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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg, 31. Aug. Im Anzeigen­teil des vorliegenden Blattes finden die Leser Wiederholt Einladung und Programm für die Sedan fei er. Es tritt nun insoferne eine Abänderung ein, als der Festgottesdienst nicht im Schloßhofe, sondern im Schloßgarten stattfinden wird, da Hr. Graf v. Uxkull in der Erwägung, daß der Hofraum des Schlosses viel- leicht doch nicht genügend groß sein würde, den Schloßgarten gütigst zur Verfügung gestellt hat. Sollte wider Erwarten am Sonntag vormittag regnerische Witterung eintreten, so müßte der Gottesdienst im Schloßkirchle abgehalten werden. Weiter machen wir darauf aufmerksam, daß infolge heute noch gespendeter freiwilliger Bei­träge zur Einleitung der Sedanfeier ein brillantes Feuerwerk veranstaltet werden kann und zwar wird dasselbe am heutigen Samstag abend von 8 Uhr an (nach eingetretener Dunkelheit) bei dem oberen Steinbruch an der Steige zur Wilhelms­höhe abgebrannt werden.

Neuenbürg. (Eingesandt.) Seitder Gottesdienst in der Kirchhoskapelle abgehalten wird, gehen viele Bewohner der Wildbader Straße und des Vorstädtle am Sonntag den Weg beim Rupp'jchen Hause zum Kirchhof. Dieser Weg ist schon länger in einem solch' miserablen Zustand, daß er fast nicht mehr be­gehbar ist. Die Unterhaltung dieses Wegs liegt allerdings den angrenzenden Güterbesitzern ob, worauf die Stadtgemeinde ihre Unthätigkeit be­gründet. Im Hinblick jedoch, daß dieser Weg zur Zeit auch von Anderen als den Güterbe­sitzern stark begangen wird und daß, wie oben bemerkt, die Besucher des Gottesdienstes diesen Weg machen, wird die Bitte nicht unbillig sein, es möge die Gemeinde den Weg reinigen und ausbessern lassen. Ueberhaupt dürfte in dieser Beziehung mehr gethan werden. Zur Zeit lagern am Kirchhofweg und auf dem Kirchplatz Haufen von Schutt und Steinen, deren Beseitig­ung der Gemeindebehörde obliegt.

Neuenbürgs 31. Aug. (Schweine­markt.) 30 Paar Milchschweine wurden bei flauem Handel zu Mark 16. bis Mk. 21.50 das Paar verkauft.

Deutsches Reich.

Der Tag von Sedan.

Die fünfundzwanzigste Wiederkehr des Tages von Sedan weckt alle deutschen Herzen weit und breit zum dankbar freudigen Jubelfest. Was wir feiern, ist nicht die furchtbare Schlacht, in der so viel Ströme Blutes geflossen sind. Aber die Erinnerung an die schweren Opfer, die jener große Tag gefordert hat, giebt unserer Feier einen ernsten Grundton und mahnt uns nach« drücklich daran, daß alles Große und Herrliche in der Welt nur durch selbstlose Hingebung und entschlossenen Opfermut errungen wird. Was wir empfinden, ist nicht der eitle Triumph über den Feind, dessen Macht an jenem Tage zu­sammenbrach. Aber der jähe Sturz, in dem Frankreichs Ruhm damals unterging, wirkt er­schütternd auch auf unser Gefühl und prägt uns die Erkenntnis lief ins Herz, daß die größte irdische Macht zunichte wird, wenn nicht die Ge­rechtigkeit und Wahrheit, der Glaube und die Zucht auf ihrer Seite stehen. Was aber der 2. September 1870 für die deutsche Nation be­deutet, weshalb er von uns als der wahre Jubeltag unseres Volkes begangen wird, das hat der greise Kriegsheld, unser großer Kaiser Wilhelm, am Abend jener Schlacht selbst in die rechten Worte gefaßt, als er den Ruf in die Heimat sandte: Welch eine Wendung durch Gottes Fügung!

Die ganze große Zeit tritt heute vor unsre Augen. Eine tiefe Begeisterung ergriff alle Stände; eine unerschöpfte Freudigkeit, fürs Vaterland zu opfern, erfüllte Jeden; die barm­herzige Liebe, der Kranken und Verwundeten sich anzunehmen, war allgemein. Der Sturm­wind des Krieges riß alle hemmenden Schranken fort. Was Jahrhunderte im deutschen Volke ersehnt, was die edelsten Geister in ihm gehofft, wofür unsre Väter in den Befreiuungskriegen

vergeblich gekämpft das wurde unserm deut­schen Volke in jenen Kriegsjahren zu teil: einig stand es in der Kriegsrüstung dem Feinde gegenüber.

