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nismäßige Opfer sich so einzurichten, daß er ohne Sonntagsarbeit aus- kommen kann.
3) Die Bestimmungen des § 105 e finden auch auf solche Betriebe Anwendung, für die nach den 88 105 ä bis k besondere Ausnahmen zugelassen sind.
4) Werden Arbeiter an Sonn- und Festtagen mit Arbeiten beschäftigt, die kraft gesetzlicher Vorschrift zulässig sind, so müssen die Gewerbetreibenden in das in 8 105 o Abs. 2 bezeichnet Verzeichnis für jeden einzelnen Sonn- und Festtag, an dem eine solche Beschäftigung stattgefunden hat, die Zahl der beschäftigten Arbeiter, die Dauer der Beschäftigung durch Angabe der Lage der Arbeitsstunden, sowie die Art der vorgenommenen Arbeiten eintragen.
Das Verzeichnis muß über sämtliche während des betreffenden Kalenderjahrs auf Grund des 8 105e vorgenvmmenen Sonntagsarbeiten Auskunft geben.
Für Arbeitgeber, die zahlreiche Arbeiter beschäftigen, empfiehlt es sich, das Verzeichnis nach dem im Minist.-Amtsbl. pr. 1895 S. 77/78 enthaltenen Muster zu führen.
Bei Eintragung der Art der vorgenommen Arbeiten genügt es — sofern es sich nicht um die Bewachung der Betriebsanlagen, sowie um die Beaufsichtigung des Betriebes handelt — nicht, die Arbeiten allge- gemein nach der in den Ziffern 1—>5 des 8 105 e Abs. 1 gegebenen Bezeichnung anzuführen. Vielmehr muß aus den Eintragungen die Art der Arbeit soweit zu ersehen sein, daß beurteilt werden kann, ob sie unter die in diesen Ziffern bezeichneten Arbeiten fällt.
Die Eintragungen müssen für jeden Sonn- und Festtag, wenn thunlich, spätestens am folgenden Wochentag vorgenommen werden.
5) Während die in 8 105 o Abs. 1 unter den Ziffern 1, 2 und 5 bezeichneten Arbeiten ohne Beschränkung vorgenommen werden können, müssen den Arbeitern, die mit den unter Ziffer 3 und 4 bezeichneten Arbeiten an Sonntagen länger als drei Stunden beschäftigt oder hiedurch amj Besuche des Gottesdienstes gehindert werden, die in Abs. 3 bezeichneten Ruhezeiten am zweiten oder dritten Sonntage gewährt werden. (8 105 o Abs. 3§.
Die Wahl, ob Sonntagsruhe am zweiten oder dritten Sonntag zu gewähren sei, steht den Gewerbetreibenden zu. O
Für die Beschäftigung an den nicht auf einen Sonntag fallenden Festtagen braucht ein Ausgleich durch Freilassung von der Arbeit am zweiten oder dritten Sonntag nicht gewährt zu werden.
Die Drtsvorsteher haben unter Erteilung der geeigneten Auskunft an die Gewerbetreibenden darauf zu sehen, daß die nach 8105o Abs. 2 der Gew.O. vorgkschrikbenen Verzeichnisse (cs. oben L. I. Ziff. 4) angelegt und ordnungsmäßig geführt werden. Das Muster hiezu ist auf S. 77 f. des Minist Ä.Bl. enthalten.
Zu den nach 8 105«; Abs. 1 Gew.O. ohne Weiteres zugelasseueiS Arbeiten gehören besonders: dos in der Regel einige Stunden vor Wiederbeginn des Betriebs vorzunehmende Anheizen der Oefen u Dampskefsel. die am nächsten Werktag benutzt werden sollen; ebenso die Unterhaltung der Feuerung, sofern sie zu dem Zweck geschieht, den Ofen in derjenigen Temperatur zu erhalten, welche für die Wiederaufnahme des vollen werk tägigen Betriebs eiforderlich ist
Wo die Ortsvorsteher in die Lage kommen, gemäß 8 105 e Abs 4 Gew.O. Ausnahmen zu bewilligen, haben sie dies nur unter genauer Beachtung der in^L. I. Ziff. 6 der „Anweisung" (Minist A.Bl. von 1895 S. 64 und 65) gegebenen Vorschriften zu thun und insbesondere die Ge- nehmigungsvcrsügungen schriftlich zu erlassen, sowie in das nach Formular Anlage 2 S. 79—81 des cit. Mimst.A Bl. zu führende Verzeichnis ei»- zutragen.
