341
unserer Stadt wiederholt peinliches Aufsehen erregt. Ungerer wurde zu einer Geldstrafe von SO verurteilt. — Der andere Fall betraf die Anklage gegen den hiesigen Stadtbaumeister Dettling, dem zur Last gelegt wurde, daß er zur Zeit der Typhus-Epidemie der Pforzheimcr Wasserleitung durch Zuleitung von Oberwasser in sanitärer Hinsicht geschädigt habe. Die Verhandlung endete mit ver Verurteilung des Angeklagten zu 80 -/L Geldstrafe.
Pforzheim. Zum heutigen Schweinemarkt waren 97 Stück Span- und Milchferkel und 1 Läuferschwein zugebracht. Die Ferkel fanden bei teilweise lebhaftem Handel alle Abnahme. Der niederste Preis, der erzielt wurde, war 20 und der höchste 32 Mark. 18 Paar wurden teils per Paar zu 28, teils zu 29 Mk. verkauft. Der Läufer aus Lomersheim zugebracht, welcher zu 32 Mk. angebotcn, fand keinen Käufer.
Deutsches Aeich.
Berlin, 18. Mai. Der Reichstag hatte am Freitag endlich das grausame oder vielmehr beschämende Spiel des ewigen Auseinandergehens wegen Beschlußunsähigkeit satt und bequemte sich, in die Beratung des Zuckersteuernotgesetzes einzutreten, das bekanntlich die seither bezahlten Exportprämien bis 31. Juli 1897 aufrecht erhalten wlll. Das neue Gesetz wurde vom Regierungstische aus, sowohl vom Rcichsschatzsekretär Graf Posadowsky wie von dem Landwirtschafts, minister v. Hammerstein-Loxtcn, sehr warm und gründlich verteidigt. Besonders Herr v. Hammerstein, der namentlich auch den Nutzen des Gesetzes für die Rübenbauer betonte, fand bei der Rechten und im Zentrum lauten Beifall.
Frankfurt a. M., 17. Mai. Heute nachmittag wurde Dr. Auerbach auf der Kaisergruftstraße von dem Zeichenlehrer G. Reiter durch einen Schuß verwundet. Reiter erschoß sich darauf selbst.
Aus Baden, 17. Mai. Aus verschiedenen Landesteilen treffen Nachrichten über starken Hagelschlag ein, großenteils in Zusammenhang mit den Gewittern der letzten Tage. Unter diesen Umständen tritt die Bedeutung der Hagelversicherung wieder praktisch in den Vordergrund und kann nicht oft genug auf die Zweckmäßigkeit der Beteiligung hingewiesen werden. Staat und Kreise geben bedeutende Beihilfen, aber die Wichtigkeit des Gegenstandes ist noch lange nicht genügend erkannt, und von manchen Seiten wird der rechten Einsicht geradezu entgegengearbeitet. Von bedeutenderen Schäden betroffen wurden neuerdings die Aemter Bonndorf und Stockach, Bei Todtmoos und Todtmoosau lag nach der „Karlsr.-Ztg." der Hagel stellenweise in einer Schicht von 30 — 40 Centimtr. Höhe.
Württemberg.
Die Legitimations-Kommission der Kammer der Abgeordneten hat die Wahl des Abgeordneten Schrempf von Schorndorf für gütig erklärt und über die Anfechtung der Wahl von Aalen Beweiserhebung beschlossen (Rem- bold, Zentr., gewählt mit 2650 St. gegen Agster, Soz., mit 2633 St.) Ueber die Anfechtung der Abgeordnetenwahl in Neuenbürg beantragte die Kommission Uebergang zur Tagesordnung. Berichterstatter ist der Abgeordnete Haußmann (Balingen). Die Anfechtung der Wahl ist von dem Gemeinderat und Bürgerausschuß in Wildbad ausgegangen. Hinsichtlich der gleichfalls angefochtenen Wahl des Oberamtsbezirks Reutlingen hat die Kommission Beweiserhebung über einzelne Behauptungen der Anfechtungsschrift beschlossen.
