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zu wünschen übrig. In körperlicher Beziehung macht sich beim Fürsten große Niedergedrücktheit bemerkbar. Diese und die wieder heftiger auf­tretenden Gesichlsschmerzen haben den Appetit bedeutend herabgeminderl, so daß der Fürst seit einigen Tagen nur flüssige Nahrung zu sich nimmt. Graf Herbert Bismarck ist in Friedrichsruh eingctroffen.

Mit der Feier der großen patriot­ischen Gedenktage anläßlich des 25jährigen Jubiläums der deutschen Siege im Jahre 1870 ist in Bayerns Hauptstadt München am Sonntag in herrlicher Weise begonnen worden. Es fand an diesem Tage die Weihe der vom Prinzregenten Luitpold anläßlich der 25jährigen Wiederkehr der Sicgestage dem bayerischen Veteranen-, Krieger- und Kampfgenoffen-Bund gestifteten prächtigen Bundesfahne statt. 400 Vereine zogen zur Teilnahme an der Feier in die Ludwigskirche, wo in Gegenwart der Prinzen Leopold und Arnulf, der Minister v. Crailsheim, v. Feilitsch, v. Asch und der Vertreter der Be­hörden und der Stadt die Weihe der Fahne durch den Erzbischof v, Thoma vollzogen wurde. Namens des Prinzregenten übergab Prinz Leopold mit herzlicher Ansprache, in welcher er besonders der Veteranen von 1870/71 gedachte, die Fahne an den Bund, worauf der Bundespräsident, Generalmajor Wagen im Namen des Bundes dankte. Eine großartige patriotische Kund­gebung fand aus ähnlichem Anlasse auch in Baden statt. Dort hielt der Großherzog bei dem in Reilingen am Sonntag abgehaltenen Feste des Militär-Gaues Schwetzingen eine große Rede, in welcher er rühmend hervorhob, was vor 25 Jahren durch Deutschlands Einigkeit und Opfermut Großes für das Vaterland erreicht worden sei. Mit ganzer Liebe und Treue das Wohl des Vaterlandes noch weiter zu fördern, sei auch jetzt noch eine heilige Pflicht, wo der Parteihader so viel verdorben habe.

München. 2. Juli. Einem amtlichen Telegramm zufolge, ist eine große Feuers­brunst in dem Flecken Eslarn in der Ober­pfalz ausgebrochen. Von ungefähr 300 Ge­bäuden sind 150 eingestürzt. Ungefähr 1400 Einwohner sind obdachlos. Das Pfarrhaus ist vollständig abgebrannt, die Schule stark be­schädigt, auch das Schulhaus ist leicht mitge­nommen. Die öffentlichen Kassen und Urkunden sind geborgen worden. Man hat keinen Ver­lust von Menschenleben zu beklagen. Ein Hilfs- komite hat sich bereits gebildet. Der Prinz- regen t bewilligte für die Abgebrannten 6000 ^ (Eslarn, Bezirksamt und Amtsgericht Vohen- strauß. liegt an der böhmischen Grenze, Ober­försterei, Dampfsägemühle, 2609 Einw.)

Albthalbahn Ka rlsruhe-Herren- alb undEttlingen-Pforzhcim. Die An­gelegenheit hat in den letzten Tagen einen bedeutenden Fortschritt gemacht. Das badische Ministerium hat sich freundlich zu dem Entwürfe gestellt und sich bereit erklärt, der Firma Lenz u. Komp, die Konzession für den badischen An- teil zu bewilligen. Die von der genannten Firma gestellten Bedingungen werden mit un­wesentlichen Einschränkungen zugestanden. Als Staatsbeitrag will Baden für seinen Anteil von 53.378 Kilometer den Betrag von 17 500 Mark für das Kilometer, zusammen 934115 Mark ge­währen und man hofft nun, daß Württemberg für seine 3,90 Kilometer den gleichen Betrag, zusammen also 68 250 Mark bewilligen werde. Die Summe der beiden Staatsbeiträge bleibt hinter der Forderung von Lenz u. Ko. (1050000 Mark) um 47 635 Mark zurück, an welchem kleinen Betrag das Vorhaben jedenfalls nicht scheitern wird. Der Bahnausschuß hat in seiner Sitzung vom Donnerstag den 27. beschlossen, die württembergischen Gemeinden anzugehen, daß sie sich bereit erklären, den auf den württemb. Anteil entfallenden Betrag von 68 250 Mark im Notfälle zu übernehmen, wenn der Staat dies zu thun ablehnen sollte, so daß auch diese Frage keine Verzögerung herbeiführen würde. Es soll jetzt eine rührige Agitation in den be- teiligten Gemeinden unternommen werden, damit diese sich zur unentgeltlichen Stellung des Ge­ländes verpflichten.