Die ungeheure Schicksalswendung, die sich in dem Tage von Sedan augenfällig enthüllt hat, die ruhmreiche Krönung der heiligsten Be­strebungen unseres Volkes mit dem überraschend­sten, fast märchenhaften Erfolge wird diesen Tag im Gedächtnis der Nation in unauslösch­lichem Glanze leuchten lassen. Vor allen blutigen Ehrentagen jenes großen Krieges zeichnet ihn der unvergleichliche Ertrag des Sieges aus: die sofortige Gefangennahme einer riesigen Armee, der letzten, die der Feind in Bereitschaft hatte, zugleich mit dem feindlichen Herrscher selbst. Vor den friedlichen Ruhmestagen jener großen Zeit, der Kaiserwahl, dem Friedcnsschluß, dem Einzug der Sieger in die deutsche Hauptstadt, ist er dadurch ausgezeichnet, daß er in einem wunderbar engen und klaren Zusammenhänge die gewaltige Anstrengung und den herrlichen Erfolg, das heiße Ringen und den kostbaren Gewinn, die menschliche Bemühung und den göttlichen Segen zugleich uns erkennen läßt.

Gottes Fügung hat der große Kaiser dank­baren Herzens den Sieg zugeschrieben. Er so wenig wie die anderen deutschen Fürsten, Heer­führer und Staatsmänner haben es an der eigenen treuen Arbeit und aufopfernden Hin­gebung fehlen lassen. Und das ganze Volk ist ihrem Beispiele gefolgt und hat sein Bestes, Gut und Blut, fürs Vaterland darangegeben. Dankbar genießen wir heute die Früchte jener bittern Kampfesmühen. Aber was diesen Mühen den Erfolg gebracht hat» das war die bei Hoch und Niedrig im Herzen lebende Gewißheit, daß alle Teilnehmer an dem heiligen Streit im Dienste eines höheren Herrn ständen, daß der ewige und gerechte Gott als der wahre Heer­führer den deutschen Fahnen voranziehe, daß die Menschen seine Werkzeuge und Handlanger seien. Dieser fromme Glaube hat den Kämpfern jener blutigen Schlachten den freudigen Mut und das geistige Uebergewicht über die Feinde gegeben. Und der Gott, dem sie in Demut dienten, hat ihren Glauben nicht zu Schanden werden lassen. So ist der Tag von Sedan vor Allem ein Gedenktag der göttlichen Gnaden­erweisung für unser Volk. Er mahnt uns, im Geiste frohen Glaubens und heiliger Pflichttreue für die höchsten Güter des Erdenlebens, Vater­land und Recht und Wahrheit und Sitte ein­zustehen. Und wenn wir zur Sedanfeier fröh­lich bekennen: Gott war mit uns, ihm sei die Ehre! so wollen wir auch zu dem aufrichtigen Gelöbnis uns bereiten: Mit Gott für König und Vaterland! Mit Gott für Kaiser und Reich! Dies Gelöbnis darf am heutigen Feste nicht fehlen.

Wenn nichts Anderes, müßte uns dazu die unabsehbare Reihe derer bewegen, die für uns in fremder oder heimischer Erde als die Opfer des Krieges ruhen, und dazu die Thräncn, die vergossen, das Blut, das geflossen, die Gesund­heit, die vernichtet, die Männerkraft, die damals gebrochen ist. Auch heute geht noch eine Klage darüber durch Vieler Herzen.

Bei solchen Opfern heilig großen,

Nur unsre Lieder?

fragt ein Dichterwort. Nein, es gilt die großen Aufgaben, welche jene große Zeit uns auferlegt, zu erkennen und zu erfüllen. Geeint hat uns Blut und Eisen zu einem Reiche. Wohlan, so laßt uns einig werden in der Liebe zu Kaiser und Reich; einig, die Güter zu pflegen, für welche Jene den letzten Hauch und den letzten Blutstropfen einsetzlen: deutsche Frömmigkeit, deutsche Treue und Wahrhaftigkeit, deutsche Hingabe an die sittlichen Forderungen des christ­lichen Glaubens. Je höher ein Volk steigt, desto tiefer muß die Gottesfurcht in ihm wurzeln, sonst gereicht ihm seine Größe selbst zum Ver­derben.

Württemberg.

