist ein Cylinderhut, wenn man ihn besitzen thut!) Wie aus Wien berichtet wird, haben die bedeutendsten österreichischen und deutschen Fabrikanten von Seidenhut-Peluche, jenes Stoffes, aus welchem die Cylinderhüte erzeugt werden, ein Cartell geschloffen, den Preis dieses Artikels um zehn Prozent zu erhöhen. Die Wiener Hutmacher wollen nun eine Generalversammlung einberufen, in welcher gegen die beabsichtigte Preissteigerung Stellung genommen werden soll. Wenn die Eylinder teurer werden, dann kommen alle die Angströhren von anno dazumal wieder zu Ehren!
(Bestrafte Naschhaftigkeit.) Ein schwedischer Bürger tritt in einen Materialladen, um dort Einkäufe zu machen. Während der Lehrling ihm seine Waren zuwägt, kann Elfterer der Versuchung nicht widerstehen und läßt ein Stückchen Zucker, das auf dem Ladentisch liegt, in seinem Munde verschwinden. Der Lehrling hat es bemerkt und fragt bald darauf wie erschrocken in den Laden hinein: „Wo ist das Stück Arsenik geblieben, das hier auf dem Tische lag?" Dem armen Manne gehts heiß und kalt über den Rücken und angsterfüllt bekennt er sich als Thäter. „Mann, Sie sind des Todes!" erwiderte der verwegene Lehrling, „aber ich habe hier ein Gegengift. Nehmen Sie rasch, soviel Sie davon trinken können." Und er füllt ihm aus der Heringstonne ein Bierglas mit Salzlake. Willig stürzt der arme Kerl den scheußlichen Trank hinunter, um womöglich sein Leben zu retten. Dann eilte er hinaus, um ein zweites Gegengift am nahen Brunnen zu finden. Er hat seitdem keinen Zucker mehr genascht.
Lungengymnastik. Prof. Dr. Tob old in Berlin, der bekannte Spezialist für Hals- und Brustkrankheiten, hat, wie der Germ, zu entnehmen, einen Apparat konstruiert, der weite Verbreitung zu finden verspricht. Der Apparat ist für Kranke bestimmt, die eine kranke und schwache Lunge besitzen und soll zunächst das oft fehlende Tiefatmen, also die Lungengymnastik fördern, sowie in zweiter Reihe eine desinfizierende und heilende balsamische Luft in die Lungen eindringen lassen.
(Ein eigenartiges.Jubiläum) hat kürzlich der Lehrer und Organist Berndt auf Helgoland gefeiert. Er fungierte an diesem Tage während seines 16 i/sjährigen Aufenthalts auf der Insel zum fünfhundersten Male als Zeuge bei einer Fremden.Trauung. Jede derartige Handlung bringt ihm nach der „Weser Zeitung" eine Gebühr von 100 vlL ein.
Welche Fortschritte die moderne Wissenschaft sesbst in dem barbarischen Rußland ge, macht hat, kann man aus Folgendem ersehen. Wie die „Nowoje Wremja" von einem Korrespondenten erfährt, wird in einer Petersburger Milchhandlung laut Aushängschild „Kindermilch von sterilisierten Kühen" verkauft. — Das ist alles Mögliche! (O diese Fremdwörter!)
Kamellien. Eine allgemeine Klage ist es, daß Kamellien im Zimmer nicht gedeihen wollen und aus diesem und jenem Grunde sind dieselben auch nicht so beliebt, trotz der herrlichen Blumen, die sie uns bieten. Kauft man im Winter eine Kamellie. so stelle man sie in ein kühles Zimmer, nahe ans Licht, gebe ihr einen Untersetzer, bespritze die Blätter täglich, ohne den Stand zu wechseln, dann werden sie prächtig weiter blühen; auch verhüte man großen Temperaturwechsel. Dieses und der eben angeführte Standortswechsel sind oft die einzige Schuld des Knospenabwerfens. Man stelle sie vom Juni bis Sept. an einem schattigen Ort im Freien auf und bringe sie dann in einkaltes Zimmer; hier blühen sie, aber etwas später. Das Umpflanzen geschieht nach Bedarf, nicht jedes Jahr, und zwar in eine sandige Heideerde. Die Wurzeln müssen mit einem spitzen Holz etwas gelockert werden; die beschädigten werden mit einem scharfen Messer entferut. Die Töpfe, die nicht zu groß sein dürfen, werden nach dem Verpflanzen gleich tüchtig mit der Brause begossen.
(Erster Sonntagsreiterj: „Guten Morgen, Herr ... Nun, wie geht's?" — Zweiter Sonntagsreiter: „Guten Morgen ... aber sagen Sie, Herr, woher kennen Sie mich?" — Erster: „Na, wir haben doch neulich zusammen im Graben gelegen!"
(Immer unverforen.) Kaufmann: „Ich brauche Nichts!" — Reisender: „Macht Nichts, wenn Sie mir nur etwas bestellen."
(Aus der Geometriestunde.j Lehrer: Wir haben bis jetzt von der Linie gesprochen; wir wollen nun weiter gehen. Wovon werden wir wohl nun zu handeln haben? Nun, was kommt noch? Was giebt es noch mehr als die Linie?
— Knabe: Reserve, Landwehr und Landsturm!
(Unbegreiflich ) Fräulein A-: »Ich begreife nicht, wie das Geheimnis publik werden konnte."
— Fräulein Z.: „Ich begreife es auch nicht! Alle Leute, denen ich davon erzählte, haben mir doch versprochen, nichts auszuplaudern."
Auflösung der Diagonal-Ausgabe in Nr 178.
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9 10 247 1165 eine türkische Sklavin;
12 13 10 5 3 ein Flüssigkeitsmaß;
12 5 3 8 3 9 1 3 ein optisches Instrument;
5 4 5 6 14 3 2 eine mythische Person;
8 7 4 11 11 9 8 eine Sängerin;
13 3 15 2 3 7 13 16 ein Verzeichnis;
8 2 16 II 4 2 13 eine Stadt in Schlesien;
10 13 9 10 5 17 ein Buchformat;
1 5 4 7 6 9 8 ein Musikinstrument;
2 18 3 7 6 9 11 5 eine Frucht;
3 9 10 5 3 7 19 1 der letzte Gothenkönig;
3 2 10 7 19 ein Ort in Böhmen;
5 13 18 5 8 eine Stadt in der Rheinprovinz; 8 2 18 1 14 2 ein Oel;
16 2 8 8 1 5 7 16 eine Stadt in Baden;
2 3 2 3 2 14 ein Berg im Kaukasus;
19 1 3 7 11 14 9 18 1 ein König von Däne-
mark.
Die Anfangs- und Endbuchstaben, letztere von unten gelesen, ergeben ein Citat aus Ovid.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.