II. Ausnahmen für Betriebe, in denen Arbeiten Vorkommen, die ihrer Natur nach eine Unterbrechung oder einen Aufschub nicht gestatten, sowie für Kampagne und Saisvnindustrieen.
(8 105 ä)
Umfang und Bedingungen der hierher gehörigen, durch den Bundesral zugelassenen Ausnahmen ergeben sich aus der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 5 Februar 1895 (R.-G.°Bl. S. 12).
Zu dieser ist folgendes zu bemerken:
1) Die in die Bekanntmachung ausgenommenen Gewerbe sind im wesentlichen in Anlehnung an die Klassifikation der Gewerbestatistik aufgezählt. Wenn in einer gewerblichen Anlage mehrere unter verschiedene Gruppen der Gewerbestatistik gehörige Betriebe vereinigt sind, wie z. B. Hochofenwerke und Eisengiesereien (Gruppen III und V.), so greifen für diese einzelnen Betriebsteile die verschiedenen Äusiiahrnevorschriften Platz.
2) Die Bestimmungen des Bundesrates knüpfen die Gestattung von Sonntagsarbeiten an Bedingungen, die den Arbeitern ein Mindestmaß von Ruhe sichern. Wenn nicht im einzelnen Falle Gefahr im Verzüge ist. dürfen die Arbeiter während dieser Ruhezeit zu keinerlei Arbeit, auch nicht zu den in 8 105 e Abs. 1 bezeichneten Arbeiten, herangezogen werden.
3) Besonders zu beachten sind die nach lit. 8 Ziff. 3—7 der Bekanntmachung des Reichskanzlers (R G.Bl. S. 58 u. 59) zugelassenen Ausnahmen für die Schneiderei und Schuhmacherei im handwerksmäßigen Betrieb, die Putzmacherei, die Kürschnerei und die Herstellung von Strohhüten (sog. „Saisongewerbe") wobei die Ortspolizeibehörden die Sonn- und Festtage festsetzen können, an welchen die Beschäftigung gestaltet ist, natürlich nur im Rahmen der in Spalte 2 der (R.G Bl. S. 58 u. 59) vom Bundesrat zugelaffenen Beschäsligungszetten. Haben die Ortspoli- zeibehörden die Sonn- rc. Tage nicht festgesetzt, so hat der Gewerbetreibende vor Beginn der Sonntagsarbeit eine Anzeige an die Ortspolizeibehörde zu erstatten.?
4) Da in den „Saisongewerben" das Anwachsen der Arbeitslast nicht unerwartet einzutreten pflegt, die betr Industrien also in der Regel im Stand sein werden, während der Saison dem Bedürfnis nach ver- itärkter Thätigkeit durch Heranziehung weiterer Hilfskräfte (oder durch Zuhilfenahme von (Überstunden) an den Werktagen abzuhelfen, so werden die Ortsvorsteher darauf aufmerksam gemacht, daß sie etwa gewünschte weitere Ausnahmen gemäß 8 105 k Gew.O. nur erteilen dürfen, wenn die Arbeitsanhäufung in einem Saisongewerbe wirklich eine nicht Vorherzn- sehende war. (vergl. auch unten V.)
III. Ausnahmen für Gewerbe zur Befriedigung täglicher oder an Sonn- und Festtagen besonders hervortretender Bedürfnisse, sowie für die Getreidewassermühlen
(8 1056 Abs. 1 Gew O.)
Vom Oberamt werden hiemit für den Bezirk Neuenbürg unter den beigksetzten Bedingungen folgende Ausnahmen zugelassen:
a. Gasanstalten und Elektrizitätswerke.
Gestattet wird die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen mit Arbeiten, welche für den Betrieb unerläßlich sind.
Bedingung: Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe hat zu dauern mindestens für jeden 2. Sonntag: 24 Stunden oder sofern die Arbeilsschichten an den übrigen Sonntagen nicht länger als 12 Stunden dauern, für jeden 4. Sonntag 36 Stunden. Ablösungsmannschaften dürfen je 12 Stunden vor und nach ihrer regelmäßigen Beschäftigung zur Arbeit nicht verwendet werden. -
b) Bäckerei- und Kondoreigewerbe.
