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Karlsruhe. 17. Okt. DieKarlsruher Zeitung" veröffentlicht eine Liste von Ordens- Auszeichnungen» die der Großherzog für die Teilnehmer an dem Feldzuge von 1870/71 an­läßlich des Festtages der Denkmal-Enthüllung für Kaiser Friedrich in Wörth bestimmte. Demselben Blatt zufolge ist der Großherzog von Baden hier angekommen, um dem Leichenbe­gräbnis des Generals z. D. v. Neubronn bei- zuwohnen, welcher seinerzeit die Militärkonvention mit Preußen abgeschlossen hat.

Straßburg. 17. Oklbr. Die amtliche Korrespondenz meldet: Durch Verfügung des kaiserlichen Statthalters vom heutigen Tage ist die in Offenburg erscheinende ZeitungVolks- freund" für das Gebiet von Elsaß Lothringen verboten worden. Der OffenburgerVolks­freund" hat es unternommen, an Stelle der unterdrücktenElsaß Lothringischen Bolkszeitung" in Mülhausen für die Ausbreitung der sozial- istischen Gedanken im Reichslande thätig zu sein. Dabei hat er stch aber nicht darauf beschränkt, die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Lage der Arbeiter in sachlicher Weise zu besprechen, sondern seine Zwecke hauptsächlich dadurch zu erreichen gesucht, daß er die an der Spitze be­stimmter einzelner Firmen stehenden Industriellen persönlich verunglimpfte oder verdächtigte. Ein derartiges Vorgehen ist nur zu sehr geeignet, den Ausbruch leidenschaftlicher Erregung gegen bestimmte Personen zu lenken. Der Arbeiter Meyer, der den Fabrikanten Schwartz in Mülhausen meuchlerisch niederstach, ist, wie die Haussuchung ergeben hat, Leser desVolks­freundes" gewesen und hat den Entschluß zu seiner unseligen That zweifellos unter dem ver- wirrenden Einfluß einer planmäßigen Hetze gegen die Fabrikbesitzer gefaßt. Die Regierung, welcher der Schutz der persönlichen Sicherheit der Landesbewohner anvertraut ist, hat die Pflicht, mit den ihr zur Verfügung stehenden Machtmitteln für diesen Schutz einzutreten. Unter diesen Umständen hat der kaiserl. Statt­halter kraft der ihm verliehenen außerordent­lichen Gewalten das Verbot einer Zeitung ver­fügt, deren fernere Verbreitung im Lande eine fortgesetzte Bedrohung der öffentlichen Sicher­heit dargestellt hätte.

Württemberg.

Durch die Ernennung des ritterschaftl. Abg. Oberamtsrichter Frhr. v. Wächter-Spittler in Nürtingen (früher Amtsrichter in Neuenbürg) zum Landgerichtsrat in Hall ist eine Landtagswahl eines ritterschaftlichen Abg. für den Donaukreis notwendig geworden.

Stuttgart. 18. Okt. Die Preise für den neuen Wein, welche vor der Lese in einzelnen Orten mit bevorzugten Lagen zu einer seltenen Höhe hinaufgeschraubt worden waren, sind im Laufe der letzten Woche erheblich zurückgegangen «nd werden voraussichtlich noch weiter fallen, da die zahlreicher kleineren Wirte und Privat­konsumenten , welche eben durch ihre Muffe die Hauptabnehmer bilden, hohe Preise eben nicht zahlen können oder wollen. Dazu kommt, daß bei der großen Süßigkeit der heurigen Trauben beim Keltern große Vorsicht angeordnet werden muß. um die Bildung von Essigsäure zu ver­hindern. UnsereWeingärtnerkönnenaberimmerhin noch sehr zufrieden sein, soweit deren Weinberge nicht durch Frühjahrsfröste gelitten haben wie auf der Stuttgarter Markung. Im Unterland d. h. von Besigheim abwärts, wo die Weinstöcke sehr reich behängen waren, schlägt jetzt auch noch die Quanität vor, d. h. die Trauben geben mehr Saft als geschätzt worden war. Beträchtlich geringer ist dagegen der Ausfall im Obstertrag in Württemberg. An Aepfeln hat es ganz bedeutend gefehlt, auch die Birnen sind spärlich gediehen und nur Zwetschgen lieferten einen reichen Ertrag. Viele Händler mit fremdem Mostobst glaubten deshalb, Heuer ein besonders gutes Geschäft zu machen, haben sich aber bös in die Finger geschnitten. Das in Frankreich und Belgien aufgekaufte Mostobst war infolge 'des weiten Transports bei der warmen Witterung ,m Monat September schon bei der Ankunft auf den württ. Stationen großen Teils in Gärung

