Hlnterhattender Teit.
Die Müder.
Eine Erzählung aus Island von A. v. Hahn.
(Fortsetzung.)
Die Frühlingsstürme der Eisregionen bliesen ihren rauhen Odem über das felsenstarrende Eiland.
Nicht vermochten sie freundliche Blumen- äuge» aus dem harten Gestein zu locken, selbst die rauhen Grasbüschel, die der lebensfähige Boden streckenweise spendete, wagten sich noch nicht hervor. In den Fjorden stand das Eis noch und die Küste starrte in den gigantischen Gebilden des Winters, aber es war doch Frühling!
Man sah ihn nicht, aber man hörte sein übermütiges Pfeifen und schnaubendes Brausen, das zwischen den Felsen hinstrich und die unzähligen Vogelschaaren, an der himmelhochragenden, schroffen Küste, die an der dem Meere zugckehrten Wand auf Abhängen und in kleinen Schluchten und Winkel nisten, schickten sich an, das Geschäft des Brütens zu beginnen, in blindem Gehorchen der gewaltigen Herrscherin „Natur" ihren Tribut zu zahlen, für die Unersättlichkeit der despotischen Zerstörerin in willenloser Unvernunft neue Opfer zu schaffen, die sie gierig entgegennimmt.
Das ist die Eierernte für die, auf karge Tafelfreuden angewiesenen Inselbewohner.
Millionen verschiedener Seevögel Hausen auf den unzugänglichen Klippen und dem Felsgestein der hohen, steilen Küste.
Aber der schlaue, von der Not erzogene Mensch, den die grausame Natur nackt und wehrlos ihren Schrecken gegenüberstellte, weiß ihr zu rauben, was er bedarf und in hinterlistiger Tücke läßt sie ihn sich's erringen und erkämpfen, um keine Spezies der Kreaturen, die sie ihrer Zerstörungswut schuf, untergehen zu lassen.
Mord und Verfolgung sind ihre Minister und das ewige Werden sorgt, daß die blutige Herrschaft kein Ende nimmt.
Die Isländer wissen den, für die Vermehrung ihrer Rosse besorgten Gefiederten auch in ihren exponiertesten Brutstätten beizukommen.
An einem langen, starken Tau, das sie um den Leib binden, lassen sie sich an den steilen Felswänden herab und rauben den erschreckt davon flatternden Müttern den ängstlich behüteten Schatz aus dem Nest.
Auf diese primitive, aber nicht ungefährliche Weise, versorgt sich der isländische Haushalt mit seinem jährlichen Bedarf an Eiern, die einen der wichtigsten Bestandteile der Ernährung für die Inselbewohner darstellen.
Auch Thorbjörg versäumte es nie, die Söhne zur rechten Zeit, wenn diese oder jene bevorzugten Eier noch frisch und unbebrütet sind, an das Einholen des leckeren Zuwachses für das Vorratshaus zu gemahnen.
„Meine Söhne, es ist Zeit, daß Ihr die Eier einholet, der Wind weht so weich vom Westen, die Vögel werden sich setzen. Nehmt die Körbe und geht hinauf zur Fördafjunwand; dort, mein' ich, werdet Ihr die reichste Ausbeute finden," sagte Thorbjörg am nächsten Morgen, als sie vor dem primitiven würfel- artigen Herde stand, der sich in der Mitte des Eldhus befindet. Sie schürte das Feuer in der wenig vertieften, von einer niedrigen Mauer eingefriedigten, sonst aber frei auf der Mitte des Herdes liegenden Feuerstelle aus, daß der Rauch in dicken Qualmwolken, durch die viereckige Oeffnung in der Decke in's Freie stieg, die islängischen Bauernhäuser haben keine Schornsteine, — und hing die Retsupa (Fleischsuppe) darüber.
Das Schweigen der jungen Männer, die, auf ungestalteten Klötzen sitzend, ihr Morgenbrot verzehrten, als Einverständnis hinnehmend, fuhr sie zu Hilder gewandt fort: „Du, Hilder, verabsäume nicht Raum in der Skemma (Vorratshaus) zu schaffen. Trage das alte Heu hinaus und lege frisches an die Stelle, wo die Eier ihren Platz haben."
