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gedachte als Gegenzug gegen die Interpellation Castelin eine Kreditforderung zur Errichtung eines Denkmals für die im Kriege von 1870/71 gefallenen französischen Soldaten einzubringen.
Die französische Finanzlage, die schon seit geraumer Zeit ein sehr ungünstiges Bild zeigt, verschlechtert sich mehr und mehr; die Ausgaben wachsen, die Einnahmen nehmen beständig ab Um das Defizit zu decken, hat der neue Budget-Entwurf der Regierung für 52 Millionen neue Steuern vorgesehen. Die Budgetkommission der Kammer, sowohl Radikale als Gemäßigte, erklärte, daß die Steuerlasten ihren Höhepunkt erreicht haben und unmöglich weiter erhöht werden könnten. Ersparnisse allein könnten das Gleichgewicht Herstellen. Im Kriegsetat, Marineetat, Bautenetat sollen der einstimmigen Ansicht der Kommission zufolge bedeutende Herabsetzungen gemacht werden. Die Radikalen erklärten, die Einkommensteuer allein solle das Defizit decken. Die Kommission ist dieser Ansicht geneigt.
Madrid, 25. Mai. In der Provinz Avila trat in der Nacht vom Freitag zum Samstag reichlicher Schneesall ein. — Der gestern verstorbene 86jährige Rentner Don Alexandro Soler hat nahezu sein ganzes Vermögen im Betrage von 5 Millionen der Königin- Regentin Christine vermacht.
Honkong, 25. Mai. Einer Meldung des Reuter'schen Bureaus zufolge erklärte sich die Insel Formosa als Republik. Die Flagge zeigt einen gelben Drachen in blauem Felde. Tangtschingsung, der bisherige chinesische Gouverneur, sei zum Präsidenten der Republik erwählt und habe den Vertretern der fremden Mächte amtlich Kenntnis von diesen Thatsachen gegeben. (Nun wird sich allerdings die „Republik" Formosa zunächst mit dem Herrn der Insel, nämlich mit Japan abzufinden haben.)
Bisher hatte es den Anschein, als ob durch den Friedensschluß von Schimonoseki und die sich daran knüpfenden Verhandlungen mit den europäischen Großmächten, der Krieg in Ostasien beendet sein werde. Um so überraschender mußte die Nachricht wirken, wonach die Russen einen Platz in der Mandschurei besetzt und so den Rückzug eines großen japanesischen Truppenteils abgeschnitten haben sollen.
Nach telegraphischen Meldungen aus Shanghai haben starke russische Truppenabteilungen die sibirische Grenze überschritten und sind in die Nord-Mandschurei eingedrungen. Der Zweck dieser Truppenbewegungen ist unbekannt, doch soll die Bewegung im Einverständnis mit der chinesischen Regierung unternommen sein. Die russischen Schiffe in den chinesischen Gewässern verharren in Gefechtsbereitschaft.
ZtnLerhattender Heil.
Eine Hochzeitsreise.
Erzählung von F. ArnefelLt.
(Fortsetzung.)
Seitdem waren ein paar Wochen verflossen, die Voruntersuchung war beendet. Treuenseld förmlich in den Anklagezustand versetzt und der Enthusiasmus, mit dem Wecker an sein Amt als Verteidiger gegangen war, hatte sich merklich abgekühlt. Er glaubte auch jetzt noch nicht daran, daß iein Klient, wie allgemein angenommen wurde sein Opfer im Schlafe überfallen und nach kurzem Ringen niedergestochen habe; aber er neigte sich der Ansicht zu, Treuenfeld habe nach einem heftigen Streit mit Rehfeld zum Dolch gegriffen und ihn, übermannt von dem unseligen Jähzorn, niedergestochen. Erna, welche Zeugin des Auftrittes gewesen, habe in ihrem Entsetzen, instinktmäßig geschrieen und das Notsignal gegeben und sei dann ohnmächtig zusammengebrochen, und nun sei Treuenfeld erst das Bewußtsein der That und die Bestürzung darüber gekommen. Nur aus dieser Bestürzung ließ es sich erklären, daß er seinen schlimmsten Ankläger, den Dolch, nicht wenigstens aus dem Fenster geschleudert hatte.
Wecker begriff die That und entschuldigte sie sogar mit dem ungeheuren Betrüge, den Rehseld gegen Benno verübt hatte; ihn verstimmte aber der Mangel an Vertrauen Seitens
seines Klienten. Mochte dieser die That dem Richter gegenüber leugnen, ihm hält er reinen Wein einschenken mögen.