und Fäulnis übergegangen. Dazu verteuerten die weiten Transportkosten (südfranzöstsche Aepfel machten erst den Weg von Bayonne oder Bordeaux zu Schiff nach Antwerpen, mußten dort in andere Schiffe umgeladen und den Rhein heraufgeschleppt und schließlich nochmals in Eisenbahnwagen verladen werden) derart, daß die Käufer kopf­schüttelnd sich wieder entfernten. Der Stuttgarter Bahnhof riecht ohnedies ganz moschusartig nach faulendem Obst und die Sanitätspolizei muß mit allem Nachdruck darauf dringen, daß kein faulendes Obst zur Mostbereitung verwendet werde. Sehr fatale Erfahrungen soll in dieser Beziehung namentlich der Stuttgarter Konsum- Verein gemacht haben, welcher, wie verlautet, während der heißen Septembertage mindestens 50 Waggons Mostobst erhielt und nun die ungeheuren Mengen von Aepfeln nicht sofort vermosten und auch das vernichtete Obst nicht alsbald fassen und an die Besteller abliefern konnte. Infolge der Hitze bildete sich in den Trestern Essigsäure, bevor der Most abgelassen war und nun haben zahlreiche Mitglieder des Konsumvereins zu ihrem Schrecken die Entdeckung gemacht, daß ihr Most schon völlig sauer geworden ist, weshalb sie das ganze Quantum dem Konsumverein heimschlugen. Der hierdurch dem Konsumverein erwachsene Schaden wird auf eine so hohe Summe geschätzt, daß wir sie hier nicht zu nennen wagen.

Weinpreiszettel vom 17. bis 18. Okt.

Mundelsheim. Alles verkauft, letzte Anzeige.

Metzingen. Vorrat 2000 Hb, Käufe zu 135 bis 160 Mk., Käufer erwünscht. N e u st ad t i. R. Käufe zu 150160 M., noch ziemlich Vorrat. Strümpfel­bach i. R. Güte vorzüglich, Käufe zu 150165 Mk.

Winnenden. Bis auf einige Eimer alles ver­kauft, Preise gesunken bis auf 165170 Mk., letzte Anzeige. Eschenau. Verkauf heute ziemlich lebhaft, noch mehrere gute Posten feil, Käufer erwünscht. Gräferrhause«, 18. Okt. Einige Käufe zu 190200 M. Das meiste auf mittleren Kauf verstellt. Gewicht bis zu 82 Grad nach Oechsle. Nicht bespritzte Weinberge er­gaben geringere Resultate.

Ausland.

Die italienischen Truppen auf der erythräischen Kolonie in Nordostafrika haben nun richtig wieder mit den Truppen des Königs Menelik von Abessinien kämpfen müssen. Der abessinische Heerführer Rasmangascha wurde aber vollständig auf das Haupt geschlagen und seine Armee total zersprengt, so daß sich Ras­mangascha mit wenigen Getreuen in die Berge flüchten mußte. Damit ist freilich der Krieg noch nicht ganz zu Ende und die Italiener werden schon noch einigemale fechten müssen.

Newyork, 17. Okt, Der weltberühmte Elektrotechniker Franklin Popp wurde gestern abend durch einen 3000 Volt starken Strom getötet, als er eine von ihm selbst erfundene Maschine in Betrieb setzen wollte

Auflösung des Kryptogramms in Nr. 162.

Hunger ist der beste Koch.

Richtig gelöst von Eugen Ruff, Dennach.

Arithmetische Aufgabe.

Zwei Kutscher wollen ein Pferd kaufen. Der eine hat aber nur des Preises; der andere nur Wenn sie beide das zusammen- thun, was sie besitzen, so behalten sie noch 96 übrig. Wie teuer ist das Pferd?

Telegramme.

W ö r t h, 18. Okt. Die Ansprache des Kaisers bei der Enthüllungsfeier des Denk­mals für Kaiser Friedrich lautete wie folgt: Hochverehrte Kriegskameraden Meines Vaters und sonst versammelte Herren! Im Aufträge Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich habe Ich Ihnen Ihrer Majestät und zugleich Meines Hauses Dank dafür auszusprechen, daß Sie cs sich nicht haben nehmen lassen wollen, Uns dieses herrliche Denkmal errichten zu helfen und am heutigen Tage zu erscheinen. Tiefbewegten Herzens verweilt hier Meine hohe Frau Mutter, daran gedenkend, daß es Ihr am Arme Ihres Herrn Gemahls vergönnt gewesen, an dieser Stelle aus Seinem eigenen Munde die Kunde über den

