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vom Fürsten Bismarck empfangen werden zur Entgegennahme der Glückwunschadresse der Stadt Stuttgart.
Stuttgart, 3 April. Die württem. bergischen Handelskammern, ausgenommen Rottweil. richteten eine Kollektiveingabe an das Ministerium: es möge dahin wirken, daß jeder Versuch, an dem erpropten Münzsystem zu rütteln, zurückgewiesen werde.
Für die bevorstehende Stichwahl zum Reichstag im 14 württb. Wahlkreis (Ulm. Gelslingen, Heidendeim) kandidiert seitens der Volkspartei der Landtagsobgeordnete Hähnle; seitens der nationalgesinnten Parteien ist bis jetzt noch kein Kandidat ausgestellt. Die Stutl garter Sozialdemokraten halten bekannilich auch die Wahl des Reichstagsabgeordneten Siegle ungekochten und mit großer Sicherheit daraus gerechnet, daß die letzte Stuttgarter Reichstags, wähl gleich derjenigen des 14. Wahlkreises umgestoßen werde. Diese Hoffnung ist zu Wasser geworden. Die Wahlprüsungskommission des Reichstags hat wenigstens einstimmig beschlossen, dem Reichstag die Giltigkeitseiklärung der Wahl Siegles zu empfehlen und da in der Wahlprüfungskommission alle Parteien vertreten sind, ist nicht daran zu denken, daß der Reichstag die Wahl Siegles umstoßen werde, so gerne viel leicht auch die Gegner geneigt wären, bei dieser Gelegenheit an Herrn Siegles Stelle dem sozialistischen Schreinergesellen a. D Kloß, wie im württb. Landtag so auch im Reichstag einen Sitz zu verschaffen.
An Stelle des noch Preußen zurückkehrenden Generallieutenants v. Ni lisch Rosen egk ist der seither nach Preußen kommandierte württ. Generallieutenant v Ptaff zum Divisionskommandeur in Ulm ernannt worden, so daß nun beide Divisionskommandeure unseres Armeekorps Württemberger sind. Ueberdies ist bekanntlich auch der Württemberger Generalmajor von Greisf an Stelle des preuß. Generalmajors v. Callas zum Brigadekommandcur in Ulm ernannt worden.
Der Verein der Hundefreunde in Heilbronn a. N. hält auch dieses Jahr, veranlaßt durch die starke Beschickung und den zahlreichen Besuch seiner vorjährigen Veranstaltung, am Ostermontag den 15. April, wieder eine Hundeschau mit Prämierung verbunden mit Hundebörse ab. Es stehen dem Verein dies Mal die schönen und Hellen Räume der großen städt. Turnhalle zur Verfügung, so daß die Tiere vorzüglich untergebracht werden können. Anfragen und Anmeldungen sind zu richten an den Schriftführer des Vereins, Herrn Carl Stahl, Sülmer- straße 4, Heilbronn a. N. Nennungsschluß 6. April.
Ebingen. 1. April. Infolge Blutvergiftung wurde hier ein junges, hoffnungsvolles Leben, der 15jährige Kaufmannslehrling Friedrich Nieder, durch den Tod hinweggerafft. Der Betreffende hatte einige Blutgeschwüre (sog. Asien), welche er sich, ohne den Arzt in Anspruch zu nehmen, öffnen ließ; hiebei oder in der Folge trat Vergiftung hinzu und trotz ärztlicher Kunst mußte er nach großen Leiden gestern Nachmittag sein Leben lassen Dieser Vorfall mahnt wieder auf's Neue zur Vorsicht in derartigen Fällen!
Ausland.
Im österreichischen Ministerium sitzen kuriose Leute; sie verboten in Oesterreich, soweit dies irgend möglich war, alle Ehrungen Bismarcks zu dessen 80. Geburtstag „wegen 1866". Daß Bismarck seither das deutsch-österreichische Bündnis abgeschlossen hat und schon beim Frieden N'kolsburg Prag große Mäßigung bewies, weiß der Minister Madeisky wahrscheinlich ebensowenig. als daß Oesterreich gerade durch Bismarck bisher von einem Krieg mit Rußland befreit blieb.