Trotzdem unterließ er nichts, was zu Gunsten des Angeklagten geschehen konnte; er vermochte aber nur wenig zu thun, ja die Versuche, ihn zu entlasten, schlugen sogar in das Gegenteil um. Je mehr bekannt ward, wie Rehfeld gegen Benno gehandelt, je mehr sich die Kunde verbreitete, was dieser gcthan, um sein Haupt mit Ehren im Vaterlande erheben und die Geliebte heimführen zu könnnen, und mit welchem großen Vermögen er vom Kap zuiückgekommen sei, um so mehr befestigte sich die Ueberzeugung, er habe sich blutig an dem Mann gerächt, der ihn mit solcher Hinterlist um die beste Frucht seiner Arbeit betrogen. Man bemitleidete den Mörder weit mehr als das Opfer; aber es gab keine Stimme, die sich für Benno's Unschuld erhob.
Obgleich der Untersuchungsrichter überzeugt war, der rotbärtige Mann sei nur ein Gebilde, das in Frau Rehfeld's Phantasie spuke, oder besser, das sie ersonnen, um Benno Treuenseld zu retten, so wurden in dieser Richtung Nachforschungen angestellt; sie ergaben jedoch keinerlei Anhaltepunkte. Ein Reisender, wie ihn Erna und auch Benno beschrieben, war allerdings vom Schaffner bemerkt worden, aber zurückgeblieben, ehe das Verbrechen geschehen. Die übereinstimmende Aussage beider in diesem und noch in manchen anderen Punkten ließ sich nur zu leicht erklären. Die Bahnbeamten hatten unwissentlich ihnen während der Fahrt Gelegenheit gegeben. sich miteinander zu verständigen.
Freilich blieb noch die Brieftasche mit dem reichen Inhalte, die spurlos verschwunden war. Der Untersuchungsrichter war zuerst geneigt gewesen, die Angabe der jungen Frau für eine Fabel zu halten, erdacht, um den Anschein eines Raubmordes zu erwecken. Auch Dorothea behauptete bei weiteren Vernehmungen dreist, der Herr habe eine solche Summe nicht bei sich getragen; eine Durchsicht der Bücher des Verstorbenen, sowie Erkundigungen, die man in Wien bei dem betreffenden Handlungshause einzog , bestätigen die Richtigkeit von Erna's Aussage.
War jedoch dadurch auch bewiesen, daß hier ein Raubmord vorliege? Allerdings war die Brieftasche verschwunden, und Benno Treuenfeld über dem Verdacht erhaben, daß er sie gestohlen, um sich zu bereichern; wohl aber konnte er sie zum Fenster hinausgeschleudert haben, um den Verdacht von sich abzulenken.
Erna allein hatte von dem Vorhandensein der Brieftasche gewußt, sie allein führte ihr Verschwinden als Entlaffungsbeweis für Benno an; konnte sie ihm nicht den Rat gegeben haben, sie hinauszuwerfen?
Die Strecke ward abgesucht, dem ehrlichen Finder der Brieftasche eine Belohnung zugesichert; war es zu verwundern, daß sich Niemand meldete? Zwanzigtausend Gulden, die als herrenloses Gut auf der Landstraße liegen, haben gar viel Verlockendes.
Der Untersuchungsrichter verfehlte in seinen Verhören nicht, Benno auf alle diese Argumente hinzuweisen.
„Die Brieftasche soll ich aus dem Fenster geworfen haben, und den Dolch habe ich liegen lassen," erwiderte dieser dann wohl, bitter lachend. „Würde ich den Dolch nicht zuerst entfernt haben?"
„Sie haben ihn in Ihrer Verblendung ver- gessen." war die Antwort.
„Wenn mich, wie Sie behaupten, Frau v. Rehfeld auf die Brieftasche aufmerksam gemacht hat, wie sollte sie nicht an den Dolch gedacht haben?" war die weitere Frage.
„Sie konnte nicht wissen, daß Sie just den Sie kompromitierenden Dolch bei sich führten." entgegnete der Landrichter.
„Hypothese auf Hypothese!" seufzte Benno. „Sie wollen mich schuldig finden."
„Und Sie beharren bei einem ganz unfruchtbaren Leugnen. Mögen Sie sich auch den geschicktesten Verteidiger gewählt hoben, in der nächsten Schwurgerichtsperiode, wo Ihr Fall zur Verhandlung kommt, werden Sie dennoch
abgeurteilt, eS giebt keine Jury, die Sie frei» sprechen könnte."
