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AuS Stadt, Bezirk uud Umgebung.
Die Wahl des approbierten Arztes Dr. Hermann Teufel in Wildbad zum Stadt- und Armenarzt für die Stadtgemeinde Wildbad und deren Parzellen Hochwiese, Windhof und Ziegelhütte ist am 7. Februar 1895 von der K. Regierung des Schwarzwaldkreises bestätigt worden.
Wildbad, 5. Febr. Eingesandt. Dem Einsender des Artikels aus Calmbach im Enz- thäler Nr. 21 blos so viel zur Erwiderung, daß es unrichtig ist, daß Bätzner schon einmal aus eigener Initiative Kandidat war. (S. Enzthäler pro 1882 S. 750.) Daß das Vertrauen für Bätzner im Bezirk bestand und noch besteht, wird die Wahlanfechtung beweisen. Jede Wahlversammlung desselben war zahlreicher besucht, als diejenige von Commerell und die Stimmung nach allgemeiner Ansicht derart, daß noch zwei Tage vor der Wahl an einem Wahlsieg Bätzners nicht zu zweifeln war. Freiwein und Freibier wurde unsererseits nicht verabreicht und cs wurde von uns keinem Wähler das klare Bewußtsein dessen, was er will, oder die Möglichkeit besonnener Abwägung und Würdigung des Gewollten benommen. Nicht einmal eine Zigarre wurde von uns gereicht; auch hielt es unser Kandidat nicht für angemessen den Bütteln u.s.w. Goldstücke, etwa für das Austragen der Wahlzettel in die Hand zu drücken, bei ihm thaten es 2 v-6, er ist ja kein Millionär. Daß Calm bach mehr falliert hat. als wir annohmcn, sei zugegeben; doch war wenigstens bei 80 der Aufruf Schulter an Schulter für Commerell zu stimmen, erfolglos geblieben und glauben wir, daß man sich mit 1448 Stimmen überall und auch das nächstemal wieder sehen lassen kann.^
Neuenbürg. 8. Febr. Eine solch'anhaltende, geradezu grimmige Kälte, wie sie diese Woche gebracht hat, haben wir schon lange ' Jahre, jedenfalls aber seit Dezember 1879 nicht mehr erlebt. Sie steigerte sich von Tag zu Tag und erreichte heute früh 17—18 Grad U. Von allen Seiten liest man übereinstimmende Berichte von zunehmender Kälte. Wir auf dem Schwarz Wald sind jedoch noch etwas besser daran, als das niederer gelegene Flachland; vom Unterland und namentlich vom Tauberthal wird eine Temperatur bis 25 ° U.. herab gemeldet. Die strenge Kälte dauert nun mit kürzeren Unterbrechungen, wo reichlicher Schnee gefallen ist. bald 6 Wochen und macht sich von Tag zu Tag empfindlicher geltend. Ueberall Eis und Schnee. Die Fabrikwerke können nur mit großer Mühe einen teilweisen Betrieb aufrecht erhalten. Unter der armen Tier- und Bogelwelt wird diese fast sibirische Kälte manche Opfer gefordert haben. Vielleicht tritt mit dem Vollmond am morgigen Tage auch wieder ein Umschlag der Witterung ein.
Deutsches Weich.
Bei einer Abendgesellschaft in Berlin äußerte der Kaiser, er bekenne sich zu dem Standpunkt, daß das höchste Gesetz das Volkswohl sei, (Lslus xoxuli suxrema lox esto), auf das Wohl des Volkes müsse aber das Sinnen und Trachten eines Monarchen stets gerichtet sein und so stehe das Wort von dem Willen des Monarchen als oberstes Gesetz (reZis voluutus suxromg, Ivx) keineswegs im Widerspruch mit dem zuerst erwähnten Grundsatz.
In Bayern hat sich die Regierung zu einer weitgehenden Einschränkung der Sonn- tagsruhe entschlossen. Um den Klagen der Gewerbetreibenden entgegenzukommen, hat sie seit dem 1. Januar den Handel mit Lebcns- und Genußmitteln an Sonntagen wie früher völlig freigegeben. Nur während der Kirchenzeit, in München früh von 8—10 Uhr, müssen die Läden geschlossen werden, die Schaufenster bleiben indessen offen. Die Freigebung bezieht sich auf die Zigarren- und Delikatessenhändler, die Wurstler, Chokoladen- und Backwarenhandlungen, also die Geschäfte, die am Sonntag ihren Hauptabsatz haben. Die Abweichung vom Gesetz stützt sich auf Z 105o der Gewerbeordnung, wo es heißt: „Für Gewerbe, deren vollständige oder teilweise Ausübung an Sonn- und Festtagen zur Befriedigung täglicher oder an diesen
Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist . . . können durch Verfügung der höheren Verwaltungsbehörde Ausnahmen Von den im tz I05d getroffenen Bestimmungen (fünfstündige Arbeitszeit) zuge- lassen werden."
