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herrscht, wo jetzt die rote Sonne Japans aufgepflanzt sei. so würde England sein Geschwader im Stillen Ozean verdoppeln müssen. während Rußland sich nicht die geringste Mühe gegeben hätte, China für den englischen Handel zu eröffnen. Wie ersichtlich, giebt die „Daily Telegraph- den Russen einen Fußtritt mit dem bis jetzt sorgfältig vermiedenen Schimpfnamen „Mos- lowite". natürlich weil die Japaner für England die Kastanien aus dem Feuer geholt haben
Unterhaltender Teil.
Späte Ostern.
Erzählung von Friedrich Schulze.
(Fonsetzung.)
Im Zimmer war es dunkel und kalt. Ihn fröstelte. Erst jetzt bemerkte er das. Bisher hatte er nicht daraus geachtet.
„Ich will mich schlafen legen," sprach er. „Am besten wär's. man schliefe für immer ein." Er zündete die Lampe an und warf sich auf das Sopha „Es ist doch etwas Furchtbares um die Einsamkeit," murmelte er und lauschte aus den Schlag der leise tickenden Uhr, die soeben zum Schlagen aushob. Er zählte die Schläge mechanisch — es waren zwölf — Mitternacht! — Da fiel ihm ein, was er einmal auf einer seiner Reisen gehört hatte. Wer um die Mitte der Osternacht aus dem Fenster gen Osten sieht, sagte man, und dabei spricht: „Wie sich des heil'gen Grabes Thür Erschlossen durch der Engel Macht,
So, Schick'alspsörtlein, öffne dich Auch heut für mich In dieser Nacht
Und zeige meine Zukunft mir!" dem sei ein Blick m die Verborgenheit kommender Tage vergönnt.
Ernst belächelte den kindlichen Aberglauben des Volkes, bei der Stimmung aber, in der er sich befand, in der unentweihlen Stille dieser Nacht, die nur von dem hohlen Brausen des Windes belebt wurde, schlug ihn der Osterzauber doch in seinen Bann Ohne recht zu wissen, was er wollte, erhob er sich und schritt zum Fenster, um es zu öffnen Da erst bemerkte er die lieblich blühenden Blumen, die auf dem F-nsterbrett standen: zarte Narzissen und Hya- zinten, ein Glas mit frischen Veilchen und ein gleiches mit Weidenruten, an denen die Blätter grünten und die seidenen Kätzchen glänzten. Er stutzte. Wer konnte ihm diese Aufmerksamkeit erwiesen haben? Er sah sich im Zimmer um Wie behaglich es yergerichtet war! Da war Alles, was zu seiner Bequemlichkeit dienen konnte, am rechten Ort. Wie eigentümlich angenehm ihn das berührte. Nun. im Grunde genommen konnte es ihn ja nicht überraschen, seit Jahren war es ja so. er erkannte Aagathes Feenhand darin, nur hatte er noch nie besonders darauf geachtet, es mußte eben so sein. Erst jetzt dachte er darüber nach, daß es eben so gut anders sein könnte. Was war ihm Agathe? Eine Dienerin. die er bezahlte. Was war er ihr? Hm! Sollte sie . . . Oh, sie sind schlau, diese Weiber; sie wissen ihre Netze zu stellen. — die Thoren, die Falschen, die er haßte uud verachtete.