„So werden die Annalen der Gerichtsverhandlungen einen Justizmord mehr zu verzeichnen haben," erwiderte Benno kalt.
Das Leben zwischen engen Kerkermauern ward ihm von Tag zu Tag unerträglicher; er sehnte die öffentliche Verhandlung herbei, um nur aus dieser Qual der Ungewißheit erlöst, um der Marter dieser endlosen, unfruchtbaren Verhöre überhobe« zu sein. Selbst eine Verurteilung wolle er lieber über sich ergehen lassen, als diesen Zustand noch länger ertragen. Sie mußte ihm, wie er hoffte, doch Freiheit bringen, wenn auch durch den Tod.
In diesem Sinne sprach er sich auch gegen seinen Verteidiger aus und bestärkte diesen dadurch in der Meinung, daß sein Klient sich doch schuldig fühle. Unwillkürlich entschlüpfte Wecker bei der nächsten Unterredung mit Erna eine darauf bezügliche Aeußerung.
„Was sagen Sie da?" rief sie aufhorchend; „glauben auch Sie an Benno's Schuld? Sind Sie gekommen mir zu sagen, daß Sie seine Verteidigung aufgegeben?"
„Mißverstehen Sie mich nicht, gnädige Frau," beschwichtigte er sie; „da Sie mich aber einmal fragen, halte ich es für besser, daß es klar zwischen uns werde. Ich glaube nicht, daß Benno Treuenfeld ein Meuchelmörder ist; aber es scheint mir nicht undenkbar, datz er im Jähzorn eine rasche, unselige That begehen könne —"
„Weiter", befahl sie mit der Miene und dem Anstande einer Herrscherin, so daß Wecker, dadurch in Verwirrung gebracht, unsicher fortfuhr:" Sollte es nicht zu einem Streite zwischen Herrn von Rehfeld und Treuenfeld gekommen sein und der letztere in seinem Zorn nach ver Waffe gegriffen und den unseligen Stoß geführt haben?"
„Und Sie können glauben, daß Benno eine solche That leugnen würde? Sie trauen mir zu. daß ich die Hand biete, um sie zu verhehlen; daß ich in Gemeinschaft mit dem Mörder meines Gatten eine Fabel ersonnen habe, um den Verdacht auf einen ganz unschuldigen Menschen zu lenken!" rief sie ganz außer sich. „Unter diesen Umständen muß der Angeklagte auf Ihre Verteidigung verzichten."
Sie wandte sich ab, um die Thränen zu verbergen, die Zorn und Schmerz ihr wider ihren Willen erpreßten. Wecker stand bestürzt; die junge Dame war entweder eine sehr große Schauspielerin, oder er hatte ihr ein schweres Unrecht zugefügt.
(Fortsetzung folgt.)
Mit einem zusammenlegbaren Fahrrad, dessen Gewicht 12 Kilogramm beträgt und das zusammengefaltet wie ein Tornister auf dem Rücken getragen werden kann, werden gegenwärtig in der französischen Armee Versuche an- gestellt. Das Zusammensalten dieses Fahrrades, dessen Konstrukteur ein Mechaniker namens Morel ist, geschieht in 15 Sekunden und weitere 15 Sekunden dauert es, um dasselbe aus den Rücken zu schnallen, so daß also im Zeitraum von einer halben Minute der Militär-Radfahrer in einen Infanteristen verwandelt ist — wenn nämlich alles stimmt.
(Des is verschiede.) Ein Berliner kommt nach Ulm und beschließt, abends das Theater zu besuchen. Unterwegs aber trifft er einen biederen Bürgersmann und sagt zu ihm: „Hören Sie, mein Bester, wo geht man hier nach dem Theater hin?" — „Ja, lieber Herr.^ ist die Antwort, „des is verschiede! Der Oine geht nach em Theater in schwarze Ochse, der Andere in Greife, wieder Andere in Thura (Thurm) oder in Biber, wiesie's ebe grad «'kommt (freut)!"
(Alte Bekannte.) Dame (einem Zahnarzt vorgestellt): Ich glaube, wir sind alte Bekannte.
— Zahnarzt: Gewiß, gewiß. Ich kannte Sie ja schon, als Sie Ihre Zähne kriegten.
(Ein Schwerenöter.) „Was wird jetzt für ein Signal geblasen?" — „„Zum Sammeln.""
— „Weshalb?" — „„Weil Ihre Gegenwart, gnädiges Fräulein zerstreuend auf das Militär gewirkt hat!""
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.