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Am Sonntag hat in Kaiserslautern die Enthüllung des Bismarck-Denkmals stattgefunden. Die Beteiligung an der Feier aus der ganzen Pfalz war eine große.
Ein Gaunerslückchen verübte dieser Tage ein aus dem Amtsgefängnis in Stockach Entlassener. Während seiner Gefangenschaft hatte derselbe einen Mitinsassen kennen gelernt und dessen Namen und Wohnort (Wahlwies) erfahren. Er ging, kaum im Genuß der Freiheit, zu den Angehörigen des Betreffenden, gab sich als Abgesandter des Gefangenwärters von Stockach aus und verlangte die Effekten des Inhaftierten, da dieselben an die Staatsanwaltschaft nach Konstanz geschickt werden müßten. Die arglose Frau gab ihm denn auch die Kleider, Stiefel, Uhr rc.. mit welchen Gegenständen der Betrüger spurlos verschwunden ist.
Ein gräßliches Unglück ereignete sich in Sommersdorf bei Helmstedt. Der 13jährige Sohn eines Taglöhners fiel von einem Ge- treideboden in eine im Betrieb befindliche Dampfdreschmaschine und wurde vor den Augen seiner Mutter vollständig zermalmt. Man mußte die Maschine auseinandernehmen, um die einzelnen Knochen und Fleischteile entfernen zu können. Württemberg.
Stuttgart, 30. Sept. Die Amputationsbahn, so nennt der Stuttgarter Bolksmund bereits die elektrische Straßenbahn, scheint diesen Namen mit großem Eifer verdienen zu wollen, denn gestern hat sie in der Nähe von Berg das lÖ'/rjährige Töchterchen des Tapeziers Fritz. Welches mit den bunten Volksfest-Papierstreisen spielte und so vor den Wagen geriet. derart überfahren, daß dem hübschen Kinde das eine Bein oberhalb des Knies und von dem andern der untere Vorderfuß abgenommen werden mußte.
Stuttgart, 1. Okt. Der bei einem Besuch im Landcsgewerbemuseum am 9. Septbr. verunglückte Prof. Wilhelm aus Graz ist heute Nacht 2 Uhr im Katharinenhospital verschieden.
In Stuttgart fiel in der Samstagnacht in der Tunzhoferstraße ein Nachtwandler aus einem Fenster im 3. Stock in den Hof und hat sich derart verletzt, daß er mittelst Sanitätswagens in's Katharincnhospital überführt werden mußte.
Leonberg, 30. Sept. Noch hat man von den Schrecken des großen Brandes sich nicht erholt, da ertönten vorgestern nachmittag wiederum Feuersignale. Auf dem nahen „Rappenhof" war Feuer ausgebrochen, wodurch ein Hinterhaus, zwei Schopfe, eine Wagenremise und ein großer Oehmdhaufen ein Raub der Flammen wurde.
Heiden heim, 30. Sept. Gestern abend etwa 8 Uhr brach in der gefüllten Scheuer des Bauern Zeiher in Rotheim hiesigen Oberamts Feuer aus und legte dieselbe in Asche. Der Schaden beträgt mehrere 1000 vkL Brandstiftung wird vermutet. Es ist dies innerhalb acht Tagen der 4. Brand in unserm Oberamt.
Löwenstein, 29. Sept. Hier wurden Käufe zu 168 und 172 abgeschlossen, der größte Teil zu 175—180 Das Meiste ist verstellt oder verkauft.
Weinsberg, 30. Sept. Gestern sind hier die Vertreter aus 27 weinbautreibendcn Gemeinden des Weinsberger Thales behufs Besprechung des Herbstanfanges zusammengetreten. Es'wurde beschlossen mit der Frühlese am Montag den 7. Oktober zu beginnen. Die allgemeine Lese wird sich entsprechend anschließen. Der Ertrag wird annähernd einen halben Herbst erreichen und zu 36 000 geschätzt. 6000 ^ sind bereits verkauft. Die Weinberge sind durch aus gesund. .
