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Knterhattender Heil.

Der Hackler von St. Afra.

Erzählung aus Oesterreichs Bergen von Oskar Linden.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Draußen im großen Saal des Gemeinde­gasthauses klangen unterdessen die Walzer und G'strampften", daß es eine Freude war und daß so manches jugendliche Gesicht hochrot und purpurn erglühte. Da mitten in einem Polka- Tanze schob sich die Menge der Tanzenden aus- einander. Eine Ruhe trat augenblicklich ein, welche fast beängstigend wirkte.

Der Schernbacher Toni war im Saale er­schienen. Das genügte den Burschen allen, den Tanz zu unterbrechen. '

Und hobt's a Gurasch

So kummts her, wer sich traut!

Er wird von mir sicher

Auf d' Erd' niedag'haut!"

So tönte es herausfordernd von Toni's Lippen. Doch keiner der Anwesendentraute" sich nicht, selbst auch dann nicht, als der Toni nahe zum Musikantentisch trat und den Musikern zurief:

Holt's aus! Jetzten an' für mich!"

Die erstaunten Musiker unterbrachen die Piöce und sahen den Burschen ganz eigentümlich an. Sie glaubten offenbar der Erschienene sei Verrückt geworden.

Doch vom Gegenteil konnten sie sich sofort überzeugen.

Toni hatte in seine Joppe gegriffen und aus dem Rock einige zerknitterten Papiergulden genommen, welche er auf den Musikantentisch warf.

An' Tanz für mich!" sagte er gebieterisch. Und zwar für mih und mei' Dirn gonz allan!"

Ein Lachen und Kichern der Umstehenden wurde hörbar.

Toni's Blick flog drohend über die Schar der Burschen und Mädchen.

Wos giebts do z'lochen?" frug er.Ich hob mei' Dirn' und werd' mir's a gleich hol'n!"

Mit einem Satze war der Toni nach der zum Gastzimmer und hatte sich vor Rest dort aufgepflanzt. Die Burschen waren dem Kühnen nachgedrängt und standen dicht zusammengepreßt an der Thürschwelle.

Heda Rest" hatte Toni sich an das Mädchen gewandt;drin hob ih an Tanz b'siellt, für Dih und mih! Und jetzten kumm' ih Dih ab- hol'n zum Tanzen!"

Mit diesen Worten war der Bursche ganz an den Schenktisch herangetreten und hatte Resi's Hand gefaßt.

Das Mädchen suchte sich diesem Griffe zu entwinden.

Jetzt hob ih kah Zeit, Toni", entgegnete sie.Kumm' später!"

Na!" erwiderte er trotzig.Du mußt gleih geh'n!"

Ih kann nit, Toni!"

Das Auge des Burschen glühte zornig auf und die Adern an seiner Stirn quollen mächtig empor.

Du kannst nit? Ha' glaubst vielleicht, weil ih ka' Jacken trog mit rote Aufschläg und kan Hut mit aner Hohnerfeder, daß ih Dir z'schlecht bin zum Tanz! Na! Ih bin der Schernbacher Toni und hob von mein Geld mir den Tanz für Dih und mih b'stellt! Also mußt schon mitgeh'n!"

Er hatte auch das Mädchen am Arme er­faßt und suchte es aus dem Schenkverschlage hervorzuzerren.

Rest stieß einen kurzen Schrei des Schmerzes aus.

Laß mih los. Toni! Ih konn nit tonzen! Laß mih los!" bat sie.

Er lachte kurz und roh auf.

Du mußt!"

Mit einem Ruck hatte er sich das arg sträubende Mädchen erfaßt und hob dasselbe aus dem Schenkverschlage in die Mitte der Gaststube.

In diesem Augenblick erhob sich Woller,

welcher bisher der ganzen Szene stumm zuge­sehen hatte und trat ruhig auf Toni zu.

Schernberger, lassen Sie das Mädchen aus!" befahl kurz der Wachtmeister. Der An­blick des Gendarmen versetzte Toni noch mehr in Wut.

Wer konn mir dös befehl'n?" frug er kurz und rauflustigen Auges zurück.

Ich!"

Toni lachte gellend auf.