Berlin, 6. Febr. Hier ist wieder einmal ein sogenanntes Eltcrnpaar verhaftet worden, das eines seiner Kinder, ein 5jährigeS Mädchen, durch Nahrungsentziehung und furchtbare Mißhandlungen aller Art langsam zu tote gequält hat. Jetzt wo das Unglück geschehen und das arme kleine hilflose Wesen endlich durch den Tod von seinem Elend erlöst worden ist, finden sich denn auch Leute genug, alle ,Nach- barn und Hausbewohner, die seit langer Zeit Zeugen jener viehischen Verrohung gewesen sind, und die angeblich schon längst die Absicht hatten, der Polizei Anzeige zu erstatten, es aber erst jetzt thaten, als die Kunde von dem erfolgten Tod zu ihnen drang. Jedes Tieres, das er mißhandeln sicht, nimmt sich der Vorübergehende wenn irgend möglich an, sollte nicht ein Kind, das der Gemeinheit und Roheit der Gesinnung seiner Eltern hilflos preisgegeben ist, den gleichen Anspruch an das Erbarmen und die Hilfe derer haben, die durch Sehen und Hören Zeugen der Mißhandlungen sind.
Frankfurt a. M., 5. Febr. Beim Untergang der „Elbe" hat ein hier geschehenes Verbrechen seine Sühne gefunden. Ein gewisser Henne, in einer Malzfabrik an der Höchster- straße beschäftigt, der vor 14 Tagen den Bankbeamten Hahn durch einen Messerstich in den Unterleib bedenklich verletzt hatte, wollte nach Amerika entfliehen, bevor Haftbefehl gegen ihn erlüssen werden konnte. Er ging an Bord der „Elbe" und fand bei der Katastrophe den Tod. Seine Effekten, die er in einer Wirtschaft der Höchsterstraße untergebracht hatte, wurden vor- ^ läufig beschlagnahmt.
Ba d e n - B a d e n, 6. Febr. Dieelektri- sche Centrale in Oos. welche auch die neuen Bahnhöfe hier und in Rastatt mit Licht zu versehen bestimmt ist. wurde nunmehr dem Betriebe übergeben. Die elektrische Anlage am Bahnhofe in Öos selbst ist sehr groß und ausgedehnt. Ueber 30 große Bogenlampen und annähernd 100 Glühlichter versehen den Bahnhof und die Geleiseanlagen mit Licht.
Horn b erg, 7. Febr. Die kleineren Sägcmühlen und Mahlmühlen im Gutach- und Kinzigthal, welche ausschließlich mit Wasserkraft arbeiten, haben in Folge der Kälte den Betrieb einstellen müssen. Die Zuflußkanäle stad vollständig übereist.
Aus dem AmtTriberg, 7. Febr. Ein recht glücklicher Familienvater ist der Auerhahn- Wirt in Schönwald. Nachdem der Storch ihm vor 1 Jahr Drillinge bescheret hatte, ist er vor zwei Tagen wieder mit Zwillingen angerückt. „Jetzt ist mir's aber zu toll", soll der Drillingsund Zwillingsvater ausgerufen haben. Ucbrigens befinden sich sowohl Drillinge und Zwillinge gesund und munter und reihen sich ihren übrigen lO Geschwistern — im Ganzen jetzt also 15 lebende Kinder — ebenbürtig an.
Württemberg.
In seiner Sitzung vom 4 Februar 1895 hat das Präsidium des württ. Kriegerbundes, wie die W. Kr.Ztg. berichtet, beschlossen, an die Kameraden der Bezirke Stuttgart Stadt, Stuttgart Amt, Aalen, Cannstatt und Eßlingen nachstehende Kundgebung zu richten: Auch bei den diesjährigen Landtagswahlen hat das Präsidium des Württ. Kriegerbundes den Grundsatz befolgt, in den Streit der politischen Parteien sich nicht zu mischen, obgleich cs hieran keineswegs, wie von Gegnern unseres Bundes immer wieder behauptet wird, durch die Bundcsstalulen gehindert wäre. Das Präsidium geht an sich von der Erwartung aus, daß jedes Mitglied des Bundes von sich aus im Einklang mit denjenigen Verpflichtungen und Gesinnungen, welche unseren Bundesstatuten entsprechen, von seinem Wahlrecht Gebrauch machen werde. Angesichts der Thatsache, daß nunmehr in den 5 Oberamtsbezirken: Stuttgart Stadt, Stuttgart Amt, Aalen, Cannstatt und Eßlingen die Erwählung
eines Sozialdemokraten in Frage steht, würde das Präsidium einer V-rsänmnis sich schuldig machen, wenn es die Kameraden der gen. Bezirke nicht ernstlich daran erinnern würde, wie die Statuten unseres Bundrs es jedem einzelnen Mitglied in erster Linie zur Pflicht machen:
„die guten Gesinnungen für Kaiser und Reich, für König und Vaterland in Treue und Liebe wach zu erhalten und zu befestigen." In direkten Gegensatz zu dieser Verpflichtung stellt sich die heutige. Sozialdemokratie. welche offen und ec- klärtermaßen auf den Umsturz unserer monarchischen Staatsordnung hmarbciter. Jedes Mitglied unseres Bundes, welches für einen Sozialdemokraten eintrilt, oder einem solchen ! leine Stimme grebt, verletzt demgemäß diejeni- ! gen Pflichten, wUche rs bei dem Eintritt in '
unfern Bund übernommen hat, und wir richten ^
an alle unsere Kameraden die dringende Aufforderung, keinem Sozialdemokraten ihre Stimme zu geben, vielmehr darauf hinzuwirkrn. daß in den württembergischen Landtag kein Sozialdemokrat gewählt wird.