Stuttgart. (Landesproduktenbörse. Bericht vom 30. September von dem Vorstand Fritz Kreglinger.s In der abgelaufenen Woche hat sich die Tendenz auf dem Getreideweltmarkt weiter befestigt, indem sämtliche Exportländer wesentlich höhere Forderungen stellten und fanden auch Abschlüffe zu höheren Preisen statt. Die Preise stellten sich gegen Vorwoche durchschnittlich ca. SO— 70 ^ pro Sack höher. Da die Rheinfrachten namhaft in die Höhe gingen wird die Einstellung der Schifffahrt bis Mannheim in Bälde bevorstehen. Die Landmärkte sind immer noch schwach befahren und
fanden die Zufuhren schlank Aufnahme. Dem heutigen Hopfenmarkt waren 250 Ballen zugefahren, die Preise bewegten sich zwischen 40 und 80 per Ztr. bei einem Durchschnittspreis von 65 -4L Verkauft wurden 150 Ballen. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, Azima 15 „4L — bis 15 75 Niko-
lajeff 16 bis 16 25 Laplata 16 ^4L 25
Rumänier 16 „4L 25 ^ bis 16 -4L 50 Gyrka 15 ^L 75 bis 16 „4L 25 Gerste Ungar. 17 -4L 25 »j bis 20 -4L 25 ^!, Landhafer 11 -4L 50 Albhafer In 13-4L 60 La Platamais 11 -4L 25 Mxedmais 11 -4L 50 — Mehlpreise per 100 Kilogr. incl.
Sack bei Wagenladung: Letztwöchentlich.
Obstpreiszettel.
Stuttgart, 1. Oktbr. Zufuhr auf dem Wilhelmsplatz : 100 Zentner. Preis 7 -4L bis 7 -4L 40 Per Ztr.
Ulm, 1. Oktbr. Obstmarkt auf dem Güterbahnhof. Gestern wurden 10 Wagen nach auswärts verkauft und 10 Wagen hier ausgeladen. Heute stehen 60 Wagen zum Verkauf, der Handel ist nicht sonderlich lebhaft. Preis pro Ztr. 5 -4L 80 ^ bis 6 30
Ausland.
Ein Nancy er Blatt berichtet, daß die Soldaten während der Manöver in einzelnen Orten in geradezu empörender Weise ausgebeutcl wurden. Für Wein und Käse ließen sich die Bewohner drei- und vierfache Preise bezahlen. Ein Landwirt bei Mirecourt begnügte sich nicht einmal damit, er verlangte auch Schadenersatz, weil das Pferd eines Retters ein bischen Heu von seinem Schober gefressen hatte. Die zur Erhebung des Schadens entsandte Kommission sprach dem erwähnten Landwirt eine Entschädigung von 60 Centimes zu. Die Kosten der Kommission beliefen sich auf ebensoviel Francs.
Newyork, 2. Okt. Eine Depesche aus Havanna meldet, derspanischeKceuzer„Cristobal Colon" ist bei dem Kap San Antonio gescheitert; das Schiff gilt für verloren. Dasselbe ist -bei einem Sturm auf den Coloradoriffen gescheitert. Die Mannschaft ist gerettet auf Mantua in Kuba angekommen.
AnterÜaktrmder Heil.
Auf Wache.
Erinnerung an das einstige württ. Fußart.-Bataillon von Otto Meisenburg.
(Nachdruck verboten.)
(Schluß.)
Eine halbe Stunde ungefähr mochten wir, ohne ein Wort zu sprechen, rüstig geschritten sein, als man uns ein gebietendes „Halt!" zurief.
Wir waren gerade an einer Lichtung angelangt; die Straße führte in einer Länge von ungefähr 50 Metern über offenes Terrain, um dann wieder in den Wald einzubiegen. Ein Infanterie-Unteroffizier hatte uns das „Halt!" zugerufen und ein eigenartiges Zischen und Schwirren, sowie dumpfes Knattern machte uns die Sache sofort klar. Eine Kompagnie Bitscher Infanterie schoß mit scharfer Munition und die Ziellinie führte quer über die Straße.
