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Save vre tierärztliche Urans des nunmehrigen Großh. Kezirkstierarztes Ringwal- übernommen nnv

wohne Zerennerstrahe Ur. 7

in dessen bisheriger Wohnung.

Pforzheim, den 2. Oktober 1895.

O, liLsrx, ^itzrarLt.

Vorbereitung der Felder zur Anlegung von Wiesen

und Weiden.

Die Frage des verstärkten Futterbaues steht überall auf der Tages­ordnung, und bei der augenblicklichen Lage sollte jeder Landwirt sich beeilen, die vorhandenen geeigneten Flächen in Wiesen oder doch Gras­ländereien umzuwandeln. Da nun aber der Erfolg in dem Maße ab­hängig ist von der richtigen Anlage, wird es gewiß manchen Landwirten willkommen sein, kurz auf einige Punkte aufmerksam gemacht zu werden, deren sorgfältige Beachtung zum Gelingen unbedingt erforderlich ist. Diese Punkte heißen kurz:

Sorgfältige und tiefe Bodenvorbereitung; kräftiger Dungzustand, und reichliche geeignete Ansaat.

Da, wo der Kulturzustand des Bodens kein besonders guter ist, beginne man mit der Bearbeitung desselben bald, indem nur dann bis zum Winter ausreichend Zeit bleibt, denselben entsprechend zu verbessern. Das Feld ist noch im Spätherbste lief zu pflügen und den Winter über in rauher Furche liegen zu lassen; vorteilhaft ist es sogar, wenn mög­

lich der Tieffurche den Untergrundreißer folgen zu lassen. Grade auf die großen Borteile genügend tiefer Lockerung des Bodens beim Grasbau ist ganz besonders aufmerksam zu machen; cs leiden die Anlagen später weniger durch Trockenheit.

Selbstverständlich darf es zugleich an einer kräftigen Düngung nicht fehlen.

Da es auch dem besten Stalldünger an einem ausreichenden Gehalt an Phosphorsäure oft auch an Kali und Kalk fehlt, wird es deshalb unbedingt nötig, hier künstliche Dünger zu verwenden. Dabei ist beson­ders auf solche Dünger zu achten, welche nicht nur sofort den Pflanzen­wuchs fördern, zugleich auch für mehrere Jahre wirksam bleiben. Solche Dünger sind besonders die Thomasschlacke und der Kaimt. Diese führe man dem Boden in reichen Mengen zu, wenigstens in Quantum von je 20 bis 25 Ztr. auf den Hektar. Wohl ist man im Stande, in betr. Flächen später durch Ueberdüngung nachzuhelfen; stets aber ist es empfehlenswerter, schon bei der Anlage die nötigen Nährstoffe in reichen Mengen in den Boden zu bringen.

Am besten streut man die genannten Dünger bald auf; wobei sie durch die nachfolgenden Arbeiten gut mit dem Boden vermischt und ent­sprechend unlergedracht werden.

Was endlich die Stärke und Auswahl der anzusäenden Pflanzen betrifft, so spare man am Saatquantum nie, bei Futterkräutern säet man nie zu dicht; dichte Saat hat den großen Vorzug, daß dabei der Boden vollständig mit Pflanzen besetzt ist; in Folge dessen das Unkraut nicht durchzuwuchern vermag. Zugleich achte man auf ein möglichst voll­kommenes Gemenge der verschiedenen Pflanzen; es hat dies stets den Vorteil, daß. falls die vorliegenden Verhältnisse der einen Pflanzenart weniger zusagen, das Wachstum der anderen um so mehr gefördert wird.

Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg. 21. Oktbr. Gestern am Kirchweihsonntag feierte die hiesige Sladtgemeinde ihr Kirchweihfest im wahrsten und schönsten Sinne des Worts. Einem dringenden Bedürf­nis entgegenkommend hat die hiesige Stadt, gemeinde unsere Sladlkirche im Innern mit einem bedeutenden Kostenaufwand schön restaurieren lassen, weshalb die Gottesdienste im letzten Vierteljahr ln der Friedhofkapelle abgehalten werden mußten. Gestern konnte nun die Stadt­kirche wieder zum gottesdienstlichen Gebrauch eröffnet werden. Der Festgottesdienst begann mit einem liturgischen Teil, in welchem der Be­deutung des Tages entsprechende Psalmwone des Geistlichen (Psalm 84 u. 24) und Gesänge des Kirchenchors (Wie lieblich sind deine Wohnungen" u.Lobe den Herren") abwcchselten. Die Festpredigt hielt Hr. Stadtpfarrverweser L 0 ebich über Psalm 26, 68:Ich halte mich, Herr, zu deinem Altar, da man höret die Stimme Les Dankens und da man prediget alle deine Wunder. Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort. da deine Ehre wohnet." Im Anschluß an die Auslegung dieser schönen Textesworte hat der Redner in sehr ansprechender und treffender Weise die Bedeutung der neuen wohlgelungenen und ihren Meister ehrenden Dekorationszeichen des Gotteshauses der Reihe nach im Licht des Wortes Gottes beleuchtet. Zum Schluß wurde die Gemeinde und insbe­sondere die Jugend gebeten, auf Schonung der schön gemalten Wände und des Gestühls bedacht zu sein.