Rücksichtslos setzte er die Blumen auf den Fußboden, man sollte sehen, daß er sie nicht haben wollte. Dann öffnete er das Fenster und atmete in tiefen Zügen die kühle Nachtluft. Natürlich dachte er nicht daran, dos Schicksal um die Enthüllung der Zukunft zu bitten, die ja ziemlich klar vor ihm lag. Im günstigsten Falle blieb Alles, wie es bisher war. — zu hoffen halte er nichts — Und doch ward ihm so eigen zu Mute. Seiner Kindheit gedachte er und der Mutter, die in der Osternocht frommen Sinns, nur begleitet von einem bewährten Arbeiter des Vaters, hinauspilgerte zum Flüßchen am nahen Wald, das sich unterhalb der Stadt in den Strom ergoß. Sie ließ es sich nicht nehmen, von dem Wasser, dem sie eine wunder- wirkcnde Heilkraft deimaß. zu schöpfen und heimzutragen in das Haus, wo es für den äußersten Notfall das ganze Jahr hindurch in neuen Srein- krügen aufbewahrt wurde. Auch das Gefäß, in dem es geholt wurde, mußte neu sein und wer es holte, der mußte treuen, reinen Herzens sein,
ohne Falsch, ohne Arg und Selbstsucht, nur dann that es die erhoffte Wirkung — Seine Mutter, die liebe fromme Frau mit ihrer Herzenseinfalt! Ja, damals gab es wohl noch solche Frauen; jetzt aber? Nimmermehr! —
Durch die Stille drang ein leises Geräusch. Ernst lauschte gespannt. Wurde nicht die eiserne Gitterthür des Vorgartens geschlossen? Jetzt öffnete man die Thür, die leise in den Angeln knarrte. Von seinem Standorte aus vermochte er den Platz nicht zu übersehen. Er löschte das Licht und eilte in sein Schlafgemach, dessen Fenster sich an der anderen Seite des Hauses befanden. Durch einen Spalt der schweren Fenstervorhänge lugte er hinaus und prallte fast zurück vor Ueberraschung. Das Bild der Mutter erfüllte noch seine Seele, und dort draußen sah er ein weibliches Wesen leise herein schlüpfen, das diesem Bilde täuschend glich Zum Schutze gegen den Wind und die Kühle der Nacht hatte sie ein Tuch über den Kops ge nommen und in den Händen trug sie den gefüllten Krug. Aber Niemand begleitete sie. Sie kam allein und ihre Kleider schienen durchnäßt zu sein.
„Agathe" sprach er endlich halblaut. Er hatte sie erkannt: es war die Leiterin seines Haushalts. Im ersten Augenblick empfand er Lust, sie anzusprecheo. Aber sie hätte vielleicht geantwortet und dann war ja der Zauber gebrochen und das Opfer umsonst, denn Schweigsamkeit war die erste Bedingung des Brauches. Er empfand eine gewisse Ehrfurcht vor der alten Sitte, die seiner Mutter heilig war. Er ehrte den Glauben Anderer, auch wenn er ihn nicht teilte. Lautlos zog er sich zurück und setzte sogar die Blumen behutsam wieder an den Ort, von dem er sie genommen, weil er sich seiner knabenhaften Handlungsweise schämte, die sie für ihren guten Willen nicht verdient hatte.
Er dachte nach und fand, daß er alle ihre Fürsorge doch schlecht belohnt habe Er behandelte sie nicht besser, als alle seine Leute, trotzdem sie von anderem Schlage war. Ihr Vater sollte, ein höherer Ministerialbeamter sein. Als Agathe 19 Jahre alt war, starb ihre Mutter, und ein Jahr später vermählte sich der Vater zum zweiten Mal mit einer jungen reichen Dame Für die Tochter war bald im Hause kein Platz mehr und der Vater beschloß, sie mit einem ungeliebten Manne zu verheiraten. Da entfloh sie und bewarb sich um die Stelle im Hause des Fabrikanten, für die in der Zeitung eine geeignete Persönlichkeit gesucht wurde.
So hatte er gehört. Sie selbst darnach zu fragen hielt er nicht der Mühe wert, weil er die ganze Sache nicht glaubte. Ihr Auftreten verriet allerdings eine gute Erziehung, doch hielt er es für bissir, es nicht zu bemerken, es würde ihn geniert haben. Sie hielt seinen Haushalt rn musterhafter Ordnung. Sie kannte alle seine Bedürfnisse und machte ihm das Dasein so angenehm wie möglich. Das Alles erkannte er an und er hatte sich so daran gewöhnt in den sieben Jahren. als ob es sich ganz von selbst verstünde und gar nicht anders sein könnte. Nun. seinetwegen mochte es immerhin so bleiben.
Ob sie sich wohl glücklich in ihrer Stellung fühlte? Nun, das war schließlich ihre Sache. Was kümmerte es ihn!
Er gieng zur Ruhe und träumte von seiner Mutter, die in der Nacht mit dem Kruge voll Osterwasser zur Gartenthür herein kam. — (Schluß folgt.)
Rasch tritt der Tod den Menschen an. Freund Hein hat am Sonntag in Berlin eine frohe Hochzeitsfeier durch sein Dazwischentreten gestört. In dem B.'scheu Etablissement wurde die Hochzeit eines Ingenieurs C. mit der Tochter eines Bäckermeister F vom Wedding gefeiert. Da erhob sich beim Hochzeitsmahl auch der Großvater der Zungen Braut, ein alter Herr von 75 Jahren, um in wohlgesetzter Rede das Brautpaar zu feiern und zum Schluß einen Toast „auf alle guten Menschen" anszubringen. Da. während die Weingläser aneinander klangen, verfärbte sich plötzlich das Antlitz des alten Herrn und mit leisem Aufschrei sank er auf seinen Stuhl
zurück; Allen unsichtbar, war der Tod zwischen die lustige Tafelrunde getreten und hatte sich sein Opfer geholt. Die Feierlichkeit wurde natürlich abgebrochen.
