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Wenn der schöne Jan von seinen Berliner Abenteuern zu erzählen begann, so blieb allen Zuhörern der Mund offen stehen vor Erstaunen; dutzendweise waren ihm die Gräfinnen vom Hofe nachgelaufen, selbst die Prinzessinnen hatten ihm jedes Mal eine Rose ins Knopfloch, eine Flasche Wein oder eine Kiste Zigarren geschenkt, wenn er vor ihrem Palaste Posten stand. Wenn er gewollt hätte, könnte er jetzt schon der Mann mindestens einer Gräfin sei: aber leider - da­mals hatte er eben nicht gewollt. Er kam lieber nach Obrowo zurück und wurde Vorarbeiter beim Herrn Oberförster, als daß er sich hätte von einer blonden deutschen Gräfin in ihr finsteres Schloß einsperren lassen.

Eifersüchtig sind diese deutschen Edeldamen, nicht zum Beschreiben; ich könnte Geschichten davon erzählen, Geschichten . . . ." Jan voll­endete gewöhnlich die geheimnisvolle Anspielung aufGeschichten, welche sich der beteiligten Gräfinnen wegen natürlich nicht erzählen ließen, mit einer pathetischen Handbewegung nach seinem Herzen und einem so furchtbaren Augenrollen, daß es die Zuhörenden kalt überlief.

Nur gegen Marysia sprach er nie von seinen Eroberungen. Er hatte eine achtungsvolle Scheu vor ihr. daß sie hoch über solchen leichtsinnigen Thorheiten stand. Aber gerade deshalb liebte er sie mehr als bisher jede Andere und ging ihr auf Schritt und Tritt nach. Leicht hatte sie ihm ihre Eroberung wahrhaftig nicht gemacht, und nun Jan kratzte sich nachdenklich in dem dichten, dunklen Kraushaar nun ließ vor- aussctzen, daß sie ihre eigenen strengen Grund­sätze auch von ihm befolgt wissen wollte. Das Schönthun mit anderen Mädchen mußte ohne Zweifel eine Ende nehmen, das war unange­nehm. Wie würde die übermütige spottlustige Jagusia, des reichen Woyt hübsche Erbtochter, ihn auslachen!

(Fortsetzung folgt.)

Wie's gemacht wird.

In den Nummern 31 und 35 ds. Bl. (Inseraten­teil) richtet ein Herr Naumburger, Inhaber des vaterländischen Buchverlages in Dresden, an diejenigen Invaliden des Feldzuges 1870/71, die keine Staatspcnsion erhalten, die Aufforderung, sich unter Einsendung ihrer Papiere an die genannte Stelle zu wenden, da daselbst noch 6000 -4t zur Auszahl­ung bereit liegenaus einem Teil des Rein­gewinnes des Werkes Deutschlands größter H e l d."

Dieses Werk hat Herr Naumburger seinerzeit durch Reisende und Rundschreiben an Behörden, Truppenteile und Privatpersonen in ganz Deutschland vertrieben und auch in unsere Gegend sind seine Agenten gekommen. Das Werk wurde um des guten Zweckes willen trotz des unverhältnismäßig hohen Preises (20 -4L) massenhaft bestellt; man nahm an, daß der Reingewinn oder wenigstens ein erklecklicher Teil des Reingewinnes den Invaliden zu gute kommen werde, und Hr. Naum­burger verfehlte nicht, dieser Meinung Nahrung zu geben, indem er in dem Vorworte zu dem genannten Werke, von demidealen und zugleich sehr praktischen Zwecke" sprach,Kaiser Wilhelms I. Fürsorge für die Getreuen von 70 und 71 zu ergänzen."Das deutsche Volk" heißt es da,muß es als eine Ehrensache be­trachten, die Mitbegründer der deutschen Einheit vor dem Bettelstäbe zu bewahren und Not und Elend von ihrem Alter fern zu halten." Jeder möge durch Be­stellung des Werkesdazu beitragen, daß diese Ehren­schuld getilgt werde".

