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Bernhard zögerte noch immer, aber sein unbekannter Gönner zog ihn halb gewaltsam mit sich fort in das Innere der raucherfüllten Schänke. Die Männer, welche dort lärmend und zechend an den verschiedenen Tischen saßen, schenkten den Eintretenden nicht die mindeste Beachtung; der Rotblonde aber schien mit den Verhältnissen des Ortes sehr wohl vertraut zu sein, denn er schritt, ohne sich aufzuhalten, einer zweiten Thür zu. die in ein ganz kleines, spärlich erleuchtetes und leeres Hinterzimmer führte.

Hier sind sie völlig unbeachtet und brauchen sich vor Niemand zu genieren, mein Herr," sagte er mit einem gewissen Wohlwollen.Wäre es Ihnen jetzt gefällig mir den Gegenstand zu zeigen?"

Ihnen? Ja haben Sie denn etwa die Absicht, ihn zu kaufen?"

Ich? Wo denken Sie hin! Ich sagte Ihnen ja, daß ich ein armer Familienvater bin Aber unter uns gesagtder Wirt dieser Schänke ist ein Stückchen von einem Hehler. Ich denke, er wird das Geschäft machen, wenn es etwas dabei zu verdienen giebt, und wenn ich ihm für die Folgen einstehe. Der Mann bat viel Ver­trauen zu mir. Er selber läßt sich bei solchen Affären nicht gern blicken, aber er pflegt mich dann zu bevollmächtigen, in seinem Namen zu handeln."

Das Alles klang zwar höchst sonderbar und war nur geeignet, Bernhard's Argwohn gegen seinen freundlichen Begleiter zu erhöhen, aber die Befürchtung, daß er möglicherweise auch diesen Ort unverrichteter Sache werde verlassen müssen, hatte offenbar etwas so Beängstigendes für ihn, daß er sein Mißtrauen und seinen Widerwillen unterdrückte und dem Sommersprossigen den Schmuck wirklich vorlegte.

Dieser prüfte ihn sehr aufmerksam und wiegte dann bedenklich den Kopf.

Schade um die hübsche Arbeit", meinte er, denn die Steine müssen natürlich ausgebrochen werden! Aber was Sie dafür verlangen, mein Freund, ist viel zu viel! Das würde Ihnen ja kaum jemand zahlen, wenn es ein ganz regel­rechtes Geschäft wäre."

Der Schmuck ist nicht nur zweitausend Thaler, sondern wenigstens das dreifache wert."

Gewesen das ist möglich! Heute aber sind die Edelsteine sehr im Preise gefallen! Doch ich werde mit meinem Freunde, dem Schänkwirt reden, Vielleicht ist er gerade bei guter Laune und zeigt sich weniger zugeknöpft als sonst!"

Er ging hinaus, ohne das Halsband mit­zunehmen , und nach Verlauf von etwa einer Viertelstunde, die er damit zugcbracht hatte, draußen vor dem Schänktisch gemütlich ein Glas Glühwein zu schlürfen, kehrte er mit einer gut getroffenen Miene des Bedauerns zurück.

Es ist, wie ich Ihnen sagte, mein Herr! Er will sich auf das Geschäft nicht einlassen, weil es ihm zu gewagt ist. Ein so wertvolles Brillantenhalsband, meint er, fällt Niemanden vom Himmel, und wer sich im rechtmäßigen Be­sitz eines so kostbaren Schatzes befindet, der wartet nicht erst, bis ihm das Messer an der Kehle sitzt, um es dann weit unter dem Wert zu verschleudern. Und daß er es selbst im günstigsten Fall weit unter dem Wert kaufen würde, daraus machte er mir gar keinen Hehl!"

O, wie abscheulich!" konnte sich Bernhard trotz all seiner Selbstbeherrschung nun doch nicht enthalten, auszurufen.Man beschuldigt mich also geradezu, diesen Schmuck auf eine unredliche Weise erworben zu haben, nur um eine Notlage auszubeuten und einen Druck auf mich auszu­üben. Das ist ein schändliches Manöver."

Aber warum ereifern sie sich denn, mein Herr? Sie sind ja nicht gezwungen, den Vorschlag eines Bekannten anzunehmen. Ich glaubte, Ihnen einen Dienst zu erweisen, nichts weiter, und ich hätte meine Unterredungskraft bei dem Wirte ersparen können, wenn ich ge­wußt hätte, daß ich damit so wenig Dank ernten würde."

