ordentlich peinlich, daß sie einen derartigen Individuum eine leitende Rolle so lange Jahre überließ, aber es wäre andererseits doch unge­recht, die ganze Partei für alle diese schmählichen Thaten Hammersteins verantwortlich zu machen.

Berlin. Ueber die Manöverbericht­erstattungen durch Berichterstatter und Tele­graph hört man in militärischen Kreisen Be­merkungen. die nicht ganz ungerechtfertigt er­scheinen. Da liest man Angaben, wie siegreiches Vorgehen der Südarmee oder großer Sieg des Gardekorps und ähnliiches. Der militärische wie der nichtmilitärsche Berichterstatter sollte doch mit dem Worte Sieg nicht so tändelnd um- springen, wo es sich nur um eine Thätigkeit im Manöver handelt, bei der Ausdrücke wie Vor­gehen, Sturmangriff, Erfolg. Zurückgehen. Ausweichen, Mißerfolg wohl gerechtfertigter sind, wie Sieg und Niederlage. Es scheint wenig angemessen, darin den Franzosen nachzuahmen, die dazu noch die Ausdrücke wie Schlacht bei NeufchLteau. Gefecht bei Langres u. dergl. ge- brauchen und die Manöveraklionen derartig be- zeichOen, was zum Glück bei uns noch nicht der Fall war. Uebertriebkne Lobeserhebungen über die glänzende Tapferkeit der Truppen im Manöver hatfür den Fachmann mindestens etwas Komisches an sich, was von dem Nichtfachmann Hann leicht bespöttelt wird. Man belasse also ruhig das Wort Sieg in militärischem Sinne dem Krieg. Unsere Zeitungen ereifern sich darüber, daß das französische MilitärblattL'Xvenir inilitaire" seinen Lesern, wenn auch unter Vorbehalt, die Schauermär von einer beim Manöver einfach untergegangenen bayerischen Chevauxlegers- Schwadron mitteilt, wie es dies auch bezüglich der kürzlich bei den Pontonirübungen am Ober­rhein bei Breisach ertrunkenen 18 Pioniere thut, welche Nachricht das Blatt unter Ldronigue LtravAöre aus Lacke bringt. Auch hier hat die deutsche Presse einen gewissen Teil der Schuld, welche auch erst von 14 oder 18, dann von einem ertrunkenen Pionier und von großen Materialverlusten zu berichten wußte. Wie ich imLokalanzeiger" sehe, hat Oberst Förster, Kommandeur der Pioniere des XV. Armeekorps zu Straßburg, auch dieser Schauernachricht den Garaus gemacht. Er teilt dem Blatte mit. daß kein Pionier bei der beregten Uebung ertrunken sei und die Abnutzung und die Verluste an Material das bei derartigen großen technischen Uebungen herkömmliche Maß erheblich nicht überschritten hätten. Manchem Berichterstatter in Militärsachen wäre in Bezug auf Verbreitung sensationeller Nachrichten etwas mehr Vorsicht anzuempfehlen.

Guben (Schles.) 19. Sept. Bei dem Um­bau eines Hauses in der Klosterstraße sind sämt­liche Decken vom obersten Stockwerk bis zum Keller eingestürzt. Bis jetzt sind 3 Tote. 7 Verletzte aufgesunden. Mehrere Personen sind noch verschüttet, alle Betroffenen sind Bauhand­werker.

Ein kaum glaublicher Vorgang wird aus der Rheinprovinz gemeldet. Eine Anzahl Veteranen, welche zum Sedanstage eine Ehren­gabe aus städtischen Mitteln in Elberfeld und Düsseldorf erhielten, sollen diesen Geldbetrag Vertrauensmännern der sozialdemokratischen Par­tei überwiesen haben. Sollte sich diese Meldung bestätigen, so verdiente ein derartiges Vorgehen natürlich die schärfste Verurteilung, da es eine ganz erbärmliche» niedrige Gesinnung verraten würde. Sollte ein Veteran eine Ehrengabe zum Sedantage mit seinen etwaigen sozialdemo­kratischen Ueberzeugungen für unvereinbar halten, so könnte er dieselbe ablehnen; man würde sich um den Mann nicht weiter kümmern; die Gabe aber anzunehmen und sie dann dem sozialdemo­kratische Agitationsfonds zu überweisen, ist eine Handlungsweise, wie sie ehrenloser kaum gedacht werden kann.

Rothenburg a. T., 17. Septbr. Die Sozialdemokraten wollten letzten Sonntag hier ^ne allgemeine Versammlung halten. Als Redner sollte der Redakteur Oehme von Fürth auftreten. Als dieGenossen" zur festgesetzten Zeit das Lokal betreten wollten, wurde ihnen dieses verweigert und die Versammlung mußte unterbleiben.

