Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg. Die Kgl. Staatsschulden.! zahlungskasse in Stuttgart erläßt folgende Be­kanntmachung wegen Ausgabe neuer Zins­scheinbögen zu den Schuldverschreibungen des 4prozentigen Staats-Anleh ens vom Jahre 1879. Zu den Schuldverschreibungen des 4prozentigen Anlehens von 1879 sind im Monat Mai 1895 neue Zinsscheinbögen bei der Staatsschuldenzahlungskasse auszugebcn. Die neuen Zinsscheinbögen, welche wiederum dreißig Stück halbjährliche Zinsscheine nebst einer Zinsleiste (Talon) enthalten, dürfen nur gegen Zurückgabe der Zinsleiste, welche zu dem früher ausgegebenen Zinsscheinbögen gehörte, verabfolgt werden. Denjenigen Gläubigern, welche die neuen Zinsscheinbögen durch die Ver­mittlung der Staatskameralämtcr beziehen wollen, ist gestattet, ihre Zinsleisten (Talons) an Staais- kameralämter bis zum 15. Juni 1895 einschließ­lich abzugeben; die Kameralämter werden für die an sie abgegebenen Zinsleisten den Gläubigern Jnterimsscheine ausstellen, die Zinsleisten aber am Schlüsse jeder Woche an die Staatsschulden­zahlungskasse einsenden und, nachdem sie von dieser die neuen Zinsscheinbögen erhalten haben, dieselben gegen Zurückgabe jener Jnterimsscheine den Gläubigern zustellen. Die kameralamtlichen Jnterimsscheine werden von jeder übergebenen Zinsleiste den Buchstaben und die Nummer ent­halten; die mit den gleichen Buchstaben und Nummern versehenen Zinsscheinbögen sind als­dann den betreffenden Gläubigern auszufolgen. Der ganze hiedurch veranlaßte Verkehr zwischen den K. Staatskameralämtern und der Staats­schuldenzahlungskasse ist für den Gläubiger von allem Postporlo befreit. Für sämtliche ohne Ver­mittlung der Staatskameralämtcr, also rnsbe- sondere für die erst vom 15. Juni 1895 an nach dem Aufhören jener Vermittlung von aus- wärts an die Staatsschuldenzahlungskasse ein­kommenden Zinsleisten (Talons) werden den Gläubigern die neuen Zinsscheinbögen mit Werts­deklaration von hier aus zugesandt werden. Letztere Wertsdeklaration wird als volle statt­finden, insofern nicht ausdrücklich bei Ueber- schickung der Zinsleiste eine niedrigere verlangt wird.

Calw. 16. April. Durch einen glücklichen Zufall wurde am Sonntag ein großes Unglück verhindert. Die von Calw nach Hirsau rechts längs der Straße gelegene Friedhofmauer war schon länger baufällig. Als am Sonntag Pforz- heimer Ausflügler die genannte Strecke passiert hatten, stürzte ein etwa 20 Meter langer Teil der 23 Meter hohen Friedhofmauer ein und bedeckte die ganze Straße.

Deutsches Aerch.

Einer Mitteilung desSchwäb. Merk." aus sonst gut informierten" Kreisen zufolge ist die württembergische Regierung entschlossen, im Bundesrale gegen das Umsturzgesetz zu stimmen. Nach der bedeutsamen Stellungnahme seitens der badischen Regierungskreise dürften wohl auch noch andere Bundesstaaten sich zu einer gleichen Haltung entschließen.

Im Reichstage gestalten sich die Aus­sichten der Vorlage je länger desto ungünstiger. Nachdem die polnische Franktion, bestärkt durch die Haltung ihrer Wähler, sich durch den Mund ihrer einflußreichsten Mitglieder gegen die Vor­lage engagiert hat und auch aus den Kreisen der Reichspartei bereits Anzeichen einer ent­schiedenen Gegnerschaft bemerkbar gemacht haben, ist die Möglichkeit einer Ablehnung der Vorlage näher gerückt.

Berlin, 17. April. Dem Kommandeur der 5. Division, Generallieutenant Vogel von Falkenstein ist auf sein Abschiedsgesuch durch den besonderen Gnadenbeweis eines Handschreibens des Kaisers die Mitteilung geworden, daß seine Verwendung für einen höheren Commandoposten nach wie vor in Aussicht genommen ist.

Wilhelmshaven, 17. April. Die Ausrüstung des PanzerschiffesKaiser", das die Kreuzerdivision in Ostasien verstärken soll, wird eifrig gejördert. Auch der KreuzerPrinzeß Wilhelm" erhielt Befehl, sich sofort für die Reise nach Ostasien zu rüsten.

