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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Dobel, 18. April. (Unglücksfäll e.) Gestern kam beim Abladen von Langholz ein Stamm ins Rutschen und traf den Fuhrmann A. Knöller so auf den Oberschenkel, daß er mehrere Tage arbeitsunfähig sein wird. Heute wollte der alte Dreher Müller ein Stück Vieh zum Zug angewöhnen. Die Tiere gingen durch und der alte Mann kam unter das Fuhrwerk, wobei er am Kopf derartige Verletzungen davon­trug, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Um die gleiche Zeit kam auch der Fuhrmann W. König infolge Scheuwerdens seines Pferdes unter seinen leeren Dungwagen, wodurch er sich mehrere Verletzungen am Kopf und eine Ver­stauchung der Hand zuzog.

Pforheim, 18. April. In einer großen Volksversammlung, in welcher gestern Abend imSchwarzen Adler" die Abgeordneten Wittum, Gesell und Reichstagsabg. Frank sprachen, rechtfertigte letzterer sein viel ange fochtenes Verhalten in Sachen des Antrages Hehl und Genossen auf Kündigung des Han­delsvertrags mit Argentinien. Er habe diesem Anträge zugestimmt, einmal mit Rücksicht auf die Notlage der Landwirtschaft, die durch die Massen haste Einfuhr argentinischen Weizens schwer ge­schädigt werde, sodann in der Erwägung, daß der Antrag und seine Besprechung dazu bei tragen würde, in Argentinien stabilere Zollvcr- hältnisse an Stelle der derzeitigen schwankenden Finanzzölle herbeizuführen. Fabrikant Maisch­hofer hier trat Frank scharf entgegen, und äußerte sich dahin, daß dieser nicht die Fähig­keiten besitze, eine Stadt für Pforzheim ange messen zu vertreten. Wenn Frank sich in der Rolle eines Staatsmannes gefalle, so sei zu be­merken, daß er mit seinen kleinen Mitteln wohl in der badischen Kammer, nicht aber im Reichs tage ausreiche. Werde wieder gewählt, jo em­pfehle es sich, den Kandidaten zuvor in Wirt schaftlichen Angelegenheiten klar und bestimmt zu verpflichten. Wittum nahm Frank in Schutz, welch' letzterer selbst Maischhofer nicht erwiderte. Die Versammlung, welche um 12 Uhr endete, nahm mitunter eine tumultarische Färbung an.

Neuenbürg. 20. April. (Schweine­markt.) Zufuhr 60 Stück Milchschweine, welche zu 2125 -^6 das Paar raschen Absatz fanden.

Deutsches Seich.

Berlin, 19. April. In hiesigen maß­gebenden Kreisen wird das Einschreiten Rußlands gegen die beabsichtigten Landerwerb­ungen Japans als zweifellos betrachtet.

Berlin, 19. April. Dem Vernehmen nach erhielt der KreuzerA lexa n d ri n a", der sich auf dem Rückwege von Oitasien im Mittelländischen Meer befindet, Befehl, sofort nach Tanger zu gehen. (Diese Entsendung hängt vermutlich mit dem neulich vorgekommenen mörderischen Ueberfall auf den Deutschen Rock stroh zusammen.) (Str. P.)

Karlsruhe, 18. April. Ueber den bevorstehenden Besuch des Kaisers hier sind, wie dieKarlsr. Ztg." mitteilt, folgende Be­stimmungen getroffen. Der Kaiser trifft, von Dresden kommend, am Mittwoch den 24. früh nach 9 Uhr hier ein und wünscht keinerlei offi ziellen Empfang. Im Laufe des Nachmittags begibt sich der Kaiser nach Jagdhaus Kaltenbronn und wird dort bis zum 27. verweilen. An diesem Tage verläßt der Kaiser nach der Früh­balz Kaltenbronn und trifft zwischen 10 und 11 Uhr hier wieder ein. Am Abend reist der Kaiser nach Darmstadt ab. Der Erbgroßherzog wird während des Aufenthaltes des Kaisers in Kaltenbronn ebenfalls dort verweilen.

München, 18. April. DieMünch. Neuest. Nachr." schreiben: Der Prinzregent erhielt nicht nur vom deutschen Kaiser ein schmeichelhaftes Einladungsschreiben, den Eröff­nungsfeierlichkeiten des Nord-Ostsee-Kanals beizuwohnen, sondern auch alsbald weitere dies­bezügliche Schreiben vom König von Würt­temberg und vom König von Sachsen, durch welche die Etikettenfrage der Rangordnung der Fürsten unter sich in einer alle Teile befriedigen­

den Weise gelöst wurde. Die äußerst freund­nachbarlich gehaltenen Schreiben der beiden Könige waren auch bestimmend für den Regenten, bei den Festlichkeiten zu erscheinen. Schon einmal hatte die Rangordnungsfrage den Prinzregenten von einem Besuche in Berlin abgehalten, der damals eine Herzensangelegenheit Begräbnis Kaiser Wilhelm I. für den hohen Herrn war.