Aber ich mußte hinüber, ich hatte strengen Befehl, um Vr6 Uhr auf dem Hofe zu sein und das Schießen sollte erst in einer Stunde beendigt sein, und meine Zeit war jetzt schon abgelaufen. Was thun?
Es gab nur einen Ausweg. Ich mußte mit meinen Leuten in dem einen Meter tiefen Straßengraben auf dem Bauche kriechend die kurze Strecke zurücklegen. Ich versuchte mit dem preußischen Kameraden zu unterhandeln. Nach längerem Zögern willigte er endlich ein.
Einer hinter dem andern krochen wir nur in dem glücklicherweise trockenen Graben hinüber, während die Kugeln unheimlich über uns hinweg Pfiffen. Dann nahm uns wieder der schützende Wald auf.
Eine halbe Stunde Wegs mochten wir wieder zurückgelegt haben. Aengstlich irrten meine Blicke umher.
Wo befand sich denn der verd.Hof? Plötzlich
stieß Pimpelmaier einen Jubelschrei aus und wies mit beiden Händen auf eine in einer großen Waldlichtung liegende Ruine, die von den letzten Strahlen der scheidenden Sonne beleuchtet wurde, während rechts davon die gewaltigen Festungswälle von Bitsch sichtbar wurden, immerhin aber noch eine halbe Stunde von dem Hofe entfernt.
Nach 10 Minuten langten wir endlich an unserem Ziele an, von dem Vorkommando, das ich mit meiner Wache abzulösen hatte, nicht gerade freundlich empfangen.
Bon dem Vizefeldwebel H., dem Führer des Vorkommandos, erhielt ich meine Instruktionen, worauf er mit seiner Mannschaft abrückte und wir uns selbst überlassen waren.
Hier also in diesem verwünschten alten Gemäuer sollte ich 24 Stunden zuzubringen, und das hatte ich den — drei harten Eiern zu verdanken. Einer zerschossenen, niedergerissenen Festung glich der Hof; die Scheuern, Ställe waren total ausgebrannt, vom Wohngebäude war nur der untere Teil einigermaßen verschont geblieben, in welchem eine Menge Heu lagerte, das, nach den aufgesundenen Spuren zu schließen, dem Vorkommando als Nachtlager gedient haben mochte. Der Besitzer des Hofes, der mit dem Wiederaufbau
erst im Herbst beginnen wollte, war nach Bitsch verzogen.
Bei dem Hofe war ein ungeheures Lager von Batteriebaustoffen angelegt, Bohlen, Rippen, Bretter, Aexte, Hacken, Schaufeln Schippen, Sägen, Hämmer, Nägel und dergleichen mehr waren in schönster Ordnung aufgestapelt, so daß andern Tags mit dem Bau der Batterien begonnen werden konnte. Und das alles hatte ich zu bewachen, dafür zu sorgen, daß auch nicht der kleinste Nagel abhanden käme.
Ein Trost war mir jedoch geblieben; um Geld und gute Worte hatte mir der Vizefeldwebel H. 12 Flaschen Bier überlassen Dies und ein halber Kommißbrotlaib, den Pimpelmaier mit sich geschleppt hatte, bildete die einzige Fourage, über die wir bis zum andern Morgen verfügten.
Mit lüsternen Augen blinzelte Bierhuber nach den Flaschen — ich verstand diese Blicke gar wohl, empfand ein menschliches Rühren und teilte brüderlich. Ein jeder erhielt 3 Flaschen und ein Stück Kommißbrot.
Die Sonne war längst untergegangen, die Umrisse der alten Felsensestung vor uns waren kaum mehr zu erkennen. Am Waldesrande zeigten sich schwarze Schatten, während zugleich der sanft säuselnde Abendwind uns eigenartige Glockentöne zutrug. Es war eine Viehherde, die auf die Waldwiesen Herausgetrieben wurde.