Württemberg.

Stuttgart, 27. Juni. Die Finanz­kommission der Kammer der Abgeordneten bean- tragt einstimmig, die Exigenz von 120000 ^6 zur Unterstützung des Verbands der landwirt­schaftlichen Genossenschaft und Molkereien unter der Voraussetzung zu verwilligen, daß eine Ver­gleichung zwischen dem Verband und seinen Gläubigern wirklich zu Stande kommt und die Angelegenheit ohne weitere Prozesse erledigt wird. Auch die Forderung zur Unterstützung der Wasser­beschädigten in Balingen und Umgegend mit 400000 -/(L hat die Kommission einstimmig ge­nehmigt.

Schramberg, 1. Juli. Die am 29, und 30. Juni in hiesiger Stadt abgehaltene Hauptversammlung des württ. Schwarzwaldver­eins war überaus zahlreich auch von badischen Vertretern besucht und zeugte von der Anzieh­ungskraft, welche Schramberg für die Vereins­mitglieder besitzt. In der Hauptversammlungs­sitzung wurden die 5 Punkte der Tagesordnung erledigt, und führen wir aus den Verhandlungen nur an, daß H. R.-Anw. Stockmayer aus Stuttgart einstimmig zum Vorstand fürs nächste Jahr gewählt wurde und die Hauptversammlungen alle Jahr, statt wie bisher alle zwei Jahre, ab­gehalten werden sollen. Die nächste Hauptver­sammlung findet in Neuenbürg statt. Beim gemeinschaftlichen Mittagsmahl in derPost" fiel Toast auf Toast, wovon der erste nach patriotischer Sitte Sr. M. dem König galt. Abends war Bankett imEngel", wobei sich unter Gesang und Musik ein gemütliches Zusam­mensein entwickelte; Heller Jubel brach aus, als gegen 10 Uhr abends ein huldvolles Telegramm Sr. M. des Königs als Antwort auf das beim Mittagsmahl abgeschickte Begrüßungstelegramm einlief. Die am 30. Juni ausgeführte Tour nach Triberg und Hornberg, welche wie der erste Tag von prächtigem Wetter begünstigt war, verlief aufs schönste und werden sich alle Teil­nehmer noch lange mit Vergnügen daran erin- ern.

Vaihingen a. E , 28. Juni. Es muß doch allemal wieder Leute geben, die auch auf den plumpsten Schwindel hereinfallen; sonst würden die Briefe, wie dieser Tage einer an einen Einwohner von Seresheim kam, ausbleiben. Schrieb nämlich wieder ein Manuel Laucher, angeblich zu 15 Jahre Kerker verurteilt und derzeit im Militärgefängnis in Madrid, daß er 448000 Pesetas gestohlene spanische Regierungs- ungsgelder in der Nähe von Sersheim vergraben habe und daß der Adressat '/e hievon erhalte, wenn er das Reisegeld für die Tochter des Brief­schreibers und eine Begleiterin einsende unter der Adresse: Sr. D. Jgnacio, Mina, Hotel Paris, Calle Alleha, Madrid, Spanien. Bis jetzt wurde aber das Geld nicht zur Post ge­geben. Das ist der bekannte Schwindel, der seit Jahren immer wieder versucht wird.

(Die Hitze.) Die ziemlich große Trocken­heit, welche seit dem 25. Juni herrscht, hat nach und nach eine starke Erwärmung herbeigeführt. Es ist am 29. die Temperatur in Stuttgart. Friedrichshafen, Hohenheim und Mergentheim auf 29° und in Freudenstadt auf 26°, am 30. aber in Stuttgart auf 32°, in Friedrichshafen auf 31°, in Mergentheim und Hohenheim auf 30° und in Freudenstadt auf 28° gestiegen. Dies ist bis jetzt die höchsterreichte Temperatur des laufenden Jahrgangs. Hinter dem durch­schnittlichen Maximum der Temperatur bleibt dieselbe noch etwas zurück, hinter den allerhöchsten bis jetzt in Stuttgart vorgekommenen Hitzegraden (17. August 1892 mit 36.2°, 16. Juli 1884 mit 35 0°, 28. Juni 1879 und 1. Juli 1891 mit 34.0°) noch um einige Grade. Ungewöhn­lich aber ist die hohe Temperatur der Nächte. Schon in der Nacht vom 29 /30. Juni ging in Stuttgart die Temperatur nicht unter 20 ° zurück, in Mergentheim aber doch auf 14°, in Friedrichshafen auf 17°, in Hohenheim auf 18° und in Freudenstadt auf 15°. Dagegen siel in der Nacht vom 30. Juni/1. Juli das Thermo­meter in Stuttgart nur auf 22°, in Mergent­heim auf 16°, in Hohenheim auf 20°, in

Friedrichshafen auf 17° und in Freudenstadt auf 18°. In Stuttgart wurde die Temperatur von 25° bereits nach */L9 Uhr vorm, erreicht, was zu den äußerst seltenen Vorkommnissen gehört. (St.-Anz.)

Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 1. Juli von dem Vorstand Fritz Kreglinger.) Die Tendenz auf dem Getreideweltmarkt war eine ruhige, doch scheint es, als ob der Rückgang seine Grenzen gefunden hat, denn das Angebot von den Exportländern war keineswegs dringend. Auf den süddeutschen Märkten war auch wenig Geschäft, doch konnten sich die Preise gegen Schluß der Woche behaupten. Wir notieren per 100 Kilogr. Weizen, bahr. 16 Gyrka 16 ^

Azima 16 25 Nikolajeff 16 -tL 50 Kernen

Oberl. Is, 17 50 ^!, sränk. 17 25 Landhafer

11 50 bis 12 -/kL 25 ^j, Albhafer 12 ^ 75

Mehlpreise pr. 100 Kilogramm, inkl. Sack bei Wagenladung: Letztwöchentlich.

Anstand.

Laibach, 2. Juli. Gestern Abend 10 Uhr 26 Minuten erfolgte nach vorhergehendem unter­irdischem Getöse ein starker doppelter, 2 Sekunden andauernder Erdstoß.

Ueber eine schreckliche Katastrophe wird aus Stuhlweißenburg unterm 1. Juli tele­graphisch berichtet: Als 40 Landleute unter der Führung des Oekonomen Franz Pal das hiesige Dampfbad besichtigten, öffnete Letzterer den Dampfhahn, worauf sich der Raum sofort mit heißem Dampf füllte. 25 Personen wurden verbrüht. Gegen Pal ist die Untersuchung wegen Mordverdachts eingeleitet.

Paris, 1. Juli. Seit heute Mittag tobt hier eine große Feuesbrunst Eine große Fabrik von Miliiärausrüstungsstücken ist ein Raub der Flammen geworden. Ein beträcht­licher Teil des Viertels Rochechouart brennt und eine Menge Personen ist verunglückt. Der Minister des Innern, der Polizeipräfckt : nd sonstige Behörden sind auf der Brandstätte. Es herrscht eine große Bestürzung, du ungeachtet der Anstrengungen der Feuerwehr der Brand zunächst noch Fortschritte macht.

Paris, 2. Juli. Der gestern mittag in der Godillotschen Fabrik ausgebrochene Brand, der bewältigt schien, begann 9 Uhr abends wieder. Die bedrohten Häuser wurden geräumt. Die benachbarten Häuser wurden vom Feuer ergriffen; 5 Spritzen waren lhätig. Zwei Ar­beiter der Fabrik und ein Feuerwehrmann wurden neuerdings verwundet. Um Mitternacht war das Feuer gelöscht.

San Francisko wurde, wie schon er, wähnt, am 28 Juni durch eine große Feuers­brunst heimgesucht, die in einem der fabrik- reichsten Viertel der Stadt um 4 Uhr nachts ausbrach; bald waren ca. 80 Häuser niederge­brannt. Emen Augenblick war zu befürchten, daß das Feuer sich weiter uusbreiten und einen noch größeren Teil der Stadt in Asche legen würde. Es gelang der Feuerwehr schließlich, das Unglück auf ein von 4 großen Straßen be- grenztes Gebiet zu beschränken und dies auch nur dadurch, daß sie zu einem außerordenltichen Mittel griff: das Wasser war auf einer Seite ganz ausgegangen und so benützte man zum Löschen etwa 18 000 Gallonen Wein, die in dem Keller der Firma Lachmann vorrätig waren. Der angerichtete Schaden wird auf 8 Millionen

geschätzt. 3 Mann sind gelötet.

Aphorismen.

Am meisten frei von Schadenfreude sind die Direk­toren von Feuerversicherungs-Gesellschaften.

Kleider nach neuester Mode ist man der Welt schuldig, oft aber auch dem Schneider.

Bestellungen

auf den

Gnxthkler

für das eöen begonnene Huartal 1. Juli öis 1. Oktober

können noch bei allen Postämtern und Postboten gemacht werden. In Neuenbürg abonniert man bei der Expedition. Wir bitten unsere Freunde, sich für immer weitere Verbreitung unseres Blattes gütigst verwenden zu wollen.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.