Paris, 3. April. Vor der 11. Straf- kammer hatte sich heute Frau Maria Richard wegen Beschimpfung eines Appellationsrats aus Nancy zu verantworten. L>ie rief mit lauter Stimme: „Ich bin unschuldig, man will mir nicht Recht schaffen!" Der Präsident Levrier versuchte, sie mit den Worten zu be
ruhigen: „Man wird Ihnen Recht schaffen. Warten Sie nur!" In demselben Augenblick schoß die Frau mit einem Revolver nach dem Präsidenten, der die Fassung keineswegs verlor. Er sagte: „Die Frau ist verrückt. Man führe sie zu einem Arzt!" Die Zuschauer waren sehr erregt, so daß die Sitzung zeitweilig aufgehoben wurde. Die Verhandlung gegen die Frau Richard ward vertagt.
Die Spanier müssen bedeutende Truppensendungen nach Cuba ausführen, um den dortigen Aufstand zu bewältigen. Die auf 20000 Mann geschätzten Aufständischen auf der Insel Cuba haben die spanischen Regierungstruppen in zwei allerdings unbedeutenden Gefechten ge- schlagen.
Madrid. 4. April. Marschall Martinez Campos ist nach Cuba abgereist. Minister, Abgeordnete, Senatoren, die Generalität und die Volksmenge bereiteten ihm einen begeisterten Abschied.
Hotelbrand in Mentone. In der prächtigen Hauptstraße, der Via Corso, wütete ein furchtbarer Brand, der erst nach 48 Stunden lokalisiert werden konnte. Das Hotel d'Angle- terre, ein mit dem größten Luxus ausgestattetes Haus, sowie fünf andere Paläste wurden vollständig eingeäschert. Man schätzt den Materialschaden auf 7 Millionen Lire. Bel den Löscharbeiten trugen drei Personen derartig schwere Verletzungen davon, daß sie denselben bald erlagen. Scchszehn Personen sind minder schwer verwundet.
Vermischtes.
Bismarck in Schwaben.
Erinnerungen von O. v. E. in den „Bl. N. N."
Das erste öffentliche Hoch auf Bismarck in Süddeutschland wurde am 19 Juni 1870 auf der Burg Hohenzollern ausgebracht. Dort war am genannten Tage die deutsche Partei Württembergs, 1200 Personen, darunter die bekannten Namen Römer, Hölder und Otto Elben, versammelt, um an der Wiege des Hauses Hohen- zollern die Zuversicht auf eine baldige Lösung der deutschen Frage zu beleben. Daß schon vier Wochen später der große Krieg beginnen sollte, der jene Frage entschied, daran dachte noch Niemand. Aber in prophetischen Worten feierten die Festreden die Burg als den Stammsitz des künftigen deutschen Kaisergeschlechts und Bismarck als den zur Einigung des Vaterlandes berufenen Staatsmann. Stürmische Hochrufe ertönten auf ihn, die ersten. wie gesagt, die in öffentlicher Versammlung auf ihn in Süddeutschland verlauteten.
Kein deutscher Sänger hat jemals mit solchem wunderbaren Seherblick auf die Gestalt Bismarcks hingewiesen, als der Schwabe I. G. Fischer, der im Februar 1849 voll tiefen Schmerzes über das damalige Scheitern der nationalen Hoffnungen nach einem Einiger Deutschlands rief. Die erschütternden Worte, in denen es geschah, sind wohl wert, in diesen Tagen aufs Neue gelesen und — beherzigt zu werden; sie lauten:
Erheb' Dich wie aus Einem Munde,
Du Schrei der Not nach einem Mann!
Das deutsche Fahrzeug geht zu Grunde,
Es fängt schon tief zu sinken an.
Schon bog es hoffend um die Klippe,
Schon nach dem Hafen ging der Zug;
Da fiel auf der Bemannung Sippe Der Wahn, wie er noch Keinen schlug.
So riß herab der Einheit Fahne —
O unerhörte Meuterei!
Und jeder schrie in keinem Wahne:
„S o bin ich stark, s o bin ich frei!" —
Du herrlich Schiff, das uns getragen,
Jst's möglich, läßt es Gott gescheh'n,
Daß Du, zertrümmert nnd zerschlagen Und rettungslos sollst untergeh'n?
Tritt aus der Führer wildem Zanken Kein so antiker, ganzer Mann,
Der den unsterblichen Gedanken Der deutschen Größe fassen kann?
Der ohne Ansehn und Erbarmen Zu Haus uns treibt im Schlachtenschweiß Und dann mit unbeugsamen Armen Die deutsche Mark zu runden weiß!
