Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Wildbad, 13. Juni. Zu den bisher in unserem Lande errichteten meteorologischen Stationen ist eine weitere hinzugekommen die Station Wildbad. Die Ansichten über die klimatischen Verhältnisse unseres Badeortes sind sogar im eigenen Land vielfach irrig, und ob- wohl schon frühere Beobachtungen die Thaisache festgestellt haben, daß Stuttgarts mittlere Jahres­temperatur die Wilddads um kaum 12° über- steigt, so zeigt sich mancher Kurgast ganz er­staunt, wenn er hier im Mai statt Schnee und Eis milden Sonnenschein und prächtigen Blüten- flor findet. Die regelmäßige Vergleichung der hiesigen Beobachtungen mit denen der andern Orte Württembergs erspart hoffentlich dem lieb­lichen Enzthal manchen harten Vorwurf, falls der Himmel sich einmal verdüstert und reichlich Regen herabsendet, wenn nun die Zusammen­stellung dem Unzufriedenen unwiderleglich vor Augen führt, daß seine Heimat vielleicht noch reichlicher damit bedacht wurde. Die Station besitzt außer der üblichen Windfahne, dem Maxi­mal- und Minimalthermometer, dem Hygrometer u. s. w. einen Wolkenspiegel und Sonsienschein- autograph. (St. A.)

Neuenbürg. Ueber die Feier des Dienst» jubiläums des Herrn Aufsichtslehrers Klingen­stein ist uns beim Schluß des gestrigen Blattes noch eine Korrespondenz zugegangen, welche wir mit Rücksicht auf' die beteiligten Kreise folgen lassen wollen: Calmbach. 13. Juni. Eine schöne Feier hat die hiesige Gemeinde ihrem Auf- sichtslehrer Herrn Klingenstein bereitet. Am letzten Samstag waren 25 Jahre verflossen, feit Herr Klingenslein die erste Schulstelle hier be­zog, und zugleich wurde damit das 50jährige Lehrerjubiläum verbunden. Als Zeichen dank­barer Verehrung ließ die Gemeinde dem Jubilar durch eine Deputation ein Dutzend silberne- Löffel im Werte von 100 ^ überreichen. Abends brachte der Liedcrkranz mit dem Kirchenchor ein wohlgelungenes Ständchen mit Fackelzug. Hr. Mittclschullehrer Rau brachte seine und der beiden Vereine Glückwünsche in beredten Worte» zum Ausdruck. Freudig überrascht und tiefge» rührt dankte Herr Klingenstein für die darge­brachte Ovation. Am Montag abend fand die eigentliche Feier im Gasthof z.Sonne" statt. In kurzer gewandter Ansprache schilderte Hr. Schult­heiß Häberlen die Bedeutung des Zusammen­seins. Darnach ergriff Hr. Pfarrer Mayer das Wort, um in längerem, formvollendetem Bortrag die Verdienste des Jubilars allseitig zu beleuchten und brachte als Ortsschulinspektor im Auftrag der Behörde und der Gemeinde die Glückwünsche und den Dank zum Ausdruck. Von den vielen Toasten, die noch folgten, müssen wir ein von Hrn. Dr. Härlin hier selbstver- faßtcs Gedicht erwähnen, welches die Leiden und Freuden des Lehrers trefflich zeichnete. Die Vorträge vom hies. Liederkranz und von einem Quartett Wildbader Lehrer würzten die Feier, dabei mußten wir namentlich den prächtigen Tenor von Hrn. Schullehrer Lächele bewundern. Tags darauf wurde anläßlich einer Konferenz in Höfen Hrn. Klingenstein vom Konferenz- direklor, Hrn. Stadtpfarrer Hartter aus Herrcn- alb und den Lehrern des Bezirks eine Nachfeier veranstaltet. Möge sich der Senior unter der Lehrerschaft des Bezirks, Hr. Klingenstein noch recht lange seiner ungcschwächtcn Gesundheit er­freuen und noch viele Jahre im Segen wirken!

Gräfenhausen, 15. Juni. Morgenden Sonntag findet hier die feierliche Amtseinsetzung des dieser Tage aufgezogenen Geistlichen, Herrn Pfarrer Sauter statt. Mit Rücksicht darauf muß die in der Teilgemeinde Obernhauscn stattfindende Fahnenweihe des Lieder­kranzes insoferne eine Einschränkung erfahren, als vor Beendigung des Gottesdienstes, welcher durch die Investitur ausgedehnt wird, der auf den Vormittag festgesetzte Empfang der Festgäste in aller Stille vor sich zu gehen hat. Die meisten Vereine sind übrigens erst für den Nach­mittag angemeldet.

