doch nahm er nach freundlichem Zureden etwas Kaffee mit Rum. In diesem Augenblicke trat sein Advokat neben ihn hin und sagte einige Worte unhörbar für die Umstehenden zu Brüneau, welcher laut genug, um die Aufmerksamkeit darauf zu leiten, antwortete: „Es ist gut. Ich habe es wiederholt eingeübt und werde auf Ihre Frage Antwort geben."
Es war einige Minuten vor fünf Uhr, als sich das Hauptthor des Gefängnisses öffnete, und der Verurteilte trat mit Entschlossenheit und großer Beherrschung seiner selbst auf den Platz heraus, während der Priester vor ihm herging, um Brüneau den zu frühen Anblick der Guillotine zu ersparen, aber noch einige Schritte davon entfernt sah er die furchtbare Maschine und stand einen Augenblick still, aber diese Un- schlüssigkeit währte nur eine Sekunde. Jetzt küßte ihn der Priester, sagte noch einige tröstende Worte, umarmte Brüneau noch einmal und bot dem armen Sünder das Kruzifix zum Kusse, während sich die Tausende von Menschen mit abgenommenem Hute still wie in einer Kirche verhielten. Jetzt bemächtigten sich die Henkersknechte seiner, und rascher, als es gesagt werden kann, ruhte sein Kopf in der richtigen Lage unter dem Messer. Der Advokat stand in unmittelbarer Nähe neben dem Korbe mit Säge- spähnen, in welchen das Haupt nach der Abtrennung fallen muß, dem Scharfrichter gegenüber, und als das Beil gelockert wurde, beugte sich Herr Dominique etwas vor, flüsternd auf Brüneau einredend. Der Kopf hatte noch nicht die Sägspähne berührt, da erfaßte der Rechtsanwalt denselben an den Haaren, erhob ihn bis zur Höhe seines Gesichts und es schien so, als wenn er dem abgetrennten Haupte etwas in die Ohren sagte. Die ganze Zuschauermenge war bei diesem Vorgänge wie vom Donner gerührt, die Truppen blieben gleichfalls unter präsentiertem Gewehr, bis der Advokat langsam, zaudernd und mit Enttäuschung in jeder Miene seines Gesichtes sanft den Kopf Brüneaus genau zwei Minuten vor fünf Uhr den Korb zu- rückthat.
Herr Dominique hielt das Haupt zehn Sekunden in seiner Hand, und wir geben ihm nach den im Anfänge erwähnten Aufzeichnungen selbst das Wort: „Als ich den abgetrennten Körperteil in die Höhe «ahm, that ich dies mit solcher Schnelligkeit, daß der blutige Hals kaum die Spuren von Sägespähnen zeigte, während die Augen weit geöffnet waren und mich allem Anscheine nach mit Intelligenz und Verständnis anschauten. Ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, rief ich: „Antworte, antworte rasch!" Als ich diese Worte sprach, fiel das linke Augenlid krampfhaft zu und erhob sich wieder. Eine andere Sekunde wartete ich, dann wiederholte ich meine Worte, aber nichts bewegte sich, worauf ich erregt ausrief: „Um Gotteswillen, antworte doch, antworte!" Wohl bemerkte ich ein Zucken in den Augenlidern, und die Wimpern bewegten sich wie vom Winde, aber es erfolgte keine Bewegung. Die Gesichtszüge blieben, wie sie waren, die Linien derselben wurden markierter, und sechs Sekunden nach dem Falle des Messers war das Haupt ganz unzweifelhast tot. Meine Anstrengungen, das Geheimnis der Dauer des Lebens nach der Hinrichtung mit der Guillotine zu lüften, waren vergeblich gewesen.
Straßburg, 8. Aug. Dieser Tage waren in den Zeitungen Mitteilungen zu lesen über eine originelle Hundeliebhaberin im Hinterhause des Grundstückes Kleine Markusstraße 4. Die Besprochene richtet daraufhin eine Zuschrift an die Blätter, in der sie bemerkt: „Ich habe außer meinen Katzen nicht nur 17, sondern 21 Hunde, und die kann ich mir zu meinem Vergnügen leisten; denn ich bewohne zwei Stuben und Küche und darin haben wir Platz. Außerdem bin ich nicht „verwitwete Rechnungsrätin", sondern „verwitwete Geheime Medizinalrätin". Doch ein etwas sonderbares Idyll!
