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Eine Mahnung für die Landwirtschaft.
Je geringer die Aussichten dafür werden, daß die Preise der landw. Produkte steigen, um so mehr sollte jeder Landwirt bestrebt sein, alle Mittel zu benutzen, welche geeignet sind, die Erträge auf der eigenen Scholle so zu erhöhen. daß dennoch auch bei den billigen Preisen eine Rente erzielt wird. Daher erscheint es durchaus verwerflich, wenn von einzelnen Seiten heute den Landwirten der Rat gegeben wird, nicht mehr so intensiv zu wirtschaften, und besonders auf die Anwendung künstlicher Düngemittel zu verzichten. DaS heißt nichts anderes, als auf die Erzielung hoher Ernten überhaupt zu verzichten! Biel richtiger wäre es jedenfalls, wenn Jeder nach Kräften dazu beitrüge, daß überall möglichst hohe Erträge erzielt werden. Dann ist aber eine Beschränkung des Verbrauchs an künstlichen Düngemitteln keineswegs am Platze, vielmehr wäre sie geradezu direkt schädigend.
Nur zu gerne betet man die allgemeine Redensart nach: „Die Verkaufspreise decken nicht mehr die Produktionskosten!" Jawohl! Baue ich nur 5 höchstens 6 Ztr. Getreide aut dem Morgen — */» da, so werden die Produktionkosten allerdings nicht gedeckt; gelingt es aber durch rationelle Anwendung geeigneter künstlicher Dünger die Erträge von 6 Ztr. pro Morgen auf 12 Ztr. zu erhöhen, mit einer Mehrausgabe von l2 ^ für Dünger, so kostet dieser Mehrertrag von 6 Ztr. nur 12 olL und damit bleiben die Gesamtunkosten jedenfalls unter dem Ver- kausspreise. Es ist dies so oft und zahlenmäßig dargelegt worden. daß es eigentlich unbegreiflich ist. daß man immer wieder derartigen Behauptungen begegnet. Man mache sich doch nur einmal die Mühe, aus den vorliegenden Erntetabellen sich zu überzeugen, welche geringe Erträge an
Körnern und Stroh vor oder ohne Anwendung von künstlichen Düngern, bei alleiniger Stallmistdüngung erzielt werden, gegenüber da, wo mit dem Stalldünger zugleich eine rationelle Anwendung von künstlichen Düngern Hand fn Hand geht.
Die autzerordentlichcn Vorteile der Anwendung der künstlichen Dünger sind so in die Augen springend, daß eine Beschränkung derselben als außerordentlich schädigend für die gesamte deutsche Landwirtschaft bezeichnet werden müßte! — Ganz besonders gilt dies von einer Beschränkung der billigen und bewährten Kali-Phosphatdüngung bei Wiesen und allen Futterfeldern.
Und daß wir mit diesem Urteil nicht allein stehen, beweist am besten ein Artikel in der amtlichen Korrespondenz des „Bundes der Landwirte", von der man doch sicher behaupten darf, daß sie nicht die Interessen der Düngerfabriken, sondern diejenigen ihrer Mitglieder wie der gesamten deutschen Landwirtschaft im Auge hat. In demselben heißt es wörtlich:
„Die jetzige große Geldknappheit in der Landwirtschaft ist grade auch im Düngerbezuge besonders zu spüren Gar mancher Landwirt, der sonst nicht unbedeutende Mengen künstlichen Düngers angewendet hat, sieht sich aus Mangel an Einnahmen gezwungen, wenig oder keine Dünger zu kaufen. Dies hat aber wieder einen schädigenden Einfluß auf die gesamte Landwirtschaft, indem dabei deren quantitative Erträge erheblich zurückgehen.
Dem haben wir nur hinzusetzen, daß der Nutzen der Anwendung geeigneter künstlicher Düngemittel seine Begründung eben in der außerordentlichen Steigerung der Erträge, also in der Verbilligung der Pflanzenproduktion findet; Rentabilität der Wirtschaften ist bei deren Anwendung nicht nur möglich, sondern auch sicher zu erreichen!
Kriegschronik 1870/71.
13. Oktober 187«.
Versailles, 13. Oktober. Die Franzosen haben das Schloß St. Cloud, welches diesseits verschont wurde, ohne jede Veranlassung in Brand geschossen. Zehn Bataillone derselben machten einen Ausfall, welcher vom II. bayerischen Korps mit Leichtigkeit abgewiesen wurde. von Podbielski.
Der Gesamtverlust der Deutschen betrug: tot 4 Offiziere, 98 Mann; verwundet 6 Offiziere, 199 Mann.
