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empfing Fürst Hohen!ohe die Vorstände aller deutschen Vereine.

DerStandard" macht nochmals den Besuch des deutschen Reichskanzlers, Fürsten zu Hohenlohe, in Petersburg zum Gegen­stand einer Besprechung. Das Blatt bezweifelt, daß Fürst zu Hohenlohe beim Kaiser Nikolaus einen warmen Empfang erhalten werde.

London, 12. Sept. EinerTimes"- Depesche aus Berlin zufolge hat die deutsche Regierung der belgisch-congostaatlichen wegen der Hinrichtung des englischen Waffenschmugglers Stokes Vorstellungen gemacht.

Fru ti n g e n . 12 Sept. Der Absturz des A lt-Elsg letsch er s erfolgte Mittwoch früh 4^/t Uhr. Der Luftdruck war dabei so stark, daß Vieh an die andere Thalwand und wieder zurückgcschleudert wurde. Die Alp-Spitalmatte, drei Stunden von Kandersteg, ist völlig ver­schüttet. Der Schutt liegt in einer Länge von drei Kilometer haushoch. Ein großer Lärchen- wald ist vollständig fortgefegt. Alle sechs auf der Alp anwesenden Leute sind tot, 150 Stück Großvieh verloren. Die Alpabfahrt sollte gestern stattsinden; wenige Stunden vorher geschah das Unglück. Vor ungefähr hundert Jahren Hot an derselben Stelle ebenfalls am Tage der Alpabfkihrt ein gleicher Unfall unter denselben Umständen stattgefunden.

In Bern wird in den Tagen vom 13. bis 22. September die 6. schweizerische land­wirtschaftliche Ausstellung veranstaltet werden. Die Ausstellungsbauten bedecken einen Raum von 3- bis 400 Meter im Geviert, und seit Monaten hat man sich bemüht, diese Ausstellung einer großen Vollendung zuzuführen.

In der Villa des Advokaten Michael Ferber in Preßburg ist, wie dasN. W. Tagbl." berichtet, die ganze aus 7 Köpfen bestehende Familie durch Genuß versuchten Brunnenwassers an Typhus erkrank. Zuerst starb die 16jährige Tochter?, dann der Advokat Ferber und hierauf dessen Sohn. Die Uebrigen schweben in Lebens­gefahr Die Gattin Ferbers hatte vor Schmerz Jrrsinnsanfälle.

Ganz Paris spricht von dem kolossalen Spielverlust, den der ehemalige Serben­könig dort in der Nacht vom vorletzten Sonn­tag zum Montag erlitten hat. Glaubwürdigen Mitteilungen zufolge handelt es sich um über eine Million Franks, die er zum größten Teil, in Ermangelung von Bargeld, auf Ehrenwort setzte. Wider Erwarten bat er bereits Dienstag mittag alles prompt geregelt, und man will daraus schließen, daß es ihm inzwischen gelungen ist, gegen Verpfändung seines Ruhegeldes einen neuen Millionenpump anzulegen. Es scheint, daß er sich der Spielleidenschaft immer mehr hingiebt und daß er darauf losarbeitet, sich gänzlich zu ruinieren. Seine Schuldenlast wird in eingeweihten Kreisen bereits auf 3 Millionen Franks geschätzt. Er hat im August auch in Luzern beim Pferdchenspiel einige hunderttausend Franks verloren.

Vermischtes.

Berlin, 11. Sept. Schlecht erging es heute einem Zeugen, der sich vordem Schöffen­gericht ungebührlich benahm. Er hatte eine Aussage gegen einen des Diebstahls angeschuldigten Angeklagten zu machen. Als der Vorsitzende ihn auf einen Widerspruch in seiner Aussage aufmerksam machte, erwiderte er in kurzem Tone: Wenn Sie mir nicht glauben wollen, dann glauben Sie doch dem Spitzbuben da. Wegen dieser ungeziemenden Aeußerung wurde der Zeuge in eine Geldstrafe von 20 Mk. genommen. Als dieser Beschluß des Gerichtshofes verkündet wurde, ließ der Gemoßregelte ein vernehmbares Bravo" ertönen. Darauf erkannte der Ge­richtshof auf eine sofort zu verbüßende Haftstrafe von drei Tagen.

