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Slärke der chinesischen Armee betrug 7000 Mann mit 30 Geschützen. General Katsura befehligte das chinesische Zentrum, das ausgezeichnet focht. Der Angriff der Japaner war erfolgreich; nach zweistündigem Kampf flohen die Chinesen in der Richtung nach Kintschau unter einem Verlust von 1400 Toten, während andererseits nur 10 Ja- pauer fielen. Die Japaner verbrannten Den- shoidai und überschritten darauf den Liao-Fluß. Diese mit elementarer Gewalt einander folgen- den Schlägen scheinen nun doch die chinesische Regierung langsam mürbe und für einen Friedens­schluß empfänglich zu machen. Wenigstens wird in bezug auf die Fricdensvrrhandlungen von dort bekannt, daß China sich zu folgenden Einräumungen bereit zu sein erklärt habe: 1. Un­abhängigkeit Koreas. 2. Abtretung eines Ter- ritoriums. 3. Zahlung einer Kriegsentschädigung. Dieser Nachricht steht allerdings eine aus Amerika eingetroffene Depesche gegenüber, welche besagt, daß die Winchester-Waffcn-Gesellschaft in New Haven 2 Millionen Patronen nach China ver­schifft habe und mit der Ausführung weiterer Munitiovslieferungen beschäftigt sei.

New-Aork, 13. März. DemNew-Aork Herald" wird aus Shanghai gemeldet: Obgleich Li-Hung-Tschang geneigt sei, die Bedingungen Japans anzunehmen, trage man in hohen japan­ischen Kreisen wenig Zuversicht, daß cs zum Friedenschluß kommen werde. Die japanische Armee sei entschlossen, in Peking einzuziehen. Es sei nicht unwahrscheinlich, daß zwischen dem Kaiser von Japan und Li-Hung-Tschang eine Begegnung statlfinden werde. Der Hauptmann v. Haneken, der bis vor Kurzem in chinesischen Diensten stand, wird bald nach Deutschland zu­rückkehren. Wie von Berlin mitgeteilt wird, hat Herr v. Haneken sich in Tientsin mit der Tochter des Zolldircktors Dctring verlobt.

Montecarlo, 15. März. Gestern er­schoß sich ein durch das Roulettspiel ruinierter Deutscher. Während des Todeskampfes fiel ein brennendes Licht auf das Bett, welches dadurch entzündet wurde. Der Leichnam ist verkohlt.

Aus Rom wird gemeldet: Der Mailänder Deputierte Commandini, der seit mehreren Wochen verschwunden ist, soll mit einer Tänzerin durchgegangen sein.

Unterhaltender Heil.

Am zerbrochenen Kreuz.

Eine Geschichte von der Grenze von Hans Richter

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Nach einem solchen Streit ging Jan einst mißmutig die Dorfstraße entlang. Welcher Thor war er doch gewesen, dieses strenge trotzige Weib zu heiraten; wie glücklich hatte er als Junge- selle gelebt!

Jan, Du läßt den Kopf hängen", rief hinter ihm eine Frauenstimme.

Unwirsch drehte er sich um und schaute in Jagusia Kwiatkowska's kecke, braune Augen. Kümmere Dich um Dich selbst," brummte er.

Höre Jan, Du bist auch schrecklich grob geworden." lachte das Mädchen;aber das hält mich nicht ab, dich noch immer als meinen Freund zu betrachten. Es war doch eine schöne Zeit, als wir noch jeden Abend zusammen unter unserer Linde tanzten, weißt Du noch? Freilich, wenn man verheiratet ist . . ."

Verlernt man das Tanzen," fiel Jan bitter ein.

Das wäre jammerschade; denn Keiner that es Dir gleich, besonders nicht im Mazurka und Krakowiak! Es ist bitter unrecht von Deiner Frau, daß sie Dich von jedem Vergnügen fern hält. . . . Weißt Du was? Ich habe heute den lahmen Lukasz aus Chelm mit seiner Geige be­stellt; wir wollen wieder einmal tanzen. Du kommst doch? Deine Frau erfährt nichts da­von."

Zu Jans Ehre sei es gesagt, daß er mit einem entschiedenenNein" antwortete. Aber Jagusia ließ nicht nach mit bitten; am Abend schlich er davon, ohne seiner Frau ein Wort zu sagen.

Etwa acht Tage später ging diese durch's

Dorf. Zwei schwatzende Weiber nannten hinter ihr Jan und Jagusia Kwiatkowska mit unver­kennbar anzüglichem Ausdruck. Sie wandte sich um, sah die Weiber drohend an und fragte scharf:Was ist's mit meinem Mann und der Jagusia?"

