rüstungen gegen die Pforte die griechischen Staatsfinanzen ungeheuer geschädigt hat, ver- sprach, den Gläubigern Griechenlands gerecht zu werden. Aber Versprechen und Halten sind verschiedene Dinge.
Auch die türkische Marine wird bei den Kieler Festlichkeiten vertreten sein, und zwar infolge spezieller Anordnung des Sultans. Zu dieser ehrenvollen Mission ist der in Konstanti- nopel gebaute zweiklassige Kreuzer „Heibet Numa" ausersehen, derselbe ist bereits am 3. Mai nach Kiel in See gegangen.
London, 2. Mai. Die Polizei hat gestern hier in dem feinen Viertel von Belgravia einen schönen Fang gemacht. Bei einer Haussuchung, welcher die Wohnung eines angeblichen Ameri- kanes Wendal Howard unterzogen wurde, fand sie allerhand Geldmachemaschinen; so ll Platten für Tausendfranknoten der Bank von Frankreich, 5 Platten für Herstellung von Obligationen der Paris Lyon-Mittelmeerbahn und andere schöne Sachen. Aus New-Iork wurde gemeldet, daß 28 000 falsche Postwertzeichen in Umlauf gesetzt worden seien. Man glaubt, daß auch diese von Howard herrühren. Howard ist verhaftet und soll in 8 Tagen vor Gericht erscheinen.
Brüssel, 4. Mai. Eine interessante Neuerung auf dem Gebiet des Fahrkartenwesens soll demnächst versuchsweise auf den belgischen Staatsbahnen eingeführt werden. Es handelt sich hierbei um die Einführung sogen, kilometrischer Fahrkarten, d. h. solcher Fahrkarten, die nicht für eine bestimmte Richtung, sondern für eine bestimmte Zahl von Kilometern Geltung Haber. So kann z. B. derjenige, welcher sich auf dem hiesigen Nordbahnhofe eine Fahrkarte von 10 Kilometern löst, mit allen Zügen in jeder Richtung nach allen Stationen fahren, die nicht weiter als 10 Kilometer von jenem Bahnhof entfernt sind. Die Namen aller dieser Stationen sind auf der Rückseite der Karte angegeben. (Belgien, das bekanntlich mit Einführung der Zeit-Fahrkarten den Anfang gemacht hat, ist nun auch nahe daran, das Kilo- meter-Billet, wie es schon seit längerer Zeit der Vorstand des Südd. Eisenbahnreformvereins Hr. Rechtsanwalt Jacob in Pforzheim anstrebt, einzuführen. Diese Thatsache genügt, um der Hoffnung Raum zu geben, daß der praktische Versuch mit dem Kilometerbillet in seiner bescheidenen Grenze bald zu weiterer Ausgestaltung führen wird. Die Einführung der Zeit-Fahrkarten wurde zuerst in Württemberg nachgeahmt; sie hat sich daselbst bis jetzt bewährt.)
Mnterhattender Herr.
Eine Hochzeitsreise.
Erzählung von F. Arnefeld t.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Ein Jahr nach dem Hinscheiden ihrer gütigen Freundin hatte sie dem fernen Freunde den Tod ihres Vaters zu melden, der seit dem Zusammenbruch seines Geschäfts ein menschenscheues Wesen gehabt hatte, sichtlich verfallen und endlich still und schmerzlos hinübergeschlummert war.
Das junge Mädchen konnte mit dieser Trauerkunde eine Freudenbotschaft verbinden. Ihr Vater hatte Benno verziehen. Wenige Tage vor seinem Tode hatte er Erna, als er sich mit ihr allein gesehen, herangewinkt und ihr zugeflüstert: „Ich kann Dir nichts hinterlassen, armes Kind, so will ich Dir denn noch geben, was Dir das Wertvollste ist: meine Vergebung für Benno und meinen Segen zu dem Bund mit ihm, wenn er je wiedcrkehrt. Aber laß es die Mutter nicht hören, laß mich ruhig sterben", fügte der bis ans Ende schwache Mann hinzu.
Sehnsüchtiger als je harrte Erna auf Benno's Antwort auf diesen so inhaltreichen Brief; aber er ließ lange, sehr lange auf sich warten. Herr v. Rehseld, durch dessen Hände seit dem Tode seiner Gemahlin die Korrespondenz der beiden jungen Leute gegangen war, zuckte die Achseln und suchte sie in einer Weise zu trösten, der man das Gezwungene anmerkte, so daß sie sich dadurch nur noch mehr beunruhigt fühlte.
