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beehren sich den Eingang der

Neuheiten

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Damen- und Herrenkleiderftoffen,

sowie

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für Frühjahr und Sommer ergebenst anzuzeigen.

Aus Stadt. Bezirk und Umgebung.

** Neuenbürg, 2. April. Als die mitter, nächtliche Stunde verkündete, daß man in das Zeichen des 1. April, in das Zeichen Bismarcks eingetrcten sei, da erscholl hundertstimmig der Jubelruf: Heil, Bismarck. Heil! bemalten Kanzler Heil! Ja, es war eine überaus zahl­reiche Versammlung, welche der 31. März, am Vorabend des Geburtstages des Fürsten zu seiner Ehrung in den weiten Räumen der Alten Post zusammengesühct hatte. Nicht blos aus Neuenbürg selbst, auch aus der Umgebung waren sie herbeigeeilt, die Bismarck ehren wollten, zu feinem Jubettage. Schien es doch als ob so manche eben durch ihr Erscheinen öffentlich be­zeugen wollten, daß sie, wenn auch verschiedener Parteisleüung angehörig, sich doch nicht eins wissen wollten mit dem berüchtigten Reichslagsbeschluß Vom 23. März, sondern daß sie als Deutsche, nicht als Partei, den größten Deutschen ihrer Zeit gar mancher wird uns noch in fernen Jahren beneiden um das Glück seine Zeitgenossen ge wesen zu sein feiern und ehren wollen, weil , ihm Ehre gebühret. Ja es schien, als ob die alte Einheit wiederhergestellt sei, so zahlreich war die Festversammlung, so allgemein war die Beteiligung aus allen Schichten der Bevölkerung Der Verlauf des Festabends war ein überaus gelungener. Hr. Stadrschultheiß Stirn führte den Vorsitz und leitete die Feier mit kurzer Ansprache ein. Der Liederkranz und die Feuerwehrkapelle von hier, welch letztere schon während der Mittagsstunde auf dem Markt­platz mehrere Musikstücke zum besten gab. hatten sich der dankbaren Aufgabe unterzogen durch begeisterten und begeisternden Vortrag echt vater­ländischer Lieder und Märsche die verschiedenen Reden und Ansprachen zu umrahmen und in das Ganze eine wohlgefällige Abwechslung zu bringen, so daß ihnen zum Schluß auch die wärmste Anerkennung ausgesprochen wurde.

Der erste Redner war Herr Graf Uxkull. In ernsten eindringlichen Worten führte er etwa Folgendes aus: Zwei ganz verschiedene Hand­lungsweisen sind es, die wir in den jüngsten Tagen kennen gelernt haben, die eine lies ver­letzend, die andere ermutigend und befriedigend: Die Nichtachtung des Fürsten Bismarck durch die Mehrheit des Reichstags und die von Dank und Freude überquellenden Beweise kaiserlicher Huld. Ergriff uns nicht alle bei der ersten Kunde über den Reichstagsbeschluß eine Em­pfindung wie die war als die Trauerkunde von dem Attentat Nobilings gegen die nur allem menschlich Hohen und Edlen zugethane Person des deutschen Kaisers Wilhelm I. durch die deutschen Lande zitterte? Ja nichts anderes haben wir hier als ein Attentat auf die Ehre Bis­marcks, ohne den es keine Einigung der deutschen Stämme und ohne den es auch keinen Reichs­tag gäbe. Aber der Beschluß war für unfern dermaligen Reichstag ganz naturgemäß, weil die Mehrheit dem deutschen Reich feindlich gegen­über steht. Die Feinde des deutschen Reichs

sitzen mit uns im eignen Haus, im Haus, das Bismarck gebaut har. Die Polen. Elsäßcr, Sozialdemokraten verneinen alles, was uns heilig erscheint. Der Freisinn und die Demo­kraten, sie heißen national etwas anderes, als wir es heißen: Was sie darunter verstehen ist nichr etwa ein deutsches Kaiserreich mit einem starken Heer ihr Ideal ist eine deutsche Re­publik, statt eines Heeres eine Miliz. Das Zentrum: Sie wollen ein starkes, deutsches Reich, eine starke Armee, aber was sie nicht wollen, ist: Sie wollen keinen Kaiser der nicht Katholik, der nicht dem Papst unkcrthan ist. Dunkel erscheint uns die Zukunft. Ist kein Licht da, kein Stern der diese Nacht erhellt? Doch, Gott sei Dank! Diesmal ist es unser Kaiser Wilhelm II. Seine Kundgebungen über den Reichstagsbeschluß sind uns wie aus dem Herzen gesprochen, seine Ehrung Bismarcks ist ein Balsam für unsere verletzten Gefühle. Ehr­furchtsvollen Dank! Und mit ihm sind die deut­schen Regenten und eine große Mehrzahl des deutschen Volks, welche dem Fürsten Bismarck die Ehre geben, die ihm gebührt. Und mit ihm ist unser König Wilhelm II. Sarin Wahlspruch tautet: Furchtlos und treu zu Kaiser und Reich! Im Sinne des Altreichskanzlers ist es gewiß, wenn wir heule, allen voraus, den Gefühlen zu Kaiser und Reich Ausdruck geben. Mit von Herzen kommender Begeisterung stimmten alle mit ein in das brausende Hoch auf Kaiser Wil­helm II. und König Wilhelm II.