Altensteig, 9. Juni. Das am Don­nerstag abend nicdergegangene Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen verursachte auch in hiesiger Gegend beträchtlichen Schaden. Die

Verheerungen der Nagold von oben herab bis hierher sind zwar weniger groß; dagegen schwoll der von Egenhausen hcrabkommende Bömbach zum rasenden Strom an, riß Brücken weg, ent­wurzelte Bäume, wälzte diese, sowie zentner­schwere Steine und Geröll in Menge auf die Wiesen. zerstörte zwei Fischweiher und verur- sachte den Sägewcrkbesitzern Maier und Braun am Gebäude und durch Wegschwemmung von Sägholz und Schnittwaren einen Schaden von 6000 von den Zerstörungen an Wiesen und Feldern ganz abgesehen. Auch der Damm der dem Staat gehörigen Monhardter Wasser­stube wurde bedeutend beschädigt.

Pforzheim, 13 Juni. Die Volks­zähler dahier haben beschlossen, beim Abholen der Listen zugleich für die Ucberschwemmlen in Württemberg einzuiammeln.

Pforzheim. 14. Juni. Der Schuhwaren­händler Kaufmann aus Pirmasens hat hier einenAusverkauf" in Schuhwaren etabliert und in pomphaften Anzeigen auf die beispiellose Billigkeit seiner angeblich in zwei eigenen Fabriken mit 500 Arbeitern erzeugten Produkte aufmerk­sam gemacht. 17 hiesige Schuhgeschäfte brachten hierauf die öffentliche Erklärung, daß die Schuh- waren des K. nur Schund sind und Sohlen und Kappen beispielsweise aus Pappdeckel bestehen. Eine Anfrage att das Bürgermeisteramt in Pir­masens, deren Beantwortung ebenfalls veröffent­licht wurde, ergab zudem die interessante That- sache, daß man von einem Schuhfadrikanten Kaufmann in Pirmasens nichts weiß, dieser also mit seiner Behauptung, daß er zwei Schuh­fabriken besitze, einfach geflunkert halte. Trotz- dem hatte K. den Muk, in den hiesigen Blättern bekannt machen zu lassen, daß er sich entschlossen habe noch längere Zeit hier zu bleiben und seinen reellen Ausverkauf fortzusetzen. Nunmehr hat sich aber die Handelskammer der Sache be­mächtigt und in einer eindrucksvollen Bekannt­machung warnt sie das Publikum vor K. und seinem Ausverkäufe. Dem Biedermann dürfte nun doch der Boden hier etwas zu heiß werden.

Deutsches Reich.

Berlin, 14. Juni. Bei d'er Besichtigung des Garde-Kürassier-Regiments und des 2. Garde-Ulanen-Regiments am Mittwoch wurde sehr bemerkt, daß der Kaiser sich auffallend lange mit dem französ. Militär-Artachä unterhielt. Man dürfte vielleicht nicht fehlgchen, wenn man diese Auszeichnung mit der Zustim­mung der französischen Deputiertenkammer in der Kieler und ostasiatischen Angelegenheit in Verbindung bringt.

Berlin, I I. Juni. DerReichsanzeiger" schreibt, die landwirtschaftliche Presse habe neuer­dings unter Hinweis auf das Vorgehen des bayerischen Kriegsministeriums gewünscht, daß seitens der preußischen Militärverwaltung der Bedarf an Bcotfrucht und Fourage direkter von den Produzenten bezogen werde. Dies sei bisher schon geschehen. Die preuß. Militärverwaltung sei seit Jahren bemüht, den unmittelbaren Verkehr mit den Produzenten zu heben. Mannigfache Erleichterungen seien bei der Ausführung der Lieferungen zugestanden, das Ankaufspersonal auf die Förderung der Ankäufe aus erster Hand fortgesetzt hingewiesen, die Bildung von Liefer­ungsgenossenschaften in Anregung gebracht und die Entsendung von Ankaufskommissaren in die entlegenen Produktionsgebiele haben versuchs­weise stattgesunden. Die Ankäufe von Produ­zenten hätten zugenommen. Im eigensten Inte­resse der Militärverwaltung liege es, den un­mittelbaren Verkehr mit den Produzenten zu pflegen. Dazu müßten die Landwirte das rechte Verständnis entgcgenbringen und die Anregung zur Bildung von Lieferungsgenossenschaflen all­gemeiner beachten.

Der Waffenrock der Infanterie soll von jetzt ab im allgemeinen weiter, die Kragen sollen um */r bis 1 Centimeter niedriger und etwa 1 Centimeter weiter als bisher üblich an­gefertigt werden.