Die gemütvollen Deutschen, die sich durch diese schönen Worte haben rühren lassen, haben doch wohl ein Recht, von Hrn. Naumburger zu erfahren

1) wie groß der Reingewinn aus dem Vertrieb des Werkes war;

2) wie viel von diesem Reingewinn den Inva­liden zu gute gekommen ist.

Da Herr N. in seinem Aufrufe darüber schweigt, so sind wir so irei, denen, die sich dafür interessieren, mit einigen, derBolksrundschau" entnommenen Tat­sachen aufzuwarten.

Bis zum 25. Oktober 1894 waren von dem ge­nannten Werke 30000 Exemplare abgesetzt; der Rein­gewinn des Herrn Naumburger belief sich schon damals, wie H. N. selber in einem an die Redaktion derVolksrundschau" gerichteten Brief z u- giebt, auf 150000 Mark, und von diesen 1 50000 «lt waren 2810 an die Invaliden abgeliefert worden. Nach beendetem Ver­triebe werde er, so erklärte Herr N., noch weitere 5000 «44 spendieren. (Statt der 5000 «4t scheint er sich jetzt zu 6000 ausgeschwungen zu haben). D. h. mit anderen Worten: von je 20 -4t, die für ein Exemplar bezahlt wurden, waren bis 25. Okt. 1894 15 «kt für Geschäftsunkosten verausgabt worden, 4 «kt 91 »Z in die Taschen des Herrn Naumburger geflossen, 9 Reichspfennigeals Ehrenschuld" an die armen In­

validen abgeliesert und 17 weitere Pfennige versprochen worden.

Bon derVolksrundschau" hat Herr N. deswegen schon vor Monaten wenig schmeichelhafte Bemerkungen hören müssen; er hat mit einer Klage gedroht, wenn die Behauptungen nicht zurückgenommen würden. Sie sind nicht zurückgenommen worden, wohl aber ist Hr. N. inzwischen wegen Betrugs vom Staatsanwalt be­langt worden. Das alles hinderte den moralisch ge- ohrseigten Herr N. nicht, sich mit echt jüdischer Imper­tinenz (Hr. N. ist übrigens, nebenbei bemerkt, körperlich nicht Jude) vor einigen Tagen wieder in einem merk­würdig höflich gehaltenen Schreiben an dieselbeVolks­rundschau" heranzudrängen und um Aufnahme desselben Aufrufes an die Invaliden zu bitten, der jetzt im Enzth. und in mehreren andern Blättern, die den Herrn nicht kennen, erschienen ist. DieBolksrundschau", die oen Ehrenmann kennt, hat seinem Ansinnen natürlich nicht entsprochen, vielmehr dem Hrn N. den wohlverdienten Tritt gegeben.

Und die Moral der Geschichte? Angesichts des flotten Absatzes, den das Werk gefunden hat, scheint es nicht überflüssig zu sein, sie besonders herzusetzen. Sie lautet kurz: Die Taschen zu gegenüber solch zweiselhasten Gestalten, wie sie als Agenten des Hrn. N. auftraten, mögen sie noch so sehr von schönen Redensarten triefen. Der vorgegebene edle Zweck ist, wie Figura zeigt, oft nichts weiter als der Deckmantel zur Verfolgung reingeschäft­licher Interessen. Unsere Invaliden aber mögen immerhin ihr Glück bei Hrn. Naumburger ver­suchen; was dabei für den einzelnen herauskommen wird, wird sich ja zeigen. B.