Der General von Werder hat sein Hauptquartier heute in Epinal; Prinz Wilhelm von Baden und Kriegsminister General von Poyer treffen bei ihm ein, um ihre Kommandos zu übernehmen.
Garibaldi hat sein Hauptquartier in Dole errichtet, wohin die Franktiereurs massenhast strömen.
Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.
Feldrennach, 14. Okt. Auch unsere Gemeinde wurde von einem Brandfalle nicht verschont. Gestern nacht */rlO Uhr brannte es plötzlich in einer kleinen mit Futtervorräten gefüllten Hütte, welche zu dem von 7 Familien bewohnten, beim Schwärmer Stich zwischen Kirche und Ziegelhütte gelegenen großen Gebäude gehört. Das Haus, das seiner Größe wegen schlechtweg oft als Kaserne bezeichnet wurde, stand alsbald in Flammen. Die Feuerwehr, unterstützt durch die bald von Pfinzweiler eingelroffene. war angestrengt thätig, die stark bedrohten Nachbarhäuser, das des Schneider Klein und das des Ludwig Bohlinger, zu relten. Ohne unsere neue so vortreffliche Wasserleitung wäre dies nicht möglich gewesen und das verheerende Feuer hätte sicher größere Ausdehnung genommen. Unter den abgebrannten Familien, welche übrigens ihr Mobiliar versichert hatten
— Joh. Gg. Fauth, Jak. Dengler, Fr. Gentner, Gottfr. Mitschele, Mich. Mitschele, Jakob Fr. Mitschele, Reg. Roller — befindet sich eine zahlreiche Kinderschaar.
Deutsches Aeich.
Berlin, 13. Okt. Der Kaiser wird am Montag früh Hudertusstock verlassen und sich von dort nach Wiesbaden begeben, von wo am 16. die Weiterreise nach Kürzel, bezw. Schloß Urville erfolgt. Die Kaiserin begibt sich am Montag Nachmittag gegen 2 Uhr von der Wildparkstation aus nach Wiesbaden und setzt von dort gemeinschaftlich mit dem Kaiser die Reise nach dem Schloß Urville in Lothringen fort.
Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe begiebt sich dem Vernehmen nach heute früh zum Vortrag bei Sr. Majestät nach Hubertusstock.
— Fürst Lobanow hat den Franzosen den Rücken gekehrt, um sich an Deutschland zu wenden. Wie die „Nordd. Allg. Ztg." hört, traf der russische Minister des Auswärtigen gestern abend auf der Durchreise von,Paris in Berlin ein und wirb Sonnlag von Sr. Maj. dem Kaiser in Hubertusstock empfangen werden. — Dem Ver- nehmen nach verbleibt Fürst Lobanow bis Dienstag in Berlin und reist am Dienstag Abend oder Mittwoch früh nach Petersburg zurück.
Die seit einiger Zeit erneut umlaufenden Gerüchte über die angeblich projektierte Zinsherabsetzung der Reichsanleihen und preußischen Staatskonsols haben jetzt aus dem Munde des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe selber ein energisches Dementi erfahren. Der Kanzler berührte diese Frage im Lause einer längeren Unterredung mit einem Herrn, über welche letzterer der „Köln. Ztg." berichtet hat. Fürst Hohenlohe machte verschiedene schwerwiegende Gründe gegen eine etwaige Konvertierung geltend und betonte namentlich, daß die Regierung nicht zum wenigsten aus gewichtigen sozialpolitischen Erwägungen, aus Rücksichten auf den kleineren Kapitalisten, gegen eine neue Zinsheradsetzung sein würde. Auch erinnerte der Reichskanzler daran, wie ja schon die weitere Besteuerung des Tabaks und des Bieres im Reichstage mit Rücksicht auf den kleineren Mann als ausgeschlossen erklärt worden sei. Ferner hob Fürst Hohenlohe hervor, daß eine etwaige Herabsetzung des Zinsfußes der Reichs- und Staatspapiere die Sparkassenverwaltungen ebenfalls zu einer Erniedrigung des Zinsfußes zwingen würde und daß weiter auch die gemeinnützige Thätigkeit der Stiftungen durch eine solche Maßnahme zum Schaden der Witwen und Waisen gelähmt werden müßte. Ein angebliches Recht des Steuerzahlers auf Zinsherabsetzung — soll der Kanzler geschloffen haben — seitens des Staates könne so lange nicht anerkannt werden, als nicht durchaus feststehe, daß der gegenwärtige niedrige Zinsfuß als dauernd anzunehmen sei, wovon wir aber noch weit entfernt seien. — Hoffentlich werden diese Auslassungen des leitenden Staatsmannes bewirken, daß die Gerüchte über die der Reichsregierung und der preußischen Regierung zuge- schriebencn Umwandlungspläne endlich zur Ruhe kommen.