Baden. Ein kilometerheft 3.Klasse wird vom 1. Okt. an nicht mehr 26, sondern nur noch 20 Mk. kosten. Mit einem solchen Hefte kann man dann auch 2. Klasse fahren; es wird die doppelte Anzahl Coupons koupiert, da ein Kilo- mererheft 2. Klasse 40 Mk. kostet. Es steht auch in Aussicht, daß die Kinder bis zum 6. Jahre nichts, für solche vom 14.-15. Jahr nur die Hälfte zu zahlen ist.

Schönau im Wiesenthal, 17. Septbr. Heute Nachmittag entstand in dem kleinen Orte Gschwänd bei Schönau im Wiesenthal eine große Feuersbrunst: 15 Häuser sind nieder­gebrannt, auch das Kirchlein hatte Feuer gefangen. Zahlreiches Vieh ist in den Flammen umgekommen.

Württemberg.

Stuttgart, 20. Sept. Die K. Familie residiert nun wieder in der Villa Marienwahl bei Ludwigsburg. Se. Maj. der König hat sich auf einige Tage nach seiner Blockhütte im Schönbuch begeben, um von dort aus der Jagd obzuliegen.

Anfangs Oktober wird die Finanzkom­mission der Kammer der Abgeordneten in Stuttgart zusammentreten, um die Gesetze betr. die Weiterbildung der direkten Steuern in Württemberg durchzuberatcn. Die betr. Re­gierungsvorlagen nebst Denkschrift und Motiven umfassen nicht weniger als 188 gedruckte Groß­quartseiten und die Arbeit für' unsere Volksver­treter wird nicht eben leicht sein, denn mit der progressiven Einkommensteuer wird mancher unserer Volksvertreter selber ziemlich hart be­troffen, aber nachdem man bei den Wahlen den Mund in Sachen der progressiven Einkommen­steuer so sehr gespitzt hatte, muß nunmehr auch gepfiffen sein, denn wenn der Landtag, wie zu erwarten steht, gegen Ende November zusammen- tritl, so wird er als vornehmlichste Arbeit gerade diese Finanzgesetze zu erledigen haben.

Jag st seid, 16. Sept. Ein neues, großes Unglück hat unser Land betroffen. Gestern früh zwischen 6'/« und 6'/r Uhr drangen in den Schacht Friedrichshall große Mengen Wild Wasser ein, unter erdbebenähnlichen Be­gleiterscheinungen. Diese äußerten sich in der Nähe der Unglücksstätte, z. B. auf dem Jagst - felder Bahnhofe als starker Knall mit nach­folgendem Getöse, in dem Dorfe Jagstfeld als eine Erderschütterung *nd in Kochendorf als ein dumpfes Rollen mit dem Gefühl, als ob der Boden sich hebe und senke. In unmittel- barer Nähe des Schachtes, wohin gestern viele Neugierige ihre Schritte lenkten, senkte sich in­folge des Wassereinbruchs der große Risse zeig­ende Boden; das Pulverhäuschen sank erheblich, desgleichen das umliegende Gelände. Seit ver­schiedenen Jahren schon kämpft die umsichtige Werkleitung einen beständigen Kampf gegen das mächtig andrängende Wasser. Ende der 80er Jahre wurde schon ein Waffereinbruch befürchtet, dem' durch Einbauten vorgebeugt wurde. Ge­lingt der völlige Wasserabschluß nicht, und das ist wohl zu bezweifeln, so ist das Werk ver­loren , dessen Bau während der 50er Jahre gegen eine Million Gulden gekostet hat. Der Einbruch erfolgte in dem vor 35 Jahren be­triebenen, längst verlassenen ältesten Teil der Grube in Folge Einstürzens einiger morscher Salzfelsensäulen und hatte das Hereinbrechen von etwa 1000 edm Wasser- zur Folge. Da nicht anzunehmen ist, daß der Wasserzufluß ge- ringer wird, so ist in einigen Tagen das Berg­werk vollständig mit Wasser angefüllt. An ein Auspumpen der vielen Tausende von Kubik­metern Wasser kann nicht gedacht werden, da 1020mal mehr Wasser zufließt, als mit den besten Maschinen ausgepumpt werden könnte. Ein Glück ist es zu nennen, daß der Einbruch am Sonntag, wo die Arbeit eingestellt war, erfolgte. Wie man heute hört, soll der Schacht verloren sein, und es zogen auch die heute früh zur Arbeit eingerückten Bergleute sofort mit ihren Arbeitskleidern und Lampen traurigen Mutes wieder ihren Wohnungen zu, was allgemein große Teilnahme erregte, und überall fragt man sich, was soll aus diesen Leuten, die von Jugend auf sich diesem Beruf gewidmet>en, werden? Dieses traurige Ereignis, das nicht nur für die