Der Ehrenregenschirm. Kaiser Wil­helm hat bekanntlich am Sedantage dem Kriegs­minister Bronsart eine Kanone zum Geschenk gemacht. Das ist schon ein ganz merkwürdiges Geschenk, aber immerhin steht es mit dem krieger­ischen Charakter der Gedenktage nicht im Wider­

spruch. Ganz eigenartig ist aber die Ehrung, welche die Gemeinde Herpf bei Meiningen für die Veteranen aus dem Kriegsjahre 1870/71 ausgedacht hat. Sie läßt ihnen nämlich einen Regenschirm mit Widmung überreichen, viel­leicht um anzudeuten, daß die tapferen Krieger vor 25 Jahren das Vaterlandbeschirmt" haben.

Rederchen. 8. September. Auch eine Mode! In derMosel- und Nied-Ztg." lesen wir:Heute verursachten hier Böllerschüsse einen Heidenlärm. In einer Familie wurden nämlich Zwillinge, die mehr und mehr in der Gegend Mode werden, getauft." Da sind wir gespannt, wie sich die Frauen hiesiger Gegend zu dieser Mode verhalten werden.

(Einen neuen Beitrag zum KapitelBau- schwindet") liefert ein Bericht der Handels­kammer für Unterfranken und Aschaffenburg. Es ist aus ihm ersichtlich, daß in Würzburg binnen Jahresfrist fünfzig Häuser zur Zwangs­versteigerung kamen. Die beteiligten Hand­werksmeister verloren dabei mehr als eine halbe Million Mark. Von den in Konkurs geratenen Unternehmern waren etwa zwei Drittel von vornherein vollständig vermögenslos. Einer großen Anzahl mußte außerdem die persönliche Befähigung zur Bauleitung abgcsprochen werden.

Aus der Pfalz, 8. Sept. Daß man statt Wasser Wein aus einer Pumpe bekam, diese seltene Freude hatten Leute in Freinsheim bei Neustadt a. d. H., während sie schon lange einen Weingeschmack in ihrem Trinkwasser merkten. Und das kam lautBrgztg." so: War da in dem benachbarten Weinkeller, der einem Mannheimer Händler gehört, und der schon geraume Zeit nicht mehr besucht wurde, der Unschlitt von einem Faß geschmolzen, oder von den Fliegen abgefressen worden, kurz, von den 3000 Litern edlen 1883er Nasses war be­reits ein schönes Quantum herausgesickert und durch den Boden in das Pumpwasserreservoir gelangt.

Vom Fränkischen, 6. Sept. Eine Wein­handlung in W., die zu den zahlreichen Sedan­feiern des Bezirks Lieferungen übernommen hatte, bestellte bei einer auswärtigen Firma eine Aus­wahlsendung von Hahnen per Expreßgut. Die Handlung aber war nicht wenig verblüfft, als sie statt der erwarteten Faßhahnen, eine Send­ung von 50 Stück lebenden Hahnen u. Hähnchen erhielt. Mit diesen ließ sich aber kein Wein abfüllcn. Das Mißverständnis aber war da­durch entstanden, daß die Firma auch einen großen Versandt von Geflügel betreibt.

Heilbronn, 10. Sept. Evangelisches Bier. Aus Oedheim erhält dieHeilbr. Z." folgende, auch von anderer Seite bestätigte Nachricht:Zu dem Sedansfest war Sonnen­wirt Sandel daselbst als Wirt bezeichnet, welcher auf dem Festplatz Speisen und Getränke verab- reichen sollte. Dieser Wirt bezieht sein Bier aus der Elsässer'schen Brauerei in Kochendorf. Der Accisor und Stadtrat von Oedheim sieht sich deshalb veranlaßt, die Erklärung abzugeben: Der Sonnenwirt darf nicht wirtschaften, wir wollen kein evangelisches Bier!!!"

Ein Erbe aus dem Zuchthause. Vor kurzem verstarb in Berlin ein Privatier, namens Förster, welcher ein Vermögen von über 120 000 Mark hinterließ. Da kein Testament vorhanden ist, fällt die ganze Erbschaft seinem Neffen, einem vom Landgericht München seiner Zeit wegen räuberischen Ueberfalls zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilten Kommis, zu. Da dieser in einigen Monaten seine Strafe verbüßt haben wird, kommt ihm diese unerwartete Erbschaft selbstver­ständlich sehr gelegen. Es sind jedoch Schritte gethan, um dem Verbrecher die freie Verfügung über die große Summe zu entziehen, indem an zuständiger Stelle die Entmüdigung desselben beantragt wurde. Dieser Antrag dürfte Erfolg haben, da der junge Mann sein väterliches Erbe von 15 000 c/A in kurzer Zeit verjubelt hatte, danach in Not geraten und auf die Bahn des Verbrechens gedrängt worden war.