Der Unbekannte wußte sehr wohl, daß es für den bedauernswerten jungen Mann keine andere Möglichkeit mehr gebe, das kostbare

Kleinod zu verwerten, und eine halbe Stunde später hatte er es angeblich im Aufträge seines Freundes, des Schänkwirts für einen Betrag von achthundert Thalern erworben, die er teils in barer Münze, teils in allerlei abgegriffenen Koupons und anderen, wenig Vertrauen er­weckenden Papieren auf den Tisch gezählt hatte. Der gezahlte Preis stand in der Thal in gar keinem Verhältnis zu dem wirklichen Wert des Kolliers, und es war sehr wohl begreiflich, wenn Bernhard Mühe hatte, seine Thränen zu unterdrücken, als er das Kleinod in die gierig ausgestreckten spinnenartigen Hände seines Be­kannten legte. Da der Rotblonde dabei be- harrte, daß nicht er, sondern der unsichtbare Wirr der Käufer sei, und da er sich sogar noch einmal auf eine kurze Zeit entfernte, angeblich, um das Gekaufte abzuliefern, sah sich Bernhard genötigt, ihm von dem geringen Erlös oben­drein noch eine erhebliche Vergütung für seine Mühewaltung zu zahlen, und es waren erklär­licher Weise nichts weniger als Gefühle der Dankbarkeit, welche er gegen den dienstwilligen Helfer in der Not empfand.

Jener aber schien an seiner neuen Bekannt­schaft desto größeres Wohlgefallen gefunden zu haben, denn er ließ es sich auch jetzt nach dem Verlassen der Schänke nicht nehmen, Bernhard noch ein Stück Weges zu begleiten und mit allerlei Fragen, Bemerkungen und An­erbietungen in ihn zu dringen.

Hätten Sie vielleicht Neigung, heimlich nach Amerika oder Australien zu gehen," fragte er plötzlich ganz unvermutet und geradezu, als er erkannte, daß seine versteckten Anspielungen weder Verständnis noch Beachtung zu finden schienen.Es wäre zwar nicht so leicht zu be­werkstelligen, aber wenn man so viel Geld in der Tasche hat, wie Sie, ist es doch wohl mög­lich zu machen."

Diesmal verhielt sich Bernhard zwar viel vorsichtiger und reservierter, aber auch diesmal konnte er nicht verbergen, daß es allerdings sein sehnlichster Wunsch sei, mit irgend einem Schiff aus dem Hafen zu kommen, ohne durch die Aufmerksamkeit der Polizei belästigt zu werden.

Aber." fügte er zögernd hinzu, als der Rotblonde schon den Mund zu einer beruhigen­den Versicherung öffnen wollte,ich bin nicht allein, und die Dame, welche mich begleiten müßte, ist augenblicklich sehr leidend, so daß sie kaum an eine weite Reise denken darf, noch dazu unter Umständen, welche diese Reise in ihren Augen jedenfalls wie eine Flucht erscheinen lassen. Wir müßten unter allen Umständen erst einige Tage verstreichen lassen, um ihr Zeit zu geben, sich zu erholen."

Gewiß! Und von heute auf morgen wäre es auch ohnedies auch nicht zu machen gewesen; denn es giebt nicht viele Schiffskapitäne, mit denen man solche Geschäfte machen kann, und auch diese wenige sind verteufelt schwierig.I Wollen Sie mir die Sache überlassen, mein Herr?"

Bernhard zögerte zwar mit der Antwort, denn der Gedanke, mit diesem Menschen noch länger in irgend einer Verbindung bleiben zu sollen, bereitete ihm einen unsäglichen Ekel; aber es mochte wohl die Erinnerung an eine andere teure Person sein, welche ihn doch endlich be­stimmte, zu sagen:

Es mag darum sein! Ich werde Ihnen er­kenntlich sein, wenn sie mir die Möglichkeit ver- schaffen, in einigen Tagen auf einem Schiffe unbemerkt nach irgend einem transatlantischen Platze abzureisen."

Und wo würde ich Sie finden, wenn es Zeit wäre, Sie von dem Erfolg meiner Be­mühungen zu benachrichtigen?"

Im Gasthause zur Stadt Lübeck", war die gleichfalls erst nach einigem Zaudern ge­gebene Antwort.Hoffentlich kann ich auf Ihre Verschwiegenheit rechnen und sehe mein Vertrauen nicht getäuscht!"