Niemand! Verstanden! Die Rest muß mit mir zum Tanz!"

Mit diesen Worten schleppte Toni das sich noch immer sträubende Mädchen nach dem Saale.

Doch ganz in denselben kam er mit Rest nicht. Woller hatte denselben am Genick gefaßt und ihm mit fast übermenschlicher Kraft das Mädchen entrissen. Leichenblaß floh Rest von dannen.

' Zitternd stand Toni dem Gendarmen gegen­über. Schon hatte er seine nervige Faust er­hoben, um dieselbe auf den Beamten niedersausen zu lassen; doch im Augenblicke besann sich eines Besseren.

Seine Riesengestalt hoch emporrichtend, trat er ganz nahe an Woller heran.

Das soll'ns mir büßen. Gendarm", knirschte Toni mit geballten Fäusten und verließ den Saal.

Die Musikanten spielten.

Nach einer Weile erschien der Hackler-Toni wieder unter dem tanzenden Volke und mischte sich fröhlich, wie wenn gar nichts vorgefallen wäre, unter dasselbe. Er hatte sich eine Dirne genommen und drehte sich mit dieser wie ein Wirbelwind, so daß es eine Helle Lust war, ihm zuzusehen.

Bis zum frühen Morgen tollte der Schern­bacher und von diesem Tage an schien Rest' für ihn nicht mehr zu existieren.

Desto frischer jedoch blieb dem Wachtmeister die Erinnerung an Toni, denn der Wald- und Wildfrevel nahm geradezu fürchterliche Dimen­sionen an; fast jeden Tag kamen neue Thaten der unbekannten Wilddiebe zu Woller's Ohren und selbst der Förster mußte zugeben, daß das, was jetzt im Reviere geschah, noch niemals vor­gekommen war.

Und eines Tages brachte man Woller mit einer schweren Verwundung nach dem Posten­kommando. Die Kugel des Wilddiebes war dem Wachtmeister von rückwärts in die Brust ge­drungen und einige Bauern hatten die Schwer­verwundeten fast leblos aufgesunden.

Als Rest das vernahm, war sie, alles ver­gessend zu Woller geeilt; doch der Geliebte er­kannte das Mädchen nicht.

Weinend sank dieses an dem Schmerzens­lager Woller's nieder und es kostete viele Mühe die Arme zu beruhigen.

Nur langsam schritt die Genesung des Wachtmeisters vorwärts und es war schon hoch in den Winter hinein, als man sich im Dorfe erzählte, daß des Bürgermeisters Töchlerlein baldigst mit Woller zum Altar treten werde.

Der Hackler-Toni hatte, als man das ihm mitteilte, die Achsel gezuckt und dabei ganz sonderbar gelacht, so heißer und so eigentümlich, daß selbst die Bauern sich eines Kopsschüttelns nicht enthalten konnten.

Mit dem Burschen war eine ganz sonder­bare Veränderuog vorgekommen und zwar seit jener Stunde, wo man den Wachtmeister ver­wundet nach St. Afra gebracht hatte.

Wie früher trug Toni jetzt das Haupt nicht mehr so stolz emporgehoben, sondern er schritt einsilbig und wortkarg durch die Dorfstraße dahin.

Immer seltener und seltener sah man den Burschen. Hoch oben im Gebirge jedoch, dort auf den firnigen Gletschern stieg er umher. Ohne Hut und ohne Joppe, das dichte Haar ein Spiel des scharfen, eisigen Nord, stieg Toni ohne Bergeisen in dem zerklüfteten Gestein um­her. Dann und wann gellte ein abgerissener Juchezer durch die dünne Luft und hallte in der feierlichen Winterslille der Alpen tausend, fach wieder. Die Jäger, welche im Dienste das Revier begingen, sahen oftmals die mächtige Ge­

stalt des Hackler-Toni hoch oben an den äußersten Felsengraten herumklettern und ein Schreck er­faßte die sonst mehr als mutigen Forstleute, wenn sie des jungen Bauern tollkühne Ausflüge bemerkten.

Und dann hieß cs in St. Afra, der Hackler- Toni seinärrisch" geworden.

(Schluß folgt.)

