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des in den Staatswaldungen zum Verlauf kommenden Holzes.
Gmünd. Wegen Anfertigens und Ber- breitens falscher Zweimark- und Thalerstücke wurde ein hiesiger Goldschmied nebst Frau verhaftet. Derselbe war noch im Besitz von 21 Stück falschen Zweimarkstücken und einem Fünfmarkstück.
Münsingen. 200 Straßburger Brieftauben, welche per Bahn ankamen, wurden aufgelassen und sind sämtlich, bis auf eine, welche hier zu bleiben vorzog. etwa zwei Stunden später in Straßburg eingetroffen.
Kirchheim, 16. Mai. In Kircheim u. Teck ist ein Schlossermeister, der mit einem Lehrling an der Außenseite der Brauerei zu den Dreikönig auf einer Leiter stehend beschäftigt war. infolge des Brechens einer Sprosse drei Stock abgestürzt, ebenso der Lehrling. Beide fielen in einen großen mit Wasser gefüllte» Steintrog und blieben dadurch vor dem sicheren Tode bewahrt; ohne mancherlei äußere Verletzungen ist es natürlich nicht abgegangen.
Heilbronn, 14. Mai. Vom 9. bis 13. Mai wurde hier in den Räumen des alten Harmoniegebäudes (Theater) ein Wohlthätigkeits. bazar abgehalten zu Gunsten von Freistellen für unbemittelte Kinder und zur Schaffung von Arbeit als Unterstützung an bedürftige Männer und Frauen. Die Gesamteinnahmen dieses Bazars sind mehr als 30000 wovon die Hälfte als Netto-Ertrag übrig bleiben wird.
Blaubeuren, 14. Mai. Die Hebamme Borst in Blaubeuren feierte nach dem „Blaumann" vor kurzem ein seltenes Jubiläum. Sie hat in einer fast 40jährigen Thätigkeit in ihrem Beruf (seit 1856) beim zweitausendsten jungen Weltbürger Hilfe geleistet.
Ausland.
Die Audienz Baron Banffys beim Kaiser von Oesterreich am Donnerstag dauerte über eine halbe Stunde. Sie lieferte ein für die Liberalen Ungarns überaus güstiges Resultat. Die Vereinbarungen zur Beilegung der ungarischen Krise wurden, wie verlautet, noch am gleichen Tage endgiltig festgestellt.
In Italien ist das Ministerium Crispi voll froher Hoffnung bei den in der letzten Junihälfte stattfindenden Parlamentswahlen einen großen Sieg zu erringen. Der Radikale Cavallotti kündigt jetzt sehr kompromittierende Enthüllungen über Crispi öffentlich an; es steht also wieder einmal ein Skandal in Aussicht.
Das englische Unterhaus hat den Gesetzentwurf betreffend die Entstaatlichung der Kirche von Wales angenommen.
Aus Cuba melden die spanischen Truppenführer immer neue Siege über die Insurgenten, aber der Aufstand flackert immer wieder an anderen Orten, so daß dessen völlige Nieder- werfung noch längere Zeit beanspruchen dürfte.
Unterhaltender Heil.
Eine Hochzeitsreise.
(Fortsetzung.)
Erna trat, auf den Arm ihrer Mutter gestützt, ein und sah so blaß und leidend aus, daß der Richter sich beeilte, ihr einen Sitz anzubieten und nichts dagegen hatte, daß Frau Göldner während der Vernehmung ihrer Tochter im Zimmer anwesend blieb.
„Würden Sie mir die Vorgänge der vergangenen Nacht erzählen, gnädige Frau", bat der Beamte höflich, nachdem er schnell die Generalfragen gestellt hatte, die Erna beantwortete, und welche der Protokollführer niederschrieb. Da die junge Frau schaudernd zögerte, glaubte er, ihr zu Hilfe kommen zu müssen, und fragte:
„Sie waren mit — mit ihrem Herrn Ge- Gemahl allein im Koupee?"
„Während der ganzen Fahrt von Wien aus", erwiderte sie; „in dem einen Nebenkoupee war meine Kammerfrau, und das andere schien von mehreren Herren besetzt."
„Eie haben keinen dieser Herren gesehen?"
„Doch; der eine ging, während der Zug auf dem Perron der Stationen hielt, mehrmals
an unserem Koupee vorüber und blickte hinein. Ich bemerkte zufällig, daß er in das nebenanliegende Koupee stiegt"
„Wann war das?"