Bamberg, 8.Aug. Reicher Kinder- fegen. Ein Bauer in dem nahen Königsfeld,
der bereits mit 11 lebenden Kindern gesegnet ist, wurde von seiner Ehehälfte wieder mit Drillingen, zwei Knaben und einem Mädchen, beschenkt. Hat Der geschaut, als er abends vom Felde heimkehrte!
(Ein Kaninchen-Parlament.) Wie die australische „Review of Reviews" mitteilt, tagte für vier Tage eine Spezialversammlung von Vertretern aller Teile von Neu-Süd-Wales, um ausfindig zu machen, wie die Kauinchenplage am besten zu bekämpfen sei. Bisher hat die enorme Fruchtbarkeit des Kaninchens über alle Verfolgungen, denen es von der Regierung der Kolonie ausgesetzt wurde, triumphiert. Die Regierung hat einmal über 3000 Menschen aus- schließlich mit Kaninchentöten beschäftigt, sie hat 24 000 Kilom. „kaninchensichere" Zäune aufführen lassen, sie hat eine Belohnung von 500 000 ^ für ein Spezifikum gegen Kaninchen ausgesetzt und 200 Vertilgungspläne einlaufen sehen. — Alles umsonst. Nicht weniger als 7 Mill. Acres Land sind infolge des unwiderstehlichen Marsches der Kaninchen in der Kolonie außer Bebauung gesetzt worden. Das erwähnte Parlament kam zu dem Schluß, „daß Nichts helfe, als alles Land mit Eisendraht einzuzäunen, und daß die Pflicht, die Kaninchen auszurotten, künftig vom Staate auf die Grundbesitzer übertragen werden soll, denen dabei alle mögliche Hilfe zu teil werden müsse.
(Woher stammt das Wort Blouse?) Die Umgegend der Stadt Pelusium in Unteregypten gehörte zu denjenigen Landstrichen, in welchen der Bau von Indigo und die Herstellung der damit blau gefärbten Gewänder einen Haupt- gegenständ der Industrie bildeten. Als im Mittelalter die Kreuzfahrer die egyptische Küste berührten, erstanden sie bei ihrer Landung im Hafen von Pelusium, in der Nähe des heutigen Port-Said jene blauen Gewänder, welche sie über thre Rüstung warfen. Man nannte sie Pelusia nach dem Namen des Ortes, und der Name hat sich bis auf die heutigen Tage in dem wohlbekannten französischen Worte Blouse fortgepflanzt.
Deutscher Durst. Am 18. Juni 1658 hielt der zu Frankfurt a. M. bei der Kaiserwahl anwesende französische Gesandte, Marschall von Grammond, ein überaus glänzendes Bankett. Der Wein lief rot und weiß aus mehreren Röhren in große silberne Kessel und Jedermann konnte daraus schöpfen. Hiezu befanden sich besonders die deutschen Handwerksburschen ein, welche die Neugierde aus allen Gegenden Deutschlands herbeigelockt hatte. Die französischen Pagen und Diener machten sich viel Spaß mit ihnen und wollten sie berauscht machen, allein es wollte ihnen nicht recht gelingen, die Kerle soffen immerzu und schienen am Ende so durstig wie am Anfänge.
(Das „zarte" Geschlecht.) Die Stadt Frascati in der Provinz Rom erfreut sich eines Junggesellen-Vereins. Vor einigen Tagen versammelten sich die Mitglieder, um gegen den Luxus und die Launen der Mädchen der Stadt zu Felde zu ziehen; man beschloß, alle putzsüchtigen Damen zu „boykottieren" und ungeheiratet zu lassen. Dieser Beschluß wurde gedruckt und öffentlich angeschlagen. Darauf zogen die entrüsteten Mädchen zum Klubhause ihrer Feinde, rissen die Manifeste los, drangen in die Klub- räume ein und brachten den anwesenden Junggesellen durch Prügel die Grundregeln des Umgangs mit Damen bei.