Eine für den Viehhandel wichtige ENi­sche i d u n g hat nach dem bayerischenBörsen- und Handelsblatt" vor kurzem das Reichs­gericht in Leipzig gefällt. Danach ist jeder Verkäufer verpflichtet, vor dem Abschluß eines Geschäfts die ihm bekannten Mängel des-Gegen- standes des Geschäfts anzuzeigen. Unterläßt er solches, so handelt er arglistig und wird außer der gesetzmäßigen Strafe mit Haftpflicht belegt. Es dürste sich empfehlen, diese Entscheidung auf allen Viehmärkten durch öffentlichen Anschlag bekannt zu geben.

(Warnung vor Weintraubenlaub.) Es ist vielfach gebräuchlich, frisches Obst, Butter, Käse und Fleischwaren in Weinlaub einzujchlagen, um dadurch die Frische zu bewahren. Infolge dieser Verpackung sind aber schon mehrfach Kupfer­vergiftungen vorgekommen. Da man be­kanntlich die Weinblätter mit Kupfervitriollösung begießt, so bleibt auf den Blättern ein Nieder- schlag von Kupfer zurück, der sich mit der natürlichen Säure des verpackten Obstes oder Milchproduktes zu essigsaurem Kupfer verbindet, welches der Gesundheit schädlich ist. Diese Art der Verpackung sollte daher unterlassen oder die Weinblätter zuvor gründlich abgewaschen werden.

(Der Humor im Standesamt.) Auch in dentraulichen" Räumen des Standesamts spielt der Humor eine Nolle. Brachte da vor Kurzem in Berlin einer unserer bedeutsamsten jüngeren Musiker die Geburt seines ersten Spröß- lings persönlich zur Anzeige. Der Meister, groß von Können, aber klein von Statur, sicht sehr jung aus, umsomehr, da sein Mund vom Bart nicht beschattet ist. Als er die Brust ge- schwellt von Vaterstolz, dem Beamten die Ge­burtsmeldung machen wollte, sagte dieser, indem er ihm wohlwollend auf die Schulter klopfte: Ja, Kleiner, da muß Dein Vater aber doch selber kommen!"

(Recht fatal.) Referendar:...Gnädiges Fräulein, essen Sie gerne Käse?" Lieutenant: Fataler Mensch, das! Schnappt einem Thema vor der Nase fort!"

(Bedauerlich.) Wirt (der ein neues Faß angezapft): Sacra, is dös a' Bier! . . .Ahhh! . . . Schad', daß man's verkaufen muß!

(Widerruf.)Ich habe gegen Herrn S. den Vorwurf erhoben, er trinke mit Vorliebe eines über den Durst. Derselbe ist grundlos.

Auflösung des Scherz-Rätsels in Nr. 141.

Chorist (Chor ißt.)

Silben-Rätsel.

Der erste färbt, die zweite will,

Daß jemand sei ganz mäuschenstill;

Das Ganze ist bekannt

Als mitteldeutsches Land.

Telegramme.

Bad Kochel (im Kochelsee), 14 . Septbr. Vorgestern Abend brannte der größte Teil des Badeetablissements nieder. Die Sommergäste retteten ihre Habe. Das Inventar des Bades konnte auch noch gerettet werden.

Wien, 14. Sept. Die Kabinetsbildung Badeni wird nicht vor Ende ds. Mts. perfekt.

Paris, 14. Sept. Im Südbahn-Prozeß wurden 3 Angeklagte freigesprochen.

Bukarest, 14. Septbr. Der türkische Dampfer Ismail, welcher im Schwarzen Meere mit einem englischen Dampfer zusammenstieß, ist untergegangen. 60 Personen sind ertrunken.

Newyork, 13. Sept. DerNewyork Herald" meldet aus Tegucigalpa (Honduras), daß dort ein schreckliches Erdbeben stattge­funden hat. In Ictapan gab es über 300 Ge­tötete. Es begann am 8'. September, hörte am 10. auf und wiederholte sich in der darauf­folgenden Nacht unter einem einer schweren Kanonade gleichenden Getöse. Der Schrecken ist groß. Wie verlautet, sind in Jetapan 71 Häuser zerstört; 153 Leichen sind gezählt, viele werden noch vermißt. In Corajunca sind 37 Häuser zerstört und 95 Menschen getötet. In Cayusca sind 111 Leichen gezählt.

Redaktion, Druck und Verlag von C.^Meeh in Neuenbürg.