Freuden st adt, 7. Febr, Wie sehr das Wild seine scheue Natur verleugnen kann, beweist ein Fall in Schönmünz, am Fuße der Hornisgrinde. Dort trieb laut Schw. B. der Hunger fünf Rehe und einen Hasen in eine geöffnete Scheuer, wo sie seitdem vom Forstwart gefüttert werden Unter den Rebhühnern räumen neben dem Fuchs besonders auch die Raben i bedeutend auf. f
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Von den Geld- und Warenbörsen. l
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Stuttgart, 7. Febr. Die in Aussicht stehende s
neue Goldanleihe der Vereinigten Staaten von Nord- ;
amerika im Betrag von 100 Millionen Dollars wird zwar mit amerikanischen Bankfirmen voraussichtlich abgeschlossen werden, aber da das Gold doch von Europa her beschafft werden muß, so dürften auch die Titel der neuen Anleihe größtenteils nach Europa herüberkommen und ein guter Teil davon wohl auch nach Deutschland.
Diese Eventualität hat zunächst den Kurs der 3°/, Reichsanleihe um über geworfen; dazu kommt noch die Unlust der deutschen Börsenplätze über die Wahrscheinlichkeit der Einführung eines Registerzwangs, welche die Stimmung etwas schwankend gestaltet. Aus z
der andern Seite ist durch die anhaltende Kälte den j
Kohlenzechen ein vergrößerter Absatz gesichert, weshalb die Kohlenaktien im Preise anziehen. Der Kampf um die öftere. Kreditaktien dauert zwischen Wien und Berlin noch immer fort. — Auf den Getreidemärkten war das Geschäft während der abgelaufenen Woche ziemlich still, jedoch bei behaupteten, in Weizen sogar etwas gebesserten Preisen. — Auf den Baumwollmärkten ist insofern eine etwas festere Stimmung eingetreten, als die Umsätze in Liverpool sich vergrößern, die Preise für indische Sorten sich behaupten und für amerikanische sogar eine Kleinigkeit steigen konnten. — Auf den Zuckermärkten ist die voraussichtlich baldige Eröffnung des nordamerikanischen Absatzgebietes durch Aushebung der Zuckerzölle augenscheinlich zu stark eskomptiert worden. Auf dem amerikanischen Markt konkurrieren eben außer der deutschen auch die böhmische, belgische und französische Zuckerindustrie, so daß der erhoffte Gewinn in Wirklichkeit etwas bescheidener ausfällt. Deshalb find auch die Zuckerpreise wieder zurückgegangen. — Auf den Kaffeemärkten ist für effektive Ware ein ruhigeres Geschäft und damit ein Preisrückgang eingetreten, für weitere Termine aber halten sich die Preise gut und sind sogar um eine Kleinigkeit gestiegen.
Ausland. ,
Aus Italien. 5. Febr. Neapels berühmter „ewiger Frühling", schreibt man der f
„Neuen Zürcher Zeitung", treibt Heuer merk- ^
würdige Blüten. Der Vesuv ist schon seit Tagen s
bis an seinen Fuß in dichten Schnee gehüllt, -
und die Berge der sorrentinischen Halbinsel zeigen sich als Alpenlandschast. Im Inneren unseres -
Feuerberges aber lodert eine tobende Flammen- s
glut. Gestern früh, wenige Minuten vor 8'/,
Uhr, hat es gar ein kleines Erdbeben gegeben, -- welches namentlich in Resina deutlich gespürt ,
wurde. Die wellenförmige Bewegung war ganz s
leicht uud dauerte nur wenige Sekunden. Der k
greise Professor Palmicri, der Direktor des Ob- I
servatoriums, läßt erklären, daß die Instrumente ^
der Anstalt leicht bewegt seien uud daß der l
Krater des Vesuvs etwas Lava ausgcworfen !
habe. Doch sei nichts Ernstliches zu befürchten. z
Nachts gewähren die aus dem Gipfel des verschneiten Vesuvs dringenden Feuecsäulen einen herrlichen Anblick.
Genua, 7. Febr. Während des ganzen Tages herrschte hier ein außerordentlich heftiger