Stuttgart, 14. Mai. Landtag. In der heutigen Sitzung erledigte die Kammer eine ganze Reihe von Etatskapiteln. Bei demjenigen über die Zivilliste machten unsere beiden Sozialisten es, wie ihre Parteigenossen in anderen Paria- menten. Um durch Sitzenbleiben bei der Abstimmung kein Ärgernis zu geben, hatten sie bei der Beratung die Plätze verlassen. — In der folgenden Sitzung erledigte die Kammer den Etat des Finanzdepartements (Kap. 98—107) ohne erhebliche Debatten und erledigte sodann den Etat der städtischen Kaffe. Bei Tit. 4 Neubauten und Hauptausbesserungen, 500 000
machte der Referent der Finanzkommission, Frhr. I v. Gültlin gen, Mitteilung über die Einrichtung ' des der Kommission vorgelegten Verzeichnisses der vorgesehenen Arbeiten, welches zur Einsicht auf den Tisch des Hauses niedergelegt war. Unbedingt bindend sei die Liste nicht, da sich auch dringende Bedürfnisse Herausstellen können. Näher eingegangen sei die Kommission auf den Umbau des Amtsgerichtsgebäudes in Neuenbürg, weil in einem Artikel des „Beobachters" behauptet war, ein Neubau statt der „verschwenderischen" Reparatur des alten Gebäudes würde viel billiger kommen. Auf eine Anfrage beim Finanzministerium habe die Kommission den Bescheid erhalten, daß ein Neubau 90000 »1L, der geplante Umbau aber nur 27 000 kosten würde. Angesichts dieser Antwort habe die Kommission die Sache nicht weiter verfolgt, sie wünsche aber noch Auskunft über die in Aussicht genommenen Wohnräume des Oberamtsrichters. Der Finanzminister bedauerte, hierauf nicht sofort nähere Auskunft geben zu können. Zur Sache selbst sei ihm nur soviel bekannt, daß man seit Jahren Untersuchungen nach einem richtigen Platze angestellt habe. — Am Donnerstag den 16. ds.^ nahm die Kammer die erste Lesung des Gesetzentwurfs betr. das kirchliche Gesetz über Ausübung der landesherrlichen Kirchenregimentsrechte vor. Nach einer einleitenden Rede des Staatsministers des Kirchen- und Schulwesens Dr. v. Sarwey stellte der rittersch. Abg. Frhr. v. Ow den Antrag. den Entwurf en bloo anzunehmen. Vize- Präsident Dr. Kiene forderte dagegen namens des Zentrums Verweisung an die staatsrechtliche Kommission. Der Redner sprach sich gegen die „Personalunion" der künftigen ev. Kirchenregierung mit dem Staatsministerium aus, worin er eine Beschränkung des königl. Rechts der Ministerernennung erblickt. Der ritterschafüiche Abg. v. Schad wandte sich gegen diese Ausführungen, mit denen das Zentrum sich auf den Kriegsfuß gestellt habe. Haußmann (Gerabronn) stimmte namens der Volkspartei der Verweisung an die Kommission zu, ließ aber darüber keinen Zweifel, daß seine Fraktion das Gesetz im wesentlichen in der Fassung der Landessynode annehmen werde, v. Geß und Sachs erklärten namens der Deutschen Partei, daß sie sofortige Annahme gewünscht hätte, aber unrer den jetzigen Umständen für die Kommissionsberatung stimme. Nachdem der Staatsminister des Kirchen- und Schulwesens Dr. v. Sarwey die Bedenken Dr. Kienes als unbegründet zurückgewiesen hatte, zog Frhr. v. Ow seinen Antrag, das Gesetz ohne Kommissionsberatung zu erledigen, zurück. Schrempf nahm denselben wieder auf, wogegen Kanzler v. Weizsäcker und Haußmann zu bedenken gaben, daß bei der unvermeidlichen Ablehnung dieses Antrags nur ein falscher Eindruck entstehen würde; Kanzler v. Weizsäcker trat zugleich der von Dekan Kollmann unternommenen Parallelisierung der Verhältnisse der evangel. und kathol. Kirche entgegen. Schließlich wurde das Gesetz nach Zurückziehung des Antrags Schrempf an die staatsrechtliche Kommission verwiesen.