Eine empfindliche Kühle machte sich bemerkbar und da wir auf ein Nachtquartier in dem alten Gemäuer des vielen Ungeziesers wegen gerne verzichteten, errichteten wir aus Bohlen und Brettern notdürftig im Freien eine Hütte, polsterten dieselbe gehörig mit Heu aus, breiteten unsere Mäntel darüber und legten uns, nachdem wir den letzten Bierflaschen den Hals gebrochen, zur Ruhe nieder, gerade als die Turmuhr des alten Bitsch in dumpfen Schlägen die zehnte Stunde verkündete.
Vorher hatte ich Pimpelmaier auf Posten geschickt, mit der strengen Weisung^ auf alles genau zu achten, hauptsächlich das Eindringen der Viehherde in unser Lager zu verhindern, sodann um Mitternacht zur Ablösung zu melden.
Wir drei anderen lagen indessen auf dem Heu gedrängt neben einander wie die Heringe in der Tonne. Der Gefreite und Bierhuber schliefen bald den Schlaf der Gerechten und letzterer schnarchte dermaßen entsetzlich, daß ich erst nach geraumer Zeit einschlummerte.
Holde Bilder umgaukelten mich. Ich träumte von der fernen Heimat, dem Liebchen an der schönen blauen
Donau, das meiner m Sehnsucht hatte —-ein
Entsetzensschrei Bierhubers schreckte mich aus meinem Träumen auf. Ein schwarzes Ungetüm hatte Bierhubers Antlitz belegt. Fluchend und Pimpelmaiers Unachtsamkeit verwünschend, sprangen wir auf. Richtig, das vermaledeite Vieh, gegen 15 Stück, befand sich mitten in unserem Arsenal und richtete em greuliches Durcheinander an. Aber wo war denn Pimpelmaier geblieben?
Endlich entdeckte ich den pflichtvergessenen Schlingel; er versuchte mit zwei Elsässer Bauernmädchen zu schäkern, und eben wollte er liebkosend den Arm um eine dralle Dirne legen, als er von derselben eine solch derbe Maulschelle empfing, daß ihm der Helm vom Kopfe flog.
„Dummer Schwöb!" zischten die Dirnen und trieben eiligst ihr Vieh von dannen.
Trotz all dem Elend lachten wir aus vollem Halse, während Pimpelmaier, ein Bild des Jammers, zerknirscht vvr mir stand. Der arme Bursche hatte für seine Unachtsamkeit schwer gebüßt, denn fortwährend rieb er sich die geschwollene Wange.
Glücklicherweise gelang es uns am frühen Morgen, in einstündiger angestrengter Arbeit vor Eintreffen der Kompagnie jede Spur der Verwüstung zu beseitigen.
Pimpelmaier aber hatte wegen der ihm verabreichten Maulschelle von seinen Kameraden noch lange Zeit viel Spott zu erdulden — und wohl nicht unverdient.
(Ein möchtiger Barl!) In Bregenz starb jüngst der Schmiedmeister Brey er, der seit mehreren Jahren bei sei (einem Bruder daselbst wohnte. 70jährig trug er einen Bart, dessen abnorme Länge 1 Meter 75 Centimeter betrug. Sein Bruder bewahrt diesen Bart, eine merkwürdige Relique, zum Andenken auf.
(Farbenblind.) Schornsteinfeger: „. . Sie haben mich bestellt uns müssen mich daher auch bezahlen. Wenn der Ofen noch raucht, jo liegt das an der Konstruktion; dafür kann ich nichts". — Hausherr: „Fällt mir nicht ein, für eine solche Arbeit Geld auszugeben! Auf die Bezahlung können Sie warten, bis Sie schwarz werben!"
(Gemütlich.) Hausherr: „Hoffentlich können Sie perfekt kochen.... ich mache große Ansprüche!" — Neueingetrelenes Dienstmädchen: „Na, verwöhnter als mein Schatz können S' auch nik sein!"
(Benützte Gelegenheit.) Direktor: „Ich bin heute merkwürdig gut bei Laune." — Frau Direktor: „Da würde ich mir an Deiner Stelle vier Wochen Urlaub geben, und mit meiner Frau ins Bad reisen!" ^
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh iu Neuenbürg.