Preußische Offiziere nach Chile. Der Andrang der Bewerber um das Kommando nach Chile beim Generat- Körner ist ein außer­ordentlich großer; über zweihundert Offiziere

aller Waffen sollen sich bis jetzt teils persönlich teils schriftlich gemeldet haben. Vorläufig beab» sichtigte die chilenische Regierung nur 15 deutsche Offiziere. 8 der Infanterie, 4 der Kavallerie, 3 der Artillerie in Dienst zu nehmen. Wegen des über Erwarten großen Andranges hat General Körner seine Regierung telegraphisch um Ver­doppelung jener Zahl ersucht. Bei so überaus großer Auswahl wird Chile auf treffliche Kräfte rechnen können. In nächster Zeit bereits wird imMil.-W.-Bl." die Veröffentlichung der Namen der zu jenem Zweck mit Aussicht auf Wiedereintritt in die deutsche Armee verabschiedeten Offiziere zu erwarten sein. Die Offiziere werden übrigens ihre Lebensweise ganz als chilenische Offiziere führen: chilenische Uniform tragen, größtenteils auch wie die chilenischen Offiziere in der Kaserne wohnen und an der Menage teil­nehmen. Ihr Verhältnis entspricht dem der in der deutschen Armee dienstthuenden türkischen Offiziere.

Berlin, 14. Juni. Der durch den ge­strigen Brand im Bikloriaspeicher angerichtete Schaden an Waren und Baulichkeiten wird auf 1 400 000 Mark beziffert. Die Summe ist durch Versicherung gedeckt; die Entstehungsursache ist noch nicht ermittelt.

München, 11. Juni. Das Militärver­ordnungsblatt veröffentlicht folgenden Armee­befehl: Im Namen Sr. Maj. des Königs: Zum 25. Mal kehrt der Gedenktag des großen Krieges wieder, an dessen opfervollen Kämpfen die Armee Schulter an Schulter mit den übrigen Truppen der deutschen Heereskontingente ruhmvollen An­teil genommen hat. Erneut zolle ich bei diesem Anlaß Dank und Anerkennung der Armee, welche in altbewährter Tapferkeit, Hingebung u. Pflicht­treue ihre Fahnen mit unvergänglichen Lorbeeren geschmückt hat. Ehrendes Andenken widme ich denen, welche den Heldentot für das Vaterland gestorben sind. Ich wünsche, daß durch die Armee als berufene Trägerin der Ueberliefer- ungen jener großen Zeit das Gedächtnis hieran auch den künftigen Geschlechtern stets lebendig erhalten werde und daß die Truppen gelegent­lich der kommenden Gedenktage ihrer Sieges» erinncrung durch ein wahrnehmbares Zeichen Ausdruck geben. Ich verfüge deshalb, in Ueber- einstimmung mit den von Sr. Maj. dem Deut­schen Kaiser und König von Preußen getroffenen Anordnungen, daß, so oft in der Zeit vom 18. Juli d. I. bis zum 10. Mai k. I. die Fahnen entfaltet werden, sämtliche Fahnen u. Standarden, welchen für die Teilnahme an dem Kriege 1870/71 eine Auszeichnung verliehen worden, mit Eichen­laub und die ersten Geschütze derjenigen Batterie» welche in ihm gefochten haben, mit Eichenkränzen geschmückt werden. Luitpold, Prinz von Bayern, des Königreichs Bayern Verweser. Frhr. v. Ost.

Der Armeebefehl ist mit Eichenlaub und Eichenfrüchten im Militärverordnungsblatt um­randet.

München, 14. Juni. Unter dem Vorsitz des württ. Gesandten, Frhr. v. Soden, hat sich hier ein Komite von Württembergern zum Wohl der Wasserbeschädigten von Balingen gebildet.

Nicht ohne Humor ist nach der notor­ischen Teilnahmslosigkeit der Mitglieder des Reichstages an den gesetzgeberischen Geschäften die Thatsache, daß nicht weniger als 329 Reichs- tagsadgeordnete ihre Teilnahme an der bevor­stehenden Nordostseekanalfeier angemeldet haben

das will sagen, abgesehen von den gegen­wärtig erledigten Mandaten und von den durch Kränklichkeit oder Gebrechlichkeit verhinderten Abgeordneten, alle Mitglieder des Reichstages mit Ausnahme der gesamten sozialdemokratischen Fraktion.

Württemberg.

Stuttgart. Der Kaiser stellte dem König von Württemberg für die Opfer der Ueberschwemmung im Eyachthale eine namhafte Summe zur Verfügung.

Von der Eyach. Von den natürlichen Ursachen der jähen Katastrophe wird hier zu Lande selbstredend viel geredet. Durch den Umstand, daß der massenhafte Schnee des Winters durch die Sonne hauptsächlich geschmolzen