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Auch Hilder nahm den Befehl schweigend hin und fuhr fort, die gestern vom Fjorde heraufgeholten und in Längshälften zerteilten Fische auf eine Schnur zu reihen. Die auf diese Weise in einem eigens zu dem Zweck aus Holzstäben erbauten Gebäude an der Luft getrockneten Fische gehören zu den Leckereien der isländischen Speisekarte und werden ohne weiteren Prozeß mit frischer Butter verzehrt.
Der Vormittag ging hin. während die. sich geflissentlich ausweichenden Brüder dies und das in Haus und Hof schafften.
Als sie das Mittagsmahl, die Retsupa und grautus (Grütze). Jeder auf seinem Bettrand sitzend, die Schüssel zwischen den Knieen haltend, ausgelöffelt hatten, die isländische Bevölkerung speist nur bei feierlicher Gelegenheit an gemeinsamer Tafel. schleppte Thorbjörg einen Korb und Hilder ein starkes Thau herbei.
Arni nahm das Eine, Björn das Andere auf und dann machten sich die Brüder auf den Weg.
Eine Stunde und länger gingen sie. immer aufwärts ihrem Ziele entgcgenschreitend, stumm neben einander her.
An der höchsten Stelle einer steilen, in's Meer ragenden Felswand, das jetzt noch zu wilden, kolossalen Eisgebilden in steinerne Reihe gefesselt zu ihren Füßen trotzte, machten sie Halt.
Björn setzte den Korb ab, und während Arni das eine Ende des Taues um eine verkrüppelte Kiefer schlang, die ihren knorrigen Stamm in dürftiger Kahlheit über den Abhang neigte, legte Björn, der Leichtere und Geschmeidigere, das andere Ende in mächtiger Schlinge um seinen schlanken Körper. Dann prüften Beide die Widerstandsfähigkeit der Ver- knotung, Björn begann den Abstieg und Arni nahm das Tau wieder in die starken Fäuste. Er ließ es langsam durch die Finger gleiten, je nachdem es die Wucht des an der Felswand erst niederklettcrnden, dann niederschwcbenden Körpers des Bruders verlangte.
Nach einer Weile tönte ein Heller Pfiff an der zerklüfteten Felswand empor. Auf dies Zeichen hielt Arni den Strick mit eiserner Faust zurück.
Björn leerte rasch das Nest einer kreischend davonflatternden Möve und dann ließ er zum Zeichen, daß er fertig sei, wieder den grellen Pfiff ertönen.
K Wieder glitt der Schwebende nieder, tiefer und tiefer, bald hier, bald da Station machend, bis die Leine straff vom Baumstamm in den Abgrund niederhing.
Arni ließ das Tau nun los und legte sich, das Zeichen abwartend, glatt an die Erde, müßig in den Abgrund niederschouend.
Tief unten hing Björn an der steinernen Wand, von kreischenden Vogelscharen umflattert, unter sich in schauerlicher Tiefe schroffe Felszacken und weiter hi» gefrorene Wogen und mächtige Schollen des angeschwemmten Polareises zu Riesengebilden aufgethürmt.
Eine eigene Beklemmung stieg in ihm auf, als er auf den Bruder niederschaute, der vom grellen Sonnenschein umstrahlt, eifrig sammelnd über einer Klippe hing.
Wenn der Strick, von einer scharfen Felskante durchschnitten, barst, und Björn dort hinunterstürzte, tief, tief in den Abgrund, und dort liegen blieb, um sich nicht mehr zu erheben.
Eine heiße Welle ergoß sich über ihn, es packte ihn etwas würgend, daß es wie Todes- angst in ihm qualvoll und er mit stieren Augen und keuchender Brust auf den Nichtsahnenden Hinschauen mußte, der noch immer eifrig thätig war.
(Fortsetzung folgt.)
Ein Opfer des Aberglaubens ist in dem mährischen Dorfe Wschemina bei Wichowitz der 13jährige Sohn einer Wilwe geworden. Der Knabe litt an einer Hautkrankheit. Um diese zu beseitigen, ließ die Mutter den Knaben, einem unter der dortigen abergläubischen Landbevölkerung verbreiteten Brauche zufolge, kurz nachdem das Brot entfernt worden war, in den Backofen
kriechen, damit der Ausschlag durch die Ofenhitze vertrieben werde. Der Knabe schrie bald vor Schmerzen laut auf und bat, man möge ihn aus dem Ofen nehmen. Trotzdem ließ ihn die Mutter in ihrem Wahn längere Zeit darin, und als sie ihn später herausnahm, war das arme Kind wie gebacken. Erst nach zwei Tagen starb cs unter unsäglichen Schmerzen.
