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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Wildbad, 2. April. Die Feier des 80. Geburtstages unseres Altreichskanzlers Fürsten Bismarck gestaltete sich auch hier zu einem patriotischen Festtage. Die Straßen der Stadt prangten in reichem Flaggenschmucke und überall mochte sich festtägliche Stimmung bemerkbar. In den verschiedenen Schulen fand morgens eine Schulfeier statt, wobei die Schüler unter Ver­abreichung von Bismarckbretzeln auf die Be­deutung des Tages hingewiesen wurden. Nach­dem dann schon morgens von Stadtschultheiß Bätzner namens der Stadt ein Glückwunsch­telegramm an den Fürsten Bismarck abgesandt wurde, fand abends von 7 Uhr an im Gasthaus zum goldenenLöwen" ein Festbankett statt Stadtschultheiß Bätzner eröffnete dasselbe mit einem Toast auf Se. Majestät unfern König Wilhelm II. und Se. Maj. Kaiser Wilhelm II. Hierauf hielt Dr. meä. Teufel die Festrede. Ausgehend von dem unserem Reichstag nicht zur Ehre gereichenden letzten Beschlüsse, an der geplanten Bismarckfeier nicht teilzunehmen, wies er vielmehr darauf hin, wie sehr wir alle ohne Ausnahme, seine Feinde ebenso wie seine reunde, gemeinsame Ursache haben, unfern ribut des Dankes und der Verehrung zu den Füßen des großen Schöpfers unseres herrlichen mächtigen großen deutschen Reiches zu legen. Mil wenigen aber großen Zügen zeichnete der Redner die Knaben- und späteren flotten Studentenjahre des späteren großen Mannes. Das Jahr 1847 setzte seinem freien Junggesellen­leben ein Ende durch Verheiratung mit Frei- fräulein Johanna v. Puttkammer. Nachdem er einige Zeit im Staatsdienst die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich zog, wurde er später von seinem König Wilhelm IV. zum preußischen Bundestagsgesandlcn ernannt. In Frankfurt reifte in ihpr der Plan: Los von Oesterreich mit Feuer und Schwert. Dieses Ziel ließ er nie aus seinen Augen. Im September 1863 rief König Wilhelm I. ihn nach Berlin. Das Jahr 1866 brachte die Entscheidung und die Er­füllung seiner längst gehegten Pläne. Preußen erhielt gewaltigen Gebietszuwachs und die Führ­ung des norddeutschen Bundes. Bismarcks geniale Staatskunst war es, welche im Jahre 70 die feindlichen auswärtigen Mächte vom Kriege fernhielt, so daß Frankreich sich völlig isoliert sah. Der Abschluß seines Baues war die Wieder­aufrichtung des deutschen Reiches am 18. Jan. 1871. Nun ging es frischen Mutes an den Ausbau des Reiches nach innen. Mit dem Wunsche: Gott segne und erhalte uns unfern Altreichskanzler Fürsten v. Bismarck noch lange Jahre schloß der Redner. Die Versammlung stimmte freudig und einmütig ein in das drei­facheHoch Fürst von Bismarck " Es folgten noch mehrere gemeinsam gesungene patriotische Lieder, u. a. auch das Lied,Wir Deutsche fürchten Gott allein sonst nichts auf dieser Welt." In gehobener Stimmung blieb die Versammlung bis zur späten Stunde beisammen und gab da­von Zeugnis, daß auch hier oben im tiefen Schwarzwald die Quelle echter Bismarcksverehr­ung noch in alter Reinheit und durch nichts beinträchligter Kraft fließt.

-s- Dobel. (Bismarckfeier.) Gestern abend wurde zur Einleitung der Bismarckfeier auf unserer Höhe ein Freudenfeuer abgebrannt, das wohl weit hinein ins badische Land gesehen worden ist. Ebenso beobachteten wir eine ganze Anzahl von solchen Festgrüßen, welche auf den Höhen des Hardtgebirges aufflammlen. Die eigentliche Bismarckfeier fand im festlich ge- schmückten Saal des Gasthauses zum Hirsch hier statt, wozu sich auch Teilnehmer von Neusatz und Rothensol eingefunden hatten. Nachdem Hr. Schultheiß Sch von den Kaisertoast aus­gebracht hatte, trug Hr. Schullehrer Siegle das preisgekrönte Bismarcklied von P. Warncke vor. Hr.Pfr. Mayer hielt die Festrede, welche mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den Fürsten Bismarck endete, worauf das Lied Hoch! Deutschland hoch mein Vaterland!" vom hiesigen Liederkranz vorgetragen wurde. Die politische Thätigkeit Bismarcks schilderte Schul­lehrer Siegle. Hr. Schullehrer Jacob trug

ein von ihm selbst verfaßtes Bismarcklied vor, das begeistert ausgenommen wurde. Patriotische Gesänge des hiesigen Liederkranzes trugen wesent­lich zur Erhöhung der Feier bei. Die ganze Feier zeigte, daß auch auf unserer Höhe Bis­marck hoch geehrt wird, und daß wir nichts ge­mein haben wollen mit denen, welche Deuisch- land am 23. März Schande machen wollten. Möge es dem Fürsten vergönnt sein, noch recht viele Jahre unter seinem dankbaren Volke zu verweilen.