Rathenow, 11. Okt. In vergangener Nacht ist die umfangreiche Grünberg'sche Dampfschneidemühle mit allen Gebäuden und dem Holzlager niedergebrannt. Der Schaden an fertigen Maaren wird auf 70 000 ^ geschätzt.
München, 12. Okt. Die Dumpssägerei Bader u. Meier im Schleiß, ist heute früh total abgebrannt.
Württemberg.
Die Nro. 25 des „Regierunsblatts für das Königreich Württemberg", ausgegeben den 11. Oktober 1895, hat folgenden Inhalt: Ver- sügung der Ministerien des Innern und der Finanzen, betreffend die Volkszählung vom 2. Dezember 1895. Vom 23. September 1895.
Die Steuergesetzkommisfion der 2. Kammer hat ihre Beratungen heute Samstag geschloffen. Der einstimmige Antrag der Kommission geht dahin: 1. Die Kammer der Abgeordneten wolle in die Einzelberatung der sämtlichen Gesetzesentwürfe eintreten. 2. Hiebei die Voraussetzung auszusprechen, daß a) den
Ständen eia Gesetzesentwurf über die Reform der Gemeindesteuer so zeitig vorgelegt wird, daß die Verabschiedung der Gesetze über die Staats- und Gemeindesteuerreform gleichzeitig erfolgen kann; b) die Giltigkeit der Gesetze über die Kapital-, Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer auf eine in denselben zu bestimmende kurze Reihe von Jahren beschränkt wird. —- Die Berichterstattung über diesen Antrag hat auf einstimmigen Wunsch der Kommission der Vorsitzende derselben, Abg. Sachs übernommen. Der weitere Verlauf der Steuerreform wird nun wohl dahin gehen, daß der schriftliche Bericht des Berichterstatters, der einen gedrängten Ueberblick geben wird, den Ständen in einer kurzen Tagung Ende November oder Anfang Dezember zur Beratung vorgelegt werden wird. Nach Beendigung der Generaldebatte werden Spezialrcferenten für die einzelnen Gesetze gewählt werden, so daß die Einzelberalung und die Beschlußfassung erst in einer weiteren Tagung der Stände im nächsten Frühjahr erfolgen wird.
Die Finanzkommisfion der Kammer der Abgeordneten ist schon fleißig an der Arbeit bezügl. der neuen Finanzgesetze. Was darüber bis jetzt an die Oeffentlichkeit gedrungen ist, geht in der Hauptsache dahin, daß die Kommission mit der Neuregulierung der direkten Staatssteuern auch eine Neuregulierung der Gemeindesteuern verbunden zu sehen wünscht. Im Uebrigen soll dem Kammerplenum vorgeschlagen werden in die Einzelberalung der neuen Steuergesetze einzutreten, vorbehältlich verschiedener Abänderungen an dem Entwurf der Regierung. Bon einer Seite wurde auch vorgeschlagen, die neue direkte Staatssteuer blos auf den Zeitraum von 4 Jahren Probezeit zu genehmigen, um nach Ablauf dieser Frist event. die bisherige Art der direkten Steuererhebung wieder in Geltung treten zu lassen. In letzterem Falle würde freilich auch die progressive Einkommensteuer wieder einschlafen und das wäre sehr bedauerlich. Es liegt ein großes Prinzip der Gerechtigkeit in der progressiven Steuer. — Wie sehr die progressive Einkommensteuer dem allgemeinen Rechtsgefühl im Volke entspricht, geht auch aus der Thatsache hervor, daß ein unter dem Namen „Bayrischer Bauernbund" in der bayr. Abge- ordneten-Kammer begründeter volkswirtschaftlicher Verein, welchem bereits 15 Mitglieder verschiedener Fraktionen beigetreten sind, in sein Programm die Forderung der progressiven Einkommensteuer ausgenommen hat. Der genannte Bauernbund verlangt auch die Schaffung eines großen staatlichen Hypothekeninstituts behufs Ablösung aller bäuerlichen Hypothekenschulden. Diese Forderung hat die bayer. Regierung bereits veranlaßt, an die in Bayern konzessionierten Hypothekenbanken die Aufforderung zu richten, sie mögen den kreditsuchenden Landwirten bezüglich der Kreditgewährung überhaupt wie bezüglich der Anrechnung von Zinsen coulanter entgegenkommen.