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Jagdausflug einen Beinbruch erhielt, ist für alle Franzosen eine sehr wichtige Persönlichkeit ge­worden, obgleich er noch bis zum vorigen Jahr stets verlacht worden war.

London, 24. Mai. DieTimes" meldet aus Tientsin: Eine vom Kaiser von China selbst geschriebene Kundgebung über den Friedens­vertrag setzt auseinander, warum es für China notwendig war. den Frieden zu schließen, und stellt fest, daß die Führer des Heeres unfähig waren und ihre Truppen nur aus Pöbelhaufen zusammensetzen. Der Erlaß schließt mit der dringenden Aufforderung an die Bevölkerung, die in China herrschende Mißbräuche auszurotten. Das Heer müßte geschult, die Einkünfte müßten geregelt werden.

Genua, 24. Mai. In der hiesigen Ka­serne schoß ein Infanterist auf 2 Unteroffiziere. Einer wurde getötet, der andere schwer ver­wundet. Der Thäter hat sich darauf erschossen.

Halifax, 24. Mai. In einer hiesigen Wollfabrik wurden gestern fünf Frauen infolge Platzens eines Kessels getötet.

Washington, 24. Mai. Einem Tele­gramm aus Ecuador zufolge ist dort die Revo­lution von neuem ausgebrochen. Das gegen­wärtig in Panama liegende amerikanische Kriegs­schiffRanger" begibt sich nach Guayaquil.

MLeryatterrder Teil-

Eine Hochzeitsreise.

Erzählung von F. Arnefeldt.

(Fortsetzung.)

6 .

Die Heirat des reichen alternden Herrn v. Rehfeld mit der jugendlichen Verwandten, die lange Zeit beinahe gleich einer Tochter in seinem Hause gehalten worden war, hatte in der Um­gegend großes Aussehen erregt und Anlaß zu vielerlei Vermutungen und Folgerungen gegeben. Was wollte dies aber bedeuten im Vergleich zu dem unerschöpflichen Gesprächsstoff, den die Nach­richt bot, daß der unglückliche Besitzer von Reh­felde auf seiner Hochzeitsreise von einem grausigen Schicksale erreicht worden sei und nicht lebend in die Heimat zurückkehrte.

Ehe die junge Wittwe mit der Leiche ihres Gemahls in Rehfelde anlangte, um sie daselbst in der Familiengruft beisetzen zu lassen, war ihr die Fama vorausgeeilt und hatte die wahrlich schon traurige Thatsache mit einem ganzen Sagen­kreise umgeben. Man erzählte, v. Rehfeld und Frau Göldner hätten Erna zu der Heirat ge­zwungen; sie habe Benno Treuenfeld zu ihrem Schutz herbeigerufen, dieser sei zu spät einge­troffen, um die Verbindung verhindern zu können, und habe mit ihr nun gemeinschaftlich den Mord an dem ihr aufgedrungenen Gatten begangen. Nach anderen hatte Erna dem Jugendgeliebten kalten Herzens die Treue gebrochen; dieser habe dafür an ihr und Rehfeld Rache nehmen wollen, sei aber mitten in der Ausführung seiner schwarzen That überrascht worden, so daß die junge Frau wie durch ein Wunder dem Tode entgangen sei. Wieder andere versicherten, Treuenfeld habe Erna aufgegeben, und sie sei im Zorn darüber Reh- feld's Gattin geworden, was den wahnsinnigen eifersüchtigen Benno trotzdem zu seinem Ver­brechen aufgestachelt hätte, und erst die vierte Lesart kam der Wahrheit etwas näher, welche Erna als Opfer eines Betruges und als schuld­lose Zeugin des über Rehfeld verhängten Straf­gerichtes hinstellte.

Neugierde und Teilnahme beeiferten sich, das Leichenbegängnis zu einem der großartigsten zu machen, welches man seit Menschengedenken in der Provinz erlebt hatte. Wer nur irgend einen Vorwand für seine Beteiligung zu er­sinnen vermochte, der fand sich ein, die Säle und Vorhallen, ja selbst der weite Schloßhof von Rehfelde erwiesen sich zu klein, um die Zahl der Leidtragenden zu fassen; nur ein kleinerer Teil derselben hatte in der Kapelle Raum, wo die Leichenfeier gehalten ward, und unabsehbar war der Zug, welcher dem schwarzbehangenen, mit Kränzen und Palmzweigen reichgeschmückten Sarge das Geleite gaben.