„Bald nach der Abfahrt; später wurde es dunkel, man konnte draußen nichts mehr er- kennen, und ich sah ihn erst wieder" — sie stockte.
„Wann?"
„Als ich durch einen furchtbaren Schrei meines armen Mannes geweckt, aus tiefem Schlaf auffuhr, sah ich ihn in unserm Koupee.
„Sie erkannten ihn erst in diesem Augenblicke als Benno Trcuenfeld", fragte der Landrichter schnell.
„Benno Treuenseld?" wiederholte die junge Frau kopfschüttelnd; der war es nicht, den hatte ich auch vorher nicht gesehen; er kam erst später."
Der Landrichter zuckte lächelnd die Achseln; er war schon darauf vorbereitet, daß die junge Frau den Mörder schonen wollte. „Sie behaupten also, es sei ein anderer gewesen?"
„Ich behaupte es, weil ich es weiß", antwortete sie, und ihre Stimme ward immer fester, ihre Ausdrucksweise immer bestimmter, „der Mensch, den ich in unserem Koupee sah und vorher auf dem Perron bemerkt hatte, war blond, hatte einen roten Bart und trug eine grüne Joppe und einen grünen Hut mit einer Feder wie ein Jäger."
Und diesen Menschen halten Sie für den Mörder des Herrn v. Rehfeld?"
Er ist es. Ich sah, wie er sich über den Armen gebeugt hatte, wie er sich hastig aufrichtete. das Wagenfenster öffnete und sich hinausschwang. Der Schreck hatte mich so gelähmt, daß ich erst in diesem Augenblicke einen Hilferuf ausstoßen konnte. Da mich niemand hörte, wiederholte ich ihn und gab, mich besinnend, beinahe gleichzeitig das Notsignal. Kaum war das geschehen, so wurde die Thür des Rauch- koupees aufgerissen, Benno Treuenfeld stürzte herein. Bei seinem unerwarteten Anblick fiel ich in Ohnmacht.
„Benno Treuenfeld ist ein Jugendgespiele von Ihnen?" fragte der Landrichter.
Erna erwiderte nur ein leises Ja.
„Sie erkannten ihn sogleich?"
„Ich hätte ihn unter Tausenden auf den ersten Blick erkannt", erwiderte die junge Frau, indem eine heiße Röte ihre bleiche Wange bedeckte.
Für den Untersuchungsrichter war diese Antwort ein schwerwiegender Beweis; er forschte jedoch nicht weiter nach ihren früheren Beziehungen, sondern fragte, ob sie sich ein Urteil über das Motiv zur That gebildet habe.
„Es kann nur eins geben, — der Mörder hat es auf Raub abgesehen."
„Dagegen spricht der Augenschein, der Tote ist nicht beraubt worden. Hier sind seine Ringe, hier ist seine Uhr und Kette, hier ist sein Por- temonnaie", erwiderte der Landrichter, indem er die Gegenstände, die auf einem Seitentische unter einer Decke verborgen gelegen hatten, einzeln hervorholte, und ihr darreichte. Schaudernd erkannte sie den Trauring, den sie dem Ermordeten erst vor wenigen Wochen gereicht, das Medaillon an der Uhr, das ihr Bild einschloß und einen Augenblick ward das Entsetzen so mächtig in ihr, daß sie sich abwandte und ihr Gesicht an der Schulter ihrer Mutter verbarg.
„Sie erkennen an, daß kein Raub verübt worden ist?" Diese Frage des Richters und noch mehr der halbtrtumphierende. halb lauernde Ton, in dem sie gestellt ward, gab Erna ihre Fassung wieder. Mehr mit dem Herzen als mit dem Verstände begriff sie, was auf dem Spiele stand.
„Ich vermisse die Brieftasche meines Mannes", sagte sie gelassen, „ist die nicht bei ihm gefunden worden?"
„Eine Brieftasche? Wie sah sie aus?"
„Sie war von braunem Juchtenleder, hatte einen silbernen Beschlag und trug voa Silber die Initialen „CH. v. R." erklärte Erna mit der größten Bestimmtheit.
Der Landrichter stutzte; diese Angabe drohte das ganze Gebäude zu zerstören, das er bereits
in Gedanken aufgeführt hatte. „Sie kannten auch den Inhalt der Brieftasche?"
