AuS Stadt, Bezirk und Umgebung.

** Ein gesandt aus Neuen bürg. Wie wir hören, ist die Zuschrift des Militär- u. Krieger- Vereins Wildbad bei mehreren Vereinen, so bei den hiesigen, auf keinen guten Boden gefallen. Da es den Statuten widerspricht, sich mit Politik zu befassen, so haben sich die am Sonntag hier versammelt gewesenen Mitglieder des Militär- Vereins mit der Landtagskandidatur einfach gar nicht befaßt, ein Verfahren, welches allgemein anerkannt wird, so daß auch andere Vereine sich dieser Haltung anschließen dürften. Es ist nur zu beklagen, daß überhaupt die beiden Vereine den bezeichneten Weg eingeschlagen und sich zum Organ der bürgerlichen Kollegien Wildbads ge­macht haben; hoffentlich wird der Bezirk sich am Wahltage für die aufmerksame Liebe der Wildbader Kollegien, welche so besorgt für den Bezirk sind, bedanken.

Neuenbürg, 18. Jan. Seit Sonntag ist in der Witterung ein Umschlag cingetreten; dos Barometer fiel ebenso auffallend, wie die Temperatur stieg, welch' letztere vielen Schnee zum Schmelzen brachte; es war das richtige Tauwetter. Seit gestern Nachmittag gehl das Barometer wieder rapid in die Höhe, wodurch wieder klare und kältere Witterung angezeigt wird, so daß die noch vorhandene Schneedecke noch einige Zeit erhalten bleiben dürfte.

Deutsches Weich.

Berlin, 16. Jan. Der Kaiser fuhr heute Vormittag bei dem französischen Botschafter Herbette vor, um sich nach den Ereignissen in Paris zu erkundigen. Er blieb längere Zeit bei dem Botschafter.

Berlin, 15. Jan. (Reichstag.) Bei Besprechung der Interpellation betreffend die Errichtung von H a n d w e r k e r n- und G e w e r b e- kammern begrüßt Dr. Hitze (Zcntr.) die Zu­sage einer demnächstigen Vorlage dankbar. Die Kammern dürften jedoch die Innungen nicht verdrängen. Richter (freist Volksp.) bekennt sich als einen warmen Freund des Handwerks, aber als einen Feind jeder amtlichen Organi­sation. Das Richtigste wäre, Handel, Industrie und Handwerk durch dieselben Kammern vertreten zu lassen und alle Gewerbesteuer-Bczahlenden zu Wahlberechtigten für solche Kammern zu machen. Die Regierung sollte die ganze Zünft­lerei ins Feuer werfen, desto eher werde cs besser werden. (Beifall links.) Handelsminister Frhr. v. Berlepsch betont, die Regierungen wollten den wirtschaftlich Schwachen helfen. Die früheren Vorschläge hätten von Staatssekretär v. Bötticher und ihm (Redner) gemeinsam her- gerührt, seien aber kein endgiltig abgeschlossener Plan gewesen. Das Handwerk bedürfe einer umfassenden Organisation, namentlich einer bes­seren Gestaltung des Lehrlings-Erziehungswesenö. Die Vorlage betreffend die Handwcrkerkammern werde in dieser Tagung, die Vorlage betreffend eine wcitergehende Organisation binnen Jahres­frist erfolgen. Es handle sich hierbei um die ganze Existenz des bürgerlichen Mittelstandes. Jakobskötter (kons.) fordert obligatorische Innungen und den Befähigungsnachweis. Bock (Soz.) meint, das Handwerk müsse durch, die großkapitalistische Industrie zugrunde gehen. Zwangsinnungen und Befähigungsnachweis Häl­sen nicht. Staatssekretär ».Bötticher erklärt, wenn es so schlimm um das Handwerk stehe, wie Vorredner meine, dann müßten alle staats­erhaltenden Elemente um so schneller und ener­gischer helfend eintreten. Es sei die Aufgabe der Handwerkerkammern, die Einzelheiten der Organisation weiter zu entwickeln. v. Cegi e lsk i (Pole) tritt für den Befähigungsnachweis ein. Die Eröterung wird dann geschlossen. Morgen: Jesuitenantrag und Abänderungsanträge blr. Konsumvereine und Befähigungsnachweis.