Ein zweiter Brief, den sie absandte, blieb ebenfalls ohne Antwort und ein dritter hatte das gleiche Schicksal. Von Angst und Sorge verzehrt, beschwor Erna den Vetter, sich an das Konsulat zu wenden und Erkundigungen einzuziehen. Nach bangem Harren brachte er die Antwort in einem amtlich beglaubigten Schreiben, — es war nicht, wie sie gefürchtet hatte, die Todesnachricht des Geliebten, sondern die Mitteilung, Benno Treuenfeld stehe im Begriffe, sich mit der Tochter eines der reichsten Diamanthändler in der Kappstadt, dessen Namen genannt war, zu vermählen.
Erna sank ohnmächtig zusammen und verfiel in eine Kraftkheit, die Tage lang einen bedenklichen Charakter anzunehmen drohte.
4.
Schneller, als zu hoffen gewesen, hatte Erna die Krankheit überwunden und körperlich Gesundheit und Kraft wiedergewonnen; aller- dings war ihr auch die aufmerksamste und sorg- fälligste Pflege zu Teil geworden. Herr von Rehfeld, der während ihrer Krankheit die Residenz nicht verlassen, hatte die ausgezeichnetsten Aerzte zu Rate gezogen und von seinem Gut seine Milchschwester, die ehemalige Kammerfrau seiner Gemahlin, eine ihm unbedingt ergebene, ältere, sehr erfahrene Frau kommen lassen, die sich mit Erna's Mutter in die Pflege teilte. Die letztere legte eine Aufopferung und Selbstverleugnung an den Tag, wie sie ihrer Natur sonst fremd war; um desto tiefer fühlte sich die Tochter dadurch gerührt. Noch viel stärker griff ihr etwas Anderes ans Herz.
Die Mutter hatte sonst nicht leicht eine Gelegenheit vorübergehen lassen, ihrem Unmut gegen Benno Luft zu machen, und die Tochter viel gescholten, daß sie immer noch den Gedanken an den Abenteurer nachhänge. Auch während der Zeit, wo Erna vergeblich auf Nachricht von Benno wartete, hatte Frau Göldner, obgleich die Tochter sie nicht zur Vertrauten machte, es nicht an mehr oder minder verletzenden Andeutungen und Anspielungen fehlen lassen, und nun begegnete sie ihr mit der größten Zartheit. Kein Wort des Vorwurfs wegen des heimlichen Briefwechsels war laut; sie enthielt sich jedes harten Urteils über den Ungetreuen, ja sie erwähnte es gar nicht, daß sie den Anlaß zu der plötzlichen Erkrankung Erna's kannte, und doch fühlte diese aus allem, was die Mutter that und sagte, das Bemühen heraus, sie über den schweren Kummer, der ihr junges Leben vergiftete, sanft hinwegzubringen.
Auch Herr von Rehfeld nannte Benno's Namen nicht wieder und war in jeder Weise darauf bedacht, die Genesende zu erheitern und zu zerstreuen. Als sie so weit hergestellt war, daß ihr eine Reise zugemutet werden konnte, bestand er darauf, daß sie mit der Mutter für einige Zeit nach Rehfelde komme, um sich dort völlig zu erholen.
So vieler Liebe gegenüber hielt es Erna für ihre Pflicht, nicht unheiter zu scheinen, sondern sich mit aller Kraft zu bemühen, um des ihr Gemüt umnachtenden Grames Herr zu werden. Durfte sie Liebe verschwenden, wo man derselben nicht bedurfte, und die daran darben lassen, die sie damit beglücken konnte? Mit dem vollen Vertrauen der Kindestage, mit der innigen ungetrübten Zärtlichkeit einer glücklicheren Zeit schloß sie sich wieder der Mutter an, dankbar und unbefangen nahm sie das Wohlwollen des Vetters entgegen und stimmte mit vollem Herzen in das Loblied ein, welches Dorothea, die alte Kammerfrau, ihrem Herrn sang.
Herr v. Rehfeld hatte den beiden Damen, als sie mit dem Beginn der kälteren Jahreszeit nach der Residenz zurückkehrten, Dorothea zu ihrer besseren Bedienung mitgegeben, und die Alte trieb ihre Aufmerksamkeit so weit, daß sie völlig deren Schatten ward, und sie nur aus den Augen ließ, wenn ihr Herr in deren Nähe war. was allerdings sehr häufig geschah. Herr v. Rehfeld lebte mehr in der Residenz als auf seinem Gute; er fuhr mit Erna und ihrer Mutter spazieren, führte sie ins Theater, in Konzerte und zu allen Sehenswürdigkeiten und überhäufte sie in feiner rücksichtsvoller Weise mit Ge
schenken. Wohl wollte es Erna zuweilen be> dünken, als nähme die Sprache des Vetters einen immer wärmeren Ton an, als ruhten seine Blicke mit einem Ausdruck auf ihr. in dem sich mehr als verwandtschaftliche Zuneigung spiegelte; aber sie wies solche Gedanken als Hirngespinste von sich und schalt sich eitel und eingebildet. Es traf sie daher unvorbereitet, als ihr die Mutter eröffnete, Herr v. Rehfeld habe sie zur Vertrauten seiner Liebe für Erna gemacht und sie gebeten, ihm das Wort zu reden.