Eifrig begannen die beiden Klatschbasen'zu berichten: Jan bringe jetzt seine Abende nicht mehr in der Schenke, sondern beim Kwiatkowski zu. Wer Augen habe zu sehen, könne da wohl mancherlei erblicken.

Lüge! Klatsch!" stieß Marysia zornig her­vor und schritt, stolz aufgerichtet wie vorher, weiter; aber in ihrem Herzen brannte es wie eine verzehrende Flamme. Weinen hätte sie mögen vor Schmerz und Scham; doch der Zorn ließ keine Thräne in ihre Augen treten. Als sie nach Hause kam, war Jan eben im Begriff fortzugehen. Er trug seinen besten Anzug. Wo­hin er ging, sagte er nicht; eben so wenig fragte sie ihn danach. Mit glühenden Augen blickte sie seiner schlanken Gestalt nach, welche schnellfüßig dem Walde zueilte.Zum Kreuz!" schrie es in ihr auf;an demselben Kreuz, wo du deinen Stolz der Liebe zu ihm opfertest, will er dich verraten und betrügen."

Eine glühende Hitze stieg ihr jäh zu Kopfe, es flimmerte ihr vor den Augen. Einige Mi­nuten stand sie bebend; dann zuckte ein wilder Entschluß durch ihre Seele. Sie lief in die Stube, ergriff das an der Wand hängende Ge­wehr ein väterliches Erbstück, mit welchem Jan Krähen zu schießen pflegte, das daher stets geladen war und eilte dem Walde zu. Hinter dem Kreuz legte sie sich nieder.

Ein kühler Lufthauch zog durch das Ge­sträuch, am Himmel hatten sich fahldunkle Wolken zusammengeballt, welche rasch näher kamen, ein Falke strich mit scharfem Schrei seinem Horste zu, der Gesang der kleinen Singvögel ver­stummte. Marysia jedoch gewahrte nichts von alledem, sie dachte und fühlte nur eines: Rache, Rache an dem Untreuen!

Mit eisiger Ruhe untersuchte sie ihr Ge­wehr die Tochter des Hauptmanns verstand sich darauf und klopfte daran, bis sie die Pulverkörnchen in den Pistons schimmern sah. Dann setzte sie die Zündhütchen wieder auf und legte sich so, daß sie sicher schießen konnte.

Ein halbe Stunde verging. Schon fielen die ersten Regentropfen, gegen welche Marysia das Flintenschloß mit ihrem Halstuch schützte, da endlich nahten sie: Jagusia und Jan. Die hübsche Woyttochter sah nichts weniger als lustig oder triumphierend aus; im Gegenteil, was Jan zu ihr sprach, schien ihr nicht zu gefallen, denn sie biß die Zähne in die Unterlippe und ging so weit abseits, als es der schmale Weg nur gestattete. Marysia beobachtete dies eben so wenig, als sie ein Wort des Gespräches ver­nehmen konnte. Vorsichtig brachte sie das Ge­wehr in die richtige Lage, langsam glitt ihr Finger an den Abzug da blitzte eine grelle Flamme auf sie nieder, so daß sie unwillkürlich aufschrie; fast in demselben Augenblick erhielt sie einen heftigen Schlag gegen die Stirne, der ihr das Bewußtsein raubte.

Trotz Blitz und Donner hatte Jan den Schrei gehört und die Stimme seiner Frau er­kannt. Er stürzte an das Kreuz, dort lag sie, das Gewehr noch mit der Linken umklammert, mit geschlossenen Augen und blutender Stirne. Der Blitz hatte in die Eiche geschlagen, einige Neste zerschmettert und einen Teil des Quer­balkens von dem Kreuz abgerissen, das schwere Holz wuchtig an das Haupt Marysia's schleudernd.

Der starke Mann zitterte; ohne jede Er­klärung begriff er alles.Fort! und schweige oder" herrschte er Jagusia an, welche neu­gierig nähergetreten war.

Mehr dem drohenden Blick als seinen Wor- ten gehorchend eilte sie davon, während er an den nahen Grenzfluß lief, seine Mütze mit Wasser füllte und zurückkehrend Marysia's Stirne be­netzte. Endlich schlug sie die Augen auf.

Marysia, mein liebes Weib!" flüsterte er zärtlich.

Der Klang seiner Stimme ließ sie empor- springen. Funkelnden Auges erwiderte sie:Dein

Weib! Leider war ich es einst, von dieser Stunde an bin ich es nicht mehr. Hier am Kreuze hast Du mir Treue geschworen. hier hast Du sie mir schändlich gebrochen, hier sage ich mich los von Dir für alle Zeit."