(Die unheilvolle Witterung der letzten Wochen) wurde von dem bekannten Wetter­gelehrten RudolfFalb schon vor einem halben Jahre vorhergesagt. In seinen im Dezember vorigen Jahres erschienenen Wetterprognosen für das erste Halbjahr 1895 (Verlag von Hugo Steinitz in Berlin) sagt Falb bezüglich des Mai: Dieser Monat zeichnet sich durch zahlreihe Ge­witter und hohe Temperatur aus, die uur in der Mitte desselben einen kurzen Rückgang er­fahren durfte. Während die erste Hälfte, mit Ausnahme der Tage üm den 8., ziemlich trocken verläuft, ist die zweite Hälite reich an Nieder­schlägen, die mit Gewitterslürmen auftreten." Ueber den Monat Juni schreibt Falb:Ein böser Monat, gekennzeichnet durch reiliche Nieder­schläge mit häufigen Gewittern bei ziemlich hoher Temperatur. Wolkcnbrüche und Hochwasser treten wiederholt ein. Nur das zweite Drittel dürfte ein gegenteiliges Verhalten zeigen." Speziell über die Tage vom 5. bis 9. Juni, die so vielen Gegenden in Süddeutschland und Oesterreich gefährlich geworden, sagt Falb: Starke Zunahme der Regen und Gewitter, namentlich nach dem 7. Rückgang der Tempe­ratur. Hochwassergefahr tritt ein. Der 7. ist ein kritischer Tag 3 Ordnung." Wenn Dr. Rud. Falb recht behält, so haben wir einen nassen Som­mer zu erwarten. In seinem eben bei Hugo Steinitz in Berlin erschienenen BüchleinWetterprog­nosen für das zweite Halbjahr 1895" bezeichnet er den Juli als regnerisch, in der zweiten Hälfte noch mehr als in der ersten und auch der Au­gust würde sich ganz bis gegen den Schluß hin regnerisch und kühl verhalten.

(Die junge Hausfrau.)Hören Sie, Köchin, ich werde meinem Manne sagen, daß ich heute gekocht habe!"Da müssen wir aber wenig­stens den Braten etwas anbrennen lassen, gnädige Frau sonst glaubt er's nicht!"

(Nur nichts halbes.) ,Studiosus A.:Du, Dein Rock sitzt schlecht, da müssen die Knöpfe versetzt werden. Studiosus B.:Weißt Du, da versetze ich schon lieber den ganzen Rock."

(Der Zug des Herzens). A.:Jst's wahr» Dein Onkel hat Dich enterbt und hinterläßt sein ganzes Vermögen einer entfernten Verwandten?" B.:Stimmt vollkommen; glücklicherweise werde ich mich aber in dieses Mädchen verlieben."

(Durchschaut) Weinwirt (zu einem Stu­denten, der seine Zeche schuldig bleiben will): Bei mir wird prinzipiell nicht gepumpt." Student: An ihrem Wein schmeckt man das aber nicht!"

(Die reifere Jugend). Lehrer:Fräulein Erna, giebt es außer unserm Mond noch andere Monde?" Erna:O ja den Honig­mond."

Telegramm.

München, 17. Juni. Der deutsche Kaiser ist heute früh kurz nach 8 Uhr mittelst Sonderzugs aus Potsdam eingetroffen. Der Kaiser trug die Uniform seines bayerischen Ulanen-Regiments. Er wurde vom preußischen Gesandten Grafen von Monts empfangen. Auch die beiden Münchener Bürgermeister waren anwesend. Der Kaiser fuhr in offenem Wagen in die preußische Gesandtschaft und begab sich alsdann nach dem Königl. Residenzschloß zum Besuch des Prinzregenten und von da zur Be­sichtigung des Ausbaues der kaiserl. Schackgallerie. Die Rückreise dürste heute mittag gegen 5 Uhr erfolgen.

Wien, 17. Juni. Der Kaiser empfieng gestern Nachmittag den österreichischen Minister­präsidenten Fürsten Windischgrätz und sodann auch den Minister des Innern Marquis de Bacquehemin längerer Audienz. Hierauf fand ein längerer Ministerrat statt.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.