16. Janr. Graf Hompesch (Zentr.) bedauert, daß der Bundesrat den Beschlüssen des Reichstags über Aufhebung des Jcsuitenge- setzes nicht Folge gegeben hat. Das Zentrum werde den Antrag so lange wiederholen, wie notwendig. Das Gesetz bilde eine Verletzung des religösen Bewußtseins, v. Manteuffel (kons.) erklärt, die Konservativen werden, wie

am 1. Dez. 1893 gegen den Antrag stimmen. Schröder (Freist Ver.): Die Römischkatho­lischen können nicht verlangen, daß der Staat Alles thue, was sie für Recht halten. Er bittet, den Antrag abzulehnen. Graf Kwile cki (Pole): Die Polen stimmen für den Zentrumsantrag. Liebknecht (Soz.): Die Sozialisten sind grund­sätzlich gegen jedes Ausnahmegesetz, so auch gegen das Jesuitengesetz, v. Marquardsen (n.l.): Die Nat. Liberalen werden, wie bei der letzten Beratung, gegen den Antrag stimmen. Rick'ert (Freis. Ver.) ist für die Ausweisung der Jesuiten nur soweit sie Ausländer und bittet, heute nicht in die 2. Lesung einzutreten, v. Stumm (Reichsp): Seine Freunde stehen auf dem Standpunkte wie 1893 (gegen den Antrag). Förster (Antis.) spricht für den Antrag Rickert. Die Diskussion wird geschlossen. Lieber (Zentr.) protestiert im Schlußworte gegen die Auffassung Liebknechts, daß das Verhalten des Zentrums gegenüber der Umsturzvorlage von dem Ver­halten der Regierungen in Bezug auf Annahme oder Ablehnung des Jcsuitengesetzes abhängig sei. Die 2. Lesung (und damit die Abstimmung) wird von der T.O. abgesetzt. Bei dem Antrag betr. den Befähigungsnachweis, verbunden mit dem Antrag betr. Handwerkerkammern, tritt v. Hehl (u.l.) den gestrigen Ausführungen Richters in Bezug auf Handwerkerkammern ent­gegen. Gamp (Reichsp.) verlangt für das Handwerk billigeren Kredit. Die Regierung solle eine Gewerbebank errichten und dieser Geld zur Verfügung stellen, ebenso solle sie für lokale Organisationen des Handwerks Geld hergeben. Euler (Ztr.) dankt der Regierung für die be­wiesene Sympatie mit dem Handwerk, erbittet jedoch ein etwas schnelleres Tempo in der Aus­führung des Nötigen.

Berlin, 16. Januar. In der Budget­kommission des Reichstags fragte Abg. Schädler (Zentr.) betreffend die Verurteilung der Ober­feuerwerker an. Der Kriegsminister erklärte, es habe sich um grobe Verstöße gegen den militärischen Gehorsam gehandelt. Die Militär­verwaltung sei durchaus korrekt verfahren. Die Presse habe die Sache maßlos übertrieben. Abg. Richter verteidigt die Presse gegen diesen Vor­wurf. Die plötzliche Alarmierung bei Nacht habe Aufsehen erregen müssen. Kriegsminister General Bronsart v. Schellendorf: Alarmiert sei nicht worden. Durch die Verhaftungen bei Nacht wurde grade Aufsehen vermieden. Gegen den etwa auftretenden Ungehorsam in der Armee habe diese sofort gründlich desinfiziert werden müssen.

Berlin, 15. Jan. Wie derReichsanz." mitteilt, sind in dem seitens der zuständigen Ge­richtsherrn bestätigten kriegsgerichtlichen Urteil über die in Untersuchungshaft genom­menen Oberfeuerwerkerschüler sämtliche Häftlinge bestraft worden. 131 erhielten wegen Ungehorsams sechs Wochen und einen Tag Ge­fängnis, eine Strafe, die durch die Untersuchungs­haft als verbüßt erachtet worden ist; drei sind wegen Ungehorsams, Achtungsverletzung, gemein­samer Achtungsverletzung und Drohung, je nach der Schwere des Vergehens mit Gefängnis von 6 Wochen und 2 Tagen bis 9 Monaten unter Anrechnung der Untersuchungshaft bestraft wor­den. Gleichzeitig wurden 10 von ihnen degradiert. Ein Unteroffizier wurde wegen Aufwiegelung und gemeinschaftlicher Achtungsverletzung zu 5 Jahren und 1 Tag Gefängnis, wovon durch die Unter­suchungshaft 75 Tage verbüßt sind, und zur Degradation verurteilt. Ein anderer Unter­offizier wurde wegen Ungehorsams, Achtungs­verletzung, gemeinsamer Achtungsverletzung und Aufwiegelung mit 5 Jahren 5 Monaten Ge­fängnis und der Degradation bestraft.

Karlsruhe. 16. Jan. Die Liberalen errangen bei den heute vorgenommenen Kirchen­ratswahlen einen glänzenden Sieg mit etwa 1500 gegen 500 Stimmen. Der Sieg ist auch von bemerkenswerter politischer Bedeutung.

Mannheim, 17. Jan. Das Neckar - eis ist heute fortgegangen. Rhein und Neckar steigen rapid.

