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VII. württ. Wahlkreis bleibt wie bisher durch unseren, den Mittelparteien des Reichstags ange- hörigen, nationalgesinnten Mann vertreten. Es hat sich gezeigt, daß die allgerühmte schwäbische Treue noch Bestand hält gegenüber dem Ansturm neuer Elemente. Es glüht noch der Funke nationalen Bewußtseins und deutscher Treue; er wird bei dem Volkscharakter unserer Schwarz­wälder auch nicht erlöschen.

Seine Majestät der König hat das erledigte Kameralamt Ellwangen dem Kameral- Verwalter Löflund in Neuenbürg seinem Ansuchen entsprechend übertragen.

Neuenbürg. Zu den Sachver­ständigen, denen der Befähigungs-Aus­weis für Nahrungsmittelchemiker erteilt worden ist. gehört aus unserem Bezirk Herr Apotheker Dr. Metzger in Wildbad.

Neuenbürg, 13. Nov. Seit bald 14 Tagen haben wir mit weniger Unterbrechung wieder regnerische Witterung, welche im All­gemeinen recht erwünscht ist; wird doch dadurch auf die trockene Herbstzeit hin manch Brünnlein wieder mit dem unentbehrlichen Naß gespeist und die so wichtige sog. Winterfeuchtigkeit erzielt. Auch der für die industriellen Werke so nötige Wasserstand der Enz und ihrer Seitenbäche wird in erwünschter Weise gehoben. Die Niederschläge waren namentlich in den letzten 3 Nächten besonders ergiebig, so daß die Enz gestern aus ihren Ufern getreten ist, ja es drohte bei dem anhaltenden starken Regen der letzten Nacht fast Hochwasser­gefahr. Gegen Morgen setzte der Regen eine Zeit lang aus, um heute vormittag um so stärker seine Macht zu zeigen. Würde es heute noch bis in die Nacht hinein so fortmachen, so wäre wohl ein Hochwasser unausbleiblich. (Das Wetter­glas, das gestern stark gefallen war, ist wieder im Steigen begriffen.)

Deutsches Weich.

Berlin, 12. Nov. Wie dieNordd. Allg. Ztg." erfährt, gedenkt der Kaiser der morgigen Sitzung der mit der zweiten Lesung des bürger­lichen Gesetzbuches betrauten Kommission beizu- wohnen. Die Kommission berät gegenwärtig das Einführungsgesetz. Den Abendblättern zu­folge nimmt der Kaiser später an dem Diner bei dem Staatssekretär Nieberding Teil.

Die in der Reichshauplstadt versammelte Sachverständigen-Kommission für die Revision der Arbetterversicherungsgesetze gedenkt ihre Beratungen dieser Tage einstweilen abzu­schließen. Bis jetzt galten dieselben hauptsächlich der der Kommission unterbreiteten Novelle zum Jnvaliditäts- und Altersversicherungs-Gesetze, deren Erörterung vollständig durchgeführt worden ist. An der gedachten Novelle sind hierbei mancherlei mehr oder weniger erhebliche Ab­änderungen vorgenommen worden, es heißt daher, die Kommission wolle den Präsidenten des Reichsversicherungsamtes ersuchen, auf Grund der von ihr gefaßten Beschlüsse einen ganz neuen Gesetzentwurf ausarbeiten zu lassen.

München, 12. Nov. DieMünch. N. N" melden aus Berlin: Dem Bundesrat ging ein Gesetzentwurf betr. die Errichtung von Hand­werkerkammern zu, denen die Aufgabe zu- fallen soll, die Organisation des Handwerks anzubahnen und die Staats- und Gemeinde­behörden in der Förderung der Interessen des Handwerks zu unterstützen und gleich den Handels­kammern alljährlich Bericht über die Lage des Handwerks im Bezirk der Kammern zu erstatten und Wünsche und Vorschläge zur Verbesserung der Lage zur Kenntnis der Behörden zu bringen.

Berlin. Eine Abänderung der Sonn­tagsruhe-Bestimmungen fordern die Vereine der Tabak- und Zigarrenladen-Jnhaber. Sie verlangen, daß entweder den Gastwirten u.s. w. allgemein verboten werde, an den Sonn- und Festtagen auch außerhalb der dafür freigegebenen Geschästsstunden Zigarren zu verkaufen, oder daß ihnen gestattet werde, außerhalb der Kirch- zeit an den Sonn- und Feiertagen ihre Läden offen zu halten.

Berlin, 11. Nov. DerReichsanzeiger" schreibt bezüglich der Meldung eines Düsseldorfer Blattes über Untcrosfiziersentlafsungen tm Füsi­lier-Regiment Nr. 39, die von einzelnen sozial­

demokratischen Blättern zu Verhetznngszwecken weiter verbreitet worden ist: Beim niederrheini- scheu Füsilierregiment sind in diesem Jahre nicht 70, sondern nur 29 Unteroffiziere ansgeschieden, wovon acht wegen erlittener Strafen und weitere acht wegen ungenügender Leistungen entlassen wurden. Dreizehn sind auf ihren Wunsch aus- geschieden, weil sie zum Teil anderen Truppen­teilen. zur Schatzmannschafl oder zur Post über- geireten sind, oder wegen häuslicher Verhältnisse nicht weiter kapitulieren wollten.