Friedrichsruh, 17. April. Etwa 4000 Vertreter des deutschen Jnnungsverbandes brachten nachmittags dem Fürsten Bismarck eine Huldigung dar. die bei herrlichem Wetter glänzend verlief. Vorher hatte der Fürst eine Abordnung aus Darmstadt und eine Abordnung der Mün­chener Künstlergenossenschaft empfangen. Der Obermeister der Berliner Schornsteinfegerinnung hielt eine Ansprache und überreichte dem Fürsten eine Huldigungsschrift in prachtvoller Mappe. Darauf hielt der Altmeister der Berliner Schlächter- Innung eine Ansprache, überreichte den Ehren- meisterbricf und brachte ein Hoch auf den Fürsten aus, in welches die Teilnehmer brausend eln- stimmten. Hierauf wurde dieWacht am Rhein" gesungen. Nachdem auch noch der Obermeister der Kupferschmiede eine Ansprache gehalten und eine Huldigungsschrift überreicht hatte, erwiderte Fürst Bismarck in einer längeren Rede, in der er für die Huldigung herzlich dankte und seine Thätigkeil im Interesse des Gewerbestandes her­vorhob. Der Fürst sprach unter anderem auch von dem Alters- und Jnvalidätsversicherungs- gesetze und sagte, er habe ganz etwas anderes angestrebt, aber, nicht erreichen können wegen des vielen Widerstandes, der ihm von verschiedenen Seiten entgegen gebracht worden sei. Der Fürst schloß seine Rede mit den Worten:Gott segne alle ehrliche Arbeit im Deutschen Lande! Alle Gewerke, sie leben hoch!"

Leipzig, 17. Apr. Hier haben gestern 19 Vertreter der antisemitischen Vereine, darunter Dr. Boeckcl und Ahlwardt, eineantisemitische Bolkspartei" begründet.

Darmstadt, 18. April. Entgegen dem Beschlüsse der zweiten Kammer zum Einkommen­steuergesetze, daß die Besteuerung bei einem Einkommen von 500 ^ beginne, beschloß die erste Kammer mit 12 gegen 11 Stimmen, trotz des Widerspruchs der Regierung, die Besteuer­ung erst bei 900 eintreten zu lassen.

München, 18. April. Heute Nacht wurde ein Juwelier laden in der Bayerstraße voll­ständig ausgeraubt. Der Schaden beträgt ca. 30 000 Bon den Thätern hat man noch keine Spur.

Speyer, 15. April. Heute früh wurde hier in diesem Jahre der erste Salm (im Ge­wichte von 14 Pfund) gefangen, jedoch nicht von Fischern im Rhein, sondern von 2 Spazier­gängern in der Rheinanlage. Dieser stattliche, seltene Fisch hatte sich beim letzten Hochwasser verschwommen und blieb in einem Graben stehen, in dem nur weniges Wasser sich befand. Dort wurde er von obigen beiden unter großen An­strengungen gefangen; er wurde zu einem schönen Preis in ein hiesiges Hotel verkauft.

Augsburg, 15. April. Der kürzlich ver­storbene Färbereibesitzer Prinz hat der Stadt sein ganzes, 240000,^L betragendes Vermögen vermacht. 170 000 v-6 sollen zur Vergrößerung des Stadtgartens verwandt werden. 50 000 v-L hat die Stadt derSchlaraffia Augusta" aus­zubezahlen, welche Summe bei der Auflösung des Vereins an die Stadt zurückfäül.

In Neustadt - Hardt fand eine von 2000 pfälzischen, badischen, hessischen und nassaulschen Äauernbündlern besuchte Versammlung statt, in Melcher Plötz und Lackes als Redner auftraten. Die Versammlung sprach sich einstimmig für den Antrag Kanitz. die Doppelwährung, die Börsenreform und gegen die Umsturzvorlage aus.

Baden-Baden, 17. April. Die Kon- zession für den Bau und Betrieb einer Neben­bahn von Bühl nach Bühlertyal, ist nun dem Konsortium, bestehend aus der Berliner Handels- gesellschaft zu Berlin, Robert Warschauer u. Co. zu Berlin, A. Schaffhausenscher Bankverein zu Köln und Berlin, erteilt worden. Der Staat leistet zu den Kosten einen Beitrag von 160000 Mark, während weitere 70000 Mark ü tolläs poräu vom Kreis, von Interessenten, und zwei beteiligten Gemeinden beigesteuert werden.

Das Cafs Bauer in Karlsruhe ging durch Kauf in den Besitz des Hrn. G. Sinner über.

Württemberg.