Der Rotblonde erschöpfte sich in Beteuer­ungen und Versicherungen, daß er treu sei wie Gold und daß es viel mehr die Teilnahme für seinen neuen Bekannten als der Wunsch nach einem Verdienst sei, welcher ihm bestimmte, sich

in dieser Weise seiner anzunehmen. Die Gefahr, in welche er sich selbst damit begebe, wäre ja viel zu groß, um durch die Hoffnung auf einen verhältnismäßig so kleinen Gewinn ausgewogen zu werden.

(Fortsetzung folgt.)

In Schwikarthausen, Reg.°B. Wies- baden, ist eine Taglöhnerfrau, Mutter von 8 Kindern, plötzlich tobsüchtig geworden. In diesem Tobsuchtsanfalle schlachtete sie ein 2 jähriges Nachbarskind ab. Darauf erhängte sie sich im Gefängnisse.

München,18. Juni. Monsieur Blon­din, der berühmteste aller Seiltänzer, der schon wiederholt totgesagt wurde, ist gegenwärtig 72 Jahre alt und schreibt an seinen Memoiren. Den Denkwürdigkeiten eines Seiltänzers darf man jedenfalls mithochgespannten" Erwartungen entgegensehen.

Eisen im Wasser weißglühend zu machen, ja sogar zu schmelzen, haben jetzt zwei belgische Erfinder, Lagrange und Hoho in Brüssel, festgestellt. Es geschieht mittelst Elektrizität auf folgende Weise: Ein gewöhnlicher Holzeimer wird zu dreiviertel mit leicht angesäuertem Wasser gefüllt, dann eine ungefähr 9 Zoll breite und 16 Zoll lange, bis auf den Boden des Eimers reichende Bleiplatte hineingestellt und diese mit dem positiven Pol einer Dynamomaschine von 110 Volt und über 159 Ampores Leistung ver­bunden. Das glühend zu machende Eisen aber wird mit dem negativen Pol der Dynamomaschine verbunden und dann einfach in das Wasser des Eimers gehalten. In demselben Moment, in welchem dies geschieht, wird nun das Eisen so­fort von dem sich aus dem Wasser entwickelnden Wasserstoffgas umschlossen. Diese Gashülle trennt das Wasser von dem Metall und bildet einen Bogen, welcher die umgebende Gasschicht auf eine enorme Temperatur, nämlich ungefähr 4000 Grad Celsius steigert. Hiedurch wird das Eisen fast augenblicklich auf dieselbe Temperatur gebracht. Und diese Glühhitze tritt so schnell ein, daß weder das Wasser noch der oberhalb desselben befindliche Teil des Eisens merklich warm werden, während dieses auf der Ober­fläche des Wassers von einer Flamme des bren­nenden Wasserstoffgases umgeben wird. Auf diese Weise sollen Schmiedeeisen und Stahl, wenn sie lange genug unter Wasser gehalten werden, thatsächlich zu schmelzen lein. Das Prinzip dieser Methode ist dasselbe, wie das bei einem unter Wasser gehaltenen Bogenlicht geltende. Auch dieses brennt im Wasser ganz unverändert, wenn die Verbindung wasserdicht hergestellt wird.

fEin Wink des Schicksals.) Kassierer: Auf diese Karte haben nur Familienmitglieder Eintritt. Ist denn die Dame Ihre Braut? Er (sie verschämt ansehend): Das wäre eigentlich 'ne Idee! (Anders gemeint.) Herr:Nachdem Braten zu urteilen, sind Sie verliebt, Anna!" Köchin (erschreckt):Ist er versalzen?« Herr:Nein, aber das beste Stück ist heraus­geschnitten!" (Höchst unwahrscheinlich) Er (nach dem Theater):Nun, wie hat Dir das neue Stück gefallen?" Sie:Ganz nett. Etwas ist aber unwahrscheinlich. Der zweite Akt soll drei Jahre nach dem ersten spielen und darin kommt noch immer dasselbe Dienstmädchen auf die Bühne."

Unsere Keser

ersuchen wir höflich, das Abonnement auf das

dritte Quartal 1895

bei den Poststellen und Postboten zu erneuern.

In Neuenbürg abonniert man bei der Ge­schäftsstelle, sonst überall bei den betreffenden Poststellen und Postboten.

Wir bitten alle Freunde des Enzthälers für immer weitere Verbreitung thätig zu sein.

Wedaktion u. Werlag des Hnzthälers.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.