In dem Entwurf der Militärstraf- Prozeßordnung soll, wie die D. W. hört, die Entscheidung über die Oeffentlichkeit des Ver­fahrens von der Natur der Delikte abhängig gemacht werden, sodaß also die Oeffentlichkeit teils zugelassen, teils ausgeschlossen wird.

Dresden, 12. Nov. Der König reist am Sonntag abend nach Bebenhausen, der Einladung des Königs von Württemberg zur Jagd folgend.

Herr v. Kid erlen-Wächter, der nach Kopenhagen versetzte bisherige preußische Ge­sandte bei den Hansastädten überreichte am Sonntag Vormittag dem ersten Bürgermeister von Bremen, Dr. Groeing, sein Abberusungs- schreiben. Nachmittags fand beim Bürgermeister ein Festmahl zu Ehren des scheidenden Gesandten statt. Herr v. Kideclcn-Wächtcr gilt als ein sehr befähigter Diplomat, für den, wie verlautet, der Kopenhagener Gcsandtenposten nur eine kurze Durchgangsstation zu einem wichtigeren Posten sein soll. Doch wird Herr v. Kiderlen- Wächter gewiß schon am dänischen Hofe, an welchem ;a unaufhörlich gewisse deutschfeindliche Einflüsse lhätig sind, Gelegenheit finden, die ihm zugeschriebenen besonderen diplomatischen Fähigkeiten zu bekunden.

Ludwigshafen, 11. Nov. Der vorige Woche verstorbene Adolf Jaqnet, kaufmännischer Direktor der Waggonfabrik Ludwigshafen, hat, wie sich jetzt herausstellt, zum Nachteil dieser Fabrik 800000 ^ unterschlagen. Der Tod Jacquets erfolgte durch Selbstmord mittels Er­schießens. Die Geschäftsbücher der Waggon- fabrik Ludwigshafen befinden sich in vollständig vernachlässigtem, unordentlichem Zustande. Das Vorkommnis erregt natürlich ganz ungeheures Aufsehen.

Aus Baden. II. Nov. Der Pforzheimer VereinVorwärts", welcher mit dem Mann­heimer gleichnamigen Verein aus der sozial- demokratischen Partei ausgetreten und nachträg- lich von letzterer ausgeschlossen worden ist, erläßt heule in den Pforzheimer Blättern an alle unabhängigen Gesinnungsgenossen Deutschlands einen Aufruf zur Bildung einer freien sozial­demokratischen Vereinigung im Gegensatz zur modernenoffiziellen Sozialdemokratie", deren Führer auf dieheilige Einfalt der Massen" spekulierten und des Vertrauens der Arbeiter unwürdig seien. Der geharnischte, mit Aus­fällen gegen Bebel und Liebknecht gespickte Aufruf schließt:Fort mit dem lächerlichen Unfehlbar­keitsdünkel der Parteipäpste! Fort mit der Partei­tyrannei! Hoch die freie internationale Sozial­demokratie!" Man darf darauf gespannt sein, ob und welchen Wiederhall dieser Appell in Deutschland, insbesondere in Baden finden wird.

Württemberg.

S t u t t g a r t, 8. Nov. Seine Majestät der König haben am 7. d. Mts. allergnädigst zu genehmigen geruht, daß aus Staatsmitteln der Betrag von 30 000 zur Unterstützung der im Jahr 1895 durch Hagelschlag beschädigten bedürftigen Einwohner, insbesondere der Ober­amtsbezirke Calw und Nagold, verwenoel, und der Zentralleitung des Wohlthätigkeits- Vereins zur thunlichst raschen bestimmungs­gemäßen Verteilung zugewiesen werde. Die Gewährung staatlicher Unterstützung für die Hagelbeschädigten des Landes rechtfertigt sich mit Rücksicht darauf, daß durch das Balinger Ueberschwemmungsgebiet die Prioatwohlthätigkeit stark in Anspruch genommen wurde und deshalb die freiwilligen Gaben nicht so reichlich flössen, als es insbesondere den schwer heimgesuchten Oberamtsbezirken Calw und Nagold zu gödncn gewesen wäre. Für die Landwirte aber werden ,

die Hagelschläge dieses Jahres eine Mahnung sein, der nunmehr staatlicherseits erleichterten Hagelversicherung beizutreten; denn für die Zu­kunft wird der Staat eben mit Rücksicht auf diesen Umstand kaum mehr in der Lage sein, bei Hagelschaden unmittelbar helfend einzutretcn.

Gerabronn, 7. Nov. Die in hiesiger Gemeinde in letzter Woche veranstaltete Haus­kollekte für die Hagelbeschädigten Calw und Nagold hat den schönen Ertrag von 176 »E ergeben.