Pforzheim, 3. April. Dem heutigen Schweinemarkt waren etwa 120 Ferkel zu­geführt. Bei wenig lebhaftem Handel wurde »IL 23.50 bis vkö 30. Pr. Paar bezahlt.

Deutsches Weich.

Friedrichsruh, 1. April. Nach den Hamb. Nachr. überreichte der württ. Militär­bevollmächtigte Flügeladjutant Oberst Frhr. v. Walter das eigenhändige Schreiben Sr. Ma;. des Königs von Württemberg nach dem Empfang der Universitätsrektoren. Fürst Bismarck er­brach das Allerhöchste Schreiben sofort und las es, worauf er den Ueberbringer ersuchte, Sr. Maj. den unterthänigsten Dank auszusprechen, und Erinnerungen an sein persönliches Zusam­mentreffen mit dem König während des fran­zösischen Feldzugs rc. hinzufügtc. Der Fürst zog die Abgesandten der Souveräne und die Rektoren zur Frühstückstafel.

Friedrichsruh, 1. April. (Antwort des Fürsten Bismarck an die Professoren-Depu- tation.) Wenn man von den Parteien soviel angefeindet werde, könne man es nicht tragisch nehmen; es sei der Lauf der Welt, daß gekämpft werde; daraus, daß man ihn bekämpfe, ersehe er, daß seine Gedanken nicht tot seien. Wenn verschie­dene Fraktionen, Sozialdemokraten, das Zentrum oder die Polen, es ihm übelgenommen, daß er sie reichsfcindlich genannt habe, so könne er dies aufrecht erhalten. Theoretisch möchten sie Alle reichssreundlich sein, vorausgesetzt, daß das Reich so sei, wie sie es wünschten. Bedauerlich sei, daß die Sozialdemokraten nicht die zweite Vize- präsidentenstclle im Reichstage erhalten hätten, weil sich dann gezeigt Hütte, daß die Sache der Sozialdemokraten noch nicht reif sei, um ent­scheidend einzugreifen. Man müsse mit dem Reich rechnen, wie es sich aus den Thatsachen praktisch entwickelt habe; es müsse die Auf. gäbe Aller sein, dies zu erhalten. In seiner Erwiderungsansprache auf die Hamburger Adresse führte Fürst Bismarck aus: die überseeischen, von Hamburg und Bremen unterhaltenen Be­ziehungen zu Amerika seien mehr wert, als irgend eine staatliche und amtliche Vertretung. Wenn alle Hamburger und Bremer, die heute in Süd- Amerika weilen, heimkehren würden, so würde ich das für verhängnisvoller halten, als wenn alle amtlichen Vertreter Deutschlands dort ver­schwänden (grotze Heiterkeit. Ich habe auch be­züglich Afrikas gehofft, dort kaufmännische Re­gierungen auszubilden und hoffe, dieses System noch in Afrika kommen zu sehen, welches Eng­lisch.Ostindien groß gemacht hat.

Friedrichsruh. 3. April. Wenn man die zahllose Menge der Telegramme die gestern von nah und fern eintrafen, berücksichtigt, so darf man mit Recht sagen, daß die ganze Welt sich dem Fürsten gestern zu Füßen legte, der greise Staatsmann ist geehrt worden, wie bisher wohl noch niemand auf dieser Welt. Und wie rüstig stand er noch da, als er, trotz der Auf­regungen des Vor- u. Nachmittags, Abends doch noch den Fackelzug entgegcnnahm?! Wie auch Schwenninger und Graf Herbert bitten mochten, er war nicht zu bewegen, eher in das Innere des Schlosses zurückkehren, bis der letzte Mann des Fackelzuges an ihm vorbeidefiliert war. Niemand halte auch daran gedacht, daß er noch eine längere Rede halten werde, und doch geschah dies zum Erstaunen aller Anwesen­den. Erfreulich ist es, daß bei der Beförderung eines so zahlreichen Publikums kein Unglücksfall vorgekommen. Gestern früh erschien eine De- putation der Münchener. Man sagt, daß Morgen, sodann am 6., 17. u. 19. April noch größere Deputationen hier von auswärts erscheinen werden.