vielen brotlosen Arbeiter, sondern auch für die umliegenden Gemeinden, in denen diese wohnen, von tiefeinschneidender Bedeutung ist, hat allge­mein großen Eindruck gemacht. Inzwischen sind Maßregeln im Gang, um in der Zwischenzeit die durch die Katastrophe brotlos gewordenen ca. 150 Arbeiter anderweitig zu beschäftigen. Die Gewinnung von Siedesalz (Kochsalz, Vieh­salz rc) erleidet keinerlei Unterbrechung, da die zu versiebende Soole schon bisher aus Offenau bezogen wurde. Wenn einmal die vielen Salz- säulen durch das Wasser ausgelöst sein werden, kann sich Gelände von vielen Hektar senken, und das Schachtgebäude wird dann abgetragen werden müssen. Eine Gefahr für das Dorf Jagstfeld besteht wohl nicht. Das Dorf, der Bahnhof und die Salinengebäude stehen auf festem Boden. Das Schachthaus allein steht über dem überschwemmten Bergwerk. Man wird nun das Bergwerk voll laufen lassen müssen, da ein Eingreifen z. Z. unmöglich ist. In 14 Tagen etwa wird sich hierüber ein Ueberblick gewinnen lassen. Das Abteufen eines neuen Schachtes legt sich den Gedanken natürlich sehr nahe; doch läßt sich hierüber vorerst nichts be­stimmen. Es ist das eine Aufgabe, die gxoße Geldmittel erfordert und darüber werden wohl auch die Stände zu hören sein.

Jagstfeld, 17. Sept. Heute nachmittag 3'/« Uhr traf Seine Exzellenz der Herr Staats­minister der Finanzen Dr. v. Riecke hier ein, um von den Folgen der Katastrophe des Berg­werks Friedrichshall Einsicht zu nehmen.

Stuttgart, 19. Sept. Durch k. Ver­fügung ist bestimmt worden, daß die Jnfanterie- kaserne an der Rothenbühlstraße künftighin große Jnfanteriekaserne", die Kaserne an der MolktestraßeM oltkekasern e", die Kaserne auf den HeidlensäckcrnBergkaserne" zu be­nennen sind. Damit sind in dankenswerter Weise die Namen offiziell anerkannt, die im Volksmund längst den beiden erstgenannten Kasernen gegeben worden waren.

Zu der Mitteilung über die neuen Schieß­abzeichen (s. letzte Nr. d. Bl.) schreibt der St.-A.: Das Abzeichen heißt nichtKaiser-", sondernKönigs"-Abzeichen, wie darüber ja nicht die Kaiser- sondern die Königskrone ange­bracht ist. Außer der 7. Kompagnie Regmt. 119 wurde es auch der 8. Batterie 2. Feld- art.-Regiments Nr. 29, Prinzregenl Luitpold von Bayern, verliehen hier sind statt 2 gekreuzter Gewehre 2 gekreuzte Kanonenrohre angebracht.

In Perouse O.-A. Leonberg fand am letzten Sonntag das Waldenserfest statt; zugleich wurde die neue Quellwasserleitung feierlich er- öffnet. Der Ort war mit großem Fleiß ge­schmückt und mit württ. und bad. Fahnen de- flaggt. An der Kirche sahen wir das Savoyer- wappen (weißes Kreuz in rotem Felde), das an die Abkunft der Perouser erinnerte.

Aus dem Bezirk Marbach, 19. Sept. Die Gewitterregen der vergangenen Woche sind den Weinbergen sehr zu gute gekommen. Die Trauben gelangen sichtlich rasch zur vollkommenen Reife und stehen wunderschön; so daß die Aus­sicht auf einen vorzüglichenNeuen" täglich größer wird. Dies gilt aber nur bei den Wein­bergen, die bei Zeiten gespritzt wurden, da die nicht gespritzten Weinberge krank sind und die Trauben keine oder nur geringe Fortschritte machen. Die Weinkäufer werden deshalb Heuer gut daran thun, wenn sie sich vorher überzeugen, ob sie aus gespritzten oder nicht gespritzten Weinbergen Wein kaufen. Hoffentlich werden die Gegner des Bespritzens, deren es glücklicher Weise nur noch wenige sind, jetzt eines Besseren belehrt sein. Durch Schaden wird man klug!

Göppingen, 14. Sept. Gestern Nacht sielen auf der Strecke GöppingenEbersbach 2 Stück Vieh von einem Eisenbahnwagen auf eine bis jetzt noch nicht aufgeklärte Weise heraus und wurden vom Zuge zerschnitten. Das Vieh gehört dem Viehhändler Wertheimer aus Kehl, welkes von München nach Straßburg befördert werden sollte.

Ebingen, 17. Sept. Gestern war hier AmtsversalMlung. Ein Hauptpunkt der Tages­ordnung war die Beratung von Maßnahmen seitens der Amtskörperschast in Sachen der