Ulm, 12. Nov. Gestern abend kamen staalsminister des Innern v. Pischek, Bau­direktor v. Bok, Regierungsdirektor v. Geßler, Regierungsrat Hofmann und 'Landespsychiater Dr. inocl. Dietz hier an, übernachteten im Ruff. Hof und reisten heute früh nach Zwiefalten zur Besichtigung der dortigen Irrenanstalt.

Horb, 8. Nov. Die gestrige Amtsver­sammlung wählte Werkmeister Bezler aus Calw zum Oberamtsbaumeister für den Bezirk Horb mit 20 Stimmen; Werkmeister Döser-Nagold erhielt 7 Stimmen und der seitherige Oberamts­baumeister Lang, dem gekündigt wurde, sich aber wieder als Kandidat meldete, 1 Stimme. (Werk­meister Bezler, seit Jahren beim K. Bezirksbau­amt Calw, leitet gegenwärtig den Umbau des Amtsgerichtsgebäudes in Neuenbürg).

Löwenwirt Wahl in Oppenweiler wurde rn einer Wirtschaft von einem fremden Metzger in die Schläfe gestochen, so daß er alsbald verschied. Der Anlaß war ein kurzer Wortwechsel weger einiger Angehörigkeiten, die sich der Metzger erlaubt hatte. Dem Stations­kommandanten gelang es, den Thäler auf dem Bahnhof Backnang zu verhaften.

Seit einigen Monaten wird von seiten des Staates an der Straße von Weinsberg nach Erlenbach ganz in der Nähe dieses Dorfes nach Salz gebohrt, nachdem schon vorher zwischen Erlenbach und Neckarsulm Bohrungen vorge­nommen worden sind. Am Samstag nun ist bei Erlenbach das dritte Loch, je etwa 30 m von den andern entfernt, in Angriff genommen worden. Das Ergebnis soll ein recht günstiges sein. Unter Umständen werden die Bohrungen später auf Weinsberger Markung im Sulmthale fortgesetzt.

Der auf dem Bahnhof Gaildorf aufge­stellte Automat hat im letzten Monat einen Fehlbetrag von 50 aufzuweisen. Wie das kommt, ist noch nicht ermittelt.

Stuttgart. (Landesproduktenbörse. Bericht vom 11. November von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j Die abgelaufenen Woche brachte ziemliche Niederschläge, dieselben waren, verbunden mit der warmen Witterung, dem Gedeihen der Saaten sehr sörderlich. Am Getreide­weltmarkt war die Stimmung für sämtliche Zerealien etwas williger, ohne daß jedoch die Auslandsangebote zugenommen hatten. Der Wasserstand des Rheins hat zugenommen, so daß die Zufuhren von Getreide in nächster Zeit zunehmen werden. Die Landmärkte sind schwach beschickt und werden die Zufuhren schlank ausge­nommen. Der heutige Hopsenmarkt hatte bei etwas besserer Stimmung einen Umsatz von 83 Ballen zum Preise von 2545 -4L. Wir notieren per 100 Kilogr: Weizen, Laplata 16 »LL 50 ^ bis 16 »4L 75^, Azima 16 »4L 25 ^ bis 16 »4L 50 Gyrka 16 »4L ^ bis

16 -4L 25 , Rumänier 16 -4L bis 16 -4L 75 »s,

Nikolajeff 17 »A , Roggen russ. 14 » 4 L 25 bis

14 -4L 80 » 4 , rumän. 14 -4L 50 Gerste, Hohenloher

17 -4L 25 »j, ungar. 18 -4L 25 Landhafer 12 »4L 50 »4

bis 13 »4L 20 Albhafer 13 -4L bis 13 »4L 90 ^ 4 ,

La Platamais 11 -4L ^ bis 11 -4L 75 Mixedmais 11 -4L 50 bis 11 »4L 75 weißes amerikan. Mais 11 »4L 75 Mehlpreise per 100 Kilogr. incl. Sack

bei Wagenladung: Letztwöchentlich. Kleie 7 »4L 80

Ausland.

Die am Sonntag stattgehabte Antisemiteu- Sitzang rn Wien hat einstimmig beschlossen, am Mittwoch neuerlich Lueger zum Bürger­meister zu wählen. Geltend gemacht wurde, der Gemeinderat könne nicht aufgelöst werden, weil er noch nicht als Korporation konstituiert sei. Auch dem Obmann des böhmischen Landeskultur- Rats sei dreimal die Bestätigung versagt, nach der vierten Wahl habe er dieselbe doch erhalten. Ein strikter Auftrag des Statthalters an den Gemeinderat, einen anderen Mann zu wählen, wird Anlaß zu stürmischer Reichsralsitzung geben.

Wien, 12. Nov In Parlamentskreisen wird angenommen, daß morgen, nach der Wieder­wahl Dr. Luegers zum Bürgermeister von