Laut in der Kehle. Die Schuldbeweise waren ja auch zu schwerwiegend und sie erinnerte sich mit Schreck der Worte, die Leopold selbst noch vor wenigen Tagen zu ihr gesprochen, Andeutungen, daß er sich nach Mitteln sehne, um reich zu werden. Freilich ihretwillen hatte er ja diesen Wunsch gehegt, das Ziel, die durch den Standesunterschied von ihm ge­trennte Geliebte zu erringen, war auch der Sporn zu seiner unglückseligen That gewesen aber mit Abscheu mußte Marie jetzt an seine Neigung denken; sie glaubte sich beschimpft durch die Liebe eines Menschen, der zur Erreichung seines Zweckes zu solchen Mitteln griff, und hätte über sich selbst weinen mögen, daß sie einem solchen Charakter, wenn auch aus Miß­verstand, ihr Herz geschenkt halte. Aber wer konnte denn das auch denken!.

Wer konnte denn das denken!" waren auch die ersten Worte, mit welchen sie dem Vater gegenüber ihren Gedanken über das Vernommene Ausdruck gab.

Ja, freilich mein Kind." bestätigte der gute alte Mann mit bekümmerter Miene,ich sehe, Dich greist's auch an. Was, hättest Du nicht, gleich mir, goldene Berge auf ihn gebaut? Und nun? Und gar so gemein, so wohlabge­kartet nein, s'ist zu abscheulich! Mir thut es in innerster Seele weh, daß ein Mensch mit einem solchen biederen, hübschen Sonntagsgesicht herumgehen, durch seine Liebenswürdigkeit sich in unser Herz stehlen soll und hinterher diese schnöde Enttäuschung. Meiner Seel', mir ist's, als habe mir heute einer ein gut Stück meiner rosigen Weltanschauung geraubt denn wem soll man noch trauen, auf wen soll man sich fürderhin noch verlassen können, wenn die Schurken mit einer solchen Maske hcrumlaufen?!"

Marie mußte sich abweuden, als sie eine Thräne im Auge ihres Vaters glitzern sah. Sie wollte sich keinem Schmerz, keinen weichen Ge­fühlen mehr hingeben verhärten wollte sie ihr Herz, dessen erste Liebesempfindung ihr eine so herbe Enttäuschung bereitet hatte. Ja, ihr Vater hatte ja so recht: wem war noch Ver­trauen zu schenken, wenn Der betrog? Und darin fand ihr Gemüt noch eine Entschuldigung für die Neigung, die sie jetzt fast wie eine Sünde betrachtete, daß sich auch Andere täuschen ließen, als bloß so ein unerfahrenes Mädchen, daß auch der alte, in guten und schlechten Ge­schäften grau gewordene Handelsherr von dem bestechlichen Aeußeren und dem gewinnenden Wesen des Unwürdigen betrogen worden war.

Wie dankte sie jetzt ihrem Geschick, daß sie sich dem Bösewicht noch nicht anvertraut, daß sie ihren Gefühlen ihm gegenüber noch keine Worte geliehen hatte. Sie lebte jetzt nur noch in der Angst, daß Hügel in seiner Verantwort­ung vor dem Richter ihren Namen erwähnen werde, sie als Diejenige bezeichnen werde, um deren Besitz er die Bahn des Verbrechens be­treten habe. Um Gottes willen sie mochte gar nicht daran denken, was das werden sollte, wenn er wirklich ihren Namen in der Geschichte seiner Missethat verflocht wie arg mußte da nur der Skandal werden, der schon jetzt das kleine Städtchen durchschwirrte, wo man mit Fingern auf das Haus I. M. Sendler u. Comp, deutete, in welchem der ziemlich allgemein de- kannte Buchhalter zum Verbrecher geworden war ....

Gott sei Dank, hierin sollten sich die Be­fürchtungen Marie's als grundlos erweisen! Hügel erwähnte des geliebten Mädchens mit keinem Worte, und wie hätte er sie als die in­direkte Ursache des ihm zur Last gelegten Ver­gehens nennen sollen, wo er dieses ja fortgesetzt leugnete? Es war nicht das geringste Ge­ständnis aus ihm herauszubekommen. Vergebens stellte ihm der Amtmann mit aller Milde vor, er könne durch fortgesetzte Verstocktheit seine Lage keineswegs erleichtern Leopold blieb bei der Beteuerung seiner Unschuld. Und wenn ihm Ramberg die niederschmetternden Beweise vor Augen hielt, dann zuckte er höchstens die Achseln und schwieg. Der Amtmann kam endlich auf den Gedanken, die Mutter Leopold's zu Hilfe zu rufen, daß sie mit ihrem Zuspruche

den Angeklagten zu einer Aenderung seines Starrsinnes bewege.