Neuenbürg, 22. Okt. Ueber die beiden Kirchweihtage herrschte bei uns allerorten ein lebhafter Verkehr, wozu die prächtige Herbst- Witterung nicht zum wenigsten beitrug. Es ist ja ein alter Brauch, daß die auswärts Wohnenden nach Möglichkeit ihre heimischen Familien aufsuchen und sich ein Stelldichein geben. DieKirwegäste" mit allen Ehren zu empfangen, findet man überall den üblichen Kuchen, ohne den es zu dieser Zeit nicht ab­gehen darf. In hiesiger Gegend sind die Gäste von Pforzheim, die ja in vielfachen Familien- bcziehungen stehen, ausschlaggebend für den Ver­kehr. Sie sind es diesmal auch wieder gewesen, die sich besonders zahlreich in den einzelnen Orten des Bezirks einstellten. Und wohl auch tn der Voraussicht, daß nunmehr die Ausflugszeit für dieses Jahr vorüber sei, hatte sich Männlein und Weiblein, Groß und Klein aufs Land be­geben, um da und dort denNeuen" zu pro­bieren. In Folge dessen waren auch die Wirtsschafts, lokale außerordentlich frequentiert. Der Verkehr auf den Bahnhöfen war nicht minder lebhaft.

Neuenbürg, 21. Okt. In Folge der außergewöhnlichen Septemberwitterung sind da und dort neben reisen Früchten blühende Zwejgchen

auf Obstbäumen rc. beobachtet worden und es wurden uns von verschiedenen Seiten, so von Feldrennach, Ottenhausen, Niebelsbach und zu- letzt von einem Baume beim Eisenfuri-Bahnwart- Haus mehrere solche Blüten als sichtbare Zeichen der Wirkung der spätsommerlichen Tage über­geben, ohne daß wir von jedem einzelnen Notiz nehmen wollten. Heute nun werden wir wieder einmal zur Abwechslung mit einem lustig krabbelnden Maikäfer (kein Redaktionsmaikäfer!) überrascht. Derselbe wurde von Löflund jun. im Schloßgartcu gerade noch ans Tageslicht gezogen, als er sich anschickte, sein Winter­quartier zu beziehen. Er hatte cs, verwöhnt und getäuscht durch die tagsüber strahlende Sonne, versäumt, sich rechtzeitig zurückzuziehen.

Betnberg, 17. Okt. Vor 2 Tagen fand ein Postpraktikant in einer Waldung des Reviers Liedenzell unter einem sogen.Stock" etwa 200 fl. in alten, teilweise in den 60er Jahren geprägten Münzen. Das Geld dürfte jedenfalls von einem seinerzeit begangenen Dieb­stahl herrühren.

Calw, 17. Okt. Heute in der Frühe sind zwei hiesige von Pforzheim kommende Weinfuhrwerke zwischen Unterreichenbach und Liedenzell bei der sog. Nonnenwag so unglücklich aufeinandergefahren, daß die Deichsel des Hinteren Fuhrwerks dem vorderen den Boden eines ca. 3 Eimer hallenden Fasses einstieß und der Wein auf die Straße floß, wodurch ein Schaden von ca. 400 Mk. entstanden ist.

Pforzheim, 20. Okt. Bei der gestrigen Landlagswahl wurde in hiesiger Stadt Fabrikant Gesell, nationalliberal mit 99 St. wiedergewählt. Strotz, Sozialdemokrat, erhielt 44 Stimmen.