Der schon seit einigen Monaten angekündigte Gesetzentwurf, welcher die Folgen des in

Württemberg so häufig und so verheerend auf­tretenden Hagelschlags obschwächen soll, ist nunmehr im Druck erschienen. Aus Staats­mitteln sollen jährlich 160 000 einem zu bildenden Grundstock zufließen, aus welchem die Hageldeschädigten unterstützt werden sollen, zu­meist in der Art, daß der Grundstock für etwaige Nachforderuagen der Berliner Hagelversicher­ungsgesellschaft aufkommt, so daß den württem- berglfchen Landwirten der Beitritt zur Hagel­versicherung bei der genannten Gesellschaft sehr erleichtert wird. Ein besonderer Vertrag der württembergijchen Regierung und jener Gesell­schaft wird dafür sorgen, daß kein Württem- berger von der Versicherung zurückgewiesen wird.

Stuttgart, 17. April. Zugmeister Weick, welcher heute den Güterzug Nr. 806 (Ankunft in Stuttgart 9 Uhr 30 vorm.) von Ulm hier­her zu begleiten hatte, wollte beim Verlassen des Rosensteintunnels hinausjchauen, stürzte aus dem Zuge und kam so unglücklich unter die Räder, daß ihm der Kopf vom Rumpfe getrennt wurde. Der Verstorbene hat den Feldzug 1870/71 mitgemacht und war Inhaber der badischen sild. Tapferkeitsmedaille.

Rottweil, 17. April. Gestern abend 8 Uhr brachte man einer hiesigen, sehr achtbaren Familie de» Gatten und Vater als Lerche nach Hause. Herr Metzgermeister und Löwenwirt Spreter von hier ging mit seinen beiden Söhnen über Feld um Vieh euizukaufen, auf dem Heim­wege von großer Mattigkeit befallen, benützte er einen zur Stadt fahrenden Muhlenwagen um rascher heimzukommeo, auf einem der Säcke entschlief er sanft vom Leben zum Tode, em Herzschlag bereitete ihm das jähe Ende. Der Enschlafene war allgemein beliebt ob seines guten Charakters und seiner Leutseligkeit.

Horb, 16. April. Einer Einladung des Vorstandes des Horber Bienenzüchlervereins folgend, kam gestern Hr. Lehrer Kümmel aus EberShardt hieher, um in einerJmkerversamm- lung über die Vorzüge des Srülpkastens und die Bedeutung der Wanderblenenzucht einen Vortrag zu halten. Vom Horber und Freudenstädler Bezirk waren viele Bienenzüchter erschienen. Die Versammlung folgte mir Inter­esse den Ausführungen des Redners und zollte ihm am Schluffe der Verhandlungen in gebühren­der Weise den wärmsten Dank.

Am 9. d. Mts. schwärmte in Urlau OA. Leutkirch ein Bienenvolk.

Freuden st adt, 11. April. Bei der heule abgehaltenen Generalversammlung des Schwarzwalovereins, Sektion Fccudenstadt, wurden zur Ausbesserung des AussichlSturmes auf Zuflucht, für Errichtung einer Schutzhülle am unteren Sankendacher Wasserfall, für Her­stellung neuer Fußwege und Verbesserung der schon angelegten, sowie zur Anbringung weiterer steinerner Wegweiser rc. die Summe von 650 Mark verwilligt. Die in Aussicht genommene Herstellung einer besseren, direkten Verbindung von Baiersbronn-Thonbach nach Nutzstem und einer solchen von Schönmünzach direkt nach Oberthal-Buhlbach, sowie die Anlegung eines Fußwegs vom Sankenbacher Wasserfall bis zur Ausfahrt der diesen Sommer zu erbauenden Sankenbachstraße fand unter den Anwesenden allgemeine Zustimmung. Für das Himmelfahrts- fest ist ein gemeinschaftlicher Ausflug nach Mittelhal Elbachsee Zuflucht projektiert, wo bei Hotelier Schmelzle-Mmelthal zur nötigen Restaurierung Halt gemacht werden soll.

Blaubeuren, II. April. Gestern nach­mittag fiel Stadtschultheiß Keller aus bis jetzt noch unaufgeklärter Ursache in den Blautopf. Von 2 Pionieren der 3. Kompagnie wurde er dem Wasser entrissen. (Keller war Milte der 70cr Jahre kurze Zeit Not.-Ass. in Neuenbürg.)

Weil der Stadt. Der am Ostermontag dahier abgehaltene Monats-Viehmarkt war mit 600 Stück Groß- und Jungvieh, ferner mit 40 St. Ziegen, 50 Pferden und 2 Fohlen be­fahren. Auf dem Schweinemarkt waren in 114 Körben etwa 1200 Span- und Milchferkel und 205 Läuferschweine zugebracht. Für Ochsen wurden per Paar 740 bis 1100 c/L, für Kühe