Bekanntlich hat der Kaiser ongeordnet. daß zur Erinnerung an die 25jährige Wieder­kehr der deutschen Siegestage vom 15. Juli 1895 bis 10. Mai 1896 an allen Tagen, an welchen bei den verschiedenen Truppenteilen die Fahnen entfaltet werden, diese mit Eichenzweigen, iowie das erste Geschütz einer Batterie mit einem Eichenkranz zu schmücken sind. An Stelle des Eichenlaubes soll im Winter und im Frühjahr der Lorbeer treten. Der Verband der Handels­gärtner Deutschlands hat nun, wie gemeldet wird, an alle Gärtner einen Aufruf erlaffen. Anstalten treffen zu wollen, daß nicht der außer­halb des Vaterlandes gewachsene fremde Lorbeer den Ehrenplatz erhalte, der deutschem Eichen­laube gebührt. Es würde den deutschen Gärtnern ein Leichtes sein, Eichenlaub bis in den Winter hinein frisch zu erhalten und später getriebenes Laub an dessen Stelle zu setzen. Der Verband will also der deutschen Armee für ihre Ehren­zeichen deutsches Eichenlaub widmen. Der Vor­stand hat sich bereits mit einer Eingabe an den Kriegsminister gewandt, und derselbe hat geant­wortet, daß er seiner Zeit nicht ermangeln werde, dieses patriotische Anerbieten zur Kenntnis des Kaisers zu bringen und dessen Genehmigung zur Annahme zu erbitten. Weiler hat der Kriegsminister den Vorstand aufgefordert, ihm die Namen derjenigen, welche sich an der Wid­mung beteiligen wollen, bekannt zu geben.

Aus Königsberg, N.-M., 17. April, kommt folgende entsetzliche Nachricht': In große Aufregung ist unser Städtchen durch die Thatsache versetzt, daß morgen, Freitag, auf gerichtliche Anordnung nicht weniger als 5 Leichen, welche bereits länger als 6 Jahre bestattet sind, behufs Obduktion ausgegraben werden sollen. Die Vorbereitungen hiezu sind bereits getroffen. Ein gewisser Springstem zu Prenzlau ist wegen Verdachts der Vergiftung verhaftet worden. Auf das Ergebnis der grauenhaften Obduktion ist man allseitig gespannt.

Karlsruhe, 7. April. Seit mehreren Jahren ist man in Baden bemüht, in den länd­lichen Kreisen die Anleihen mit jährlicher Tilg­ung zur Geltung zu bringen (Annuitätsdarlehen). Zunächst hat die Regierung mit der Rheinischen Hypothekenbank ein bezügliches Abkommen ge­troffen, jetzt schließen sich auch die Sparkassen allmählich diesen Bestrebungen an. Größere Wirkung haben offenbar bereits öffentliche Vor­träge gehabt, welche in mehreren Landesteilen von Hofrat Hecht, dem technischen Leiter der Rheinischen Hypothekenbank, abgehalten wurden, denn die Zahl der Annuitätsdarlehen ist wesent­lich gestiegen. Die Darlehen mit jährlicher Abtragung werden in der Regel mit 1 und 2 Prozent, nicht mit der niedersten Abtragung von '/r Prozent getilgt, sodaß die Tilgung in 41, bezw. 28 Jahren statlfindet. In einem Aufsatz derKarlsr. Ztg " wird noch darauf hingewiesen, daß die Summe der Darlehen, die also umge­wandelt werden können, sich auf mindestens 300 Millionen beziffert. Nimmt man nur eine Herabsetzung von 4'/» auf 4 Prozent an, so ergiebt sich daraus schon eine Jahresersparnis von 1'/, Millionen für den bäuerlichen Kredit, eine Summe, die sich als glatte Ersparnis dar­stellt und zur weiteren Entschuldung verwendet kann.