S t u t t g a r t, 30. Aug. Wie derSchw. Merkur" von zuständiger Seite erfährt, wird sich Se. Maj. der König am 1. Sept. nach Berlin begeben, um einer schon im Frühjahr

erfolgten und schon damals angenommenen Ein­ladung Sr. M. des Kaisers entsprechend, der daselbst am 2. Sept. stattfindenden großen Parade des Gardekorps anzuwohnen. Seine Majestät bedauert daher lebhaft, an dem für diesen Tag vorgesehenen Feldgottesdienst für die Veteranen im Hose des Residenzschlosses und an dem darauf­folgenden Festmahle in der Gewerbehalle nicht teilnehmen zu können. Dagegen wird Ihre Maj. die Königin dem Feldgottesdienst vom Balkon des Residenzschlosses aus anwohnen. Zur Erinnerung an die Teilnahme der württ.

! Felddivision an den glorreichen Ereignissen der Jahre 1870/71 werden noch besondere Feiern am 2. Dezember stattfinden. Aehnlich wie für Preußen wurde durch das Staats­ministerium angeordnet, daß, soweit die Natur und die Bedürfnisse des einzelnen Betriebes es überhaupt gestatten, alle denjenigen Bediensteten, welche am Kriege 1870/71 teil­genommen haben, der diesjährige ganze Sedan­tag, den übrigen aber der Nachmittag fr ei ge­geben und in beiden Fällen der Lohn unver­kürzt, gleich als ob gearbeitet wäre, gezahlt werde.

Stuttgart, 24. Aug. Die Umbauten, welche im Sitzungssaal der Kammer der Abge­ordneten projektiert find, sollen anfangs Sept. in Angriff genommen werden. Sie erstrecken sich sowohl auf den Saal selbst als auf die Galerien. Der elftere wird in der Mitte, d. h. in demjenigen Teil, welcher sich dem Präsidenten­sitz gegenüber befindet, einen Ausbau gegen den Hof erhallen, so daß der Wandelgang hinter den Sitzen der Abgeordneten teilweise eine Er­weiterung erfährt. Was die Gallerte anbelangt, so ist bekanntlich auch eine teilweise Erweiterung derselben geplant und sollen für die Folge statt der bisherigen einen, recht schmalen Stiege, zwei Treppen vom Hofe aus hinaufführen. Wegen dieser Umbauten, die doch immerhin eine geraume Zeit in Anspruch nehmen, wird es jedenfalls November werden, bis an eine Wiedereinberuf- ung der Stände gedacht werden kann.

Untertürkheim, 29. Aug. Ein Bei­spiel für den Heuer sehr geringen Obstertrag bietet der Verkauf des hiesigen Gemeindeobstes, für das nur 36 erlöst wurde. Es ist dies ein bedeutender Ausfall für die Gemeindekasse, die in anderen Jahren schon 34000 und darüber eingenommen hat.

Weinsberg, 27. Aug. Unsere Wein­gärtner fangen an freudig aufzuatmen, nachdem die Hoffnungen auf einen guten Weiuherbst immer mehr scheinen in Erfüllung gehen zu wollen. Man sieht jetzt schon, zumal in den mittleren und unteren Lagen völlig ausgereifte Trauben und auch die Quantität ist in diesen Lagen eine günstige, Den Tag über wolken­loser Himmel mit entsprechenden Hitzgraden bis zu 25° U. und des Nachts ein ausgiebiger warmer Regen, wie wir das in letzter Zeit des öfteren erlebten, thuen wahre Wunder am Wein­stock. Unter diesen Umständen und wenn die Witterung so anhält, wird schon in 34 Wochen hier die Weinlese beginnen. Dagegen ist zu be­dauern, daß der Obstertrag ein äußerst geringer sein wird, da Aepfel, wo solche vorhanden sind, ^ jetzt zu Tausenden unreif abfallen.

Ausland.

Die deutsche Sedanfeier in der Schweiz. In der schweizerischen Presse wird keineswegs durchgängig die Meinung ausgesprochen, als hätten die Deutschen in der Schweiz bei ihrem großen Nationalfeste, der Sedanfeier irgendwelche Rücksichten auf irgendwer: zu nehmen. Im Gegen­teil! Das Tagblatt der Stadt St. Gallen schreibt: Die schweizerische Nation. die sich in ihrer eignen nach langen Kämpfen und Wirren er­rungenen nationalen Einheit so gerne freut und sorgsam über derselben wacht, erblickt in der festlichen Erinnerung an das große, geschichtliche Ereignis, durch welches ein benachbartes, mit ihr in freundschaftlichen Beziehungen lebendes Volk nach den blutigsten Opfern zum gleichen Ziel gelangte, etwas durchaus Selbstverständliches und Natürliches, worüber gar keine Worte zu ver­lieren sind. Auf ihrem Boden sollen die Ange­hörigen aller Völker ihre historischen Tage frei