(Schaukelstuhl mit Buttermaschine.) Der Amerikaner ist immer praktisch und sucht, wo es irgendwo angeht, das Nützliche mit dem Auge- nehmen zu verbinden. Das beweist wieder einmal der Schaukelstuhl mit Buttermaschine, als dessen Erfinder sich Joseph F. Richardson in Birk's City, Kentuky, rühmen kann. Der Schaukelstuhi ist breiter wie das Möbel, welches nur dem Faulenzen dient, und es ist neben dem Sitz das Butterfaß angebracht, in welchem durch die Schwingungen des Stuhls die Butter abgeschieden wird. So kann die Dame des Hauses
sich auf dem sanft wiegenden Stuhl dem Genuß > eines Romans hingeben und braucht nur ab ! und zu einen Blick in das Butterfaß zu werfen. Wenn sich Held und Heldin gefunden haben, ist auch die Butter fertig. (Mitgeteilt vom Patent- bureau Otto Wolfs in Dresden.) Abonnenten dieser Zeitung erteilt das Bureau kostenfreie Auskunft über Patent-, Marken- und Musterschutz. __
(Die letzte Neuheit auf dem Gebiete der Kopfbedeckungen, wenn auch nicht aus Paris, ist jetzt vielfach zu bemerken: Pferde mit Strohhüten zum Schutz gegen die Sonne. Der Halt der Hüte wird dadurch ermöglicht, daß da, wo die Ohren zu stehen kommen, Löcher angebracht sind, durch welche die Ohren gesteckt werden und so die Hüte weder vor- noch rückwärts rutschen können. Es schützt auf diese Art der Hut direkt den Kopf und durch eine etwas vorstehende Blende auch die Augen vor den Sonnen- !
strahlen. Das Modell zu diesen Hüten stammt '
aus Bordeaux! dort ist fast jedes Pferd zur heißen Jahreszeit mit einem solchen Hut versehen. I
(Ueble Laune.) Nie und nirgends soll der Mensch übel gelaunt sein. Unwillig magst du sein — traurig, auch zornig; das ist alles oft am rechten Platz; — aber üble Laune ist ein giftiges Insekt, das seine Eier in die Puppen unserer schönsten Freuden legt. Wenn der Schmetterling der heiteren Stunde die harte Hülle abwirft, ist nichts darin als eine häßliche Schmeißfliege. Was die üble Laune noch verstärkt, ist das Gefühl — Unrecht zu haben. !
(Kravatten aus Stroh) sind das neueste, was die Aargauische Strohindustrie in den Handel bringt. Wie wir durch das Intern. Patentbureau von Heimann u. Co. in Oppeln erfahren, sind diese Kravatten sehr dauerhaft, billig und überaus geschmackvoll. Der Erfinder dieser Neuheit ist die Firma Joh. Meier in Bremgarten und wird diese Kravatte in Kürze einen lukrativen Handels- und Exportartikel bilden. ^
(Zinnwaren zu putzen.) Hochglanz auf - Zinngeschirr läßt sich erzielen durch Putzen desselben mit einer Mischung aus Kleie und ganz feingcpulverter Kreide. Hinterher nimmt man noch ein tüchtiges Abreiben mit einem weichen, reinen Lappen vor, worauf der Glanz sich zeigt, vorausgesetzt, daß das Zinn nicht mit derartigen metallischen Beimengungen verunreinigt war, welche das Entstehen des Metallglanzcs überhaupt unmöglich machen oder doch beeinträchtigen.
Einen eigentümlichenTric, umsein Theater zu füllen, benutzte Direktor Rizollo in Terni. Die Anschlagzettel lauteten nämlich: „(Nicht für junge Damen!) Heute zum ersten Male: „Der Riegel", Posse von Blum und ! Tochö". Und überdies war die Bemerkung hin- ! zugefügt: „Dieses Stück eignet sich absolut nicht i für junge Mädchen. Wir warnen daher die p. t. Mütter und Väter davor, ihre Töchter mitzubringen." Und was war die Folge? Die ! Die p. t. Töchter blieben zwar zu Hause, dafür strömte aber fast Alles, was in Terni Mutter oder Vater war, in's Theater — und das Geschäft war gemacht.
(Die Hebamme auf dem Rad.) Als „Neuestes" auf dem Gebiet des Radfahrens verdient mitgeteilt zu werden, daß zu Asberg, in der Bürger- !
meisterei Mörs Land, sich eine Hebamme zur !
Ausübung ihres Berufs eines Fahrrades bedient.
(Nur zwei Sorten.) Korporal: Einjähriger! Was haben Sie da in der Schachtel! — Einjähriger: Zahnpulver! — Korporal: „So: Zahnpulver! Schauen Sie, daß Sie damit ver! schwinden! Der Soldat kennt nur zwei Pulver- Schießpulver und Insektenpulver!
(Falsch aufgefaßt.) Dienstmädchen (zur Frau Rätin): „Fräulein von Berg läßt sich für heute abend entschuldigen; sie kann wegen Schnupfens nicht kommen!" — Rat (erstaunt): „Was. die — schnupft?"
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.