Metz, 16. April. Ein Bauer von Rezon- ville hat dieser Tage, wie dieM. P." berichtet, beim Pflügen eines Ackers einen seltsamen Fund gemacht. Er bemerkte in der Erde einen glänzenden Gegenstand, griff zu und hatte in der Hand ein Fingergelenk mit einem Siegel­ring, der noch fest an dem Knochen saß, indem sich zwischen Ring und Knochen Erde ange­sammelt hatte. Der Knochen ist das untere Gelenk eines Mittelfingers. Der Ring ist sehr gut erhalten und hat einen runden Stein. Allem

Anschein nach ist dem Besitzer des Ringes wäh­rend des letzten Krieges der Finger abgejchossen worden. Neben dem Gelenk fand man keine weitere Skelettteile. Vielleicht ist der Eigen­tümer des Ringes noch unter den Lebenden, und es könnte die gegenwärtige Notiz vielleicht dazu dienen, denselben ausfindig zu machen. Knochen und Ring sind seit Donnerstag im Be­sitze des Hoflieranken Uhrmachers Wagener, Laduceltenstraße, in Metz.

Württemberg.

Stuttgart, 19. April. Heute liegt folgendes Bulletin im Palais des Herzogs Albrecht auf:Der Zustand Sr. K. Hoheit ist andauernd ganz befriedigend. Dr.Burckhardt."

Die Finanzkommission der Kammer der Abgeordneten hat noch vor Ostern den größten Teil des Hauptfinanzetats durchberaten» so daß die Kammer am 25 April wieder zu­sammentreten kann. Wie nicht anders zu er­warten war, konnte die Finanzkommijsion an dem Etat keine nennenswerten Abstriche machen, was die demokratischen Blätter auch bereits bestätigt haben.

Die württemb. Sozialdemokraten hielten über die beiden Osterfeiertage eine Landes­versammlung ad, wobei die beiden sozialistischen Landtagsabgeordneten schwere Vorwürfe über ihr bisheriges Verhalten in der Kammer, nament­lich wegen ihrer Abstimmung gegen die bekannte Adresse an den König zu hören bekamen. Sie wollen ihre Abstimmungsgründe nun in einem besonderen Flugblatt bekannt geben. Auch wegen der Streitigkeiten unter den Heilbronner Sozial­demokraten und gegen des Schiedsspruches des bisherigen Landesvorstandes der Partei in dieser Angelegenheit kam es zu scharfen Auseinander­setzungen, da die Streitenden mit dem Schieds­spruch nicht zufrieden waren. Es soll nun ein neuer Versöhnungsverjuch in Herlbronn gemacht werden. Der alte Landesvorstand der Partei würde aber nicht wieder gewählt. Diese Vor­gänge sind nicht ohne Interesse; denn sie zeigen, daß unter den Sozialdemokraten Württembergs ebenso wenig Einigkeit herrscht, als unter den­jenigen Badens und des ganzen übrigen Deutsch­lands. Selbst der ärgste Radikalismus wird eben immer und überall von einem noch weiter­gehenden Radikalismus übertrumpft. Das zeigt die Geschichte aller Zeiten und Völker. Sehr bezeichnend ist übrigens der Ausspruch des ober­sten Führers der schwäbischen Sozialdemokraten, daß oie Mehrheit einer Partei niemals etwas Unvernünftiges thun, bezw. beschließen könne. Das wäre also dieUnfehlbarkeit der Mehrheit" und weil die Mehrheit schwankt und wechfelt, so ist heute etwas absolut vernünftig was morgen als absoluter Unsinn in unfehlbarer Weise fest­gestellt wird. Wenn heute wieder ein Pilatus fragen würde,was ist Wahrheit", so würde ihm die Antwort zuteil: Wahrheit ist. was eine zufällig zusammengekommene Mehrheit beschließt. Wers nicht glaubt, ist nicht würdig, alsGe­nosse" von den Sozialdemokraten ausgenommen zu werden. Auch die badischen Sozialdemo­kraten haben über die Osterfeiertage einen Landesparteitag abgehalten und zwar in Lahr. Bebel war dabei erschienen, um über den Streit der Anhänger des Dr. Rüdt und Dreesbachs sich zu informieren. Die beiden Heerlager ge­rieten auch dort scharf aneinander. Der Streit soll dem diesjährigen allgemeinen deutschen Parteitag der Sozialdemokraten in Breslau vor­gelegt werden. Ob es letzterem besser gelingen wird, als vorigen Sommer in Frankfurt, den badischen Zwist beizulegen, ist noch sehr fraglich.

Stuttgart, 17. April. Der Ober­bürgermeister Rümelin und Bürgerausjchuß- obmann Kuhn haben sich heule früh 7 Uhr 30 Min. nach Fricdrichsruy begeben, um dem Fürsten Bismarck die Glückwunschadresse der bürgerlichen Kollegien der Stadt Stuttgart zu überreichen.

Hohenheim, 18. April. Das ausge­dehnte Erdbeben, welches in der Nacht von Osterfonntag auf Ostermontag im südlichen Teil von Oesterreich und im östlichen Oberitalien auf­getreten ist, wurde auch hier in Hohenheim wahr­genommen. Mit der hier befindlichen meteoro-