Hügel weinte laut, als die bekümmerte alte Frau, die der Schmerz, der ihr in letzter Zeit widerfahren war, schier aufgeriebcn hatte, ihm zu Füßen stürzte und ihn mit gerungenen Händen beschwor, doch um Himmels willen ein reumütiges Geständnis abzulegen.

Das brach die letzte Kraft des Armen. Er hatte bisher noch fest an dem Gedanken gehalten, daß wenigstens ein Wesen existiere, das noch an ihn glaube, das von seiner Schuldlosigkeit über- zeugt sei. Daß aber auch sie, die innig geliebte Mutter an ihm und seiner Redlichkeit zweifeln konnte, das drückte ihn am furchtbarsten zu Boden. Daß Marie etwa an ihn glauben könne, das wagte er nun schon gar nicht mehr zu hoffen, da sie ja doch seine Thal mit den Augen ihres Vaters ansehen mußte. ES gab also keine Stimme mehr sür ihn!.

Er gab es endlich ganz und gar auf, seine Unschuld zu beteuern; er gestand nicht, er schüttelte noch immer den Kopf, wenn man an ihn eine diesbezügliche Frage stellte, aber er zeigte seinen Schmerz, seine Thränen nicht mehr. Stumpf vor sich hinstarrend, saß er in seiner Zelle, mechanisch folgte er dem Gefängniswärter, wenn ihn der zum Verhör führte, apathisch ließ er sich wieder einschließen und keine Klage kam mehr von seinen Lippen. Dem Arzt, den man zu ihm schickte, da man schon so etwas wie den Ausbruch des Wahnsinns bei ihm fürchtete, dem antwortete er auf seine Fragen, er verlange nichts, gar nichts mehr als endlich abgeur- tcilt zu werden; es fehle ihm nichts als das Grab, in das er, je eher, je lieber steigen möchte.

Der Amtmann bemitleidete ihn lief und hätte von Herzen gewünscht, sein Loos verbessern zu können, aber was konnte er thun? Er mußte den Angeklagten zur gegebenen Frist an's Kreis­gericht abliefern, das über ihn endgiltig adur- teilcn sollte. Ramberg wußte genau, daß wie das Urteil auch ausfallen möge es für Hügel kein günstiges sein, daß dieser aber auch

in keinem Falle dagegen rekurieren werde.

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Allmählich glätteten sich auch die Wellen, die die Affaire Hügel in der biederen Gesellschaft des Kleinstädtchens geworfen hatte; mit der Neuheit des Ereignisses stumpfte sich auch wie gewöhnlich das allgemeine Interesse daran ab. Nur einmal noch wurde der Fall vorüber­gehend in lebhafte Diskussion gezogen, als näm­lich nach einigen Monaten das Urteil bekannt wurde, das das Kreisgericht über Leopold Hügel gefällt halte; es lautete auf drei Jahre Zuchthaus.

Ramberg sollte wirklich Recht behalten: der Verurteilte blieb zwar auch dann noch dabei, er sei unschuldig aber er ergriff keinen Ein­spruch gegen das Verdikt, das ihn auf 3 Jahre in die Strafanstalt bannte und ihn voraus­sichtlich für immer aus der Liste der ehrlichen Leute strich; so will es ja wenigstens die große Nachjustiz, die von der menschlichen Gesellschaft mit grausamster Gewissenhaftigkeit geübt wird, wenn auch schon das öffentliche Recht durch die Sühne der Schuld seine Genugthuung erhalten hat.

(Fortsetzung folgt.)

Ein prachtvoller Meteor wurde vor. Sonn­tag abend etwa 7 Uhr 40 Min. an verschiedenen Orten Württembergs und Süddeutfchlands be­obachtet. Man sah eine intensiv grün leuchtende Kugel mit rotem Schweif direkt von Ost nach West über den ganzen Himmel sich bewegen. Die Erscheinung dauerte etwa 68 Sekunden und ihr Glanz blieb derselbe vom ersten Auf­treten am östlichen Horizont bis sie in leichtem Gewölk des westlichen Himmels verschwand.

