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bekömmlichkeit immer mehr Aufnahme findet. Der Wein verspricht im allgemeinen eine Mittel­ernte bezüglich der Quantität, die Qualität dürfte, wenn nicht noch ein kühler September Schaden verursacht, eine vorzügliche werden.

Stuttgart. 26. Juli. Bevölkerungs­zahl der 12 größten Städte Württembergs nach der Zählung vom 14. Juni d. I. (die Zahlen in Klammern geben den Stand vom Jahr 1890.) Stuttgart 151 300 (139 817); Ulm 39 100 (36194): Heilbronn 32 438 (29 941); Eßlingen 23 302 (22 204; Cannstatt 22 089 (20 265); Reutlingen 19561 (18 542); Ludwigsburg 19 146 (17 420); Gmünd 17 761 (16 818); Göppingen 18 100 (14 353); Tübingen 13 890 (13 272); Ravensburg 12 207 (12 267); Tuttlingen

11 131 (10 092).

III. württ. Flaschner-Fach-Ausstel­lung Ulm a. D. Vom 10. bis 20. August wird hier in Ulm die III. württ. Flaschner-Fach- Ausstellung abgchalten werden. Als Ausstel- lungsraum dient die städtische Knaben- Turn Halle hinter dem Gymnasium (Kasernen­platz), sowie zwei provisorische Hallen für Unterbringung der Maschinen, Motoren u. s. w. Es werden im Ganzen 100 Aussteller mit ca. 500 gm. Platzbedürfnis vertreten sein, darunter die größten Firmen des Flaschnergewerbes und der mit demselben in Beziehung stehenden Fabrikationszweige. Aber auch aus den Kreisen der kleineren Handwerksmeister wird sich eine namhafte Zahl an der Ausstellung beteiligen. Dieselbe wird alle Erwartungen übertreffen, so daß ein getreues Bild der Leistungen des Spenglergewerbes geboten wird. Besonders zahlreich find die Maschinen und Motoren ver­treten. Die Ausstellung selbst wird 12 Abteil­ungen enthalten. Besondere Beachtung verdient auch die mit der eigentlichen Ausstellung ver­bundene Ausstellung von Gesellen- und Lehrlings­arbeiten. Die Prämierung erfolgt durch Medaillen nebst Diplomen. Mit der Ausstellung ist eine Lotterie verbunden. Die Eröffnung erfolgt Samstag den 10. August vormittags 10'/, Uhr durch den Ehrenpräsidenten Hrn. Oberbürger­meister Wagner. Da während der Dauer der Ausstellung auch der süddeutsche Flaschner- Verbandstag und der Verbandstag des württ. Schutzvereins hier abgehalten werden, so wird es der Ausstellung gewiß nicht an Besuchern fehlen.

Bietigheim. 1. Aug. Die Wiederkehr des Sedantages soll auch hier in größerem Umfange gefeiert werden. Um den Veteranen es zu ermöglichen, an der zu veranstaltenden 25 jährigen Jubiläumsfeier sich zu beteiligen, haben die bürgerlichen Kollegien beschlossen, den­selben zur Teilnahme am Festessen einen nennens­werten Beitrag zu gewähren. Die heißen Tage brachten uns gestern einen wolkenbruch­artigen Regenguß, bei dem die Straße fünf Minuten lang einem kleinen Bache glich. So stark war an einigen Plätzen der Straße das Wasser, daß sogar Pflastersteine aufgeriffen wurden. Doch that der Regen keinen allzu­großen Schaden. Die warme, nasse Witterung begünstigt die Trauben sehr. In mehreren Weinbergen sind bereits gefärbte Trauben zu sehen.

Ausland.

Die Franzosen sind äußerst ärgerlich darüber, daß die Expedition auf Madagaskar fast gar nichts von sich hören lasse und daß das Wenige, was man durch Privatmeldungen er­fährt. nichts weniger als günstig lautet. Ein Schiff voll verwundeter und kranker Soldaten und Offiziere jener Expedition ist aus Mada­gaskar nach Frankreich zurückgebracht worden und nun untersuchen die Blätter mit großer Leidenschaftlichkeit, wer die Schuld an dieser schwierigen Lage der Expedition trägt, welch' letztere nicht vorwärts kommen kann. Die oberste Leitung der Expedition wurde seiner Zeit von der Kammer dem Kriegsministerium übertragen, wodurch dem damaligen Marineministerium, dessen oberster Leiter der jetzige Präsident Faure war, arg vor den Kopf gestoßen worden ist. Dieses läßt das Kriegsministerium schalten und kümmert sich nicht mehr um die Sache, während anderer­