Stuttgart, 17. Mai. Enthüllungen aus dem Bereiche des Jrrenwesens und der Rechtspflege betitelt sich eine neue Broschüre größeren Umfangs aus dem Verlage von Robert Lutz, der sich durch die erfahrenen Bemerkungen in der Kammer der Abg. nicht abschrecken läßt, sein Ziel nach einer gründlichen Besserung der Jrrendehandlung weiter zu verfolgen. Die neue Broschüre enthält ein Sendschreiben des zur Zeit in Paris weilenden Jrrenhausflüchtlings Julius Pfeiffer an den Kammerpräsidenten Payer, worin er diesen in teilweise recht drastischer Weise auffordert „der Schmid des Volksglückeö zu werden" und das Wort zu halten, das er landauf landab als demokratischer Wahlkandidat dem Volke gegeben, und worin Pfeiffer weiterhin eine Inhaltsangabe über seine demnächst erscheinende Broschüre ergiebt. Hienach scheint letztere sehr „saftig" zu werden. — Es, folgt eine Abhandlung betitelt „Vergewaltigung eines württ. Kaufmannes und Reserveoffiziers" (in der Privatirrenanstalt zu Göppingen), worin Dinge behauptet werden, die man unmöglich totschweigen
oder mit einer leichten Redewendung abthun könne. — Das weitere Kapitel „Preußische Zu- ^ stände auf dem Gebiete der Psychiatrie und Rechtspflege" zeigt dem Leser, daß nicht nur in Württemberg allein eine Reform der Jrrenbe- handlung dringend notwendig ist. Den Schluß der Broschüre bildet ein von dem Verleger selbst verfaßtes Kapitel „Entlarvung des Schultheißen Schlör von Beutelsbach" (zur Beleuchtung des Falles Kuhnle). Unter photographischer Wiedergabe einiger äußerst kompromittierender Schriftstücke werden da Dinge behauptet, die wenn sie wahr sind, dem genannten Schultheißen, wenn unwahr, dem Verleger Lutz, äußerst fatale Folgen bringen müssen. Der wetteren Entwicklung gerade dieses „Falles" wird man im ganzen Lande mit großer Spannung entgegensetzen und zwar um so mehr, als die ganze Sache auch in unseren Landtag, an dessen beide Häuser Kuhnle eine Eingabe voll schwerster Anschuldigungen gegen Schlör gerichtet hat, zur öffentlichen Besprechung kommen muß!
Am Sonntag versammelte sich der Ausschuß der Wanüeroersammlung der württ. Gewerbevereine im Gasthof zu den Aposteln in Göppingen. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Eine Eingabe an das Kriegs- Ministerium zu richten, bei Milrtärlieferungen in erster Linie Württemberg zu berücksichtigen. 2. Alle Ministerien zu bitten, bei Submissionen vollständige Zeichnungen, bezw. Muster beizuzugeben. 3. Zum Danke für die Unterstützung, welche die Gewerbe von Seiten der K. Zentralstelle stets bereitwilligst gefunden, soll gelegentlich der Eröffnung des Gewerbemuseums, letztere« als Angebinde von den Gewerbevereinen eine Sammlung ausgezeichneter Werkzeuge für eine Reihe von Gewerben übergeben werden. 4. Die Wanderverjammlung der Gewerbevereine soll *vom 25.—27. August in Jsny stattfinden. Auf die Tagesordnungen derselben werden gesetzt: u) die Währungsfrage; b) Organisation der Gewerbevereme und die Vertretung des Klem- werbes; o) die gewerbliche Ausbildung der Jugend.
Blberach, 17. Mat. Zum 12. Bundestage des Würtlb. Kriegerbunoes sind für den Haupttag, 9. Juni, bereits über 5000 Besucher angemeldet.
Crailsheim, 16. Mai. Aus Ober- speltach bei Crailsheim wird berichtet: Daß sich eine Füchsin in einem leeren Faß in einem Keller häuslich mit ihrer Familie niederläßt, dürfte wohl zu den seltsamsten Fällen nn Tier- leben gezählt werden; dieser Fall ist aber dieser Tage in dem Keller des hiesigen Gastwirts Thor» wart vorgekommen. Daselbst wurden nicht weniger als zehn kleine Füchslein vorgcsundeu. Der alten Füchsin gelang es, zu entkommen. Das Blatt betont, daß dieser Vorgang auf Wirklichkeit beruhe und das bekannte Jägerlatein ausgeschlossen sei.
Marktpreise.
Neuenbürg, 18. Mai.
Butter, V- Kilo. 80—85 ^
Landeier, 2 Stück 10—11 Kisteneier 5
Pforzheim, 18. Mai.
Landbutter, V, Kilo.SS—1.0S
Süßrahmbutter.1.10-1.20
Landcier 2 Stück.10—11 ^
Kisteneier, 2 Stück.10—11 ^
Stuttgart, 18. Mai.
Saure Butter, V- Kilo.^ i.—
Süße Butter, V- Kilo . . . . 1.10—1.20
Frische Eier, 10 Stück. 50
Kalkeier, 10 Stück.— —
Ausland.
Sehr rasch ist die Wiederbesetzung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten Oester- reich-Ungarns erfolgt. Graf Goluchowski, der frühere Gesandte Oesterreich-Ungarns in Bukarest, ist der Nachfolger Kalnokys geworden, Kaiser Franz Josef hat durch die Annahme des Abschiedsgesuches seines bisherigen Ministers dem gekränkten Nationalgefühl seiner Magyaren volle Genugthuung verschafft. Dieselbe wird ihm in Budapest um so höher angerechnel werden müssen, als darüber kein Zweifel herrschen kann, daß Kalnokys Vorgehen den persönlichen Gefühlen des streng katholischen Kaßers durchaus entsprochen habe. Die rasche Entscheidung des Kaisers über Kalnoky's Entlassungsgesuch wird