Von Europa nach Amerika zu Pferde ist gewiß keine alltägliche Unternehmung. Diese Reise projektiert der Fürst Wiasemsky, der früher schon eine Reise rund um Asien zu Pferde ausgeführt hat. Der kühne Unternehmer wird in Paris sein Reittier besteigen, Europa und Sibirien durcheilen, die Behringstraße auf dem Eise überschreiten, und von da Nord- und Südamerika durchreiten bis zum Feuerland! Der Fürst Wiasemsky, welcher zwar tapfererweise voraussetzt, umkommen zu können auf der Tour, ist dennoch entschlossen, weder von der Reise abzusehen, noch die Reiseroute zu ändern. Er nimmt auf seine Kosten Gefährten an, vorzugsweise solche, welche des Englischen mächtig sind und zu photographieren verstehen.
Es scheint wenig bekannt zu sein, daß die gewöhnliche Kochzwiebel sich als eines der besten Mittel gegen die besonders im Frühjahr und Herbst so häufig herrschenden epidemischen Katarrhe (Schnupfen und Husten) bewährt hat. Die Zwiebeln werden gevierteilt, mit Kandiszucker und noch bester mit ungehopfter Bierwürze gedämpft und von dem Safte olle zwei Stunden ein kleiner Theelöffel voll genommen. Diesen eingekochten Saft sollte man in gut verkorkten Gläsern im Hause vorrätig halten. Man würde damit in den meisten Fällen bessere Resultate erzielen als mit den vielen teuren Katarrhmitteln, Säftchen rc., besonders wenn die Anwendung zeitig geschieht, ehe aus einem einfachen Husten ein hartnäckiger chronischer Bronchial- und Lungenkatarrh entsteht. Bei Katarrhen, welche bei regnerischem Wetter mit Westwind eintreten, oder Abends schlimmer sind als am Tage und jedesmal im warmen Zimmer stärker auftrcten als im Freien, ist dieses Mittel oder die Tinktur von Zwiebeln ein sicher helfendes Mittel.
Eine praktische Neuheit für das Bauhandwerk bildet der von Siegbert Bodlaenüer in Breslau neu erfundene und gesetzlich geschützte „Mörtcl-Misch- und TranspordWagen". Entgegen den sonstigen äußerst umständlichen Gewohnheiten wird der Sand resp. der Grand an seiner Fundstelle in die mit dem Rührwerk versehene Trommel des Wagens geschüttet, der notwendige gelöschte Kalk und das Wasser hinzugelhan und — der Mörtel ist zum Abfahren fertig. Durch eine einfache aber sehr sinnreiche Vorrichtung bleibt dieTrommel während der Fahrt in rotierender Bewegung. Hierdurch wird ein Mörtel hergestellt, wie ihn gleichmäßiger und durchgearbeiteter keine Maschine und keine Menschenhand liefern kann. Die innigste gleichmäßigste Mischung zwischen Kalk, Sand und Wasser bleibt bis zum letzten Augenblick bestehen. Die großen Vorteile dieser Erfindung sind in die Augen springend und die Anschaffungskosten verhältnismußig billig. Der Wagen fabriziert und transportiert den vorzüglichsten Mörtel zu gleicher Zeit. (Mitgeteilt vom Patent- u. technischen Bureau Richard Lüders in Gürlitz.)
Vorzügliche Weiße der Wäsche erreicht man ans eine sehr einfache Art. Man mache eine Mischung aus zwei Teilen starkem Spiritus und einem Teil reinem, sehr Hellen Terpentinöl und setze von dieser Mischung zwei Eßlöffel voll auf fünfzig Liter dem Blauwaster zu. Die Wäsche bleicht hierdurch während des Trocknens; keine Hausfrau darf dabei das geringste Bedenken aufkommen lassen, daß der Gcwcbfasser etwa irgend welche Gewalt angethan, also ein Schaden zugefügt werde. Der unverdünnte Teil der Mischung kann gut längere Zeit aufbewahrt werden (wobei Vorsicht geboten ist) und ist in diesem Zustande als treffliches Fleckwasser zur Entfernung von starken oder hartnäckigen Fett- und Harzflecken zu verwenden.
Redaktion, MuS und Bettag von E. Me«y iu Reueubütg.