Der Menonit. Einzig in seiner Art dürste ein Fall dastehen, den ein menonitischer Soldat bei dem Kaiser AlexanderGarde-Grenadier- Regiment hervorgerufen hat. Der elsässische Rekrut Thrönert wurde im Herbst v. I. bei der 9. Kompagnie des Kaiser Alexander-Regiments eingestellt. Bei der Vereidigung machte Tröhnert schon Schwierigkeiten. Als aber den Rekruten zu ihrer Ausbildung später die Gewehre über­geben wurden, weigerte sich der Menonit das seinige anzunehmen, weil er den Gebrauch der Waffe als mit seiner Religion nicht vereinbar erachte. Thrönert gehört einer besonders streng­gläubigen Menonitengemeinde an, da von ver­schiedenen anderen Menonitengemeinden, nament­lich aus den preußischen Provinzen bereits seit Jahren junge Leute beim Militär ausgebildet wurden, ohne daß der eine oder der andere wegen Gehorsamsverweigerung hätte bestraft werden müssen. Dagegen sollen nach Thöners Aussage von seiner elsässischen Gemeinde bereits mehrere zum Militär eingezogene junge Leute aus demselben Grunde, wie er, den Gehorsam verweigcet haben, weshalb sie bestraft und schließlich aus dem Soldatenstand ausgestoßen worden seien Durch die auf sein religiöses Be­kenntnis gestützte Weigerung, die Waffe anzu­nehmen, glaubt er freilich ohne Aussicht auf Erfolg sich der Militärpflicht entziehen zu können. Bor seiner ersten Weigerung, das Ge­wehr anzufassen. wurde-Thrönert zum Divisions- Pfarrer gesandt, welcher dem Rekruten mehrere Stunden lang eindringlichst zuredete, doch konnte Thrönert immer wieder mit Bibelstellen ant­worten, weshalb er unverrichteter Sache wieder zur Kompagnie zurückgesandt wurde. Schließlich wandte sich das Kaiser Alexander-Regiment in einer Immediateingabe an das kaiserl. Militär­kabinett, doch ist von dort noch keine Entscheid­ung eingetroffen. Inzwischen hatte Thrönert, nachdem er die erste Strafe von zwei Monaten Festungshaft verbüßt hatte, am Montag früh wieder auf dem Hofe der Kaserne am Kupfer­graben zum Dienst erscheinen müssen, er war ohne sein Gewehr. Wiederum erfolgte die Auf­forderung und der Befehl an Thrönert, das Ge­wehr zu nehmen, doch blieb der Soldat bei seiner Weigerung. Da ließ Hauptmann v. Uth- mann die Kompagnie einen Kreis schließen. Thrönert wurden sodann die Kriegsartikel vor­gelesen und ihm klar gemacht, daß seine Ge­horsamsverweigerung vor der Front unter Waffen eines der schwersten militärischen Ver­gehen sei. Dann wurde er in Untcrsuchungs- arrest abgeführt, da er allen Vorhaltungen ent­gegen bei seiner Weigerung blieb. In militär­ischen Kreisen sieht man der Weiterentwickelung dieser Angelegenheit mrt großer Spannung ent- gegen; man glaubt, daß in diesem eigenartigen Falle das Kriegsgericht noch einmal Milde walten lassen wird und Thrönert mit vier Monaten

Festung davon kommt. Beim nächsten und dritten Male dürfte ihn die ganze Schwere der mili- tärischen Strafgesetzgebung treffen. wenn nicht inzwischen durch eine Kabinettsordre der Fall Thrönert eine andere Wendung erhält.