Ich wußte nicht, daß ich Jagusia treffen würde," verteidigte sich Jan.Ich wollte nach Chelm hinüber; da trat sie mir in den Weg. und ließ mich nicht mehr los. Gerade, daß sie sich mir aufdrängte, zeigte mir, wie unrecht ich gegen Dich gehandelt habe. Untreu war ich Dir nie; nur verstockt, trotzig, leichtsinnig, weil Du mich gar zu streng hieltest, und . ."

So daß ich eigentlich um Verzeihung zu bitten habe?" fiel Marysia höhnend ein.Du wirst Dich über meine Strenge nicht mehr zu beklagen brauchen; ich gebe Dich frei, ich bin nicht länger Dein Weib!" Damit raffte sie das Gewehr auf, setzte die Hähne in Ruh' und schritt dem Dorfe zu. Jan folgte ihr. An der Thüre ihres Hauses wandte sie sich um, den Arm aus­gestreckt iprach sie hart:Fort von dieser Schwelle! Du überschreitest sie nicht mehr oder ich thue, was ein gnädiges Wunder Gottes sv eben verhütete!"

Flehend hob der Mann, der noch bleicher war, als sie selbst, die Hände, kein Wort drang über seine bebenden Lippen, nur seine Augen sprachen, stumm, verzwciflungsvoll und doch be­redt. Marysia trat ins Haus und der Schlüssel rasselte im Schloß. Jan stand noch einige Augenblicke wie betäubt, dann rannte er dem Walde zu. (Schluß folgt.)

Berlin, 10. März. Den seltenen Fall, daß ein Lieutenant der englischen Miliz in der preußischen Armee als ein aktiver Offizier ein­gestellt wird, verzeichnet dasMilitärwochenbl." Es handelt sich um einen Lieutenant Baker, der in das 0. Husarenregiment zu Trier einge­treten ist.

Paris, 12. März. Der weltbekannte Damenschneider Worth, der namentlich als Schneider der Kaiserin Eugenie, seinen Ruf be­gründete, ist am Sonntag. 70 Jahre alt, ge­storben. Worth, ein Engländer von Geburt, war zu Ende der 1850er Jahre nach Paris ge­kommen. Er soll ein Vermögen von 10 Mill. hinterlassen haben.

(Naiver Bescheids Oskar (zu seinem Bruder Fritz): Warum heißen denn die Stiefel, die unser Vetter, der Student trägt, eingentlich Kanonen? Fritz: Weil er sie nachts beim Ausziehen immer an die Thür feuert. (In der Leihbibliothek.)Ich möchte etwas recht Hübsches lesen. Ist vielleicht der Roman ,Er n Thaler' von Streckfuß hier?"Bedaure, wird augenblicklich gelesen.""Dann leihen sie mir, bitte, den Thaler in Baar!" (Unter Gaunern.)Auch auf dem Maskenball gewesen? Eroberungen gemacht?"O ja! Fünf Portemonnaies, drei Brochen, eine Damen­uhr!" (Gewissenschaft.) Student:Wegen dieser Beleidigung fordere ich Sie auf Pistolen!" Reisender:Angenommen! Vorerst lösen Sie aber eine Jagdkarte, ich heiße Hirsch!"

Telegramme.

Berlin, 14. März. Wie in parlamen­tarischen Kreisen verlautet, findet heute Abend im Reichstage eine Sitzung des Scnisrenkonvcnts statt, um über die Beteiligung an der Bismarck- fei er zu beraten. DerFreisinnigen Ztg." zufolge will dabei der Präsident des Reichstags Frhr. v. Levetzow Vorschlägen, ihn zu beauftragen, dem Fürsten Bismarck die Glückwünsche des Reichstages zu Überbringer,.

Berlin, 15. März. DieVoss. Ztg." erfährt: Der jüngste kaiserliche Prinz Joachim sei ernstlich erkrankt. Dem Vernehmen nach an Blinddarmentzündung.

Haag, 14. März. Die zweite Kammer bewilligte nach lebhafter Erörterung mit 54 gegen 31 Stimmen den Kredit zur Einführung des neuen 6.5 Milimcter-Gewehres, System Manlicher, für die niederländische Armee.

Temeswar, 15. März. Das Wasser des Begakanals steigt seit gestern morgen wieder rapid. Falls aus dem Gebirge weitere Wasser­massen zuströmen, droht große Gefahr.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.