Gestattet wird die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen in Bäckereien bis 8 Uhr morgens, sowie abends 1 Stunde, Sommers 7—8 Uhr und Winters 6—7 Uhr.j
Bedingung: Die Arbeitsstunde am Abend darf nur zu Arbeiten verwendet werden, welche zur Vorbereitung der Wiederaufnahme der regelmäßigen Arbeit am nächsten Tag notwendig sind.
Jedem Arbeiter ist mindestens an jedem 3. Sonntag die zum Besuch des Gottesdienstes erforderliche Zeit freizugeben.
In Konditoreien — morgens 6 bis 12 Uhr mittags — mit sämtl. Arbeitern; während der von 12 Uhr mittags bis 12 Uhr nachts zu berechnenden Ruhezeit nur mit Herstellung und Auslragen leicht verderblicher Waren, die unmittelbar vor dem Genuß hergcstelll werden müssen (Eis, Cremes rc.)
Bedingung: Sind in Konditoreien Arbeiter noch nach 12 Uhr mittags beschäftigt worden, so müssen sie an einem der nächsten sechs Werktage von mittags 12 Uhr ab von jeder Arbeit freigelassen werden. Für die beiden Wochen vor Weihnachten und Ostern gilt diese Bedingung nicht.
e. Fleischergewerbe.
Gestaltet wird die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen vormittags 6—9 Uhr oder 5—8 Uhr,
ä. Barbier- und Friseurgewerbe.
Gestattet wird die Beschäftigung von Arbeitern an allen Sonn- und Festtagen bis 2 Uhr nachmittags.
Bedingungen: Wenn die Sonntagsarbeiten länger als 3 Stunden dauern, so sind die Arbeiter in jeder Woche während der 2. Hälfte eines Arbeitstags und zwar spätestens von 1 Uhr nachmittags ab von jeder Arbeit freizulassen.
Werden die Arbeiter durch die Sonntagsarbeiten am Besuch des Gottesdienstes behindert, so ist ihnen an jedem 3. Sonntag die zum Besuch des Gottesdienstes erforderliche Zeit freizugeben.
6. Photographische An st alten.
Gestattet wird die Beschäftigung von Arbeitern an den Sonn- und Festtagen (mit Ausnahme des ersten Oster- und Pfingstfeiertags) zum Zweck der Aufnahme von Porträts in der Zeit vom 1. April bis 30. September für 6 Stunden bis spätestens 5 Uhr nachmittags.
Bedingung: wie zu ä „Barbier, und Friseurgewerbe".
k. Bierbrauereien; Eisfabriken; Molkereien.
Gestattet wird die Versorgung der Kundschaft mit Bier, Roheis und Molkereiprodukten an Sonn- und Festtagen während der für den Handel freigegebenen Stunden.
g. Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe.
Gestattet wird die Ablieferung von Erzeugnissen des Bekleidungsund Reinigungsgewerbes, soweit dasselbe handwerksmäßig betrieben wird, an Sonn- und Festtagen bis '/, Stunde vor Beginn des Hauptgottcs- dienstes.
b. Getreidewassermühlen.
Gestattet wird die Beschäftigung von Arbeitern mit Arbeiten, welche für den Betrieb unerläßlich sind mit Ausschluß des ersten Weih- nachts-. Oster- und Pfingstlags an 26 Sonn und Festtagen rm Jahr.
Die Wahl der «Sonntage für die Arbeiterbeschäftigung rst den Betriebsunternehmern überlassen.
Bedingung: Wenn die Sonntagsarbeiten länger als 3 Stunden dauern, so sind die Arbeiter jeden 2. Sonntag mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends von jeder Arbeit freizulassen.
Werden die Arbeiter durch die Sonntagsarbeilen am Besuch des Gottesdienstes behindert, so ist ihnen an jedem 3. Sonntag die zum Besuch des Gottesdienstes erforderliche Zeit freizugeben.
In den Fällen der lit. k sind die Sonn- und Festtagsarbeiten von den Gewerbetreibenden mit den in 8 105 e Abs. 2 bezeichneten Angaben über die Zahl der beschäftigten Arbeiter, die Dauer ihrer Beschäftigung,