Nur Einen aus den Millionen,
So weit die deutsche Langmut haust!
Zum Heil der Völker nnd der Thronen Nur eine eisern harte Faust,
Die wie ein Blitz durch alle Grade Empor sich zum Diktator schwingt Und die Rebellen ohne Gnade Ins starre Joch der Einheit zwingt!
Der nicht erwägend und nicht wählend Aufstelle das Kolumbus«,
Daß nicht der Deutschen Schmach und Elend Ein Spottlied aller Völker sei.
Komm Einz'gcr, wenn Du schon geboren,
Tritt aus, wir folgen Deiner Spur,
Du letzter aller Diktatoren Komm' mit der letzten Diktatur!
Es ist bemerkenswert, daß der „Mann mit der eisernen Faust" zur Zeit, da der schwäbische Poet der Sehnsucht nach ihm in so ergreifenden Worten Ausdruck gab, bereits eifrig am Werk war im Dienste des Vaterlands. I G. Fischer, der Sänger des Liedes, der jetzt in Stuttgart lebt und erfreulicher Weise noch immer schafft, ist am 25- Oktober 1816 geboren, also nur wenig jünger als Fürst Bismarck.
Ein astronomisches Ereignis» das auch in religiöser Beziehung sehr bemerkenswert ist, wird, wie ein französisches Blatt schreibt, der diesjährige Karfreitag bringen. An diesem Tage tritt seit 1862 Jahren zum erstenmal der Fall ein, daß die die Sonne umgebenden Gestirne genau dieselbe Stelle einnehmen, die sie an dem Tag inne hatten, an welchem Christus am Kreuz starb. Wir sagen 1862 Jahre christlicher Zeitrechnung, datierend von dem Tod Christi und nicht von seiner Geburt, da Christus den geschichtlichen Ueberlieserungen zufolge in seinem 33 Jahre gekreuzigt wurde. Am Karfreitag morgen 4 Uhr 20 Min. wird der Mond vor Spica, einem Stern erster Größe aus der Gruppe der „Jungfrau" vorübergehen und den hell glänzenden Stern längere Zeit verdunkeln.
(Boshaftes Mißverständnis.) „. . . Ich sage Ihnen, Herr Professor, der junge Mensch hat in meinem Hause viel Gutes erfahren!" — „Ueber wen denn, Frau Rätin?" — (Kritischer Moment.) Chef (ins Komtor tretend, znm Buchhalter) : Herr Meyer, ich soll Ihnen ausrichten, daß bei Ihnen zu Hause Zwillinge angekommen sind . .. machen Sie keinen Klex ins Hauptbuch!"
(Undenkbar.) Richter: „ . . Auch sollen Sie mit einem vollen Bierkruge nach dem Kläger geworfen haben!" — Angeklagter: „Aber, Herr Richter — ich — und ein volles Bierkrügel wegwerfen . .!"
Telegramme.
Berlin, 5. April. Aus Kiel wird gemeldet: Der letzte Damm des Nordostseekanals, welcher die freie Durchfahrt hinderte, wurde gestern durchstochen.
Kiel. 4. April. Der Kaiser ist auf dem „Kurfürst Friedrich Wilhelm" heute früh mit dem Manövergeschwader in See gegangen.
Breslau, 4. April. Der „Breslauer Generalanzeiger" meldet: Ein schlesischer Magnat habe den Kardinal Kopp befragt, wie er über die Haltung des Zentrums gegenüber der Bismarckfeier denke. Kardinal Kopp habe geantwortet: „Ich bedaure die ablehnende Haltung aufs tiefste." Auf die Frage des Magnaten, ob er diese Aeußerung verbreiten dürfe, erwiderte Kardinal Kopp: „Ich stelle Ihnen anheim, von meiner Aeußerung jedem gegenüber den Ihnen genehmen Gebrauch zu machen."
Budapest, 5. Apr In Maros-Vasarsely ist infolge von Regengüssen und Tauwetter eine große Ueberschwemmung eingetreten. Die Bewohner der an der Maros gelegenen Häuser sind in großer Gefahr.
Lemberg, 5. April. Auf der Kursk- Charkow-Asow-Bahn entgleiste ein die Linie inspizierender Extrazug. Von dem Bahnpersonal sind 6 tot, 4 schwer verwundet, viele leicht verletzt. Alle Waggons wurden zertrümmert.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.