Das that Frau Göldner denn auch mit dem größten Nachdrucke; mit den beweglichsten Worten beschwor sie Erna dem Manne, der sich ihrer in aller Not und Fährlichkeit als einzig wahrer Freund erwiesen habe, ihre Hand zu reichen, seinen Edelmut zu lohnen, sich selbst glücklich zu machen und der Mutter die Beruhigung zu gewähren . die Tochter wohlgeborgen zu wissen, wenn sie sie in der Welt zurückgelafsen habe.
Lange widerstand Erna; endlich aber siegte doch das Zureden der Mutter und das stille, geduldige Werben des Vetters. Wäre Rehfeld ein junger Mann und ein bisher Fremder gewesen, so würde sie sich vielleicht nicht entschlossen haben. Er war aber mehr als zwanzig Jahre älter als sie; er war der Vertraute ihrer Liebe, der Zeuge des an ihr begangenen Verrates gewesen; sie liebte und verehrte ihn wie einen Vater; warum sollte sie ihm nicht ihr Leben weihen, das sonst ja keinen Wert und keinen Inhalt mehr hatte? In den Unterredungen, die sie mit ihm pflog, versicherte er ihr, er wisse ganz genau, was sie ihm zu geben habe; er beanspruche nicht mehr und sei hoch beglückt, wenn sie ihm gestatte, sie zu lieben und glücklich zu machen.
Erna gab Herrn v. Rehfeld ihr Jawort, und nun dies geschehen war, wurden die Vorbereitungen zu ihrer Verbindung sehr eilig und, wenn auch nicht gerade so heimlich, doch in aller Stille betrieben.
(Fortsetzung folgt.)
Postkartenjubiläum. Im Juni d. I. werden es 25 Jahre, daß die norddeutsche Postverwaltung als Korrespondenzmittel einführte. Die Menge an gestempelten Postkarten, welche zur Deckung des Bedarfs der Postanstalten im deutschen Reichspostgebiet täglich in der Reichs- Druckerei hergestelll werden muß, beziffert sich auf 900000 Stück. Sechs Schnellpressen, von 21 Arbeitskräften bedient, sind täglich 8'/, Stunden im Betriebe, um jenen Anforderungen zu entsprechen. Durch Einführung einer neuen, bedeutend vervollkommeten Maschine gelangen jetzt in der Stunde etwa 800 KZ. Papier zur Verarbeitung, welche 10000 Bogen —250000 Postkarten ergeben.
(Auffindung einer Kriegskasse.j In Penig machten Arbeiter in der in der Feldflur an der Leipziger Straße liegenden Sandgrube des Oeko- nomen Julius Heining einen überraschenden Fund. Man entdeckte eine kofferartige eiserne Kriegskaffe mit Inhalt, die offenbar aus dem Befreiungskriege stammt.
Warnung vor der Auswanderung nach Brasilien. Es wird wieder vor Agenten gewarnt, welche im Interesse arbeiterbedürftiger brasilianischer Großgrundbesitzer unter betrügerischen Vorspiegelungen mittellose Leute zur Auswanderung nach Brasilien verlocken.
(Im Zweifel.) Gast: „Kellner! Sagen Sie mir mal ganz aufrichtig, hat dieses Gullasch nicht seiner Zeit bei der Kavallerie gedient?"
— (Beweis.) „. . . In meinen Adern, lieber Professor, fließt eben blaues Blut!" — „Nach Ihrer Nase zu urteilen, ist allerdings daran nicht zu zweifeln!" — (Gefährlich.) Herr: „Was sagen Sie zu den Gedichten meines Sohnes?"
— Arzt: „Dagegen sollte man was thun!"
" M. Bl.l
(Wirkung des Landtags.) Stammgast (um 6 Uhr in einem Restaurant Stuttgarts in der Nähe des Halbmondsaals): „Marie, a Schütza- wurscht!" — Kellnerin : „Wo denka Se na, um dia Zeit no a Schützewurscht, wenn der Landtag hia ischt.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.