ersten von ihm erfochtenen Sieg zu vernehmen. Ich spreche Ihrer Majestät daher ganz besonderen ' Dank aus dafür, daß Sie die Gnade gehabt hat, sich hier einzufinden. Wie nunmehr dieses herr­liche Bild Meines Herrn Vaters aufgerichtet wurde was Wir über Ihn vernommen, konnte nicht schöner und beweglicher geschildert wer­den was Wir aber fühlen angesichts dieses Standbildes und in Anbetracht der 25 jährigen Wiederkehr der großen Zeit der Wiedergeburt Unseres Vaterlandes, hier zumal, wo zuerst süddeutsches und norddeutsches Blut zu dem Kitt sich vereinigte, der Unser Deutsches Reich wieder zu bauen half, dies bewegt tief Unser Herz und Wir jüngere vor allem, Wir geloben im Anblick des hohen Siegers, Unseres verewigten Kaisers, das zu erhalten, was Er Uns erfochten hat, und die Krone zu wahren, die Er schmiedete und dieses Reichsland, gegen was es auch sei, zu schirmen und deutsch zu erhalten, so wahr Uns Gott helfe und Unser deutsches Schwert. Nun aber wollen Wir Alle cinstimmen in den Ruf: Meine hohe Frau Mutter, durch deren Erscheinen der heutige Tag gekrönt ist, Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich Hurrah, Hurrah, Hurrah!" Nach Seiner Rede dankte der Kaiser persönlich dem Bildhauer Baumbach am Denkmal,

Straßburg, 18. Oktbr. (Ankunft des Königs von Württemberg in Straß­burg.) Mit dem Schnellzug um 9.45 Uhr traf der König von Württemberg hier ein. Auf dem oberen Bahnsteig hatte der hiesige Verein der Württemberger mit Musik und Fahne Aufstellung genommen. Als der König über das Geleise auf den Verein zuschritt, senkte sich die Fahne, und die Musik spielte die Bolkshymne Heil König Dir". Der König, den ein viel­stimmiges dreimaliges Hoch seitens des recht zahlreich auf dem Bahnsteig anwesenden, aus Damen und Herren bestehendes Publikums, zu­meist hier wohnenden Württembergern, begrüßte, blieb beim Vorstande stehen und nahm eine Ansprache des Vorsitzenden, Bürgermeisterei- sekrelärs Hörmann, entgegen. Der König dankte herzlich für die Kundgebung. Er habe sich sehr darüber gefreut und es habe seinem Herzen wohl gethan, die hier lebenden Würt­temberger begrüßen zu können. Er gab dann seinem Bedauern besonderen Ausdruck, daß er nicht länger bei dem Vereine weilen könne, da ernste Verpflichtungen riefen. Dann schritt der König auf die Fahne zu und betrachtete das von ihm dem Verein gestiftete Fahnenband, worauf er die stattliche Reihe der Mitglieder des Vereins abschritt und diejenigen ansprach, die mit Kriegsauszeichnungen geschmückt waren. Die Volksmenge begrüßte bei der Abfahrt den König und den kaiserlichen Statthalter, sodann auch den Reichskanzler mit begeisterten Hoch­rufen, und die Musik spielte dasHeil Dir im Siegerkranz", während die Fahne stch senkte. Die Württemberger waren ob der Leutseligkeit ihres Königs entzückt.

Straßburg, 19. Okt. Gestern abend erglänzten zahlreiche offizielle und Privatgebäude in Illumination. Unbeschreiblichen Eindruck rief die Beleuchtung des Münsters hervor, von dessen Terrasse ein glänzendes Feuerwerk abgebrannt wurde. Endloser Jubel brach aus, als die Majestäten gegen Schluß des Zapfenstreichs auf dem Balkon des Kaiserpalastes erschienen; derselbe wiederholte sich immer aufs Neue. Eine dicht­gedrängte Volksmenge durchwanderte noch spät abends die Straßen.

Berlin, 19. Oktbr. DerVorwärts" meldet aus Dresden: Der Reichstagsabgeord­nete Horn wurde wegen Majestätsbeleidigung zu 10 monatlichem Gefängnis verurteilt und sofort verhaftet. Es wurden 10 000 Mark Kaution verlangt.

Lemberg, 19. Oktober. Der Pfarrer Smagowitz in Kuz erhielt eine Postsendung enthaltend eine Höllenmaschine. Niemand ist verletzt.

Kairo, 19, Okt. Reutermeldung. Ein Fährbot mit 60 Personen kollidierte mit einem in der Nähe ankernden Dampfer, das Boot kenterte, 50 Personen ertranken.

Redaktion, Druck und Verlag vonC. Meeh in Neuenbürg.