Regensburg, 16. Jan. Den ersten Treffer der Regensburger Domfreihcits-Lotterie zu 75 000 »-L gewann Kreisschulinspektor Leipold

daselbst. Derselbe hatte das Los am 6. Januar gekauft und seiner Frau zum Präsent gemacht.

Darmstadt, 15. Jan. Der Antrag ver­schiedener Abgeordneten auf Einführung einer Staatslotteriewurde entgegen den Wünschen des Finanzministeriums mit 30 Stimmen ange­nommen.

Württemberg.

Stuttgart. Der Eisenbahnfahrplan für den Sommerdienst 1895 wird in einer am Samstag den 2. Februar d. I. stattfinden­den Sitzung des Beirats der Verkehrsanstalten im Sitzungssaale der Generaldirektion der Staatseisenbahnen beraten.

Stuttgart, 16. Jan. Binnen wenigen Wochen wird laut St. Tagbl. mit dem Abbruch des alten Teils des Hotels Marquardt be­gonnen werden; bereits ist ein großer Teil der Mobiliareinrichtung anderweitig untergebracht worden. Zunächst findet nun eine große Wein­versteigerung statt, bei der über 70 000 Liter Faßweine, 4000 Flaschen abgezogene Weine und 13 Faß Bordeauxweine zum Aus gebot gelangen.

Ravensburg, 17. Jan. Heute Vor­mittag 9 Uhr tagte im Gesellenhause der Aus­schuß der Zentrumspartei Württembergs behufs offizieller Konstituierung der Partei. Um 1Ur Uhr begann in der bis zum letzten Platz gefüllten Turnhalle,manschätzt die Anwesenden Männer mit 4000 nicht zu hoch die erste Landesver­sammlung der württemb. Zentrumspartei, welche aus allen Teilen des Landes besucht war. Erster Redner war Redakteur Eckard aus Stuttgart, welcher klar und scharf über die Gründe die die neue Partei ins Leben gerufen, nämlich die Ordens- und die Schulfrage sprach. Als zweiter Redner trat Herr Landger.-Rat Dr. Kiene auf, welcher das Programm der Zentrumspartei er­läuterte. Der dritte Redner war Landrichter Gröber, welcher über die allgemeinen politischen Gründe sprach, die also zur Gründung der Zentrumspartei führten.

Ulm, 17. Jan. (Münsterlotterie.) Der 1. Gewinn mit 75000 ^ fiel auf die Losnum­mer 72072. Dos Los wurde an die Kollekte Stürmer in Straßburg i. E. verkauft. Der 2. Gewinn mit 40000 siel auf die Los-Nr. 140040 und kam in die Kollekte Karl Heintze in Berlin. 2000 ^ gewann die Nr. 68 725» je 1000 gewannen Nr. 94682, 191456, 247340, 326518, I713I5, 226418, je 500 c^L 112341, 100889, 234714, 282 344, 183 591, 31 188, 130 677. Die Ziehung geht heute Nachmittag zu Ende.

Aus dem Oberamt Nagold. 14. Jan. Im Rohrdorfer Schulhaus brach heute früh um 5 Uhr in einer Bühnenkammer, wo Holz aus­gespeichert war, Feuer aus, das, wie man ver­mutet, vom Kamin aus entstand. Der Dachstuhl brannte nieder, bis es gelang, über das Feuer Herr zu werden. Die Lehrersfamilie konnte vieles vom Mobiliar retten, doch wurde manches beschädigt. Dem unständigen Lehrer wurde ins­besondere sein wertvolles Pianino beschädigt. Beide Lehrer sind versichert.

Stuttgart, 17. Jan. Dieser Tage lief die Nachricht durch die Presse, daß von Calw aus 3 mit Schnee beladene Wagen anstatt zur Entleerung nach Teinach nach Freudenstadt geführt worden seien, wo der Schnee-Import große Heiterkeit hervorgerufen hätte. An der ganzen komischen Geschichte ist kein wahres Wort; es handelt sich vielmehr um 3 mit Schienen be­ladene Wagen, die in der Thal nach Freuden- stadt bestimmt und weil cs vorher heftig geschneit hatte, so waren die in offene Wagen verladenen Eisenbahnschienen selbsterklärlich mit einer ent­sprechenden Schneedecke bedeckt. Bon einem speziellen Schneetransport kann also keine Rede sein.

Ausland.

Paris, 15. Jan. Die Jnitiativkommifsion beschloß mit 6 gegen 5 Stimmen den Antrag Pontbriauds in Betracht zu ziehen, welchem zufolge nur geborene Franzosen und solche Bürger, die einer bereits in der dritten Generation naturalisierten Familie entstammen zu Zivil­und Militärämtern zugelassen werden sollen.