Die junge Wittwe hielt in ruhiger, würdiger Haltung den bedauernden, forschenden und zweifelnden Blicken Stand; sie ließ den Strom der Beileidsbezeugnisse geduldig über sich er­gehen; sabald dieselben sich aber unter dem Scheine der Teilnahme in neugierige Fragen verwandelten, wußte sie sich in geschickter Weise zu entziehen. Anfänglich hatte sie wohl ver­sucht, die Annahme, daß Benno der Mörder ihres Gatten sei, zu widerlegen; sie war dabei auf einen so entschiedenen Unglauben gestoßen und hatte Anspielungen hören müssen, deren Sinn für sie so tief beleidigend war, daß sie sich fortan in Schweigen hüllte. Benno's Un­schuld gegen jeden einzelnen Angreifer verteidigen zu wollen, erschien ihr ein Kampf gegen Wind­mühlen; um so fester stand ihr Entschluß, sich mit allen ihren Kräften der Aufgabe zu widmen, diese Unschuld in unwiderleglicher Weise zu er­härten, indem sie den wahren Verbrecher zur Stelle schaffte.

Am Tage nach der Beisetzung überraschte sie ihre Mutter durch die Erklärung, daß sie Rehfelde zu verlassen gedenke und ihren Aufent­halt in G . . . nehmen wolle, wo die Unter­suchung gegen Benno geführt ward.

Frau Göldner widersetzte sich diesem Vor­haben aus Leibeskräften; aber ihre Tochter blieb allen ihren Vorstellungen gegenüber unerschütter­lich.

Ich habe die Pflichten erfüllt, die ich dem Verstorbenen schuldig war," erklärte sie,jetzt giebt es keine anderen Rücksichten mehr; ich kenne fortan nur eine Aufgabe für mich: Benno's Unschuld an das Licht zu bringen."

Erna", mahnte die Mutter,bedenke, was Du thust! Ziemt es sich für die Wittwe des Gemordeten, seinen Mörder zu schirmen?"

Will ich das thun?" fuhr die junge Frau auf; ich will Rehfeld's Mörder ausfinden und ihn der Gerechtigkeit überliefern."

Er ist bereits in den Händen der Justiz."

Nein!" rief Erna,Benno ist der Mörder nicht! Während man ihn festhält, versäumt man es, die Spur des wahren Schuldigen zu verfolgen. Wie oft soll ich Dir wiederholen, daß ich jenen rotbärtigen Menschen aus dem Fenster springen sah."

Kind, Kind", bat Frau Göldner,laß ab von dieser Wahnvorstellung, die ich für eine Ausgeburt des Schreckens und der Angst halte. Andere denken nicht so glimpflich darüber", fügte sie zögernd hinzu. Als die Tochter nur mit einem verächtlichen Achselzucken darauf ant­wortete. fuhr sie lebhaft fort:

Man glaubt, Du habest die Erzählung von dem rotbärtigen Manne nur ersonnen, um den Verdacht von Benno abzulenken."

Ist er etwa nicht dagewesen?"

Er hatte den Zug verlassen, ehe der Mord geschah "

Das behauptet man, und ich behaupte dagegen: er ist dageblieben und hat sich irgendwo versteckt gehalten."

Nirgends ist eine Spur von ihm vorhanden."

Doch, der elfenbeinerne Todtenschädel."

Den kann Benno ebenso gut an der Uhr getragen haben."

Ich weiß es besser, Mutter", erwiderte Erna mit der Ruhe der Ueberzeugung; ich werde suchen und muß den Mörder finden."

So suche von Rehselde aus; aber gehe nicht nach G . . . . Es ziemt sich nicht, in der ersten Trauer Dich der Welt zu zeigen."

Was sich ziemt oder nicht ziemt, kommt hier nicht in Frage, sondern was sein muß", erwiderte die junge Frau fest.Alles ist wider Benno, ich allein bin für ihn, ich will ihm so nahe sein, wie man mir gestattet."

Hast Du vergessen, daß Dich das Testa­ment Deines Gatten zur Herrin von Rehfelde macht und die Ausführung seiner letztwilligen Verfügungen in Deine Hände legt? Die Er­füllung dieses Vermächtnisses ist eine heilige Pflicht."

Sie muß zurücktreten vor einer noch hei­ligeren. Bleibe Du in Rehfelde, Mutter, ich reise nach G . . ."