(Der größte Artillerist des deutschen Heeres.) Vor einigen Tagen konnte man in verschiedenen Blättern lesen, daß beim preuß Garde Fußart.- Reg. 2 Kanoniere von 1,85 Meter bezw. 1,86 Meter Länge stehen, welche die größten Artil­leristen des deutschen Heeres seien. Diese Nach­richt trifft nicht zu, denn bei dem Fuß-Art.Reg. Nr. 15 in Thorn steht ein Sergeant namens Goebel, welcher eine Größe von 1,98 Meter

hat, also den größten Kanonier des Garde-Fuß- i Art.-Rcg. noch um 12 Centim. überragt.

Spech bach, 5. Jan. DerPfälzer Bote" berichtet: Im Jahre 1880 gehörte unsere Gegend mit zum Manöverfelde. Eine Abteilung ein- f quartierter Soldaten bezog Vorposten in nächster Nähe unseres Ortes, bei welcher Gelegenheit ein > Offizier einen wertvollen Brillantring verlor, > welcher trotz allen Suchens nicht gefunden wurde. Dieser Tage nun kam der Ring beim Schlachten einer Kuh in deren Eingeweiden zum Vorschein.

Die Kuh gehörte als Rind dem Eigentümer des Grundstückes, auf welchem der Ring verloren wurde. Derselbe ist, da der Acker damals mit Klee bestellt war, in den Magen der Kuh ge­kommen, wo er nun nach 14 Jahren wieder ans Tageslicht kam.

EinSchatzgraben" mithoher" Ge­nehmigung ! Nach einer eisernen Kiste mit großem Schatz und den Reichskleinodien Heinrichs IV. (Krone, Szepter und Reichsapfel) werden jetzt auf dem Burgberg bei Harzburg mit Genehmig­ung des preußischen Ministeriums unter Aufsicht der Forstbehörde Nachgrabungen veranstaltet.

Ein Berliner, ein sogen. Medium, will genau die Stelle bezeichnen können, wo er im Geiste die Kiste gesehen hat. Da wird sie jedenfalls auch liegen.

An einem Ta ge getauft, ein gesegnet und getraut wurde in Pangritz-Kolonie bei Elbing ein in den sechziger Jahren stehendes Mädchen, welches einen Ehebund mit einem Ortsarmen, der auch schon im Greisenalter steht, eingehen wollte. Als aber die zur Trauung notwendigen Papiere beschafft werden sollten, konnte der Taufschein des Mädchens in den Elbinger Kirchenbüchern nicht ermittelt werden; ebenso war es mit dem Einsegungsschein; das Mädchen konnte sich überdies nicht erinnern, daß sie eingesegnet worden ist. Um das Paar nun kirchlich trauen zu können, nahm der Geistliche zuvor Taufe und Einsegnung vor, und dann wurde der neue Bund eingesegnet.

Derletzte Marschall von Frankreich«, der 86jährige Canrobert ist in dem Augenblicke aus dem Leben geschieden, da seine einstige Herrin, die ehemalige Kaiserin Eugenie, auf ^ französischem Boden weilt. Der Kranke litt an einer Venenentzündung. welche infolge einer alten, Konstantine erhaltenen Wunde aufgetreten war. Trotzdem Canrobert als der einstige - militärische Macher des napoleonischen Staats­streiches sehr unbeliebt war. hatte man sich in den letzten Tagen seines Lebens viel mit ihm beschäftigt. Der Präsident der Republik hatte sich täglich nach seinem Befinden erkundigen lassen. Der aus der Königszcit vom Kaiserreich übernommene Titel einesNareedal" ist bekannt­lich von der Republik abgeschafft; der verstorbene Mac-Mahon und der nun gleichfalls auf die Bahre gelegte Canrobert waren die letzten Träger dieses einst vielbegehrten Titels, der doch eigent­lich aus dem deutschen WorteMarschalk" gebildet ursprünglich nichts weiter bedeutete > alsPferdeknecht".

(Humor in der Schule.) Ein be- f freunderer Lehrer sendet derD. W." folgenden ! Entschuldigungszettel":

N. den 13 Ja ^

Gudlmorgen !

lieber cher kannter

ich bütte Das sie mich niht Schtraffen Den Das > metchen chatte keine Schn Da muste ich 10 noch schtatd gen noch schuhe Da mußt sie zu chauffee- bleiben Den sie war borffus Gudmorgcn

Bestellungen

auf den

Gnxthkler

für die Monate Aeöruar und März

wollen noch bei den Postämtern und Postboten gemacht werden. s

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.