Pforzheim, 19. Okt. Gestern Abend fand im Tivoli eine Versammlung selbständiger hiesiger Kaufleule und Gewerbetreibender statt, um einen Verband zum Schutze kaufmännischer Interessen zu gründen. Bereits sind dem Verein 180 Mitglieder beigetreten. An dem groß­artigen Feste der Enthüllung des Kaiser-Friedrich- Denkmals auf dem Schlachtfelde von Wörth nahmen auch die hiesigen Milttärvereine teil. Dieselben berichteten von den erhebendsten Ein­drücken, welche denselben Zeitlebens teuer und heilig bleiben werden.

Deutsches Weich.

Straß bürg, 18. Oktbr. Nachdem die fürstlichen Gäste und ihr Gefolge mittels Sonder­zuges gegen 3 Uhr hier eingetroffen waren, fuhr der kaiserliche Hofzug gegen 5 Uhr in den Bahnhof ein. Auf dem Bahnsteig hatte eine kombinierte Kompagnie der Infanterie-Regimenter 126, 132 und 105 Ausstellung genommen. Nach­dem die Majestäten dem Hofzuge entstiegen waren, fand der Empfang durch die anwesenden Behörden statt. Der Kaiser schritt die Front

der Kompagnie ab. Endloser Jubel begrüßte die Majestäten auf der ganzen Fahrt durch die überfüllten Straßen der Stadt, wo die Schulen, Vereine und Körperschaften Spalier bildeten. Das Kaiscrpaar dankte nach allen Seiten huld­voll. Der Zug war vom herrlichsten Sonnen­schein begünstigt. Das Festmahl im Kaiserpalast nahm um 7'/- Uhr seinen Anfang. Der Kaiser führte die Kaiserin Friedrich, der König von Württemberg die deutsche Kaiserin. Der Kaiser nahm zwischen der Kaiserin Friedrich und seiner Gemahlin Platz. Rechts von der Kaiserin Friedrich saß der Großherzog von Baden mit der Prinzessin Heinrich, sodann der Fürst von Hohenzollern mit der Frau Erbprinzefstn von Meiningen und Prinz Friedrich von Hessen mit der Frau Prinzessin von Schaumburg Lippe. Zur Linken des Königs von Württemberg saß die Frau Großherzogin von Baden, sodann Prinz Heinrich von Preußen, die Prinzessin Friedrich von Hessen, der Prinz von Schaum- burg-Lippe, die Fürstin von Hohenlohe und der Erbprinz von Meiningen. Gegenüber von Seiner Majestät dem Kaiser saß der Statthalter der Reichslande, der Reichskanzler, General der Kavallerie Ritter v. Xylander, und der General der Infanterie v. Seeckt. Während des Diners strömten Tausende von Menschen dem Kaiser­palaste zu, dessen Park für das Publikum ge­öffnet war. Nachdem sich um 9'/r Uhr die Kaiserin Friedrich und kurz darnach der König von Württemberg verabschiedet hatten, erschienen der Kaiser und die Kaiserin auf dem Balkon, sich unter stürmischen Hochrufen für die Be­grüßung der Menge huldvollst bedankend. Um 10 Uhr wurde der Zapfenstreich geblasen, welchem das Gebet folgte. Als um 10'/, Uhr das Zeichen zum Abmarsch gegeben wurde, erschien der Kaiser abermals auf dem Balkon, woselbst er bis zum letzten Tone der Musik verblieb. Während dieser Zeit brach die zehntausendköpfige Menge fortwährend in Hurrahs aus. Die um­liegenden Gebäude waren sämtlich bengalisch beleutet. Andern morgens fuhr der Kaiser in Begleitung des Prinzen Heinrich, des Statt­halters, mehrerer Generäle und hoher Beamten mittelst Sonderzuges nach Mutzig, von wo er sich mit der Drahtseilbahn nach dem Fort Kaiser Wilhelm zur Besichtigung desselben begab. Hier­auf fuhr der Kaiser per Wagen durch das Kaiserliche Revier. Die Kaiserin besuchte in­dessen in Begleitung der Prinzessin Heinrich das neue evangelische Vereinshaus und mehrere Wohlthätigkeitsanstaiten sowie das Münster. Kurz vor 1 Uhr kehrte der Kaiser hierher zu­rück und fuhr bald darauf mit der Kaiserin nach dem Statthalter-Palais, um an der Familien­tafel teilzunehmen.

Wie derKölnischen Zeitung" aus Straß­burg gemeldet wird, bog der Kaiser, als er nach Wörth und Fröschweiler ritt, nach dem