seits das Kriegsministerium sich über die mangel­hafte Unterstützung seitens der Marineverwaltung bitter beschwert. Das kann nach und nach ge­mütlich werden und wenn schon bei einem so kleinen Krieg die französischen Ministerien gegen­einander operieren, wie soll das erst bei einer größeren Expedition werden. Die Franzosen möchten gern die egyptische Frage wieder auf- rollen, um die englischen Truppen aus Egypten hinaus zu komplimentieren; aber die Engländer werden sich das schwerlich bieten lassen und zu einem förmlichen Krieg mit England werden sich die Franzosen kaum entschließen können, weil dann der allgemeine europäische Brand sofort zum Ausbruch käme. Der Kriegsminister, General Zurlinden, hat seinen Urlaub unterbrochen und sich von Aix-les-Bains nach Paris begeben, um gemeinsam mit seinen Kollegen zum Ministerrat nach Havre zu reisen.

Während der thatsächliche aber von den Mächten nicht anerkannte Fürst von Bulgarien noch immer nicht den Mut hat, nach Sofia zu­rückzukehren. zeigen sich daselbst immer bedenk­lichere Erscheinungen. Der sanatisierte Pöbel veranstaltet bereits Kundgebungen zu Ehren von seiner Zeit rechtmäßig zum Tode verurteilten Verschwörern und Mördern und die Sofiaer Polizei wagt nicht dagegen einzuschreiten. Wäh­rend weiterhin die bulgarische Regierung ver­sichert, daß sie mit dem Aufstande in Macedonien lediglich nichts zu thun hat, verhindert sie auch nicht, daß für die bei diesem Aufstand schon ge­fallenen bulgarische Offiziere und Freiwilligen ein öffentlicher Trauergottesdienst in der Ka­thedrale von Sofia abgehalten wird. Nebenher gehen die Kundgebungen der Anhänger Stam­bulows, welche mit geradezu erdrückendem Be­weismaterial in die Oeffentlichkeit treten, woraus hervorgeht, daß Prinz Ferdinand wenigstens moralisch für die Ermordung Stambulows einen großen Teil der Schuld trägt. Diese Zustände sind unhaltbar. Der jetzige Ministerpräsident Stoilow wird deshalb auch zurücktreten.

Paris, 31. Juli. In der gestrigen Sitz­ung der Akademie der Wissenschaften hielt Dr. Charrin einen Vortrag, um aufzuweisen, daß tierische Zwerggebilde nicht im Spiel des Zu­falls sind, sondern daß die Verkümmerung ihre Ursache in der mikrobenhaltigen Nahrung der Erzeuger habe. Charrin stellt die Behauptung auf, daß der durch Mikroben behinderte Ernähr­ungsprozeß auch auf die menschliche Nachkommen- schaft einwirke, so daß also die Geburt von Zwergen als Resultat der durch Mikroben auf­gehaltenen Entwicklung zu betrachten sei. Dr. Charrin versprach über dieses Thema ausführ­lichere, dokumentierte Mitteilungen zu machen.

Rom, 30. Juli. Laut Nachrichten aus Forli (Romagna) wurde daselbst die erste rauch- lose Eisenbahnlokomotive in Betrieb gesetzt. Der Erfinder derselben ist der Ingenieur Mugno.

Aus Frankreich, 31. Juli. Ein aus Nordosten kommender Wirbelstum von ganz ungewöhnlicher Heftigkeit hat den Südosten dcs Ionne-Departements verwüstet. Der Schaden ist sehr beträchtlich, die Ernte völlig vernichtet, mehrere Menschen sind verletzt.

New-Aork, 1. August. Ein Wolken­bruch verheerte die Umgegend von Socorro in Neu-Mexiko. Acht Menschen ertranken, viele werden vermißt, der Schaden beträgt nahezu drei Millionen Mark.

Adelaide (Colorado), I. August. Ein Wolkenbruch zerstörte fünfzig Häuser, drei Menschen ertranken.

Casgar (Wyoming), 1. August. Ein Wolkenbruch ertränkte vier Personen und richtete bedeutenden Schaden an.

Vermischtes.