(Der heurige Winter.) DieAugsburger Abend Ztg." schreibt: Gegenwärtig gleicht das Wetter im Jahre 1895 demjenigen von 1845. Wenn aber 1895 noch weiter der Abklatsch von 1845 würde, dann stünden uns weitere frostige, schneeige Tage bevor. 1845, am 16. März, wurden in Mitten der Stadl Nürnberg 15 Grad Reaumur registriert, daneben eine Schnee­höhe von 3 Fuß und in derAbendzeitung" ist zu lesen gewesen:Augsburg. 20. März 1845. Heute am Gründonnerstage morgens 8 Grad Kälte. Abenvs 6'/^ Uhr tritt nach dem Kalender Frühlingsanfang ein." Man kann sich denken, daß ein so frostiger, anhaltender Winter im Jahre 1845 noch mehr auf Verkehr und Indu­strie einwirkte als jetzt, denn man war zumeist noch auf die Post. Schifffahrt, Wasserkraft an­gewiesen. Im Jahre 1845 wurde der andau­ernde, harte Winter dem Erscheinen eines Ko- meten zugeschrieben und jedenfalls bemerkens­wert ist, daß dem schneeigen Spätwinter ein im allgemeinen rauhes und naßkaltes Frühjahr folgte, mitte Mai es mehrfach schneite und für 19. Mai 1845 in AugsburgSchneeflocken,, registriert sind. Hoffentlich bleibt die Parallele mit 1845 für 1895 nur bis jetzt richtig!

Eine treue Mannesseele. Aus Mainz schreibt man: In der letzten Sitzung des Schwur­gerichts sollte jene Frau zur Aburteilung kommen, die im vorigen Jahre ihren Mann aus dem ersten Stock ihrer Wohnung zum Fenster hinaus­geworfen hatte. Die Frau, die von Seiten der Staatsanwaltschaft des Totschlagversuchs be­schuldigt war, wurde freigesprochen, weil der einzige Zeuge des Vorfalls, der Mann, die Aus­sage verweigerte.

(Eier mit drei Dottern.) Wenn auch Eier mit zwei Dottern keine besondere Seltenheit zu nennen sind, so dürste es doch wohl als ein eigenartiges Spiel der Natur bezeichnet werden, wenn ein Ei mit drei Dottern vorkommt. Gast­wirt Pölloth in Altdorf bei Nürnberg zeigte dieser Tage seinen Gästen mehrere Eier von Hühnern derenglischen Rotkappen." Als man eines dieser Eier aufschlug, kamen zur großen Verwunderung der Anwesenden drei sehr schöne Dotter zum Vorschein.

(Kostbare Briefmarken ) Ein Bankier in Frankfurt a. M. hat einen Agenten nach Kopen­hagen geschickt, um mit einem dortigen Arzt über den Ankauf seiner einzig dastehenden Samm­lung australischer Briefmarken zu verhandeln. Der Arzt fordert für seine Sammlung 100000 Kronen, geboten sind ihm 75000.

(Vom Kasernenhofs Feldwebel:Was fehlt Ihnen, Maiberger? Sie sehen ja erbärm­lich aus! Rekrut:Mir ist schlecht, Herr Feldwebel!" Feldwebel:O, Ihr Kerle! Es wrrd noch so weit kommen, daß man Euch, anstatt des Gewehres, einen Migränestift in die Hand geben muß!" (Ein Sammlers Feldwebel: (beim Exerzieren zu einem Rekruten): Huber, ich glaube immer, Sie machen absicht­lich falsche Gewehrgriffe, um mich zu reizen, und freuen sich noch, wenn ich Sie ordentlich ver­donnere!" Rekrut:Gewiß. Herr Feld­webel! Ich sammle Kasernenhofblüthen!"

(Fl. Bl.l

(Biel Ehre s Kunde (in eine Buchhandlung tretend):Habe die Ehre! Gehilfe: Habe die Ehre!" Kunde:Haben Sie dieEhre" ?"*)

Gehilfe:Habe nicht dieEhre"!"Kunde; Habe die Ehre!" Gehilfe:Habe die Ehre!"

*) Schauspiel von Sudermann.

(Schrecklicher Gedanke.) . Heute Hab ich von meinem lieben Bräutigam einen Brief erhalten! Er sendet mir darin 1000 Küsse!"

Und die schickt er Dir in einem gewöhn­lichen Briefe?! . . Bedenke nur, wenn sie ver­loren gegangen wären!"

Redaktion, Druck und Verlag von C. Merh in Neuenbürg.