Mit gleicher Begeisterung sang hierauf der Liederkranz das weihevolle Lied:Dir möcht ich diese Lieder weihen, geliebtes, teures Vater­land!"

Als zweiter Redner trat sodann auf Herr Oberamtmann Maier, um uns in fließenden, warm empfundenen Worten ein Bild von der Größe und Bedeutung des Altreichskanzlers Fürsten Bismarck zu geben: Heil, Bismarck, Heil dem Einzigen einen! begann der Redner; wenn dieser Jubelruf aus unserem Schwarz, wald hinaufklingt in den Sachsenwald, dann dürfen wir uns sagen: Wohl uns, daß es uns vergönnt war den Fürsten Bismarck zu ehren! Wir feiern Bismarck, weil es uns Bedürfnis des Herzens und unseres deutschen Gewissens ist; weil diese 80 Jahre gewidmet sind der unablässigen treuen Sorge um unser Vaterland. In seiner äußeren Erscheinung eines Hauptes länger, als alles Volk, impo­nierend. auf den breiren Schultern das mächtige Haupt mit diesen Augen, deren Blitzen uns so oft gezeigt, wie schnell es einschlagen kann, wie schnell dem Gedanken die That entspringt, das Bild eines kraftvollen, echten Mannes, der ebenso in jungen Jahren, wie in den Feldzügen, wo er in dem Saal zu Versailles tief bewegten Herzens die Proklamation verliest, unter der Gunst und Ungunst der Verhältnisse immer derselbe bleibt, wie mit dem llrgebirge verwachsen. In der Jugend zeigte er schon einen besonderen Eifer für vaterländische Geschichte und eine ausge­zeichnete Begabung für fremde Sprachen, zwei

Hauprfähigkeiten für einen Politiker. Damit vereinigt er den Hauptcharakterzug siines Wesens, die Wahrheitsliebe. Sie hat ihn nie verlassen. Dadurch wurde er der ehrliche Mackler. Die Wahrheitsliebe ist das Wahrzeichen für den Be- griff Bismarckischer Politik, sie ist der Schild und Panzer, der ihn deckte. Ein Greis an Jahren ist er noch ein Jüngling an Geistes­kraft und gleich in der Wahrheit. Seine gigan­tische Kraft der Rede, sein tiefer Zug zur Natur, sein innerlicher Sinn für sein Familienleben sind Grundlagen Bismarcks, als echten Mannes, als geistreichen Kämpfers, als wahren Charakters; mit höchster Energie, mit höchster Schaffenskraft gestellt in den Dienst des einen Gedankens: Deuischlands Größe! Sein Geburtstag fällt in die Tage vor Waterloo, in die Zeit der end­lichen Befreiung von französischer Knechtschaft, in die Zeit der Morgenröte deutscher Freiheit und Größe. Aber es fehlte die Wahrheit des Wollens und die Kraft des Könnens. Bismarck wuchs heran unter der Politik des Versteckens und der fremden Einflüsse. Seine Mutter schon sagte, Otto muß Diplomat werden! und Bis­marck ist der Diplomat der Wahrheit geworden. Sein erstes Auftreten fällt in das Jahr 1847, in die Zeit des vereinigten Landtags der preußi­schen Monarchie. Schon damals tritt er ein für die nationale Ehre, schon damals beginnt er gegen den Strom zu schwimmen. Sein Ziel war ein starkes Königsium, ein monarchisches Deutschland mit Preußen an der Spitze. Aber dies war nicht zu erreichen durch parlamentarische Kämpfe, sondern durch Blut und Eisen. ES galt, sich den Umklammerungen Oesterreichs zu entziehen, selbst auf den Fall eines Krieges. Die Heeresorganisalion der 60er Jahre ist die Grundlage des siegreichen Ausgangs für Preußen. Ader nun galt es kluge Milde walten zu lassen nicht blos Oesterreich gegenüber, sondern auch den deutschen Südstaaten. Und mit meister­hafter Geschicklichkeit hat dies Bismarck erreicht. Der Krieg von 70 ist die Bestätigung und der Dreibund die Krönung dieser Erfolge. Auch auf dem Gebiet der kolonialen Vergrößerung ist Bismarck der Führer und Wegweiser geworden. Und seine Politik im Innern war gerichtet da­rauf den innern Staatsfeinden die Zähne zu weisen, ein Hort und ein Schutz aber zu sein den Schwachen. All dies überblickend erfüllt uns das Gefühl heißen Dankes und heißer Liebe. Es ist der Mann, der die Sache hoch hielt, nicht nach Parteien fragte, nicht nach seiner Ehre gesucht hat, der immer bescheiden gewesen ist für sich, aber nicht jür die Größe des Reichs. Des­halb laßt uns von ihm lernen, der Größe des Reichs unser Bestes, unser eigenes Selbst zu weihen! Begeistert stimmten alle ein in den Ruf: Heil Bismarck, Heil, dem Mitbegründer des deutschen Reichs, dem großen Helden in Friedrichsruh, Heil! und langes Leben! Heil!

In mächtigen Tonwellen erschallte dann durch den Saal das von Paul Warncke gedichtete, preisgekrönte Bismarckslied ; schon für den Bor-