„Nicht im Einzelnen; ich weiß aber, daß Herr v. Rehseld darin einige Briefe, seine Le- gitimationspapiere und eine größere Geldsumme verwahrte."
„Aber Erna!" rief plötzlich Frau Göldner, die fürchtete, ihre Tochter lasse sich durch den Wunsch, Benno zu retten, zu falschen Angaben verleiten, „wo sollte Dein Gatte jetzt zu einer großen Geldsumme gekommen sein? Ihr kehrtet ja von der Reise zurück. Du muß Dich irren."
(Fortsetzung folgt.)
Die empfindliche Temperatur-Abnahme um 12° am 15. mittags, in Stuttgart 17°, auf Donnerstag früh (5°) ist lediglich durch eine starke nordwestliche Luftströmung verschuldet worden, welche, wie sich auf der Wetterkarte verfolgen läßt, aus der Nordsee stammt und sonach eine nicht unbeträchtliche Menge Feuchtigkeit mikführt. Es ist deshalb noch immer starke Neigung zu Niederschlägen vorhanden. Diese Luftströmung aber ist entstanden durch das Hereindringen eines Lustwirbels aus der Umgebung der Farör gegen Südskandinavien und von da gegen Rügen und die gleichzeitige Ausbildung eines Gebiets mit niedrigem Druck über Oberitalien, was der früheren etwas föhnigen Luftströmung ein völliges Ende bereitete. Glücklicherweise ist das ganze System der Wetterlage bis jetzt noch nicht in der Richtung auf Ost weitergerückt, wodurch der Drehpunkt des herrschenden Luftwirbels in die Gegend von Ostpreußen, Livland und Littauen gekommen wäre, sondern hat sich nur etwas südostwärts verschoben. Dies hat zwar Fortdauer der kalten Luftströmung aus Nordwest bewirkt und in rauhen Lagen eine weitere Verminderung der Temperatur, in Freudenstadt sogar 1° Frost verursacht. Inden niedrigen Lagen und den milderen Gegenden würde aber erst durch eine rasche Aufheiterung und durch die in einer Hellen Nacht stark wirkende Ausstrahlung von Wärme eine Erniedrigung der Temperatur auf den Gefrierpunkt oder darunter entstehen.
Auflösung des Citatenrätsels in Nr. 75.
Durch Anmut erst erhält das Weib Gewalt.
Charade.
Die Ersten spendet der Acker dir,
Die Dritt' und Vierte kommt oft in's Bier. Das Ganze wurde einst erfunden,
Als ein Despot Europa gebunden.
Telegramme.
Berlin, 17. Mai. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Der Rücktritt des Grafen Kalnocky werde in Deutschland bedauert, da die freundschaftliche Gesinnung für Deutschland, die umsichtige, folgerichtige Wirksamkeit im Sinne der bestehenden Bündnisse und die Verdienste Kalnokys in den Erfolgen der gemeinsamen Friedenspolitik hier in hohem Maße geschätzt werden. Gleichwohl ist das Ausscheiden Kalnockys kein Grund zu Besorgnissen, da volle Ursache vorhanden sei, den bewährten Gesinnungen und der politischen Weisheit des Kaisers Franz Joseph zu vertrauen.
Wien, 17. Mai. Seit gestern Abend ist hier heftiger Regen unter rapidem Sinken der Temperatur eingetreten. Die Berge um Wien sind beschneit; aus den Alpenländern und Mähren wird großer Schneefall gemeldet. Im Süden herrscht heftige Bora.
London, 17. Mai. Eine große Feuersbrunst ist nachts auf dem Ledermarkte in dem Londoner Stadtteile Bermondsey ausgebrochen. Anderthalb Acres, mehr als 60 Ar, sind mit Trümmern bedeckt. Der Schaden wird auf 4 Millionen Mark geschätzt. Viele arme Bewohner der Manningstreel flüchteten aus den Häusern und lagerten im Freien. Mehrere Gerbereien sind ausgebrannt.
Washington. 17. Mai. Nach einem in der japanischen Gesandtschaft eingelaufenen amtlichen Telegramm wird festgestellt, daß zwischen Japan und den europäischen Mächten ein befriedigendes Schlußabkommen getroffen ist.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.