In Mailand ist dieser Tage, so schreibt die N. Z Z. ein Bettler gestorben, in dessen elender Kammer man unter Schmutz und Lumpen ein Vermögen von 16 000 Lire in italienischen Renten, 1500 Lire in Silber und 1300 Lire in Kupfermünzen fand. Der 75 Jahre alte Mann lebte schon viele Jahre lang ganz allein und bettelte in zerifsenen Kleidern, ohne Strümpfe jahraus, jahrein. Da er niemand mehr hat, der an ihn rechtliche Ansprüche erheben könnte» ergriff die Stadt Besitz von dem Vermögen. Beim Durchsuchen der Lumpen wurde aber ein regelrechtes Testament gefunden, in dem das Blmdenaiyl. das Institut für Rhachilischen, ein Kindergarten bei der Porta Ticinese und ein Asyl für Säuglinge bedacht sind. Er war also sehr menschenfreundlich, dieser einsame Sonderling, sonst hätte er mit den Almosen, die ihm doch ziemlich reichlich zugeflossen sein müssen, sich ein bequemeres Leben gönnen können. -- Etwas Aehnliches kam jüngst in Genua vor. Hier handelt eü sich um einen schmutzigen Geizhals, der von Haus aus reich, sich elend und kümmerlich durchs Leben schleppte. Auch er be- wohnte ein ganz trauriges Loch, das mit ein paar allen, baufälligen Möbeln ausgerüstet war; sein Bett war nur mit einer zerfetzten Steppdecke bedeckt. Als Todesursache haben die Aerzte Mangel an Nahrung sestgestellt. Was man aus Lumpen und wunderbaren Verstecken aller Art in der Kammer herausschälte, beläuft sich in Werttiteln und Banknoten auf 750000 Lire!
(Weißblechgeschirre wieder neu zu machen.) Man mischt Holzasche mit gewöhnlichem Oele, so daß sich eine Art Brei bildet und mit diesem bedecke man das Gefäß. Dann reibt man es mit einem wollenen Lappen ab. Sollte die schwarze Farbe nicht gleich verschwinden, so wiederhole man das Verfahren. Der Erfolg bleibt nicht aus und die Geschirre werden wie neu.
(Hausordnung) Hausfrau: „Anna, ihr Liebhaber war gestern abend wieder bis 10 Uhr bei Ihnen in der Küche! Das dulde ich nicht mehr!" — Köchin: „Ich Hab auch schon gedacht, ob wir nicht 'n bischen früher essen könnten!"
(Beleidigt.) Dame: Was wir in diesem Winter für schreckliches Wetter haben! — Herr: Ja, aber wenn Sie sich erinnern wollen, der Winter von 1850 war noch viel kälter. — Dame (empört): Mein Herr, das verbitte ich mir!
Arithmogriph.
1 2 3 7 5 7 atlgermanijche Göttin.
2 1 5 8 4 ein graues Gespenst, das jedem Leser
fern bleiben möge.
3 7 2 2 1 ein berühmter ausländischer Dichter.
4 8 16 männlicher Vorname.
5 12 4 eine beliebte Blume.
2 7 8 1 ein Nahrungsmittel.
1 7 2 4 in der Wüste zu finden.
6 1 8 7 3 Teil eines deutschen Flusses.
6 7 2 4 Körperteil.
3 1 5 3 4 feines Gebäck.
7 8 6 4 2 weiblicher Vorname.
8 7 6 2 bekannter Vogel.
Die Anfangsbuchstaben von oben nach unten bezeichnen einen Jahrestag.
Wegen des h. Charfreitags fällt das sonft am Freitag erscheinende Samstagsblatt aus. Die nächste Nummer (Osterfestnummer) wird am Samstag vormittag so zeitig ausgegeben, daß sämtliche Exemplare für die Amtsorte noch mit den Postboten Beförderung finden.
Größere Inserate für diese Nummer müssen spätestens bis Donnerstag mittag übergeben sein, während kleinere Anzeigen, welche bis Samstag früh 8 Uhr eingekommen sind, noch berücksichtigt werden können.
Redaktion u. Verlag des Enzthälers.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.