(Mit einer wunderhübschen Hundstagsge­schichte) wartet dieSchles. Jtg." ihren Lesern auf. In einer Pöpelwitzer Fabrik war dieser Tage ein jugendlicher Fuchswallach, der sonst vor dem Spazierwagen des Besitzers zu gehen pflegte, krank geworden. Er litt an einem Rachenkatarrh und einer Halsdrüscnentzündung, war am Halse operiert worden und spazierte

nun den ganzen Tag mit einem großen Tuch als Revierkranker im Hofe umher. Aus der Mauer des Fabrikgebäudes ragt an der Hofseite des Fabrikgebäudes das Dampfablaßrohr der Keffelpumpe hervor, aus welchem während der Thätigkeit der Pumpe immer Dampf und sieden­des Wasser entweichen, und für dieses Ablaß­rohr zeigte der vierbeinige Patient seit einigen Tagen eine auffällige Vorliebe. Jedesmal wenn die Pumpe arbeitete» stand er mit weit geöff­netem Maul draußen vor dem Rohr und zog mit Behagen die warmen Dämpfe ein. Offen­bar brachten diese seinen Schmerzen eine gewisse Linderung, und das kluge Tier benutzte nun regelmäßig das Dampfablaßrohr als In ha- lations-Apparat. Heute vormittag war nun der Kesselheizer sehr erstaunt, als plötzlich der kranke Fuchswallach in den Kesselraum trat und ihn mit Blicken ansah, die eine stumme Bitte zu bedeuten schienen. Um diese Stunde pflegte nämlich sonst die Dampfpumpe zu gehen; heute aber war sie ausnahmsweise schon früher in Betrieb gewesen, während das Pferd noch im Stalle lag, und der Patient, der die ge­wohnte Jnhalationskur schmerzlich vermissen mochte, war erschienen, um den Kcsselheizer an die Ausübung seiner tierärztlichen Praxis zu mahnen." Vielleicht entschließt sich der kluge Fuchswallach dann zu einer Nachkur in Wöris- hofen

W e i ß e n b u r g, 30. Juli. In Klimbach sollte heute eine Hochzeit stattfinden, zu der schon seit einigen Tagen große Zurüstungen ge­macht wurden. Der Kuchen war gebacken, der Wein lag glanzhell im Keller, das Fleisch war gestern schon auswärts gebracht worden, und auch die Gäste waren alle geladen. Da, heute Morgen strikte der Bräutigam. Er wollte nicht mehr. Die allgemeine Bestürzung kann man sich denken.

(Eingemachte Früchte vor dem Verderben zu schützen.) Sobald die gefüllten Gläser abgc- kühlt und mit Rumpapier versehen sind, wischt man mit einem sauberen Tuche die Ränder trocken ab. Von weißem Seidenpapier werden passende runde Blättchen geschnitten, der Rand des Glases wird mit Eiweiß bestrichen» und ein weißes Blättchen darauf geklebt. Dies wieder­holt man auf demselben Glase etwa dreimal, so daß die Blättchen fest übereinander liegen. Ist man mit allen Gläsern auf diese Weise fertig, so verbindet man sie wie sonst sicher mit ange­feuchtetem Pergament-Papier.

(Aus einem Soldatenbrief.j Liebe Eltern! Schickt mir sofort meine Manschettenknöpfe, die ich bei Euch zurückließ. Das 5 Kilo-Paket i könnt Ihr ja mit Schinken und Wurst ausfüllen. ! Euer Johann. l

(Beim Bankett.) Dame: Herr v. Pichler ! benimmt sich mit einem Male so sonderbar, ich glaube gar, er ist berauscht." Herr:Ist es ein Wunder, da er neben Ihnen sitzt, schönes ' Fräulein, da muß er ja berauscht werden!"

(Ein Eiferer.) ....Ja. wenn es nach mir ginge, müßten alle Gasthäuser abgeschafft

werden.".:Aber Sie Herr .... .

gehen doch jeden Abend".:

Ja, das ist eben das Niederträchtige, daß man durch die Existenz der Wirtshäuser verlockt wird, immer wieder hinzugehen.

Telegramme.

Pilsen, 2. August. Die Mälzerei des hiesigen Bürger!. Bräuhauses, die im vorigen Jahre neu erbaut und der Vollendung nahe war, steht seit 10 Uhr vorm, in Flammen. Es fehlt an Wasser. Der Schaden wird auf eine Million geschätzt. Ein Feuerwehrmann wurde getötet, 2 verletzt.

Belgrad, 3. August. Nachrichten aus griechischer Quelle wollen wissen, daß die mace- donische Bewegung nach Epirus verpflanzt wird.

Sofia, 3. August. Matakiew, ein Freund Stambulows und Führer der Liberalen, wurde gestern von Mördern überfallen und durch Dolchstiche tötlich verletzt.

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Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.