Der sozialdemokratische Vorwärts feiert Bismarck auf seine Weise. Er preist die Ausflüge der Berliner Arbeiter in den Grune- wald als etwas viel Herrlicheres als das Ver­gnügen derer,die in den Sachsenwald ge- wallfahrtet sind, um am Allerwelts-Narrentag den Bauchtanz der Sklaven vor demzerschmet­terten" und gnädig zusammengeflickten Götzen­bild auszuführen, das von vorn aussieht, wie das goldene Kalb und von hinten wie der blut­beschmierte Moloch".

Aus Baden, 1. April. Unter all den Veranstaltungen, die zu Ehren .des 80. Geburts­tages des Altreichskanzlers rings im Lande veranstaltet worden sind, darf die Bismarckfeier auf dem Feldberg eine besondere Erwähnung beanspruchen. Trotz der Ungunst der Witterung nahm sie einen sehr erhebenden Verlauf. Schon am Vorabend waren 50 Teilnehmer am Bankett erschienen, deren Zahl am eigentlichen Festtage selbst auf ungefähr 120 stieg. Herr Sutler aus Neustadl, ein echter uud rechter Schwarzwälder, brachte das Hoch auf Kaiser und Großherzog aus. Oberförster Witlmer aus St. Blasien feierte in tiefempfundener Rede den Jubilar. Er schloß mit den Versen:

Schwing dich, Lenzwind, nach dem Norden,

Bring dem Mann den Hauch der Tannen,

Bring ihm aus den Schwarzwaldbergen

DasGrüß Gott" der Alemannen.

An den Altreichskanzler wurde folgendes Tele­gramm abgeschlckt:Vom höchsten Gipfel unserer heimatlichen Berge, dem schneebedeckten Feldberg, senden Ew. Durchlaucht weit über hundert Verehrer deutschen Gruß und Glück­wunsch." Von den weiteren Trinksprüchen mögen noch hervorgehobcn werden diejenigen bes Oberförsters v. Teuffel, von Dr. Tiefen­bacher, Gemeruderat Seldenrch und Mannelieute- nant v. Krohm.

An Stelle des s Kultusministers Dr. von Müller wurde der bayerische Bundesrats- devollmächtigte Dr. v. Land mann zum Kultus­minister ernannt. Derselbe war früher einige Zeit lang Redakteur derAllgemeinen Zeitung" und ist als ein hervorragendes Talent bekannt.

München, 3. April. Der 13. Kon­greß für innere Medizin trat heute nach­mittag einhellig den Thefen des Referenten Prof. Dr. Heuvner-Berlin bei, welche besagen:

1. lhätliche Wirkung wurde bei Anwendung des Diphterieheilserums" bisher nicht beobachtet;

2. über den Heilerfolg sprechen sich die meisten Aerzte, welche über größeres Material zu ver­fügen halten, günstig aus; 3. über die Jmuni- sierung wurde bisher Bestimmtes noch nicht kon­statiert.

Karlsruhe, 3. April. In Eigeltingen in der Seegegend explodierten in einem Hause ca. 10 Pfund Schießpulver, das für Böller­schießen bestimmt war. 32 Personen, meist junge Burjchen, waren zur Zeit der Explosion im Hause versammelt. Es wurden fast alle verletzt, einzelne schwer. Aerztltche Hilfe war bei der Hand.

Offenburg, 30. März. Eine Reihe von Alcmannengräbern wurde vorgestern vor der Stadt entdeckt an der Stelle, wo der Bahn­körper der Hauptbahn und Schwarzwalddahn an der Ortenberger-Straße auseinandergehen. Es sind bereits sechs Leichname ausgeh oben mit wohlerhaltener Rüstung und Schwert.

St. Moritz (im Weilerthal), 27. März. DerVogesenbote" berichtet als eine Seltenheit von hier, daß unser Dorf, das doch 350 Ein­wohner hat, weder in diesem noch lm nächsten Jahre einen Rekruten zur Musterung stellen kann.

Württemberg.

Stuttgart, 3. April. Aus der Sitzung des Präsidiums des württ. Kriegerbundes vom 28. März veröffentlicht dieW. Kr.-Ztg.", es sei die mit besonderer Freude aufgenommene Mitteilung gemacht worden, daß Se. Maj. der König den Besuch des Bundestags in Bi der ach in sichere Aussicht gestellt habe.

Stuttgart, 3. April. Aus Friedrichs- ruh traf am Montag die Mitteilung ein, daß Oberbürgermeister Rümelin und Bürgeraus­schußobmann Kommerzienrat Kuhn am 19.April

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