Erna verharrte bei ihrem Willen. Bon einem Diener und einem jüngeren Mädchen be­gleitet, das an Dorothea's Stelle den Dienst einer Kammerfrau bei ihr versah, reiste sie nach G . . . und nahm dort in einem Hotel eine Wohnung. Der einzige Gebrauch, den sie von dem ihr durch das Vermächtnis ihres Gatten zu­gefallenen Reichtum machen wollte, war, dessen Mörder aufzufinden und Benno zu befreien.

Sparen Sie keine Kosten, keine Mühen, keine Reisen," war der Schluß jeder Unterredung, die Erna mit dem Rechtsanwalt Wecker, Benno Treuenfrld's Verteidiger, hatte.

Es war dies derselbe Rechtsanwalt, der in Benno's Aufträge die Gläubiger der Firma Treuenfeld und Göldner befriedigt, und der ihm die Kunde von der bevorstehenden Verheiratung Rehfeld's mit Erna Göldner über den Ozean gesandt hatte, ohne sich der Tragweite dieser Nachricht bewußt zu sein.

Treuenfeld hatte Wecker zu seinem Ver­teidiger erwählt, und dieser mit Hintansetzung seiner Praxis in der Residenz dem Rufe Folge geleistet, weil er das lebhafteste Interesse an dem jungen Manne gewonnen hatte und es für eine psychologische Unmöglichkeit hielt, daß sie ein Mann von so peinlichem Ehrgefühl, der Jahre seines Lebens in harter Arbeit daran ge- gegen hatte, um seinen Namen frei zu machen von einer Schmach, an der er unschuldig war, zum feigen, verächtlichen Meuchelmörder werden könne.

(Fortsetzung folgt.)

(Der reichste Industrielle.) Bis jetzt glaubte man. daß der berühmte Kanonenkönig Krupp in Essen der reichste Industrielle der Welt sei, da er jährlich gegen 800 000 Einkommensteuer zu zahlen hat. Krupp ist aber nur einZwerg" neben Marinesco Bragadir, der jüngst in Bukarest eine Riesenbrauerei gegründet hat, und der zu­gleich der hervorragendste Alkoholfabrikant in Rumänien ist. Im vorigen Jahre bezahlte Bragadir für seine Alkoholproduktion 1651421 Fr. Steuern. Die Gesamtsumme seiner Abgaben betrug im Jahr 1894 2200000 Fr. Fügt man zu dieser Summe noch die der Frau Bragadir gehörenden Luther-Brauerei und die Steuern der neuen Brauerei in Bukarest hinzu, dann findet man. daß das Ehepaar Bragadir ca. 3 200000 Mark Steuern zahlen muß. Dieses Riesen- vermögen hat einen sehr bescheidenen Anfang gehabt. Vor noch nicht zwanzig Jahren war Marinesco Bragadir ein Pastetenbäcker niedersten Rangs.

(Auch ein Hochzeitstoast.j Bei einer statt­gehabten großen Hochzeit ist das junge Ehepaar eben im Begriff sich zu entfernen, als der jüngere Bruder des Bräutigams, der sich bis dahin an den Herrlichkeiten des Hochzeitsmahles delektiert hatte, an sein Glas klopft und Folgendes redet: Meine Herrschaften, da uns eben das junge Paar verlassen will, so will ich mich kurz fassen; ich bitte Sie Alle, Ihr Glas zu erfassen, sich zu erheben und und nachzusehen, ob vielleicht Jemand von Ihnen auf meinem neuen Zylinder sitzt." _

Auflösung der Charade in Nr. 79.

Rübenzucker.

Arithmogriph

123456789 10 11 eine preuß. Stadt.

2 6 11 6 4 eine Naturerscheinung.

3 10 3 8 6 2 ein fremder Völkerstamm. 469739116 eine Fischgattung.

5 3 2 10 6 ein Raum in einer Brauerei.

6 2 10 6 11 9 4 10 ein oft gefährlicher Zu-

stand des Menschen.

7 6 3 4 5 6 10 ein Kirchenlieddichter.

8 2 6 4 7 6 10 ein Berg in Tirol.

9 2 4 5 ein Gesäß.

10 6 4 7 6 4 ein Sport.

11 3 3 10 5 6 7 ein Ort in Holstein.

Die obersten wagrechten und die vorderen senkrechten Ziffern ergeben das gleiche Wort,

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.